TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 93/09/0301

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.1994
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
HKG 1946 §57g Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der S Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, vom 16. April 1992, Zl. Präs 142-108/91/Wa/Dt, betreffend Grundumlage 1990 und 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. September 1991 sprach der (durch den Vorstand delegierte) Präsident der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland über Antrag der beschwerdeführenden Partei, Art und Ausmaß der Umlagenpflicht festzustellen, folgendes aus:

" BESCHEID

Gemäß § 57 g Abs. 1 HKG BGBl. Nr. 182/1946 in der Fassung der 7. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 663/83 wird festgestellt, daß die S AG in W verpflichtet ist, auf Grund ihrer Mitgliedschaften zum Gremium des Lebensmittelhandels in der Sektion Handel der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland, zum Bundesgremium (Fachverband) des Parfümeriewarenhandels sowie zur Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland gemäß § 57 g HKG in Verbindung mit den Beschlüssen des Fachgruppenausschusses vom 14.9.1989, der Fachgruppen-Tagung vom 19.3.1991 sowie der Kammervollversammlungen vom 1.12.1989 und 4.4.1991 (kundgemacht im Mitteilungsblatt der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland "hk - Die Zeitung für Burgenlands Wirtschaft" vom 3.1.1990 Seite 13 und 17.4.1991 Seite 11) verpflichtet ist, für die Gewerbeberechtigungen Lebensmittelhandel für das Jahr 1990 eine Grundumlage von S 3.360,-- (in Worten: Schilling dreitausenddreihundertsechzig) und für das Jahr 1991 eine Grundumlage von S 3.600,-- (in Worten: Schilling dreitausendsechshundert) an das Gremium des Lebensmittelhandels in der Sektion Handel der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland, sowie für die Gewerbeberechtigung Parfümeriewarenhandel eine Grundumlage von je S 2.850,-- (in Worten: je Schilling zweitausendachthundertfünfzig) für die Jahre 1990 und 1991 an die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland zu entrichten."

In der Begründung wurden die Gewerbeberechtigungen der beschwerdeführenden Partei mit dem jeweiligen Bescheid der Gewerbebehörde samt Datum und Aktenzahl, Standort und Zugehörigkeit zu den entsprechenden Kammerorganisationen angegeben und nach Anführung der Grundumlagenbeschlüsse der zuständigen Fachgruppe für Lebensmittelhandel und der für den Handel für Parfümeriewaren zuständigen Kammer die Berechnung der Grundumlagen für 1990 und 1991 vorgenommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. April 1992 wies der Präsident der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft die Berufung der beschwerdeführenden Partei ab und bestätigte vollinhaltlich den Bescheid der Behörde erster Instanz. In der Begründung setzte sich die belangte Behörde näher mit dem Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei (keine ordnungsgemäß eingerichteten Fachorganisationen; Unzulässigkeit der Grundumlagenstaffelung nach der Rechtsform des Unternehmens bei der Gewerbeberechtigung für den Lebensmittelhandel) näher auseinander.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch deren Behandlung (gemeinsam mit anderen Beschwerden) mit Beschluß vom 22. März 1993, B 150/92 u.a. (hier: B 580/92) ablehnte, die Beschwerde jedoch auf Grund eines nachträglich gestellten Antrages mit Beschluß vom 3. Juni 1993, B 150/92-8 u. a. (hier: B 580/92-8) gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in ihren Rechten verletzt, als

"-

weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 (1) AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst geträngter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat;

-

für die Gewerbeberechtigung gemäß § 103 (1) lit. b Z. 25 GewO 1973 eine Grundumlagepflicht festgestellt wird, obwohl kein diesbezüglicher Grundumlagenbeschluß existiert;

hilfsweise, weil dieser Grundumlagenbeschluß weder im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides noch im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführt wird; äußerst hilfsweise, weil eine Zugehörigkeit zu Fachgruppen vorgenommen wird, ohne daß die belangte Behörde diesbezüglich irgendein Ermittlungsverfahren durchgeführt, die Beschwerdeführerin gehört und die erforderliche Sachverhaltsfeststellung im Spruch des Bescheides getroffen hätte".

Zum ersten Beschwerdepunkt führt die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen aus, weder dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides noch dem des angefochtenen Bescheides sei zu entnehmen, auf Grund welcher "Berechtigungen" der beschwerdeführenden Partei sich deren Zugehörigkeit zu bestimmten Fachgruppen ergeben solle. Ein Hinweis auf die Begründung sei nicht ausreichend.

Schon mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Recht.

Gemäß § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über die Art und das Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage folgt aber, daß sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen sind, was insbesondere für die danach maßgebenden "Berechtigungen" (vgl. dazu § 57a Abs. 4 1. Satz HKG: "... für JEDE Berechtigung ...") und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien - im Beschwerdefall getrennt für die Jahre 1990 und 1991 - ergibt. Auch selbst im Bescheid enthaltene Begründungsdarlegungen dürfen nicht zur Ergänzung des normativen Spruches herangezogen werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 93/09/0132 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall enthält der erstbehördliche Bescheid in seinem Spruch keinen ausreichenden Hinweis auf die die Grundumlagepflicht der beschwerdeführenden Partei begründenden Berechtigungen im Sinne des § 57a Abs. 4 HKG. Die Darstellung in der Begründung dieses Bescheides kann nach der oben dargelegten Rechtslage an der dadurch begründeten Gesetzwidrigkeit des Spruches nichts ändern. Durch die Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides erhob die belangte Behörde in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG den Spruch des erstbehördlichen Bescheides zum Inhalt ihres angefochtenen Bescheides. Die dem Spruch des erstbehördlichen Bescheides anhaftende Rechtswidrigkeit trifft daher im übernommenen Umfang auch auf den angefochtenen Bescheid zu.

Der angefochtene Bescheid war daher in Stattgebung der Beschwerde schon aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Zu der in der Gegenschrift der belangten Behörde enthaltenen "Anregung", den dort genannten Landes- und Bundesgremien eine Gleichschrift der Beschwerde sowie der Gegenschrift zuzustellen, wird darauf hingewiesen, daß für eine derartige Vorgangsweise eine gesetzliche Grundlage fehlt.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090301.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten