TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 92/09/0382

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Veröffentlicht am 15.09.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

ADV §6 Abs4;
ADV §7 Abs1;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124 Abs2;
BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §44 Abs2;
BDG 1979 §44 Abs3;
WehrG 1990 §43 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des Y in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Unteroffiziere und Chargen beim Militärkommando Oberösterreich vom 5. Oktober 1992, Zl. 2 - DKUOChO/92, betreffend Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß nach dem HDG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist als Vizeleutnant Angehöriger des Bundesheeres. Er ist als Feldzeugunteroffizier bei der

3. Materialerhaltungsgruppe (MEG) der X-Kompanie, Landwehrstammregiment 42 tätig.

Wegen der gegen ihn geführten (disziplinarrechtlichen) Vorerhebungen beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. Mai 1992 gegen ihn gemäß § 64 Abs. 2 des Heeresdisziplinargesetzes 1985 (HDG) ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Die in dieser Selbstanzeige angeführten Dienstpflichtverletzungen decken sich (mit einer hier unerheblichen Ausnahme) mit jenen Vorwürfen, die in der in der Folge erstatteten Disziplinaranzeige des Disziplinarvorgesetzten des Beschwerdeführers (Regimentskommandant des LWSR 42) vom 4. Juni 1992 an die belangte Behörde aufgenommen wurden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Oktober 1992 beschloß die belangte Behörde, gegen den Beschwerdeführer das Disziplinarverfahren gemäß § 68 Abs. 1 HDG einzuleiten und die Durchführung der mündlichen Verhandlung gemäß § 71 Abs. 1 leg. cit. anzuordnen. Der Beschwerdeführer wurde beschuldigt, er sei

"1. Einem am 18.12.91 von Hptm E an ihn gerichteten Befehl, unverzüglich das Moblager P von Vzlt S rückzuübernehmen nicht sofort nachgekommen;

2. Bei einer Inventur bei der 3. MEG in der Zeit vom 07.05.-21.12.90 seiner Meldepflicht über überzähliges Gerät nicht nachgekommen und habe das Vorhandensein eines Hand-Kopfsatzes für TFF-21-O, der nicht zu seinem Gerätebestand gehörte, nicht gemeldet.

3. Einem von Vzlt N in Zusammenhang mit den Fehlbeständen aus dem Lager des Vzlt i.R. H anl. dessen Pensionierung mit 28.02.91 gegebenen Befehles, Überbestände im eigenen Lager zu melden, nicht nachgekommen."

Auf Grund dieses Verhaltens stehe der Beschwerdeführer im Verdacht die Bestimmungen des § 43 Abs. 1 BDG 1979 in Verbindung mit § 47 Abs. 3 des Wehrgesetzes 1990 und § 7 Abs. 1 ADV sowie die Bestimmungen des "BMLV/VIBL. 49. Folge 1984, Nr. 146 und der Versorgungsanweisung Nr. 99

(Erl. BMLV 41.160/24-4.2/82)" verletzt und eine Pflichtverletzung im Sinne des § 2 Abs. 1 HDG begangen zu haben.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer verwalte Feldzeuggerät in einem Mob-Lager, das zu bestimmten Anlässen z.B. Truppenübungen, ausgegeben werde. Er sei nicht nur für die Vollzähligkeit des übernommenen Gerätes, sondern auch für Pflege- und Wartungszustand zuständig, der bei den periodisch vorgesehenen Inventuren und Teilinventuren bzw. Überprüfungen durch Vorgesetzte festgestellt werde. Sein umittelbarer Vorgesetzter sei der Karteimittelführer (KMF) der 3. MEG, Vizeleutnant N.

Zum ersten Vorwurf führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe von Hauptmann E., dem damaligen Kompaniekommandanten der Stabskompanie/LWSR 42, nach Beendigung eines gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens den Befehl erhalten, unverzüglich das Mob-Lager P. von Vizeleutnant St. rückzuübernehmen. Nach dem Eintreffen der beiden Unteroffiziere in der Kaserne X. gegen 10.00 Uhr habe der Beschwerdeführer die gemeinsame Weiterfahrt in das Mob-Lager P. ca. eine Stunde lang verzögert, sodaß Vizeleutnant St., ohne das Lager (zunächst) übergeben zu können, wieder zu seiner Dienststelle zurückgefahren sei. Erst um 12.15 Uhr sei mit der Übergabe begonnen worden. Dieser Sachverhalt sei belegt durch die Zeugenaussagen von Hauptmann E. (Niederschrift vom 18. Mai 1992) und die Meldung des Vizeleutnants St. vom 19. Dezember 1991.

