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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 11. Juni 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens ersuchte die beschwerdeführende Partei mit ihrem (undatierten) Antrag beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den ägyptischen Staatsangehörigen H. für die berufliche Tätigkeit als "Italienisch Koch" mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von S 12.000,--.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 9. Februar 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die - nunmehr anwaltlich vertretene - beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, das Arbeitsamt sei bisher nicht in der Lage gewesen, befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte zu vermitteln; die freie Arbeitsstelle stehe weiterhin zur Verfügung. Der beschwerdeführenden Partei sei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht nachweislich in vollem Umfang zur Kenntnis gebracht worden und sie sei daher auch nicht in der Lage gewesen, zum Ermittlungsergebnis vor Erlassung der Willenserklärung Stellung zu nehmen. Das Arbeitsamt habe einen hektographierten Vordruck als "Bescheid" erlassen, und zwar mit einer vorgedruckten Begründung, die mit dem bisherigen Akteninhalt nicht in Einklang gebracht werden könne; die bloße Zitierung des Gesetzestextes sei keine Begründung. Das Arbeitsamt habe keine Behauptung aufgestellt und auch nicht unter Beweis gestellt, daß für die weiterhin freie Arbeitsstelle auch nur eine Ersatzkraft zur Verfügung stehe, welche die Anstellungserfordernisse erfülle. Der Hinweis auf das Vorliegen von genügend Ersatzkräften sei kein Hinweis, daß diese Ersatzkräfte für die freie Dienststelle befähigt, geeignet und gewillt wären. Für die Durchführung von Arbeitsaufträgen sei die Beschäftigung des beantragten Ausländers notwendig; es liege im öffentlichen Interesse, daß eine Arbeitskraft für den freien Arbeitsplatz aufgenommen werde. Die Willenserklärung des Arbeitsamtes erfülle nicht die Mindestvoraussetzungen eines Bescheides gemäß § 18 AVG. Das Arbeitsamt habe die besondere Qualifikation des beantragten Ausländers vollkommen unberücksichtigt gelassen. Aufgrund seiner bisherigen schulischen Ausbildung und praktischen Erfahrung sei der beantragte Ausländer für die weiterhin freie Arbeitsstelle besonders qualifiziert. Der beschwerdeführenden Partei sei auch nicht das Ergebnis der Sitzung eines Vermittlungsausschusses bekannt gegeben worden, sodaß sie sich zu einer behaupteten Entscheidung dieses Vermittlungsausschusses vor Erlassung der Entscheidung nicht habe äußern können.
In den Verwaltungsakten finden sich dann drei mit der Firmenstampiglie der beschwerdeführenden Partei versehene Formulare, denen zufolge drei zugewiesene Ersatzkräfte nicht eingestellt worden seien, und zwar T, weil die "Stelle schon besetzt ist" sowie K und P ohne schriftliche Bekanntgabe von Gründen. Auf der Rückmeldung (vom 23. März 1993) betreffend die Vorsprache des zuerst Genannten wurde angemerkt, daß keine weiteren Vorstellungen erwünscht seien. Ferner finden sich im Verwaltungakt zwei Niederschriften mit P (vom 24. März 1993) und B (undatiert), in welchen diese Personen bestätigten, der "Chef" hätte ihnen bei der Vorstellung erklärt, daß niemand gebraucht werde bzw. daß die Stelle bereits besetzt sei.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 11. Juni 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß die mit Verordnung für das Kalenderjahr 1992 (BGBl. Nr. 598/1991) bzw. 1993
(BGBl. Nr. 254/1992; richtig wohl: BGBl. Nr. 738/1992) festgesetzten Landeshöchstzahlen (§ 13a Z. 3 AuslBG) für das Bundesland Wien laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Beginn des Kalenderjahres 1992 weit überschritten seien, weshalb sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch jene nach § 4 Abs. 6 AuslBG für eine allfällige Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu prüfen seien. Werde ein Ausländer mit geringerem Integrationsgrad als gemäß § 4b AuslBG beantragt, sei zu prüfen, ob vorrangige Arbeitskräfte in der dort normierten Reihenfolge zur Verfügung stünden. Die beschwerdeführende Partei habe H. als Koch beantragt. Eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem nach § 4b AuslBG begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Angesichts der dargestellten Situation auf dem verfahrensrelevanten Teilarbeitsmarkt seien der beschwerdeführenden Partei im Zuge des Berufungsverfahrens aufgrund ihres Vermittlungsauftrages zahlreiche Ersatzkräfte für die beantragte Arbeitskraft zugewiesen worden; in ihrer Stellungnahme vom 23. März 1993 habe die beschwerdeführende Partei mitgeteilt, daß die Stelle bereits besetzt sei und keine weiteren Vorstellungen gewünscht würden. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Erteilung einer BB nach den Bestimmungen des AuslBG verletzt, wenn die positiven Voraussetzungen für die Stattgebung dieses Antrag vorliegen".
