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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 17. August 1993, Zl. UVS-11/86/12-1993, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) mit dem Sitz in Salzburg. Am 3. Mai 1991 stellte das Arbeitsamt Gmunden den Antrag auf Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren gegen die Ges.m.b.H., weil diese mehrere ausländische Dienstnehmer ohne die nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) erforderlichen Bewilligungen beschäftigt habe. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden trat am 18. Juli 1991 das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 29a VStG im Wege der Bundespolizeidirektion Salzburg an den Magistrat Salzburg ab. Diese Behörde erließ nach Einholung einer Rechtfertigung des Beschwerdeführers gegen diesen am 1. September 1992 ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:
"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma C Ges.m.b.H. die ausländischen Staatsbürger a) G,
b) N, c) B vom 10.4.1991 bis 12.4.1991 in I beschäftigt, ohne daß Beschäftigungsbewilligungen oder Befreiungsscheine vorgelegen sind."
Der Beschwerdeführer habe dadurch drei Übertretungen gegen das AuslBG begangen, weshalb über ihn drei Geldstrafen a S 5.000,-- verhängt wurden. Laut der diesem Bescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung habe der Beschwerdeführer das Recht, innerhalb von zwei Wochen bei der erstinstanzlichen Behörde oder beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg (der nunmehr belangten Behörde) Berufung einzubringen.
Der demnach vom Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eingebrachten Berufung hat diese nach ergänzenden Ermittlungen mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. August 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG keine Folge gegeben.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde als unbestritten davon aus, daß die drei ausländischen Arbeitnehmer vom 10. April 1991 bis 12. April 1991 in I von der Ges.m.b.H. beschäftigt worden seien, ohne daß Beschäftigungsbewilligungen oder Befreiungsscheine vorgelegen seien. Der angefochtene Bescheid enthält eben so wenig wie der erstinstanzliche Bescheid einen Hinweis auf den Sitz der Ges.m.b.H. in Salzburg.
Die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 30. November 1993, B 1853/93-3, abgelehnt, gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht nach dem AuslBG schuldig erkannt und bestraft zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. In der Gegenschrift wies die belangte Behörde im Einklang mit den vorgelegten Akten darauf hin, daß sie mit Bescheid vom 26. April 1994 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 26. Mai 1994) den ersten Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides wie folgt berichtigt hat:
"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, als nach "Firma C Ges.m.b.H." die Ergänzung "mit Sitz in Salzburg" zu treten hat."
Der Beschwerdeführer hat sich dazu im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr geäußert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, über seine Berufung hätte nicht eines der Mitglieder der belangten Behörde, sondern eine Kammer entscheiden müssen, weil die Geldstrafe S 15.000,-- betrage.
Gemäß § 51c VStG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.
Im Beschwerdefall geht es nicht um eine Geldstrafe von S 15.000,--, sondern um je unberechtigt beschäftigten Ausländer verhängte drei Geldstrafen zu je S 5.000,-- (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/09/0170). Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher aus diesem Grunde nicht vor.
Gemäß § 51 Abs. 1 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Diese Bestimmung hatte die belangte Behörde ungeachtet ihrer inzwischen mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1992, G 103-107/92 u.a., erfolgten Aufhebung bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwenden, zumal die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof gemäß dessen Ausspruch erst mit Ablauf des 30. September 1993 in Kraft getreten ist (siehe dazu auch BGBl. Nr. 755/1992) und der vorliegende Beschwerdefall keinen Anlaßfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG dargestellt hat. (Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß der § 51 Abs. 1 VStG inzwischen mit BGBl. Nr. 666/1993 in seinem ursprünglichen Wortlaut wieder in Kraft getreten ist.)
Bereits daraus folgt die Berechtigung der Ausführungen der Beschwerde zur örtlichen Unzuständigkeit der belangten Behörde. Dem erstinstanzlichen Bescheid war in jener Fassung, gegen die sich die Berufung des Beschwerdeführers richtete, als Hinweis auf den Tatort - mit Rücksicht darauf, daß die Nennung des Firmensitzes im Spruch unterblieben und als bloße Adresse für die Annahme des Tatortes nicht zureichend ist - nur zu entnehmen, daß die Ausländer "in I" beschäftigt worden seien. Nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz wurde die Tat daher im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich und nicht in jenem der belangten Behörde begangen.
Daran vermögen die im Beschwerdefall aufgetretenen Besonderheiten nichts zu ändern. Es trifft zwar zu, daß auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort ist, denn dort wird in der Regel die verpönte Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingegangen und von dort aus wäre die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, Zlen. 93/09/0152, 0153, und die dort angeführte Vorjudikatur).
§ 51 Abs. 1 VStG stellt indes hinsichtlich des Tatortes ausschließlich auf den Ausspruch der erstinstanzlichen Behörde ab. Daran, daß der Magistrat Salzburg in seinem Bescheid vom 1. September 1992 nur einen in Oberösterreich gelegenen Tatort genannt und damit einzig und allein den Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde fixiert hat, konnte es auch nichts ändern, daß die belangte Behörde nachträglich in ihrem Berichtigungsbescheid vom 26. April 1994 den Unternehmenssitz der Ges.m.b.H. in Salzburg in den Bescheidspruch eingefügt hat. Auf diese Weise konnte nicht die zur Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers fehlende Zuständigkeit der belangten Behörde rückwirkend geschaffen werden. Da die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in § 51 Abs. 1 VStG unabhängig davon normiert wird, welche Behörde in erster Instanz eingeschritten ist, ist der durch den Ausspruch der Behörde erster Instanz bestimmte Tatort auch dann für die Zuständigkeit der Berufungsbehörde ausschlaggebend, wenn das Strafverfahren erster Instanz nach § 29a VStG an eine Behörde eines anderen Bundeslandes delegiert wurde (siehe dazu die Ausführungen bei Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate2, S. 209 f). Dies mag gerade in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem die Behörde, an die das Verfahren delegiert wurde, auch die nach dem Unternehmenssitz der Ges.m.b.H. örtlich zuständig gewesene Behörde war, nicht gerade zweckmäßig erscheinen, es ist dies aber eine unausweichliche Folge der im Beschwerdefall anzuwendenden Regelung des § 51 Abs. 1 VStG, wonach die Berufung eben an jenen unabhängigen Verwaltungssenat zu richten ist, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde.
Mit Rücksicht darauf, daß auf Grund dieser Erwägungen die Beschwerde schon wegen der behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war, erübrigte sich ein Eingehen auf das darüber hinausgehende Beschwerdevorbringen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Behördenorganisation Instanzenzug sachliche ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994090008.X00Im RIS seit
11.07.2001