Zum zweiten Vorwurf führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe, obwohl er von der Existenz eines in seinem Mob-Lager überzähligen Hand-Kopfsatzes für das Funkgerät TFF-21-O, der nicht zu seinen Beständen gehört habe, gewußt haben müsse, diesen Mehrbestand nicht dem überprüfenden "S 4", Hauptmann Ch.-P., gemeldet. Dieser Sachverhalt gründe sich auf das Gedächtnisprotokoll des Hauptmann E. vom 17. Jänner 1992 über die Einvernahme des Beschwerdeführers und auf die Zeugenaussage des Hauptmann Ch.-P.

Zum dritten Vorwurf führte die belangte Behörde aus, aus Anlaß der Lagerübernahme im Zusammenhang mit der Pensionierung des Vizeleutnant H. seien große Fehlbestände festgestellt worden, die dem pensionierten Beamten zur Bezahlung vorgeschrieben worden seien. Darunter sei auch ein Hand-Kopfsatz für das Funkgerät TFF-21-O (Preis: S 16.260,--) gewesen. Hauptmann Ch.-P. habe damals den mündlichen Befehl an Vizeleutnant N. (KMF der 3. MEG) erteilt, in den anderen Mob-Lagern nachzusehen, ob noch Geräte aus dem Bestand des Vizeleutnant H. dort vorhanden wären. Vizeleutnant N. vermeine, diesen Befehl an seine "FzUO", darunter auch an den Beschwerdeführer, weitergegeben zu haben. Der Beschwerdeführer habe kein überzähliges Gerät abgegeben oder gemeldet, obwohl er seit 1990 gewußt haben müßte, daß der oben genannte Hand-Kopfsatz nicht zu seinen Beständen gehört habe. Dieser Sachverhalt gründe sich auf die Zeugenaussage des Vizeleutnant N. (Niederschrift vom 26. Mai 1992) und auf die Meldung des Vizeleutnant St. vom 19. Dezember 1991, in der dieser angegeben habe, an diesem Tag in einem Kasten im Lager des Beschwerdeführers den besagten Hand-Kopfsatz gefunden zu haben.

In der Folge führte die belangte Behörde näher die rechtliche Wertung dieser drei Vorfälle aus. Da der Sachverhalt durch die im Akt aufliegenden Unterlagen genügend erklärt erscheine, sei das Disziplinarverfahren einzuleiten und die mündliche Verhandlung anzordnen gewesen.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19. Oktober 1992 zugestellt.

Gleichzeitig mit dem angefochtenen Bescheid erging die "Ladung des Beschuldigten zur mündlichen Verhandlung", gleichfalls vom 5. Oktober 1992, an den Beschwerdeführer und seinen Vertreter, in der die mündliche Verhandlung für den 24. November 1992 angeordnet und die Mitglieder des Senates bekanntgegeben wurden.

Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 1992 lehnte der Beschwerdeführer den Vorsitzenden der belangten Behörde ab.

Gegen den Bescheid vom 5. Oktober 1992 erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch deren Behandlung mit Beschluß vom 30. November 1992, B 1808/92, ablehnte, sie aber antragsgemäß nach Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Heeresdisziplinargesetz 1985, BGBl. Nr. 294, anzuwenden. Paragraphenbezeichnungen ohne Angaben des Gesetzes beziehen sich auf diese Norm.

§ 3 Abs. 1 lautet:

"(1) Ein Verdächtiger darf wegen einer Pflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

1.

innerhalb eines Jahres, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem die Pflichtverletzung einer Disziplinarbehörde zur Kenntnis gelangt ist, die für den Verdächtigen als zuständige Disziplinarbehörde erster Instanz in Betracht kommt und

2.

innerhalb von drei Jahren seit Beendigung der Pflichtverletzung

das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde."

Im zweiten Abschnitt (§§ 64 ff) wird das Kommissionsverfahren geregelt.

Nach § 68 Abs. 1 hat der Vorsitzende der Disziplinarkommission die Disziplinaranzeige dem zuständigen Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber zuzuweisen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind vom Disziplinarvorgesetzten auf Verlangen des Senatsvorsitzenden durchzuführen oder zu veranlassen.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist der Beschluß, ein Disziplinarverfahren einzuleiten oder nicht einzuleiten, dem Beschuldigten im Wege des Disziplinarvorgesetzten sowie dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig.

Sind in anderen Bundesgesetzen an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, und im Falle der (vorläufigen) Dienstenthebung ein (§ 68 Abs. 3).

Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat gemäß § 71 Abs. 1 der Disziplinarsenat den Verhandlungsbeschluß zu fassen, oder, wenn die in § 58 Abs. 3 Z. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegen, das Verfahren mit Beschluß einzustellen. Im Verhandlungsbeschluß sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung anzuordnen. Gegen den Verhandlungsbeschluß ist kein Rechtsmittel zulässig.

Nach § 71 Abs. 2 ist zugleich mit dem Verhandlungsbeschluß dem Beschuldigten die Zusammensetzung des Disziplinarsenates bekanntzugeben. Der Beschuldigte hat das Recht, binnen einer Woche nach Zustellung dieser Mitteilung ein Mitglied des Senates ohne Angabe von Gründen abzulehnen.

Nach § 58 Abs. 3 ist das Kommandantenverfahren in erster Instanz formlos, in zweiter Instanz im Wege der Berufungsentscheidung einzustellen, wenn

              1.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

              2.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Pflichtverletzung darstellt,

3.

Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen,

4.

die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine

oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Pflichtverletzungen durch andere Soldaten entgegenzuwirken.

Diese Bestimmungen des HDG über den Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß entsprechen - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - im wesentlichen den vergleichbaren Bestimmungen des BDG 1979 (§§ 118 Abs. 1, 123 und 124 BDG 1979), sodaß die zum BDG 1979 ergangene Rechtsprechung auf das HDG übertragen werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum BDG 1979) haben Ermittlungen der Disziplinarbehörde vor der Einleitung eines Disziplinarverfahrens das Ziel, zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind, oder ob allenfalls OFFENKUNDIGE Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen gegeben erscheinen lassen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung, er setzt die Kenntnis von Tatsachen voraus, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen werden kann. Die Disziplinarkommission muß bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. Ebensowenig muß im Einleitungsbeschluß das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden. Die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung ist in erster Linie darin gelegen, dem beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, was insbesondere für die Frage einer allfälligen Verjährung von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1990, Zl. 90/09/0044, und die dort weiters genannte Vorjudikatur).

Für den Einleitungsbeschluß nach § 68 Abs. 2 kommen nach § 24 die Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und 2 AVG insofern sinngemäß zur Anwendung, als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen zu beschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d. h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergibt (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum BDG 1979 vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 90/09/0192, mit weiteren Judikaturhinweisen). Typisch für den Verdacht ist, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung noch nicht nachweisbar ist, trotzdem aber so starke Verdachtsmomente bestehen, daß nach der Lebenserfahrung auf eine Dienstpflichtverletzung geschlossen werden kann (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1993, Zl. 92/09/0309, sowie das Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/09/0224).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind ferner im Spruch des Verhandlungsbeschlusses die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Daraus folgt, daß im Anschuldigungspunkt der vom Beschuldigten gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zur Subsumtion unter einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Aus dem Begriff der Anschuldigung folgt weiters, daß anzugeben ist, welche Dienstpflichten der beschuldigte Beschwerdeführer im einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1982, Zl. 82/09/0046, Slg. N.F. Nr. 10864/A, vom 18. Februar 1993, Zl. 92/09/0281, sowie vom 22. April 1993, Zl. 93/09/0030).

Es bestehen keine Bedenken, daß bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Einleitungsbeschluß und Verhandlungsbeschluß gleichzeitig gefaßt werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 5. April 1990, Zl. 89/09/0131).

Sowohl beim Einleitungsbeschluß als auch beim Verhandlungsbeschluß handelt es sich um Bescheide (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1990, Zl. 89/09/0131 und die dort genannte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes zum Anschuldigungspunkt 1.) vor, er habe von Hauptmann E. nicht den Befehl erhalten, unverzüglich das Mob-Lager P. von Vizeleutnant St. zu übernehmen.

Dem ist zu erwidern, daß Hauptmann E. in seiner Vernehmung vom 18. Mai 1992 angegeben hat, er habe dem Beschwerdeführer "den Auftrag (gegeben) unverzüglich mit Vizeleutnant St. Verbindung aufzunehmen und in die Kaserne zu fahren und die Geräteübernahme von diesem durchzuführen." Schon zuvor hatte Hauptmann E. in seiner "Meldung über erteilten Auftrag an Vizeleutnant Y" vom 24. Februar 1992 von einem solchen Auftrag gesprochen. Im Hinblick auf die oben dargelegte Funktion eines Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses lag aber damit ein hinreichender Verdacht der in Punkt 1. umschriebenen Dienstpflichtverletzung vor. Der Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Auftrag dieses Inhaltes tatsächlich erteilt wurde, wird im weiteren Disziplinarverfahren nachzugehen sein. Anhaltspunkte dafür, daß ein derartiger Auftrag offenkundig nicht erteilt worden ist, sind nach der Aktenlage nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, das Verfahren hätte zum Faktum 1) eingestellt werden müssen, weil Hauptmann E. in der Niederschrift vom 18. Mai 1992 nicht von einem Befehl nach § 6 Abs. 4 ADV, sondern lediglich von einem Auftrag spreche, ein Auftrag jedoch einer Willensübereinstimmung bedürfe. Außerdem werde auf Grund "der anwaltlichen Vorsicht" auch § 7 Abs. 2 ADV (Ablehnung von Befehlen, unter anderem, weil sie vom unzuständigen Organ erteilt wurden) eingewendet, sein unmittelbarer Vorgesetzter sei nicht Hauptmann E., sondern Vizeleutnant N. gewesen.

