TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 94/19/0894

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Veröffentlicht am 15.09.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AVG §45 Abs3;
VwGG §41;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Oktober 1993, Zl. 4.328.0333/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Pakistan, der am 17. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 11. Februar 1992 ab und versagte die Gewährung von Asyl.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen, ausschließlich darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer aufgrund seines Aufenthaltes in Rumänien bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei. Dem hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde entgegengehalten, daß bei genauerer Betrachtung der in Rumänien herrschenden Verhältnisse zum Zeitpunkt seines dortigen Aufenthaltes keineswegs sichergestellt gewesen sei, daß er nicht doch in sein Heimatland Pakistan ausgewiesen worden wäre; die Genfer Konvention sei von Rumänien nur etwa 2 1/2 Monate vor seinem Aufenthalt unterzeichnet worden. Es hätte sich ergeben, daß der Beschwerdeführer keineswegs einen wirksamen Schutz vor einer Abschiebung in den Verfolgerstaat Pakistan genossen hätte.

Mit diesen Ausführungen bringt der Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht Behauptungen vor, bei deren Zutreffen aber nicht ohne weiteres davon die Rede sein könnte, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - nichts dafür spreche, daß Rumänien die sich aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulementverbot, etwa vernachlässige (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1994, Zl. 94/20/0029).

Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zur Frage der Verfolgungssicherheit Stellung zu nehmen, weshalb seine Rüge, es lägen in dieser Hinsicht Verfahrensverletzungen vor, berechtigt ist. Daraus ergibt sich weiters, daß der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nicht dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt.

Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit Verfahrensmängeln belastet.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III.

Schlagworte

Parteiengehör Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190894.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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