TE Vfgh Erkenntnis 2007/3/5 B864/06 ua

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Veröffentlicht am 05.03.2007
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6650 Flurverfassung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Satzung der Agrargemeinschaft Bürs §4

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch die im dritten Rechtsgangerfolgte neuerliche Abweisung von Anträgen der Nachkommen weiblicherMitglieder auf Aufnahme in die Agrargemeinschaft Bürs; sachlich nichtgerechtfertigte Differenzierung zwischen männlichen und weiblichenMitgliedern; verfassungskonforme Auslegung der rückwirkendenStichtagsregelung der nach aufhebendem Erkenntnis desVerfassungsgerichtshofes geänderten Satzung dieser Agrargemeinschaftim Sinne einer Zuzählung derer, die im Zeitpunkt der Satzungsänderungbereits hätten aufgenommen werden müssen, geboten

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Vertreters die mit je 2340 € bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Erkenntnis VfSlg. 13.975/1994 vom 12. Dezember 1994 - dieses Datum wird in der Folge von Bedeutung sein - hat der Verfassungsgerichtshof Bescheide des Vorarlberger Landesagrarsenates wegen Verletzung des Gleichheitssatzes (Willkür) aufgehoben, die Töchtern von Mitgliedern von Agrargemeinschaften die Aufnahme in die Agrargemeinschaft unter Berufung auf eine Satzungsbestimmung verwehrt hatten, wonach zwar die eheliche Abstammung von einem männlichen (nicht auch von einem weiblichen) Mitglied einen Anspruch auf Aufnahme in die Mitgliederliste begründete (§4 lita), bei Töchtern gleichwohl aber die Mitgliedschaft während der Zeit der Verheiratung ruhte (§6 litb). Für die Unterscheidung zwischen Töchtern und Söhnen sei kein sachlicher Grund erkennbar und dem Gleichheitssatz widersprechende Satzungsbestimmungen seien mangels eines besonderen Normenkontrollverfahrens als nichtig außer Acht zu lassen.

Am 15. Dezember 1995 beschloss die Vollversammlung der Agrargemeinschaft Bürs - eine der beiden vom genannten Verfassungsgerichtshoferkenntnis betroffenen Agrargemeinschaften - eine neue Fassung ihrer Satzung, die agrarbehördlich am 9. Februar 1996 genehmigt wurde (Satzung 1996) folgenden Inhalts (soweit hier von Bedeutung):

"§3

Mitgliedschaft

Mitglieder der Agrargemeinschaft sind die von der Agrargemeinschaft in die aktuelle Mitgliederliste mit Stichtag vom 12.12.1994 erfassten nutzungsberechtigten Personen, sowie jene Personen, die gemäß den Bestimmungen dieser Satzung von der Agrargemeinschaft als Mitglieder aufgenommen werden.

§4

Erwerb der Mitgliedschaft

1. Die Mitgliedschaft wird erworben durch Aufnahme in die Mitgliederliste. Voraussetzungen für die Aufnahme in die Mitgliederliste sind:

a)

Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft

b)

Ständiger Wohnsitz in Bürs ...

c)

Führung eines eigenen Haushaltes ...

d)

Direkte Abstammung von einem Mitglied (Vater/Mutter; Sohn/Tochter).

...

              2.              Eine Aufnahme in die Mitgliederliste kann auch durch Verleihung erfolgen:

...

              5.              Mitglieder im Sinne dieser Satzung sind daher die in der Mitgliederliste (laut Mitgliedsbuch) geführten, namentlich bezeichneten Personen zum Stichtag 12.12.1994.

              6.              Der Antrag auf Zuerkennung der Mitgliedschaft ist schriftlich zu stellen und ordnungsgemäß und schlüssig zu belegen. Der Beschluss gilt rückwirkend mit dem Tage des Einlangens des den Erfordernissen entsprechenden Antrages bzw. ab dem Zeitpunkt, ab dem die Aufnahme statutengemäß möglich ist."

II. Die drei Beschwerdeführer leiten ihren Anspruch auf Mitgliedschaft in der Agrargemeinschaft Bürs als Kinder (Tochter bzw. Söhne) ihrer verstorbenen Mütter ab (die Mutter der Beschwerdeführerin ist 1994, die Mutter der beiden Beschwerdeführer 1991 gestorben) und haben ihre Anträge bei der Agrargemeinschaft im April 1995 und im Dezember 1995 gestellt. Nachdem diese Anträge mit Erledigung vom 27. März 1996 (also nach Inkrafttreten der Satzung 1996) abgewiesen wurden, wandten sie sich am 22. August 1997 an die Agrarbezirksbehörde, begehrten die Behebung der Stichtagsregelung in §4 Z5 der Satzung und die Aufnahme als Mitglied. Diesen Anträgen wurde mit Bescheid vom 18. November 1997 keine Folge gegeben.

Den gegen diesen Bescheid (und weitere Bescheide vergleichbaren Inhalts) erhobenen Berufungen gab der Landesagrarsenat mit Erkenntnis vom 31. Oktober 2000 Folge und verfügte die Aufnahme der Berufungswerber in die Agrargemeinschaft. Die gegen die Aufnahme von der Agrargemeinschaft erhobene Berufung an den Obersten Agrarsenat blieb erfolglos.

Der gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates erhobenen Beschwerde der Agrargemeinschaft gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Oktober 2003 (Zl. 2002/07/0027-0031) jedoch Folge; die Rechtsmeinung des Obersten Agrarsenates stellte er dabei so dar:

"Nach Wiedergabe der die Mitgliedschaft, deren Erwerb und das Ruhen der Mitgliedschaft betreffenden Bestimmungen der Satzungen aus dem Jahr 1969 und aus dem Jahre 1996 fuhr die belangte Behörde fort, das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994 sei davon ausgegangen, dass Satzungsbestimmungen, die dem Gleichheitsgrundsatz widersprächen, als nichtig im Sinne des §879 ABGB zu behandeln seien. Die Satzung 1969 sei daher bereinigt von ihren diskriminierenden Bestimmungen gegenüber Personen weiblichen Geschlechtes heranzuziehen, ohne dass es einer Neuerlassung einer Satzung bedürfte. Die AG habe mit der Neufassung der Satzung 1996 versucht, die diskriminierenden Bestimmungen der Satzung 1969 zu beseitigen, um offensichtlich den Problemen, die mit einer in wesentlichen Teilen nach §879 ABGB nichtigen Satzung 1969 verbunden seien, zu entgehen.

In der Neufassung der Satzung 1996 genüge zum Erwerb der Mitgliedschaft nach §4 Z. 1 litd die direkte Abstammung von einem Mitglied (Vater/Mutter: Sohn/Tochter). Damit gestehe die AG selbst zu, dass §4 lita der Satzung 1969, wonach für den Erwerb der Mitgliedschaft die eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied entscheidend gewesen sei, gemäß §879 ABGB nichtig sei; ansonsten hätte die AG diese Satzungsbestimmung nicht ändern müssen.