Soweit der Beschwerdeführer damit zum Ausdruck bringen will, daß ihm nur der unmittelbare Vorgesetzte rechtswirksam Weisungen (Befehle) erteilen könne, ist dies rechtlich verfehlt. Vielmehr ist hiefür jeder Vorgesetzte zuständig. Daß Hauptmann E. (als damaliger Kompaniekommandant der Stabskompanie LWSR 42) nicht zum Kreis der Vorgesetzten des Beschwerdeführers zählte, hat der Beschwerdeführer selbst nicht einmal behauptet. Entgegen seiner Auffassung ist ein Auftrag, der von einem Vorgesetzten erteilt wird, nach seinem Inhalt und nicht allein nach seiner Bezeichnung rechtlich zu beurteilen. Im Regelfall wird der Auftrag eines Vorgesetzten im Dienstbetrieb eine einseitig verbindliche Anordnung (Festlegung von Pflichten) enthalten und damit als Weisung (Befehl) zu werten sein. Offenkundige Anhaltspunkte für eine entgegenstehende Annahme hat der Beschwerdeführer selbst nicht vorgebracht und sind dem Verwaltungsgerichtshof auch auf Grund der Aktenlage nicht erkennbar.

Ob der Befehl (Weisung) leicht erfaßbar gewesen ist oder nicht, wird entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gleichfalls im fortgesetzten Disziplinarverfahren zu klären sein.

Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, das Verfahren hätte zum Vorwurf 2.) "eindeutig" wegen Verjährung eingestellt werden müssen. Worin diese "Eindeutigkeit" liegen soll, wird in der Beschwerde nicht näher dargelegt. Für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist nach § 3 Abs. 1 Z. 1 kommt es nicht auf den Abschluß der Inventur (21. Dezember 1990), sondern auf die Kenntnis der Disziplinarbehörde von der zur Last gelegten Unterlassung der Meldung an. Zwar trifft es zu, daß ein solcher Zeitpunkt im angefochtenen Bescheid nicht festgehalten ist. Auf Grund der Aktenlage konnte die belangte Behörde jedoch davon ausgehen, daß es sich bei dem überzähligen Hand-Kopfsatz für das Funkgerät TFF-21-O um jenes handelte, das Vizeleutnant N. am 19. Dezember 1991 in einem Kasten im Lager des Beschwerdeführers gefunden hat (siehe Begründung des angefochtenen Bescheides zum Anschuldigungspunkt 3.). Da im Stadium der Vorerhebungen keinerlei Anhaltspunkte für eine früher gegebene Kenntnis der Disziplinarbehörde im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 gegeben war, konnte die belangte Behörde im Beschwerdefall unbedenklich davon ausgehen, daß die maßgebliche Kenntnis frühestens mit diesem Zeitpunkt gegeben war (wobei es im Beschwerdefall dahingestellt werden kann, ob Vizeleutnant N. diese Funktion als Disziplinarbehörde überhaupt zukam). Damit ist aber im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (19. Oktober 1992) Verjährung nach § 3 Abs. 1 Z. 1 nicht eingetreten. Auf dem Boden dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der Funktion des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses waren daher weitere Ermittlungen in diesem Stadium des Disziplinarverfahrens nicht geboten. Dies enthebt die belangte Behörde jedoch nicht der Verpflichtung, in weiteren Disziplinarverfahren (allenfalls auch auf Grund weiterer Behauptungen des Beschwerdeführers) die Verjährung zu prüfen.

Soweit der Beschwerdeführer mit näheren Ausführungen unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorbringt, der Sachverhalt sei hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 2. und 3. nicht ausreichend geklärt und ein Verstoß gegen den zitierten Erlaß des Bundesministers für Landesverteidigung sei ihm rechtlich nicht vorwerfbar, macht er ebenfalls Umstände geltend, die auf dem Boden der oben dargelegten Rechtslage im weiteren Disziplinarverfahren zu klären sein werden.

Auch kann der Vorwurf, am Zustandekommen des angefochtenen Bescheides habe ein von ihm abgelehnter Vorsitzender mitgewirkt, der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dies schon deshalb, weil das Ablehnungsrecht erst - wie sich aus § 71 Abs. 2 unmißverständlich ergibt - für das auf die Erlassung eines Verhandlungsbeschlusses folgende Verfahrensstadium (mündliche Verhandlung und Disziplinarerkenntnis) eingeräumt ist. Abgesehen davon, erfolgte die Ablehnung des Vorsitzenden der belangten Behörde durch den Beschwerdeführer erst nach Zustellung des angefochtenen Bescheides.

Aus den genannten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher nach § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Einhaltung der FormvorschriftenInhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungBegründung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992090382.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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