TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 94/06/0074

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Veröffentlicht am 15.09.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Stmk 1968 §31 Abs2;
BauO Stmk 1968 §4;
BauO Stmk 1968 §58;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litd;
BauRallg;
BebauungsdichteV Stmk 1987 §1 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des A in U, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. Februar 1994, Zl. 03-12 U 39-94/12 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde U, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 10. Juni 1991 beantragte die Gemeinde Unterauersbach die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück Nr. 867/2, welches einerseits als Gemeindeamt, andererseits als Feuerwehrhaus dienen sollte.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstücks Nr. .51/1, welches südöstlich an das Grundstück Nr. 867/2 angrenzt.

Das eingereichte Projekt sah die Errichtung eines im wesentlichen zweiteiligen Gebäudes vor, welches aus dem Teil, der als Gemeindeamt dienen sollte und dem Teil, der als Feuerwehrhaus dienen sollte, bestand. Beide Teile sollten ein Giebeldach aufweisen, wobei der First des Giebeldaches des Gemeindeamtteiles in einem Winkel von 90 Grad zur Grundstücksgrenze auf der Seite des Beschwerdeführers verlaufen sollte und der First des Feuerwehrhausteiles parallel zu dieser Grundstücksgrenze projektiert war, sodaß das Gebäude im wesentlichen eine L-Form aufweist.

Zwischen diesen beiden Baukörpern war die Errichtung eines Stiegenhauses vorgesehen.

Nach Erteilung der Baubewilligung in erster Instanz und Erhebung der Berufung durch den Beschwerdeführer und der Abweisung dieser Berufung erhob der Beschwerdeführer Vorstellung gegen die Erteilung der Baubewilligung.

Aufgrund dieser Vorstellung erging die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 7. Mai 1992, GZ. 03-12 U 39-92/3, mit welcher der bekämpfte Bescheid der Gemeindebehörde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen wurde.

Zur Begründung der Aufhebung führte die belangte Behörde in dieser Entscheidung aus, daß der Teil, der als Gemeindehaus dienen sollte, als zweigeschoßiges Bauwerk zu qualifizieren sei, sodaß das Gemeindehaus auf der zum Grundstück des Beschwerdeführers hingewandten Seite gemäß § 4 der Steiermärkischen Bauordnung vier Meter von der Nachbargrundgrenze entfernt errichtet werden müßte.

Zu dieser Qualifikation kam die belangte Behörde im Hinblick darauf, daß im Obergeschoß des Gemeindehauses ein Kniestock in der Höhe von 1,7 m errichtet werde, sodaß die in der Bauordnung vorgesehene Grenze von 1,5 m, bis zu welcher die Errichtung eines Kniestockes nicht geschoßbildende Wirkung habe, überschritten sei.

Mit dem nach dieser Vorstellungsentscheidung erlassenen Ersatzbescheid wurde die Baubewilligung neuerlich erteilt. Der Abstand des Teiles, der als Gemeindehaus dienen sollte, zur Grundgrenze wurde neuerlich mit drei Metern bewilligt.

Aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers erging sodann die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 27. August 1992, GZ. 03-12 U 39-92/3. Mit diesem Bescheid wurde die Vorstellung mangels Verletzung von Rechten der Vorstellungswerber als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß eine neuerliche Überprüfung des gegenständlichen Sachverhaltes, insbesondere der einem Bestandteil des Genehmigungsbescheides bildenden planlichen Unterlagen, bei der erkennenden Behörde die Überzeugung entstehen habe lassen, daß der bautechnische Sachverständige in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19. Mai 1992 richtig ausführe, daß das Gemeindehaus im Bereich "dieser als zweigeschoßig zu wertenden Ausgestaltung nach hinten versetzt ist und in diesem Bereich zur Nachbargrundgrenze einen Abstand von 5,20 m aufweist".

Hinsichtlich des als Rüsthaus vorgesehenen Teiles führte die belangte Behörde in der erwähnten Vorstellungsentscheidung aus, daß dieses nicht als zweigeschoßiges Gebäude anzusehen sei, da den planlichen Unterlagen zu entnehmen sei, daß die Kniestockaufmauerung "rechts vom Stiegenhaus offensichtlich 1,5 m nicht erreicht bzw. nicht überschreitet, sodaß von einem eingeschoßigen Gebäude auszugehen ist und ein 3-Meter-Grenzabstand im Sinne des § 4 Abs. 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 ausreichend" sei.

