TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 94/06/0132

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Veröffentlicht am 15.09.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 Abs1;
BauO Stmk 1968 §3 Abs3;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. Mai 1994, Zl. 03-12 Ka 175-94/2, betreffend Einwendungen gegen eine Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. DK und UK in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, 2. Gemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den Erstmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 3. März 1993 bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten Ansuchen beantragten die Erstmitbeteiligten die Erteilung der Widmungsbewilligung für das Grundstück Nr. 195/8 zur Schaffung eines Bauplatzes für die Errichtung eines Wohnhauses. Mit Kundmachung vom 10. März 1993 beraumte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde über dieses Ansuchen eine mündliche Verhandlung für den 25. März 1993 an, zu der auch der Beschwerdeführer als Anrainer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde. Die Zustellung ist ausgewiesen. In der Verhandlung vom 25. März 1993 legte der Beschwerdeführer seine schriftlichen Einwendungen vor, die als Beilage A zum Akt genommen wurden. Die Eingabe des Beschwerdeführers hatte folgenden Wortlaut:

"Nach der gegenwärtigen Gesetzeslage habe ich im Widmungsverfahren einen Rechtsanspruch auf die gesetzmäßige Handhabung des Planungsermessens. Hievon wurde ich bisher ausgeschlossen - das heißt, mit anderen Worten, daß man mich einfach übergangen hat

Im Sinne der Stmk. Bauordnung - § 3 - habe ich im Widmungsverfahren das Mitspracherecht hinsichtlich der Bebauungsdichte und des Bebauungsgrades. Wegen der bereits vorhandenen Besiedelung ist mir vor allem die angegebene Bebauungsdichte viel zu hoch.

Anläßlich der heutigen Widmungsverhandlung wurden für mich wichtige Details nicht festgelegt wie z.B. der Abstand und die Höhe von Bäumen und Sträuchern oder etwa die Situierung eines Komposthaufens: Dieser Komposthaufen könnte unter diesen Umständen in unmittelbarer Nähe meines Zaunes errichtet werden

Durch diese Unterlassung vonseiten der Baubehörde sehe ich nicht nur die Gefahr der Verminderung der Lebensqualität und des Erholungswertes durch Geruchsbelästigungen, Luftverunreinigungen, Schattenbildungen usw. sondern auch die Gefahr der Entwertung meines Grundstückes Nr. 135/5. Gleichzeitig fühle ich mich hiedurch in meinem subjektiven öffentlichen Recht arg verletzt.

Zum Abstand: Nach § 4 Abs. 3 der Stmk.Bauordnung kann die Baubehörde größere Abstände dann vorschreiben wenn eine, das ortsübliche Ausmaß überschreitende Belästigung der Nachbarschaft zu erwarten ist. Diese, das ortsübliche Maß überschreitende Belästigung ist im gegenständlichen Fall sicher gegeben weshalb der Abstand von 4 Metern als viel zu gering betrachtet werden muß.

Nachdem die Traufenhöhe nur maximal 3,5 Meter über dem niedrigsten natürlichen Terrain liegen darf, müßte das geplante Gebäude viel zu hoch werden.

Ganz allgemein möchte ich noch festhalten, daß sich aus der geplanten Lage des Hauses eine Baufluchtlinie ergeben würde die im Widerspruch zu neueren Erkenntnissen stünde weil man heute - um den Siedlungscharakter zu erhalten - die versetzte Bauflucht befürwortet. S Die Realisierung des vorliegenden Planes könnte eine Beispielwirkung für die Zukunft haben weshalb seine Änderung auch im Sinne der Gemeinde liegen würde. Ebenso zweifelhaft wäre die verkehrstechnische Erschließung über die M-Straße weil durch das dort bereits vorhandene Verkehrsaufkommen eine permanente Gefährdung

ohnedies programmiert ist."

Der Bausachverständige sprach sich in der Verhandlung für eine Festsetzung der Bebauungsdichte und des Bebauungsgrades von je 0,1 bis 0,3 aus.

Nach der Verhandlung holte der Bürgermeister ein Gutachten des örtlichen Raumplaners ein; in seinem Gutachten vom Juni 1993 führte dieser u.a. aus, daß im Flächenwidmungsplan der Gemeinde das Grundstück als reines Wohngebiet mit einer Dichte von 0,1 bis 0,3 ausgewiesen sei, eine Fläche von

1.266 m2 aufweise und somit eine Bruttogeschoßfläche gemäß der Bebauungsdichteverordnung 1987 im Bereich von 126 m2 bis 378 m2 zulässig sei. Es sei der zulässige Dichtebereich von 0,1 bis 0,3 einzuhalten, die Bebauung habe in offener Bauweise zu erfolgen, die Mindestabstände zu den Grundstücksgrenzen seien laut Steiermärkischer Bauordnung einzuhalten, es seien inklusive ausgebautem oder ausbaufähigem Dachgeschoß maximal zwei Geschoße über Terrain zulässig, die Traufhöhe dürfe maximal 5 m über dem höchsten Punkt des ursprünglichen Geländes liegen, Geländeveränderungen dürften nur in geringfügigem Ausmaß erfolgen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Juli 1993 wurde den Erstmitbeteiligten die beantragte Widmungsbewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Bebauungsdichte wurde mit "mindestens 0,1, höchstens 0,3 der Nettobauplatzfläche" festgelegt, der Bebauungsgrad wurde mit "mindestens 0,1 und höchstens 0,3 der Nettobauplatzfläche" festgesetzt.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er habe schon in seiner Eingabe bei der örtlichen Verhandlung am 25. März 1994 bemängelt, daß keine Situierung des Müllbehälterstandplatzes und des Komposthaufens vorgenommen worden sei, er habe aber das subjektiv-öffentliche Nachbarrecht auf Schutz vor Immissionen. Die Bebauungsdichte mit maximal 0,3 entspreche den örtlichen Gegebenheiten, der Bebauungsgrad mit maximal 0,3 sei jedoch zu hoch. Für das Widmungsverfahren habe der Nachbar einen Anspruch auf Handhabung des Planungsermessens, sodaß die Behörde für ihre Ermessensübung eine materielle Begründung liefern müsse.

Mit Bescheid vom 8. März 1994 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 30. Juli 1993 ab.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 2. Mai 1994 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Erstmitbeteiligten haben in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren (bzw. im Widmungsbewilligungsverfahren nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung) in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendung wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A u.v.a.). An die eingetretene Präklusion ist sowohl die Berufungsbehörde als auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden. Eine Einwendung ist das Vorbringen einer Partei (des Nachbarn) des Verfahrens, welches seinem Inhalt nach die Behauptung enthält, das Vorhaben des Antragstellers entspreche zur Gänze oder hinsichtlich eines Teiles nicht den Bestimmungen der Rechtsordnung. Eine Einwendung im Rechtssinne liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Vorbringen die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Verfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Ist eine Rechtsverletzung aus dem Vorbringen nicht erkennbar, liegt keine Einwendung im Rechtssinne vor.

Die im Wortlaut wiedergegebenen Einwendungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom 25. März 1993 lassen nicht erkennen, daß der Beschwerdeführer Einwendungen gegen die bereits vom Bausachverständigen in der Verhandlung vorgeschlagene Festsetzung des Bebauungsgrades von 0,1 bis 0,3 erhoben hätte. Der Beschwerdeführer hat lediglich zum Ausdruck gebracht, daß er hinsichtlich des Planungsermessens auch in bezug auf die Festsetzung des Bebauungsgrades ein Mitspracherecht hat, aber in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, daß er die vorgeschlagene Festsetzung für unzulässig erachte. Zutreffend ist daher schon der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde vom Vorliegen der Präklusion ausgegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß durch die Unterlassung von Festsetzungen in der Widmungsbewilligung Rechte eines Nachbarn nicht verletzt werden, es seien in einem solchen Fall dem Nachbarn alle subjektiv-öffentlichen Rechte für ein späteres Baubewilligungsverfahren gewahrt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. März 1975, Zl. 315/73, vom 19. September 1991, Zl. 90/06/0034, 0095, u.a.). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken, es kann daher unerörtert bleiben, ob Festsetzungen des Standplatzes für ein Müllgefäß und den Komposthaufen im Rahmen einer Widmungsbewilligung vorgenommen werden könnten. Durch das Unterbleiben derartiger Festlegungen ist der Beschwerdeführer jedenfalls in keinem Recht verletzt.

Wie auch in der Beschwerde zugestanden wird, hat der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen in der mündlichen Verhandlung eine Rutschgefährdung nicht geltend gemacht. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, daß dem Beschwerdeführer als nicht rechtsfreundlich Vertretenem gemäß § 13a AVG die zur Vornahme der Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben gewesen wären, so ist diesem Vorbringen zu entgegnen, daß sich aus § 13a AVG keine Verpflichtung der Behörde ableiten läßt, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten sei, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1986, Zl. 85/01/0150 u.v.a.). Da der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen betreffend die Rutschgefahr präkludiert ist, gehen alle diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde ins Leere.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos,

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060132.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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