Nach der Satzung 1969 hätten die mitbeteiligten Parteien jeweils in die Mitgliederliste der AG aufgenommen werden müssen, weil §4 lita der Satzung 1969 gemäß §879 ABGB nichtig sei. Den mitbeteiligten Parteien komme jeweils nach der Satzung 1969, die um ihre nach §879 ABGB nichtigen Teile bereinigt zu lesen sei, ein Mitgliedschaftsanspruch zu, ohne dass es der Änderung oder Neuerlassung der Satzung 1969 bedürfte. Die AG habe nun jedoch mit der Neuerlassung der Satzung 1996 die diskriminierenden Vorschriften der Satzung 1969 beseitigt, die ohnedies bereits nach §879 ABGB nichtig gewesen seien. Unter einem habe die AG mit der Neufassung der Satzung 1996 auch eine Stichtagsregelung (12. Dezember 1994) eingeführt (§3 und §4 Z. 5 der Neufassung der Satzung 1996). Diese Stichtagsregelung bewirke, dass der Mitgliedschaftsanspruch der mitbeteiligten Parteien, der diesen auf Grund der Satzung 1969 zugekommen sei, rückwirkend vernichtet werde. Für den gegenständlichen Fall eines bereits bestehenden Mitgliedschaftsanspruches zeitige die Neufassung der Satzung 1996 Rechtswirkungen, die in verfassungskonformer Satzungshandhabung durch die belangte Behörde zu unterbinden seien. In seiner jüngeren Rechtsprechung habe der Verfassungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die rückwirkende Inkraftsetzung einer in eine Rechtsposition eingreifenden Regelung mit dem Gleichheitsgrundsatz dann nicht vereinbar sei, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden, und nicht etwa besondere Umstände diese Rückwirkung verlangt hätten. Ob und inwieweit im Ergebnis ein sachlich nicht gerechtfertigter und damit gleichheitswidriger Eingriff vorliege, hänge also vom Ausmaß des Eingriffs und vom Gewicht der für die Rückwirkung sprechenden Gründe ab (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1991, VfSlg. 12.688, vom 6. März 1992, VfSlg. 13.020, und vom 4. Oktober 1994, VfSlg. 13.896).

In den gegenständlichen Fällen hätte - um ein verfassungskonformes Vorgehen herbei zu führen - die von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Neufassung der Satzung durch eine öffentliche Kundmachung (Aushang) bekannt gemacht werden müssen. Dabei hätte Aufnahmewerbern - wie den mitbeteiligten Parteien - durch einen solchen Aushang die Möglichkeit geboten werden müssen, nach der durch die Nichtigkeitsfolge nach §879 ABGB bereinigten Satzung aus 1969 innerhalb angemessener Frist ein Aufnahmegesuch zu stellen.

Auf den Fall der mitbeteiligten Parteien bezogen bedeute die Satzungsänderung nämlich jeweils einen Eingriff in ihre Rechtsposition, dem erhebliches Gewicht zukomme, wobei keine besonderen Umstände zu finden seien, die einen solchen rückwirkenden Eingriff der mitbeteiligten Partei gegenüber rechtfertigten. Die mitbeteiligte Partei werde durch den vorliegenden Eingriff im berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht. Es habe sich nämlich auf Grund des bereits zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes eine Satzungsänderung als nicht notwendig erwiesen, um Gleichheitswidrigkeiten in Bezug auf die mitbeteiligten Parteien zu vermeiden. Den mitbeteiligten Parteien hätte daher durch öffentlichen Aushang der beabsichtigten Neufassung der Satzung 1996 die Möglichkeit einer Antragstellung für den Mitgliedschaftserwerb nach der bereinigten Satzung 1969 geboten werden müssen.

Dazu komme, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes das österreichische Recht eine Verwirkung von Rechten nicht kenne. Bloße Nichtgeltendmachung durch längere Zeit führe demnach grundsätzlich nicht zu Rechtsverlust, was sich vor allem e contrario aus den Verjährungsregeln ergebe (vgl. u.a. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18. Februar 1986, 14 Ob 8/60, SZ 59/34). Die mitbeteiligten Parteien hätten ihrer Rechte somit nicht verlustig gehen können.

Die Stichtagsregelung der Neufassung der Satzung 1996 habe somit in verfassungswidriger Weise den Mitgliedschaftsanspruch der mitbeteiligten Parteien vernichtet, da die beabsichtigte Neufassung der Satzung 1996 unter Wahrung des Mitgliedschaftsanspruches der mitbeteiligten Parteien nicht ausgehängt worden sei. Darüber hinaus hätte der Stichtag so gewählt werden müssen, dass er einen sachlichen Anknüpfungspunkt in der Bezugnahme auf jenes Datum erkennen hätte lassen müssen, mit dem die bislang in Kraft gestandene Satzung 1969 in Kraft getreten sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/07/0148). Nur so hätten die nunmehr verfassungswidrigen Rechtsfolgen hintan gehalten werden können."

III. Der Verwaltungsgerichtshof hob den wiedergegebenen Bescheid aus folgenden Überlegungen auf (wobei die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof sind): (Hervorhebungen im Original)

"3.2. Folgende unstrittige Sachverhaltskonstellationen liegen in den Fällen der erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien vor:

3.2.1. Die 1931 geborene, erstmitbeteiligte Partei ist Tochter eines am 5. Februar 1994 verstorbenen Mitgliedes, ihrer Mutter, welche bis zu ihrem Tode als Witwe eines am 26. März 1962 verstorbenen Mitglieds in der Mitgliederliste der AG (vom Dezember 1968) eingetragen war.

3.2.2. Der Zweit- und der Drittmitbeteiligte, geboren 1942 und 1948, sind Söhne eines in die Mitgliederliste der AG eingetragenen Mitgliedes, ihrer Mutter, welche nach dem Tode ihres Gatten bis zu ihrem Tod am 4. Juli 1991 als Witwe in die Mitgliederliste der AG (vom Dezember 1968) eingetragen war.

3.2.3. Die 1933 geborene, viertmitbeteiligte Partei ist die Tochter eines am 24. November 1984 verstorbenen Mitgliedes, ihrer Mutter, die bis zu ihrem Tode als Witwe eines am 1. August 1944 verstorbenen Mitgliedes in der Mitgliederliste der AG (vom Dezember 1968) eingetragen war.

Die Mütter der Erst- bis Viertmitbeteiligten waren jeweils nach dem Tode ihrer jeweiligen Ehegatten, welche Mitglieder der AG waren, als Witwen von Mitgliedern in die Mitgliederliste eingetragen.

3.2.4. Die 1947 geborene Fünftmitbeteiligte ist die Tochter eines Mitgliedes, ihres Vaters, der bis zu seinem Tode am 3. Mai 1984 in der Mitgliederliste der AG eingetragen war.

Alle Aszendenten, auf welche sich die fünf mitbeteiligten Parteien zur Ableitung ihres Mitgliedschaftsrechtes berufen, waren Mitglieder der AG (entweder als Witwen von männlichen Mitgliedern oder als Mitglied), verstarben zwischen 1984 und 1994 und schienen somit zum Stichtag 12. Dezember 1994 nicht mehr in der Mitgliederliste der AG auf.

4. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Stichtagsregelung des 12. Dezember 1994 mangels Kundmachung der geplanten Satzungsänderung und wegen des dadurch für die Mitbeteiligten, die einen Mitgliedschaftsanspruch auf Grundlage der Satzung 1969 erworben hätten, einher gehenden Rechtsverlustes für diese keine Wirksamkeit entfalte. Gegenstand der vorliegenden Verfahren war die Frage, ob die Erst- bis Viertmitbeteiligten in Rechtsnachfolge nach ihren verstorbenen Müttern, die Fünftmitbeteiligte in Rechtsnachfolge nach ihrem verstorbenen Vater einen solchen Mitgliedsanspruch erworben und durch die genannte Stichtagsregelung rückwirkend verloren habe.

4.1. Zu den Fällen der Erst- bis Viertmitbeteiligten (Ableitung des Mitgliedschaftsanspruches von den Müttern):

Die Frage der Wirksamkeit der Stichtagsregelung der Satzung 1996 stellt sich in diesen Beschwerdefällen nicht. Um nämlich |berhaupt - wie die belangte Behörde - von einer 'Vernichtung eines Mitgliedschaftsanspruches' durch die Stichtagsregelung der Satzung 1996 sprechen zu können, muss ein solcher 'Mitgliedschaftsanspruch' auf Grundlage der Satzungsbestimmungen 1969 für die mitbeteiligten Parteien entstanden sein, den sie -gehindert durch unsachliche Satzungsbestimmungen - im zeitlichen Geltungsbereich der Satzung 1969 nicht erfolgreich geltend machen konnten. Sowohl die belangte Behörde als auch die Verfahrensparteien gehen davon aus, dass ein solcher Anspruch im Falle der mitbeteiligten Parteien existierte. Unter 'Mitgliedschaftsanspruch' wurde dabei offenbar das Vorliegen aller Voraussetzungen, die auf Basis der bereinigten Satzungsbestimmungen für die Zuerkennung der Mitgliedschaft notwendig waren, verstanden.

4.2. Die Erst- bis Viertmitbeteiligten leiten ihre Mitgliedschaftsansprüche von ihren Müttern ab; diese waren Mitglieder der AG im zeitlichen Geltungsbereich der Satzung 1969 in ihrer Eigenschaft als Witwen nach einem männlichen, vor dem Stichtag der Satzung 1969 verstorbenen Mitglied; sie waren als Witwe nach §4 litb der Satzung 1969 in die Mitgliedsliste (vom Dezember 1968) eingetragen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung behielten Witwen aus einer solchen Ehe für die Dauer ihres Witwenstandes die Mitgliedschaft. Aus der Mitgliedschaft dieser Witwen war ein Mitgliedschaftsanspruch der Deszendenten aber nicht ableitbar.

4.3. In den vorliegenden Fällen handelt es sich somit nicht um die Ableitung eines Mitgliedschaftsrechtes von einem weiblichen (Voll)mitglied (zB. der Tochter eines männlichen Mitgliedes, die in die Mitgliedschaft eingetreten ist) sondern um die Ableitung eines Mitgliedschaftsrechtes von einer Witwe, die ihrerseits ihre Mitgliedschaft von einem männlichen Mitglied der AG, nämlich ihrem verstorbenen Ehegatten, abgeleitet hatte. Diesbezüglich finden sich Regelungen in §4 litb der Satzung 1969; die von der belangten Behörde wiederholt herangezogene Bestimmung des §4 lita der Satzung 1969 und eine allenfalls bereinigte Lesart dieser Bestimmung findet auf diese Fälle gar keine Anwendung.

Eine unterschiedliche Behandlung der Deszendenten von Mitgliedern nach §4 lita und der Deszendenten von Witwen von Mitgliedern nach §4 litb der Satzung 1969 ist aber - vor dem Hintergrund des vom Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang als sachlich bezeichneten Kriteriums der Beschränkung der Zahl der Mitglieder einer AG - nicht zu beanstanden. Durch die Zuerkennung eines Mitgliedschaftsrechtes an die überlebende Witwe kann - bei Erwerb der Mitgliedschaft durch Kinder nach dem Vater - vorübergehend für die Dauer des Witwenstandes eine Vermehrung der Anzahl der Mitglieder der AG eintreten; diese wird nach Wegfall des Witwenstandes - durch Ableben oder Wiederverehelichung der Witwe - wieder beendet. Diese abgeleitete Mitgliedschaft dient der Versorgung der Witwen, ist von vornherein zeitlich beschränkt und von den übrigen Vollmitgliedschaftsrechten zu unterscheiden. Dass sich solche "zusätzlichen" Rechte nicht verselbstständigen sollen und daher nicht weiter gegeben werden können, begegnet daher keinen Bedenken.

Insbesondere ist darin auch keine geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen gegenüber Männern zu erblicken. Nebenbei sei erwähnt, dass Witwern nach weiblichen Mitgliedern dieses Recht im zeitlichen Geltungsbereich der Satzung 1969 nicht zukam, es handelte sich unter diesem Aspekt bei der Regelung des §4 litb der Satzung 1969 um eine Frauen begünstigende Regelung.

Darin, dass die Erst- und Viertmitbeteiligten von ihren Müttern kein Mitgliedschaftsrecht ableiten konnten, liegt daher in den vorliegenden Fällen keine diskriminierende und daher nicht anzuwendende Regelung der Satzung 1969. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde haben die Erst- und Viertmitbeteiligten in Nachfolge ihrer Mütter keinen Mitgliedschaftsanspruch erworben, der durch die Stichtagsregelung der Satzung 1996 wieder rückwirkend vernichtet worden wäre.

4.4. Auch §4 Pkt. 1 litd der Satzung 1996, nach der nun Voraussetzung für die Mitgliedschaft die direkte Abstammung von einem Mitglied (Vater/Mutter; Sohn/Tochter) ist, hilft im Fall der Erstbis Viertmitbeteiligten nicht weiter. Unter dem 'Mitglied' im Sinne dieser Bestimmung kann nämlich nur ein Vollmitglied nach der (gegebenenfalls bereinigt zu lesenden) Satzung 1969 oder der Satzung 1996 verstanden werden, nicht aber die direkte Abstammung von der Witwe eines Mitgliedes, die ihrerseits nur über ein abgeleitetes, auf die Zeit ihrer Witwenschaft beschränktes Recht verfügt, aus dem keine 'Nachfolgerechte' abgeleitet werden können. Im Übrigen enthält auch die Satzung 1996 in §5 Pkt. 2 lita wieder eine Regelung des Inhaltes, dass Witwen/Witwer nach einem nutzungsberechtigten Mitglied, die ihrerseits die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft nach §4 Pkt. 1 litd nicht erfüllen, das Nutzungsrecht nur für die Dauer des Witwen-/Witwerstandes und nur für ihre Person erhalten.

4.5. Den auf das Mitgliedschaftsrecht ihrer Mütter bezogenen Aufnahmeanträgen der Erst- bis Viertmitbeteiligten wäre daher (im Instanzenzug) keine Folge zu geben gewesen; die belangte Behörde hätte die von der AG in Berufung gezogenen Bescheide des LAS jeweils in diese Richtung abzuändern gehabt.

Die erst- bis viertangefochtenen Bescheide waren somit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß §42 Abs2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

5. Das rechtliche Schicksal des Antrags der Fünftmitbeteiligten ist im Ergebnis auch nicht anders zu beurteilen.

Der Vater der Fünftmitbeteiligten war in der Mitgliederliste vom Dezember 1968 eingetragen; sie konnte daher aus §4 lita der Satzung 1969 unmittelbar einen Anspruch auf Mitgliedschaft ableiten.

Die Fünftbeschwerdeführerin bringt vor, sie habe ihren Antrag auf Aufnahme bereits vor Satzungsänderung eingebracht und es sei unzulässig, durch nachträgliche Satzungsänderung einen bereits entstandenen Rechtsanspruch zu beseitigen. Damit bezieht sie sich offenbar auf ihre Antragstellung an die AG. Der (allein verfahrensgegenständliche) Antrag an die ABB (u.a.) auf Aufnahme in die AG wurde jedoch erst am 22. August 1997, somit im zeitlichen Geltungsbereich der Satzung 1996, gestellt, sodass hinsichtlich der Entscheidung der Agrarbehörden nicht von einem Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Dispositionsschutz oder von einer Verschlechterung der rechtlichen Situation der Beschwerdeführerin während eines anhängigen Verfahrens gesprochen werden kann (vgl. zu einer solchen Sachverhaltskonstellation bereits das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2001, Zlen. 2001/07/0021, 0022).

Der Verwaltungsgerichtshof hat die von der belangten Behörde in dem dem zitierten hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2001 zu Grunde liegenden Verfahren vertretene Rechtsansicht, wonach Personen, egal welchen Geschlechts, die zwar die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft nach der Satzung 1969 erfüllen, die Aufnahme aber versäumt haben, und nun die Voraussetzung der Satzung 1996 nicht erfüllen, keine Mitgliedschaft an der AG erwerben können, in dem genannten Erkenntnis geteilt. Es ist nicht erkennbar, dass der Fall der Fünftmitbeteiligten anders zu beurteilen wäre, als diese Fälle oder derjenige, der dem hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/07/0004, zu Grunde lag. Auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse wird daher gemäß §43 Abs2 VwGG verwiesen."

Im fortgesetzten Verfahren gab der Oberste Agrarsenat mit Erkenntnissen vom 5. Mai 2004 den Berufungen der Agrargemeinschaft gegen den Bescheid des Landesagrarsenates - dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs entsprechend - Folge und wies die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den ihre Anträge abweisenden Bescheid der Agrarbezirksbehörde ab.

Die Beschwerdeführer und die fünftmitbeteiligte Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben gegen die Ersatzbescheide des Obersten Agrarsenates Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 4. Oktober 2004, B887-890/04, deren Behandlung wegen Aussichtslosigkeit ab und begründete dies wie folgt:

"Die Unterscheidung zwischen Mitgliedern mit übertragbaren Rechten und solchen, die sie nur in Person vom Ehegatten ableiten, ist verfassungsrechtlich ebensowenig zu beanstanden wie die - allfällige Anwartschaften beseitigende - begrenzte Rückwirkung einer Satzungsänderung, um das (zunächst auf unsachliche Weise verfolgte) Ziel einer Beschränkung der Mitgliederzahl für die Zeit nach dem Offenbarwerden des Fehlers auf andere Weise zu erreichen."

IV. Die gegen die Ersatzbescheide gleichfalls erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof waren jedoch für die nunmehr beim Verfassungsgerichtshof beschwerdeführenden Parteien erfolgreich. Sie hatten darin nämlich ausgeführt, es sei

"...aktenwidrig, dass die übergebende Mutter ein abgeleitetes Recht als hinterbliebene Witwe nach einem Standesbürger gehabt habe. Vielmehr sei in diesem Fall die Mutter der beschwerdeführenden Partei unmittelbares Vollmitglied der Agrargemeinschaft bzw. wäre es gewesen, wenn sie nicht verheiratet gewesen wäre. Die Mutter der beschwerdeführenden Partei habe seinerzeit ihre Mitgliedschaft nicht von ihrem Ehemann abgeleitet, sondern von einem vollberechtigten Vater. Nach den alten Statuten habe die Mitgliedschaft geruht, wenn eine Standesbürgerin mit einem Nichtstandesbürger verheiratet gewesen sei. Mit dem Tod des Ehemanns sei sie dann wieder Vollbürgerin im Sinne einer Vollmitgliedschaft bei der Agrargemeinschaft geworden. Die Mutter des Beschwerdeführers leite also ihr Recht nicht vom Ehemann ab, sondern es sei während der Ehe ihr vom Vater angestammtes Mitgliedschaftsrecht unterdrückt worden. Die zweite Problemkonstellation sei darin gelegen, dass Frauen nach den alten Statuten ihren Mitgliedschaftsanspruch generell nicht vererben hätten können. Später hätten die neuen Statuten perfider Weise für beide Fälle einen Strich mit dem Stichtag gezogen, wobei die Mitgliedschaft per 12. Dezember 1994 rückwirkend nach den alten Statuten bestimmt worden sei. Dagegen werde sich die Beschwerde richten, wenn erst einmal der angefochtene Bescheid aufgehoben und die belangte Behörde den ordnungsgemäßen Sachverhalt festgestellt habe. Es liege also im Beschwerdefall ein grundlegend falscher Entscheidungssachverhalt zu Grunde."

Der Verwaltungsgerichtshof kam daraufhin in drei die nunmehrigen Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnissen vom 24. November 2005, Zl. 2004/07/0190, /0192 und /0193 nach näherer Erörterung der Aktenlage zu folgendem Ergebnis (Zitat aus dem die nunmehrige Beschwerdeführerin zu B864/06 betreffenden Erkenntnis):

"Aus diesem Inhalt der Verwaltungsakten ergibt sich aber nun doch, dass der - wenn auch undeutlichen - Feststellung des LAS ('als Witwe nach einem Nichtmitglied') der Inhalt hätte beigemessen werden können, dass es sich bei dem Recht der Mutter der Beschwerdeführerin nicht um ein Witwenrecht nach einem Mitglied sondern um ein allenfalls wieder aufgelebtes Vollmitgliedschaftsrecht handelte.

Unterstellt man vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens der genannten Feststellung dieses Verständnis, so ergibt sich, dass der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 2003 zu Grunde gelegene und in weiterer Folge dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt nicht mit diesem Teil der Akten in Übereinstimmung steht.

Die Rechtsansicht des Vorerkenntnisses baute auf den mit diesem Teil der Akten offenbar nicht übereinstimmenden Sachverhaltsannahmen, insbesondere auf der Qualifizierung des Rechtes der Mutter der Beschwerdeführerin als bloßes Witwenrecht, auf.

Die aufgezeigte Aktenwidrigkeit führt nun deshalb zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil dieser Mangel von Einfluss auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides sein könnte. Wäre die Mutter der Beschwerdeführerin Vollmitglied gewesen, hätte diese Mitgliedschaft während aufrechter Ehe geruht und wäre sie nach dem Tode ihres Ehegatten wieder aufgelebt, so entfalteten die rechtlichen Überlegungen über das Witwenrecht in ihrem Fall keine Wirkung.

Den von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift angestellten Überlegungen, wonach auch bei Zugrundelegung dieses Sachverhaltes das gleiche Ergebnis hervorkäme, ist hingegen nicht zu folgen. Die belangte Behörde verweist auf den Fall der Fünftmitbeteiligten im bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2003 und meint, es liege selbst bei Berücksichtigung der nunmehrigen Behauptungen der Beschwerdeführerin ein diesem Fall vergleichbarer Sachverhalt vor.

Damals hatte der Verwaltungsgerichtshof - unter Bezugnahme auf Vorjudikatur - ausgesprochen, dass Personen, egal welchen Geschlechts, die zwar die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft nach der Satzung 1969 erfüllten, die Aufnahme aber versäumt hätten, und nun die Voraussetzungen der Satzung 1996 nicht erfüllten, keine Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft erwerben könnten. Entscheidend war dabei die Überlegung, dass es diesen Personen möglich gewesen war, im Geltungsbereich der Satzung 1969 erfolgreich um die Mitgliedschaft anzusuchen. Dies war bei der damals Fünftmitbeteiligten der Fall, die sich auf ihren Vater als Vollmitglied berufen hätte können.

Im Fall der Beschwerdeführerin sah die Satzung 1969 aber in §4 lita als Voraussetzung für die Aufnahme in die Mitgliederliste die eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied vor; die Mitgliedschaft oder der Anspruch auf Aufnahme in die Mitgliederliste des Vaters bildete die Voraussetzung für die Aufnahme in die Mitgliederliste.

Die Beschwerdeführerin hat sich während des Verfahrens vor den Agrarbehörden nur auf ihre Mutter als Mitglied der mitbeteiligten Partei berufen. Es kann ihr daher nicht entgegen gehalten werden, sie habe die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllt, aber die Aufnahme versäumt; ihr Fall ist dem der damals Fünftmitbeteiligten nicht vergleichbar.

Die Beschwerdeführerin bringt zwar erstmals in der Beschwerde vor, ihr Vater wäre ebenfalls Vollmitglied der mitbeteiligten Partei gewesen; dieses Vorbringen hat sie im Verfahren vor den Agrarbehörden, wo sie sich stets nur auf ihre Mutter berief, nie erstattet. Einer Berücksichtigung dieses Vorbringens stand daher das Neuerungsverbot gemäß §41 VwGG entgegen.

Auch die von der belangten Behörde zitierte Rechtsprechung, wonach ein Abweichen von der im Vorerkenntnis dargelegten Rechtsansicht nur dann möglich sei, wenn sich die Sachlage seit Erlassung des aufgehobenen Erkenntnisses der belangten Behörde geändert habe und wonach eine Bindungswirkung im Sinne des §63 VwGG nur in jenen Fällen nicht gegeben wäre, in denen seit dem genannten Zeitpunkt neu erhobene Sachverhaltselemente bei der Entscheidung zu würdigen wären, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Behörde ist bei der Erlassung des Ersatzbescheides nämlich nur im Rahmen des seinerzeit vor dem Verwaltungsgerichtshof angenommenen Sachverhaltes gebunden. Keineswegs ist die Behörde aber an einen vom Verwaltungsgerichtshof unrichtig angenommenen Sachverhalt gebunden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 1999, 93/17/0259, vom 10. Dezember 1998, 97/07/0148, u.a.). Ein solcher Fall liegt - hinsichtlich der Annahme eines bloßen Witwenrechtes der Mutter der Beschwerdeführerin - hier aber vor."

Die nunmehr beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheide des Obersten Agrarsenates geben den Berufungen der Agrargemeinschaft gegen die Bescheide des Landesagrarsenates jedoch abermals Folge und weisen die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide der Agrarbezirksbehörde neuerlich ab.

Der Oberste Agrarsenat geht im neuen Rechtsgang davon aus, dass die Mütter der Beschwerdeführer Vollmitglieder gewesen sind. §4 lita der Satzung 1969 habe jedoch die Abstammung von einem männlichen Mitglied zur Voraussetzung eines Anspruchs auf Aufnahme gemacht. Durch diese Beschränkung sei weder die Beschwerdeführerin zu B864/06 unmittelbar diskriminiert worden, noch die beiden Beschwerdeführer zu B865/06 und B866/06; männliche und weibliche Aufnahmewerber nach einem weiblichen Mitglied seien gleicherweise gescheitert (Hinweis auf VwGH 25.3.1999, Zl. 98/07/0148, und 25.6.2001, Zl. 2001/07/0021). Die Anträge bei der Agrargemeinschaft seien wohl nach dem Stichtag 12. Dezember 1994 gestellt worden, jene bei der Agrarbezirksbehörde aber erst im Geltungsbereich der Satzung 1996. Daran knüpft der Oberste Agrarsenat nun folgende Überlegungen:

"Ein Vergleich mit der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 2003, 2002/07/0027, zur damaligen Fünftbeschwerdeführerin, zugrunde gelegenen Sachlage verbietet sich jedoch. In seinem im gegenständlichen Verfahren ergangenen Erkenntnis vom 24. November 2005, Zl. 2004/07/0192, hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich klargestellt, dass der Berufungsgegnerin, die sich während des Verfahrens vor den Agrarbehörden nur auf ihre Mutter als Mitglied der Agrargemeinschaft berufe, nicht entgegengehalten werden könne, sie habe die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllt, aber die Aufnahme versäumt. Ihr Fall sei - so der Verwaltungsgerichtshof - dem der fünftmitbeteiligten Partei des dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 2003, Zl. 2002/07/0027, zugrunde gelegenen Verfahrens nicht vergleichbar. Gemäß §63 Abs1 VwGG ist der Oberste Agrarsenat an diese Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden.

Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage der Verfassungskonformität der in der Satzung 1996 enthaltenen Stichtagsregelung (12. Dezember 1994), somit der Bestimmung jenes Zeitpunktes, zu dem ein Vorfahre eines Aufnahmewerbers in der Mitgliederliste aufscheinen musste, um von diesem ein entsprechendes Recht auf Aufnahme ableiten zu können.

...

Gemäß §3 der Satzung 1996 sind Mitglieder der Agrargemeinschaft die von der Agrargemeinschaft Bürs in die aktuelle Mitgliederliste mit Stichtag 12. Dezember 1994 erfassten nutzungsberechtigten Personen, sowie jene Personen, die gemäß den Bestimmungen dieser Satzung von der Agrargemeinschaft als Mitglieder aufgenommen werden. §4 Pkt. 1 litd stellt nun beim Erwerb der Mitgliedschaft auf die direkte Abstammung von einem Mitglied (Vater/Mutter: Sohn/Tochter) ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - wie bereits ausgeführt - die davor geltende Bestimmung des §4 der Satzung 1969 dahingehend beurteilt, dass aus ihr keine unmittelbare Diskriminierung von Nachfahren weiblichen Geschlechts abzuleiten ist. Dennoch hat er in einem bei ihm anhängig gewesenen Verfahren auch die Rechtslage bei Annahme einer bereinigten Lesart der Satzung 1969 (somit bei Annahme der Möglichkeit der Ableitung eines Mitgliedschaftsanspruches auch von der Mutter im zeitlichen Geltungsbereich der Satzung 1969) geprüft (VwGH 25.6.2001, 2001/07/0021). Im zitierten Erkenntnis ist er dabei zum Ergebnis gelangt, der Umstand, dass der betroffenen Erstbeschwerdeführerin des genannten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft nicht zuerkannt wurde, habe mit Normen Frauen diskriminierenden Inhaltes nichts zu tun. Ein analoger Schluss dieser Judikatur für das vorliegende Verfahren ist aber nicht ohne weiteres zulässig, weil die Mutter der genannten Erstbeschwerdeführerin des damaligen Verfahrens bereits im Jahre 1976, somit vor den vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur bereits als zulässig anerkannten, in Satzungen festgelegten Stichtagen 1. Juli 1979 bzw. 1. Jänner 1982 verstorben war (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/07/0148; 21.10.1999, 98/07/0056; 20.1.2005, 2004/07/0006).

Auch in seinem die Agrargemeinschaft Bürs betreffenden Erkenntnis vom 25. November 1999, 99/07/0004, hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich darauf verwiesen, dass Stichtagsregelungen, die den Eintritt von Rechtsfolgen daran knüpfen, dass zu einem bestimmten Tag ein bestimmter Sachverhalt verwirklicht war, zwar ein Element des Zufälligen in der Auslösung von Rechtsfolgen mit sich bringen, jedoch unverzichtbarer Bestandteil des Normsetzungsverfahrens sind. Im zitierten Erkenntnis wurde ein Grundrechtsverstoß gegenüber der damaligen Beschwerdeführerin (deren Vater bereits 1976 verstorben war) trotz des Stichtages 12. Dezember 1994 verneint, gleichzeitig aber auch darauf hingewiesen, dass selbst bei Festsetzung eines in den Jahren 1979 oder 1982 gelegenen - vom Verwaltungsgerichtshof schon als zulässig erkannten - Stichtages für den Erwerb der Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft der Antrag der Beschwerdeführerin vom 22. August 1997 nicht erfolgreich gewesen wäre, und somit in seiner Beurteilung auch auf die in den genannten Jahren gelegenen Stichtage abgestellt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der zur Nichtigkeit von Satzungsbestimmungen ergangenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes damit die in der Satzung 1996 der Agrargemeinschaft Bürs enthaltene Stichtagsregelung (12. Dezember 1994) als unbedenklich beurteilt hat. Die Verfassungskonformität dieser Regelung ist nach Beurteilung des Obersten Agrarsenates nämlich bereits aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu ersehen.

In dem, im gegenständlichen Verfahren ergangenen Beschluss vom 4. Oktober 2004, Zlen. B887/04-3, B888/04-3, B889/04-3, B890/04-3, hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass die Unterscheidung zwischen Mitgliedern mit übertragbaren Rechten und solchen, die sie nur in Person von Ehegatten ableiten, verfassungsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden ist wie die - allfällige Anwartschaften beseitigende - begrenzte Rückwirkung einer Satzungsänderung, um das (zunächst auf unsachliche Weise verfolgte) Ziel einer Beschränkung der Mitgliederzahl für die Zeit nach dem Offenbarwerden des Fehlers auf andere Weise zu erreichen.

Die in ihrer Beschwerdeergänzung vom 31. Jänner 2005 an den Verwaltungsgerichtshof dargelegten Rechtsansicht der Berufungsgegnerin, dass der Verfassungsgerichtshof, der an die Tatsachenfeststellungen der Behörde gebunden sei, im zitierten Beschluss von grundlegend falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, und - hätte er den wahren Sachverhalt erkannt - konträr entschieden hätte, ist nicht überzeugend. Dem Obersten Agrarsenat liegt die dem genannten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zugrunde gelegene Beschwerde der Berufungsgegnerin nicht vor. In ihrer Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof verwies die Berufungsgegnerin hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung jedoch ausdrücklich auf das in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erstattete Vorbringen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die von der Berufungsgegnerin in ihrer Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof dargelegten Bedenken hinsichtlich einer Aktenwidrigkeit im damals angefochtenen Erkenntnis des Obersten Agrarsenates dem Verfassungsgerichtshof ebenso bereits bekannt gewesen sind.

Vor diesem Hintergrund kann jedoch die allgemeine - und hinsichtlich der beiden darin behandelten Rechtsfragen deutlich getrennte - Formulierung des Verfassungsgerichtshofes im Beschluss vom 4. Oktober 2004, wonach die Unterscheidung zwischen Mitgliedern mit übertragbaren Rechten und solchen, die sie nur in Person von Ehegatten ableiten, 'verfassungsrechtlich ebensowenig zu beanstanden' ist wie die - allfällige Anwartschaften beseitigende - begrenzte Rückwirkung einer Satzungsänderung, um das (zunächst auf unsachliche Weise verfolgte) Ziel einer Beschränkung der Mitgliederzahl für die Zeit nach dem Offenbarwerden des Fehlers auf andere Weise zu erreichen, nur dahingehend interpretiert werden, dass die zweitgenannte Beurteilung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen Mitgliedern mit übertragbaren Rechten und solchen, die ihr Recht nur vom Ehegatten ableiten, stand. Andernfalls hätte es nämlich ausgereicht, im Beschluss lediglich auf die Verfassungskonformität der Unterscheidung zwischen Vollmitgliedern und Witwen nach Vollmitgliedern hinzuweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat sich im zitierten Beschluss aber erkennbar eingehend mit der gegenständlichen Stichtagsregelung befasst und ist zur beschriebenen Beurteilung einer Verfassungskonformität dieser Regelung gekommen (vgl. in diesem Zusammenhang den eine Stichtagsregelung 1. Jänner 1982 einer anderen Agrargemeinschaft betreffenden Beschluss des VfGH vom 3. Dezember 2003, Zl. B1429/03-4, in dem demgegenüber sehr kurz ausgeführt wurde, dass spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage einer möglichen Nichtigkeit einer konkreten Satzungsbestimmung nicht anzustellen seien).