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG idF gemäß der Novelle
BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde, deren Ausführungen sich auf die Bekämpfung der Abweisung des Antrages unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 1 AuslBG beschränken.
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Bereits im Bescheid des Arbeitsamtes wurde festgestellt, daß der Vermittlungsausschuß (§ 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG) die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe. Die beschwerdeführende Partei hat ihr dazu in der Berufung erstattetes Vorbringen in der Beschwerde nicht aufrecht erhalten, sodaß darauf vom Verwaltungsgerichtshof nicht weiter einzugehen war. Auch gegen die Feststellung der Überschreitung der - im Beschwerdefall mit Rücksicht auf die Erlassung (Zustellung) des angefochtenen Bescheides in diesem Kalenderjahr maßgebenden - Landeshöchstzahl für 1993 wurde nichts vorgebracht. Die belangte Behörde ist daher zu Recht vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Hat somit die beschwerdeführende Partei die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bekämpft, dann wäre es an ihr gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in diesem erschwerten Verfahren maßgebend hätten sein können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1993, 93/09/0380). Ihr diesbezügliches Vorbringen im Verwaltungsverfahren (Berufung vom 19. Februar 1993) hat sich indes auf den Hinweis beschränkt, für die Durchführung von Arbeitsaufträgen sei die Beschäftigung des beantragten Ausländers notwendig (es liege daher im öffentlichen Interesse, daß eine Arbeitskraft für die freie Dienststelle bei der beschwerdeführenden Partei aufgenommen werde).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, VwSlg. 12798/A, vgl. ferner die Erkenntnisse vom 18. März 1993, 92/09/0243, vom 21. April 1994, 93/09/0231 und vom 18. Mai 1994, 93/09/0262) liegt kein besonders wichtiger Grund iSd § 4 Abs. 6 Z. 2 (und auch kein öffentliches Interesse iSd Z. 3) AuslBG vor, wenn im Landeshöchstzahlüberschreitungsverfahren (bzw. Kontingentüberziehungsverfahren) der antragstellende Arbeitgeber erklärt, er bedürfe zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebes bzw. zur fristgerechten Erledigung der übernommenen Aufträge einer weiteren Arbeitskraft, weil die in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen nur dann erfüllt sind, wenn an der Beschäftigung eines beantragten Ausländers ein QUALIFIZIERTES Interesse besteht, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitsgebers an der Bedarfsbefriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht.
Die von der belangten Behörde bestätigte Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für H. erweist sich daher im Grunde des § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzmäßig, weshalb es eines Eingehens auf das von der beschwerdeführenden Partei zu § 4 Abs. 1 AuslBG, insbesondere zur Frage der Ersatzkraftstellung, erstattete Vorbringen nicht mehr bedurfte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Abhaltung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993090330.X00Im RIS seit
20.11.2000