Diese Vorstellungsentscheidung blieb unbekämpft.

Aufgrund eines Ansuchens der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Mai 1993 um Erteilung der Baubewilligung zwecks Änderung des rechtskräftig bewilligten Projekts "Gemeinde- und Feuerwehrhaus" wurde das diesbezügliche Baubewilligungsverfahren eingeleitet. Mit Kundmachung vom 7. Mai 1993 wurde in diesem Verfahren für Mittwoch den 19. Mai 1993 die mündliche Verhandlung anberaumt. In der Kundmachung zur Bauverhandlung wurde darauf hingewiesen, daß die für das Verfahren eingereichten Pläne und sonstigen Behelfe bis zum Tage vor der örtlichen Erhebung in der Kanzlei des Gemeindeamtes zur allgemeinen Aufsicht auflägen. Mit dem Ansuchen um Änderung wurde auch ein Einreichplan, auf welchem die Änderungen gegenüber dem ursprünglich bewilligten Projekt rot gekennzeichnet sind, beigebracht.

In der ebenfalls angeschlossenen Baubeschreibung wurde angegeben, daß gegenüber dem eingereichten und genehmigten Projekt folgende Änderung im Zuge der Bauausführung vorgenommen worden sei:

1.

Über der Garage sei eine Massivdecke hergestellt worden;

2.

die Garage sei um ca. 86 cm verlängert worden und

3.

die Dachneigung über der Feuerwehr sei von 27 auf 30 Grad erhöht worden und "über der Gemeinde" (gemeint: dem Teil, der dem Gemeindeamt dienen sollte) von 45 auf 43 Grad reduziert worden.

Dem angeschlossenen Einreichplan ist zu entnehmen, daß sich hinsichtlich des als Gemeindehaus vorgesehenen Teiles nur die Dachneigung gegenüber dem bewilligten Projekt ändern sollte.

Hinsichtlich des als Stiegenhaus dienenden Abschnittes ist eine Erhöhung des ursprünglich mit 1,80 m vorgesehenen Kniestockes eingezeichnet und die Änderung der Dachneigung planlich dargestellt.

Hinsichtlich des Rüsthausteiles ist einerseits die geänderte Dachneigung dargestellt und sind andererseits Teile, die für die geänderte Dachausführung und die eingezogene Zwischendecke erforderlich sind, rot gekennzeichnet.

In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdevertreter einerseits vor, daß der vorgesehene Sachverständige wegen Befangenheit abgelehnt werde und Verfahrensmängel begangen worden seien, da dem Beschwerdeführer die Anfertigung von Kopien und Plänen verwehrt worden sei. Weiters erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter "Einwendungen gegen die Baubewilligung, die sich sowohl aus der feststellbaren als auch aus der gesamten Ausgestaltung innen als auch außerhalb aus der Sicht des Nachbarn A. N. (des Beschwerdeführers) eine zweigeschoßige Bauweise ergibt, sodaß gemäß § 4 Steiermärkische Bauordnung von zumindest 4 Meter zur Nachbargrundgrenze einzuhalten ist, dieser Abstand jedoch unterschritten wird".

Darüber hinaus erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen die Baubewilligung, "da für die bauliche Änderung eine rechtskräftige Widmungsbewilligung nicht vorliegt, was jedoch unabdingbare Voraussetzung sei". Die vorliegende Widmungsbewilligung habe lediglich eine eingeschoßige Bauweise zur Grundlage.

Der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ist auch zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter ausführte, daß sich "eindeutig ergibt, daß von der Rohdeckenoberkante gemessen die Kniestockhöhe das Maß von 1,5 m bei weitem übersteigt". Eine Angabe, für welchen Bauteil diese Feststellung getroffen wird, enthält die Niederschrift nicht.