Stichtagsregelungen der genannten Art sind unverzichtbarer Bestandteil jedes Normsetzungsverfahrens. Das Inkrafttreten von Bundesgesetzen nach Maßgabe des Art49 Abs1 B-VG hat Zufallseffekte in den dadurch ausgelösten Rechtsfolgen für die Normunterworfenen ebenso zur Folge wie Absprüche des Verfassungsgerichtshofes nach Art140 Abs6 B-VG (VwGH 25.3.1999, Zl. 98/07/0148). Die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994 zur Ruhensbestimmung betreffend die Mitgliedschaft von Töchtern von Mitgliedern während der Zeit ihrer Verheiratung dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken treffen auf die gegenständliche Stichtagsregelung offenkundig nicht zu.

Die (nur) begrenzte Rückwirkung der 1996 erfolgten Satzungsänderung ist somit verfassungsrechtlich selbst dann unbedenklich, wenn mit ihr allfällige Anwartschaften beseitigt werden. Im Ergebnis ist daraus für den vorliegenden Fall einer im Jahre 1996 erfolgten Satzungsänderung abzuleiten, dass das Nichtbestehen einer Möglichkeit, ein Mitgliedschaftsrecht an der Agrargemeinschaft Bürs von der Mutter, die zum Stichtag 12. Dezember 1994 nicht (mehr) in der Mitgliederliste aufschien, nicht zu beanstanden ist, obwohl nach der davor in Geltung gestandenen Regelung eine Ableitung eines Mitgliedschaftsrechts nur von einem männlichen Vorfahren möglich gewesen war. Die Darlegungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 2005, dass der Berufungsgegnerin nicht entgegengehalten werden könne, sie habe die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllt, aber die Aufnahme versäumt, können der Berufungsgegnerin damit nicht zu ihrem begehrten Recht verhelfen, war doch die Rechtslage zu keinem Zeitpunkt dergestalt, dass sie ein Mitgliedschaftsrecht von ihrer bereits am 5. Februar 1992 verstorbenen Mutter ableiten hätte können."

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen der Sache nach die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, des Verbotes der Benachteiligung wegen des Geschlechtes (Art14 EMRK) sowie des Rechts auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) gerügt werden. Die belangte Behörde (und der Verwaltungsgerichtshof) hätten die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zur Nichtigkeit diskriminierender Satzungen missachtet, zu Unrecht auf die Antragstellung bei der Aufsichtsbehörde abgestellt und eine Diskriminierung durch Anknüpfung an das Geschlecht des übertragenden Mitgliedes verneint und die Behörde ermangle der erforderlichen Tribunalqualität und gewähre kein zureichendes Gehör.

Im Zuge des Vorverfahrens gab der Verfassungsgerichtshof der belangten Behörde und der mitbeteiligten Agrargemeinschaft Folgendes zu überlegen (Hervorhebungen im Original):

"Geht man davon aus, dass der Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 4.10.2004, B887-890/04, die Aussichtslosigkeit der damaligen Beschwerde einerseits mit dem Hinweis auf die Unbedenklichkeit der Annahme einer unübertragbaren Rechtsposition der Mutter begründete (was nur auf die drei der damaligen Beschwerdeführer zutraf, die auch nunmehr Beschwerde führen), andererseits aber mit der Unbedenklichkeit einer 'allfällige Anwartschaften beseitigenden' begrenzten Rückwirkung der Satzungsänderung (was nur für die weitere ... Partei noch von Bedeutung sein konnte), dürfte unter einer solchen allfälligen Anwartschaft nur jene verstanden werden können, die zum Stichtag bloß noch nicht ausgeübt worden war (vgl. die resumierenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seiner zweiten Entscheidung zur ehemals bei ihm Fünftbeteiligten ...).

Hat sich nun aber im fortgesetzten Verfahren die erste Annahme als falsch herausgestellt, wäre die Frage zu beantworten, ob die Satzung 1996 nicht in verfassungskonformer Auslegung so verstanden werden muss, dass diejenigen, die den Aufnahmeantrag erst aufgrund der teilweisen Nichtigkeit der Satzung stellen konnten und noch vor der Satzungsänderung gestellt haben, den in der Mitgliederliste zum Stichtag 12.12.1994 erfassten (§3 der Satzung 1996) gleichgehalten werden müssen, weil sie im Zeitpunkt der Satzungsänderung in diese Liste bereits hätten aufgenommen werden müssen. Oder soll der Satzung zugesonnen werden, auch solche von der Mitgliedschaft ausgeschlossen zu haben, die sie (ohne säumig gewesen zu sein) nach der bereinigten alten Fassung in Anspruch genommen haben (was zu ermöglichen wohl der Sinn des mit VfSlg. 13.975/1994 abgeschlossenen Verfahrens war)?"

Sowohl die belangte Behörde wie die mitbeteiligte Agrargemeinschaft beantragen die Abweisung der Beschwerden.

Die Agrargemeinschaft hält die Qualifikation der die Anwartschaft vermittelnden verstorbenen Mütter als Vollmitglieder für verfehlt, will auf den Zeitpunkt des Aufnahmeantrages bei den Behörden abgestellt wissen und sieht in der Festsetzung des Stichtages ein "Element des Zufälligen", das einen unverzichtbaren Bestandteil jedes Normsetzungsverfahrens bilde; männliche und weibliche Aufnahmewerber würden dabei gleich behandelt.

Auch der Oberste Agrarsenat stellt unter Berufung auf den Verwaltungsgerichtshof auf den Antrag bei der Behörde ab; andernfalls hätte auch in bezug auf die weitere seinerzeit beschwerdeführende Partei keine "bloß noch nicht ausgeübte" Anwartschaft vorgelegen, sodass sie in derselben Lage gewesen wäre wie die nunmehrigen Beschwerdeführer. Eine differenzierende Beurteilung erscheine bedenklich, da auch die damalige Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung an die Agrargemeinschaft aufgrund der Satzung 1969 darauf vertrauen konnte, die Voraussetzungen für die Aufnahme zu erfüllen. Die Deutung des Ablehnungsbeschlusses vom 4. Oktober 2004 sei keineswegs zwingend (Hervorhebungen im Original):

"Die Annahme einer Verletzung von Rechten der drei im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführenden Parteien würde voraussetzen, dass die Bestimmung des §4 lita der Satzung 1969 mit dem Erfordernis der Abstammung von einem männlichen Mitglied als verfassungswidrig qualifiziert werden würde (vgl. dazu auch die nachfolgenden Ausführungen). Hätte aber §4 lita der Satzung 1969 bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung an die Agrargemeinschaft wegen teilweiser Nichtigkeit bereinigt gelesen werden müssen (und damit nur noch die Abstammung von einem Mitglied ohne Unterschied des Geschlechts vorausgesetzt), so wäre im Ergebnis auch eine 'Anwartschaft' der drei beschwerdeführenden Parteien durch den später rückwirkend festgelegten Stichtag beseitigt worden.

Dessen ungeachtet scheint jedoch die Annahme einer Verletzung von verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten der beschwerdeführenden Parteien - auch unter Berücksichtigung der sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994, B2083/93, B1545/94, (VfSlg. 13.975), ergebenden Gesichtspunkte - von vornherein nicht zuzutreffen. Im zitierten Erkenntnis erkannte der Verfassungsgerichtshof das Bestreben der Reduzierung oder der Verhinderung des Ansteigens der Anzahl der Mitglieder der Agrargemeinschaften als grundsätzlich zulässig an, betonte dabei jedoch, dass dieses Ziel nicht durch die Ausgrenzung allein von Frauen (also nicht auch von Männern) erreicht werden dürfe. Die damals zu beurteilende Satzungsbestimmung, wonach bei Töchtern von Mitgliedern während der Zeit ihrer Verheiratung die Mitgliedschaft ruhe, unterscheide zwischen Töchtern und Söhnen, also zwischen Männern und Frauen, ohne dass für diese Diskriminierung der Frauen ein sachlicher Grund erkennbar wäre.

Im vorliegenden Fall ist nun die Bestimmung des §4 lita der Satzung 1969 relevant, die als Voraussetzung für den Erwerb der Mitgliedschaft die eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied (oder von einer Person, die zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung der Mitgliederliste die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste erfüllt hätte) verlangte. Wie in den angefochtenen Bescheiden unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargelegt, wäre somit auch ein männlicher Aufnahmewerber mit seinem Anspruch auf Zuerkennung der Mitgliedschaft gescheitert, wenn er seine Abstammung nicht von einem männlichen, sondern von einem weiblichen Mitglied der Agrargemeinschaft abgeleitet hätte. Aus diesem Grund erfolgte durch die genannte Satzungsbestimmung keine Diskriminierung durch eine Ausgrenzung allein von weiblichen Aufnahmewerbern im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes. Die Schlussfolgerung, dass die beschwerdeführenden Parteien selbst in ihrem Anspruch auf Mitgliedschaft zur Agrargemeinschaft Bürs ihres Geschlechtes wegen durch die Satzungsbestimmung nicht unmittelbar diskriminiert werden, wird gerade durch den Umstand unterstrichen, dass im gegenständlichen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof auch zwei Männer (und nicht nur Frauen) als beschwerdeführende Parteien in Erscheinung treten."

Die Beschwerdeführer haben auf diese Schriftsätze repliziert.

VI. Die Beschwerden sind im Ergebnis begründet.

1. Nach dem zweiten aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. November 2005 und dem angefochtenen Bescheid ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens Rechte nach einem weiblichen Vollmitglied geltend machen, was nach der Satzung 1969 nicht möglich war, weil ein Anspruch auf Aufnahme nur durch (eheliche) Abstammung von einem männlichen Mitglied vorgesehen war (§4 lita).

Im Erkenntnis vom 12. Dezember 1994, VfSlg. 13.975/1994, bei dem es um jene Satzungsbestimmung ging, nach der die Mitgliedschaft von Töchtern während der Zeit ihrer Verheiratung ruhte (§6 litb), hat der Gerichtshof klargestellt, dass (behördlich genehmigte) Satzungen einer Agrargemeinschaft, die dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, als nichtig zu behandeln sind. Eine solche gleichheitswidrige Satzungsbestimmung war aber wegen der ausschließlichen Maßgeblichkeit männlicher Vorfahren auch §4 lita. Für diese Beschränkung der Möglichkeit der Weiterleitung der Mitgliedschaft auf Männer gibt es gleichfalls keine sachlichen Gründe. Das von der belangten Behörde einmal mehr ins Treffen geführte Interesse am Verhindern des Ansteigens der Mitgliederzahl kann die Differenzierung zwischen männlichen und weiblichen Mitgliedern offenkundig auch in dieser Hinsicht nicht rechtfertigen. Dass die Beschränkung Söhne und Töchter nach der Mutter gleicherweise trifft, ändert nichts daran, dass sie Nachkommen von Frauen anders behandelt als solche von Männern. Geht es doch nicht um die Frage, ob die Beschwerdeführer eine Verletzung von Rechten ihrer Vorgängerin geltend machen können, sondern darum, ob die Satzungsbestimmung nichtig und daher auch für die Beschwerdeführer nicht wirksam war.

2. Für die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens ist daher durch VfSlg. 13.975/1994 offenkundig geworden, dass sie entgegen dem Wortlaut der Satzung 1969 einen Anspruch auf Aufnahme in die Agrargemeinschaft hatten. Diesen Anspruch haben sie noch im Jahre 1995 geltend gemacht. Er ist durch die Festsetzung des Stichtages auf jenen Zeitpunkt, zu dem das Erkenntnis VfSlg. 13.975/1994 ergangen ist, beseitigt worden, zu einem Zeitpunkt also, zu dem der Anspruch auf Aufnahme praktisch noch gar nicht geltend gemacht werden konnte. Wie der Verwaltungsgerichtshof im zweiten aufhebenden Erkenntnis vom 24. November 2005 ausdrücklich festhält, kann ihnen aber nicht etwa entgegengehalten werden, sie hätten zwar die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllt, aber die Aufnahme versäumt. Geht man von dieser Rechtsmeinung aus, kommt es nicht darauf an, ob man auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Antragstellung bei der Agrargemeinschaft oder auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei der Agrarbehörde abstellt. (Dass der Verwaltungsgerichtshof die Säumnis der Fünftmitbeteiligten im ersten Rechtsgang jedenfalls nicht daraus, dass die Antragstellung erst im Jahre 1997 erfolgte, abgeleitet hat, ergibt sich schon daraus, dass die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens gleichfalls erst 1997 an die Behörde herangetreten sind, sodass der Vorwurf der Säumnis dann auch sie hätte treffen müssen.)

Ob eine durch längere Zeit (von 1984 bis 1996/97) unausgenützt gebliebene Anwartschaft rückwirkend beseitigt werden darf, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Das verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestreben, die Zahl der Mitglieder der Agrargemeinschaft nicht zu hoch werden zu lassen, erlaubt jedenfalls ein Anknüpfen an einen früheren Zeitpunkt (was die gleichheitswidrigen Folgen der Satzungsänderung vermindert). Die in Rede stehende, die diskriminierende Folge der Satzungsanwendung unter gezieltem Ausschluss der durch die gleichheitswidrige Bestimmung Benachteiligten möglichst aufrecht haltende, Stichtagsregelung bewirkt dagegen, dass die Mitgliedschaftsansprüche der Beschwerdeführer, die sie praktisch erst seit Anfang 1995 geltend mache

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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