Nach der mündlichen Verhandlung holte die mitbeteiligte Gemeinde ein Gutachten eines Architekten zur Frage der Einhaltung des § 4 der Steiermärkischen Bauordnung ein. Der Gutachter stellt in seinem Gutachten nach einer Darstellung des bis dahin vorliegenden Verfahrensganges dar, daß anläßlich eines Lokalaugenscheines bestimmte Höhen zwischen "Rohdeckenoberkante und dem Verschnitt der die Dachstuhluntersicht nach unten abschließenden Gipskartonplatten mit der Kniestockkonstruktion" festgestellt worden seien. Diese Höhen betrügen im sogenannten Jugendraum 166,5 cm plus/minus 0,5 cm und im sogenannten Vorraum 167,0 cm. Der Sachverständige zieht aus seinen Feststellungen in dem mit "IV. Gutachten" bezeichneten Teil seines Gutachtens die Schlußfolgerung, daß sowohl im sogenannten Jugendraum als auch im sogenannten Vorraum "ein minimale Raumhöhe im Bereich des Kniestockes von 1,49 m" gegeben sei. Die an der niedrigsten Stelle gegebene lichte Höhe unterschreite daher den in einem näher zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes "festgelegten minimalen Grenzwert der Raumhöhe von 1,5 m". Dem Gutachten ist nicht explizit zu entnehmen, auf welchen Teil des Hauses sich diese Feststellungen beziehen. Aus den Angaben über die Deckenstärke, die mit den im Einreichplan für die Decke im Stiegentrakt übereinstimmen, läßt sich jedoch entnehmen, daß es sich um diesen Trakt handelt. Dies stimmt auch mit dem Umstand überein, daß nach dem eingereichten Änderungsplan im Teil des Rüsthauses kein Kniestock in der in diesem Zusammenhang erörterten Größenordnung eingezeichnet ist.

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt. Der Beschwerdeführer wies in seiner Stellungnahme darauf hin, daß die Kniestockaufmauerung nach dem Plan vom 13. November 1992 1,83 m betrage. Im übrigen sei der im Gutachten angesprochene Jugendraum, auch falls er die vorgeschriebene Minimalhöhe (§ 31 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung) nicht erreiche, für die Anrechenbarkeit eines Geschoßes nicht - wie das Gutachten meine - unwesentlich. Es sei daher von einer zweigeschoßigen Bauweise auszugehen.

Mit Bescheid vom 29. Juli 1993 wurde die beantragte Änderungsbewilligung erteilt. Der Beschwerdeführer erhob gegen die Bewilligung Berufung, welche mit Bescheid des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. August 1993 abgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Vorstellungsbehörde die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf jene Fragen zu beschränken habe, hinsichtlich derer ein Mitspracherecht der Partei besteht, als subjektiv-öffentliche Rechte im Sinne des § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung bestünden.

Die Aufsichtsbehörde habe auch eine allenfalls eingetretene Präklusion gemäß § 42 AVG zu beachten.

Zum Vorbringen, daß die Abweichung von der zunächst bewilligten Bauführung betreffend die Erhöhung der Kniestockaufmauerung weder beantragt noch nachträglich bewilligt worden sei, führte die belangte Behörde aus, daß das Ansuchen im Zusammenhang mit den angeschlossenen Unterlagen, nämlich der Baubeschreibung und den Bauplänen zu sehen sei. Aus den vorgelegten Bauplänen sei zu entnehmen, daß auch die Erhöhung der Kniestockaufmauerung von der Änderung mitumfaßt sei. Im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sei sodann ausdrücklich die Erhöhung des Kniestockmauerwerkes zwischen Fahrzeugraum und Gemeindeamt bewilligt worden.

Zur Frage des Abstands des Gebäudes zur Grundgrenze des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, daß das gegenständliche Gebäude in seinem "nachbarschaftsrelevanten" Teil einen Fahrzeugraum (mit einer Länge von ca. 11,2 m) und das eigentliche Rüsthaus (mit einer Länge von ca. 8,6 m) umfasse. Die Gebäudehöhe betrage 4,90 m bis 5,10 m. Das Gebäude stelle sich "damit" als ein solches ohne die übliche Geschoßeinteilung im Sinne des § 4 Abs. 1 letzter Satz der Steiermärkischen Bauordnung dar.

Da gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz der Steiermärkischen Bauordnung bei Gebäuden ohne die übliche Geschoßeinteilung die Geschoßanzahl aus der Gebäudehöhe in Metern geteilt durch drei zu errechnen sei, sei der erforderliche Seitenabstand eingehalten. Das Gebäude sei in dem relevanten Gebäudeteil eingeschoßig, sodaß der erforderliche Seitenabstand 3 m betrage. Bei einer Betrachtung des gesamten Gebäudes lasse sich feststellen, daß auch im Bereich des Gemeindehauses, das in einem Abstand von 3 m von der Nachbargrundstücksgrenze errichtet werde, von der Eingeschoßigkeit dieses Teiles auszugehen sei. Das Gebäude zeige sich somit insgesamt im überwiegenden Teil als eingeschoßiges Gebäude.

Wie sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergäbe, seien die Grenzen der aus dem Grundrecht des Eigentums erfließenden Baufreiheit im Zweifel zugunsten der Freiheit zu ermitteln. Dies sei etwa im Zusammenhang mit der Berechnung des Seitenabstandes hinsichtlich der Frage, ob dieser vom aufgehenden Mauerwerk oder vom Dachvorsprung aus zu bemessen ist, ebenfalls zugunsten der Baufreiheit gelöst worden.

Es sei daher auf ein im aufsichtsbehördlichen Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten, welches sich mit dem "mittleren Teil des Gebäudes (eigentliches Feuerwehrhaus)" beschäftige, nicht näher einzugehen gewesen.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Firsterhöhung im Bereich des Stiegenhauses von 7,45 m auf 8,30 m als im Widerspruch zur bestehenden Widmung stehend wende, werde festgestellt, daß der Beschwerdeführer diesbezüglich präkludiert sei. Begründet wird diese Auffassung mit einem Hinweis darauf, daß die Zweigeschoßigkeit dieses Gebäudeteiles bereits vom ursprünglichen Konsens (Bescheid des Gemeinderates vom 21. Mai 1992) mitumfaßt sei und hiezu im ersten Baubewilligungsverfahren keine Enwendungen erhoben worden seien. Hinsichlich der Firsterhöhung seien somit keine Einwendungen erhoben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Grundstück, auf welchem das gegenständliche Gebäude (welches als Gemeindehaus und Feuerwehrhaus dienen soll) errichtet wurde und für welches die in Rede stehende Änderungsbewilligung beantragt wurde, weist nach den vorliegenden Planunterlagen im Südosten eine ca. 47 m lange Grenze gegenüber den Baugrundstücken Nr. .51/1 und Nr. .51/3 auf. Von der ca. 47 m langen Grundgrenze zu den beiden genannten Grundstücken nimmt die Grenze zum Grundstück Nr. .51/3 etwa 35 m ein, die Grenze zum Grundstück Nr. .51/1 ca. 12 m. Diese Feststellung gründet sich insbesondere auch auf die in OZ 26 des Gemeindeakts von Dipl.-Ing. R bezogene Urkunde GZ 5558/88 von Ingenieurkonsulent Dipl.-Ing. P, auf welcher die Grenze zum Grundstück Nr. .51/3 mit 34,88 m angegeben ist. Dipl.-Ing. R ordnet diese Angabe im genannten Dokument irrtümlich dem Grundstück Nr. .51/1 zu. Der Beschwerdeführer ist - auch nach den Angaben in der Beschwerde - nur Eigentümer des Grundstückes Nr. .51/1. Die gemeinsame Grundstücksgrenze zwischen dem Grundstück, auf dem das Gebäude errichtet wird, und dem Grundstück des Beschwerdeführers ist somit ca. 12 m lang.

Das annähernd L-förmige Gebäude auf dem Grundstück Nr. 867/2 liegt in nordöstlicher Richtung, wobei die nach Südosten gerichtete Front parallel zu der Grundstücksgrenze zu den Grundstücken Nr. .51/1 und Nr. .51/3 verläuft. In jenem Teil des Grundstückes, in welchem die gemeinsame Grundstücksgrenze gegenüber dem Grundstück des Beschwerdeführers besteht, ist der Teil des Gebäudes situiert, der als Rüsthaus dienen soll.

Für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ist nun zunächst auf folgendes hinzuweisen:

Die für das gegenständliche Gebäude erteilte Baubewilligung (Berufungsbescheid des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Mai 1992) ist rechtskräftig.

In dem mit Antrag vom 5. Mai 1993 eingeleiteten Änderungsverfahren können somit nur jene Fragen erörtert werden, die durch die beantragten Änderungen berührt werden.

Dies bedeutet, daß die in der Beschwerde angeschnittene Frage des Seitenabstandes nur insoweit neu aufgerollt werden kann, als die beantragten Änderungen von Einfluß auf die Berechnung des Seitenabstandes sind. Soweit die beantragten Änderungen jedoch keine Erhöhung des Kniestocks (soweit dieser für die Berechnung der Geschoßzahl im Hinblick auf § 31 Abs. 2 Stmk Bauordnung 1968 iVm der Bebauungsdichteverordnung 1987, LGBl. Nr. 60, relevant ist) mit sich bringen oder keine relevante Erhöhung eines Gebäudes ohne übliche Geschoßeinteilung darstellen, steht einer neuerlichen Entscheidung in dieser Frage die rechtskräftige Baubewilligung vom 21. Mai 1992 entgegen. Wie unten noch zu zeigen ist, stellt sich das Gebäude aber in seinem für das Rüsthaus bestimmten Teil auch nach der Änderungsbewilligung als eingeschoßiges Gebäude dar, und erfahren der als Stiegenhaus-Trakt bezeichnete Teil und der für das Gemeindeamt bestimmte Teil keine für die Geschoßzahlberechnung relevanten Änderungen, sodaß eine Neufestsetzung des Seitenabstandes nicht erforderlich ist.

Es kann daher im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, wie § 4 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 43/1992 und die Kundmachung 54/1992, im Falle von gegliederten Gebäuden zu verstehen ist. Im Hinblick auf die nachstehenden Überlegungen ist es weiters nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob der Beschwerdeführer sich auch insoweit auf § 4 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 berufen kann, als es um den Seitenabstand gegenüber dem Grundstück Nr. 51/3, und damit NICHT zu seiner Grundstücksgrenze geht.

Abgesehen davon, daß der im Südwesten des Grundstückes Nr. 867/2 gelegene Gebäudeteil, der als Gemeindehaus dienen soll, nicht an der Grundstücksgrenze zum Beschwerdeführer gelegen ist, ergibt sich nämlich aus dem erwähnten Einreichplan im Änderungsverfahren, daß in diesem Teil weder eine Erhöhung des Kniestocks vorgenommen wird, noch daß etwa das Dach gegenüber der ursprünglichen Bewilligung eine Erhöhung erfahren sollte. Die Dachneigung wurde gegenüber der ursprünglichen Bewilligung auf 43 Grad reduziert, woraus sich auch eine Verringerung der Firsthöhe ergibt.

Da hinsichtlich des Teiles, der als Gemeindehaus dienen soll, somit gegenüber der rechtskräftigen Baubewilligung mit der nunmehr bekämpften Änderungsbewilligung keine die Nachbarrechte tangierenden Veränderungen bewilligt wurden, kann die Frage des Seitenabstandes hinsichtlich dieses Gebäudeteiles im Änderungsverfahren nicht mehr neuerlich aufgerollt werden.

Was den Seitenabstand der übrigen Gebäudeteile anlangt, so ist auf folgendes zu verweisen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, daß die "Erhöhung der Kniestockaufmauerung oder aber einer Firsterhöhung im Bereich des Stiegenhauses oder des Rüsthauses" weder im Ansuchen vom 5. Mai 1993 noch in der Baubeschreibung genannt gewesen sei.

Es liege daher kein Antrag für diese Erhöhung vor.

Dazu ist darauf zu verweisen, daß - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend feststellt - das Bauansuchen grundsätzlich im Zusammenhang mit den eingereichten Bauplänen zu sehen ist. Im Einreichplan wie er (mit der Bezeichnung "ergänzt am 4. Mai 1993") dem Änderungsansuchen beigeschlossen war, ist sowohl für den Bereich des Stiegenhauses als auch für den Bereich des Rüsthauses ein Teil des Kniestockes (nämlich jener, der sich gegenüber dem bereits bewilligten Projekt als Änderung darstellt) rot ersichtlich gemacht.

Es trifft somit nicht zu, daß die Gemeindebehörden eine nicht beantragte Änderung genehmigt hätten.

Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde aus, daß er bereits im Verwaltungsverfahren aufgezeigt habe, daß das Amts- und Rüsthaus im Bereich des Rüsthauses (Jugendraum und Vorraum) zweigeschoßig ausgeführt worden sei, und der Sachverständige bei der Ermittlung der Kniestockhöhe die gesamte Fußbodenkonstruktion in Abzug gebracht habe und im Dachbereich die abschließenden Gipskartonplatten und damit die Höhe falsch festgestellt habe.

Dem ist entgegen zu halten, daß den vorgelegten Verwaltungsakten - insbesondere dem auch vom Beschwerdeführer genannten Gutachten, welches die Baubehörde eingeholt hat - nicht zu entnehmen ist, in welchem Teil des Gebäudes der in der Beschwerde genannte Jugendraum und Vorraum errichtet wurde; den Plänen zufolge könnten sich diese Räume NICHT in dem als Rüsthaus bezeichneten Teil befinden. Da das Bauverfahren jedoch ein Projektsverfahren ist, in welchem die Baubehörde über ein eingereichtes Projekt zu entscheiden hat, ist diese Frage im vorliegenden Fall auch nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Dem bereits genannten Einreichplan im Änderungsbewilligungsverfahren ist zu entnehmen, daß der ursprünglich mit 1,80 m bewilligte Kniestock im Bereich des Stiegenhauses erhöht werden sollte. Eine Zentimeterangabe ist diesbezüglich nicht im Bauplan enthalten. Aus dem Zusammenhang ist aber zu erschließen, daß sich der auch in der Beschwerde angeführte Kniestock-Detailplan vom 13. November 1992 auf diesen Teil des Gebäudes beziehen soll. Hinsichtlich des Rüsthauses ist nämlich dem Änderungsplan ein Kniestock in der Höhe von maximal 53 cm - wenn die Stärke der in diesem Bereich im Änderungsplan eingezeichneten Decke miteingerechnet wird - zu entnehmen. Da die Baubewilligung vom 29. Juli 1993 und der Berufungsbescheid sich auf diesen Einreichplan beziehen, ist es unmaßgeblich, welche tatsächlichen Höhen der im Verfahren von der Gemeindebehörde herangezogene Sachverständige festgestellt hat (die Höhen beziehen sich möglicherweise auf den Stiegenhaustrakt). Den tatsächlich festgestellten Höhen kommt keine rechtliche Relevanz zu. Ausschlaggebend ist, welchen Inhalt die erteilte Änderungsbewilligung hat.

Diesbezüglich ergibt sich aus dem Vorgesagten, daß die Änderungsbewilligung für den Bereich des Stiegenhaustraktes eine Erhöhung des bereits ursprünglich mit 1,80 m genehmigten Kniestockes umfaßte. Für diesen Teil des Hauses wurde im gesamten Verfahren von Haus aus von Zweigeschoßigkeit ausgegangen. Eine für die Festlegung des Seitenabstandes relevante Änderung enthält die Änderungsbewilligung (die in einem zweigeschoßigen Trakt eine Erhöhung des Kniestocks bewilligt) somit nicht.

Es kann daher im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob die Festlegung des Seitenabstandes hinsichtlich dieses Traktes in der rechtskräftigen Baubewilligung gesetzmäßig erfolgte oder nicht.

Soferne sich die Ausführungen in der Beschwerde betreffend den Jugendraum und Vorraum auf eine Abweichung der tatsächlichen Bauausführung gegenüber dem ursprünglich bewilligten Plan im Bereich des Rüsthauses beziehen, sind sie rechtlich unbeachtlich, weil im Baubewilligungsverfahren als einem Projektverfahren nur über das eingereichte Projekt abzusprechen ist; allfällige Abweichungen bei der Bauausführung wären von der Behörde mit dem dafür zur Verfügung gestellten Instrumentarium zu ahnden bzw. sind im Wege der allenfalls von der Bauordnung eingeräumten Verfahren (vgl. § 70a der Steiermärkischen Bauordnung) auch vom Nachbarn zu verfolgen.

Aus diesem Grund ist auch die in der Beschwerde genannte Stellungnahme der Fachabteilung Ia des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung für das Beschwerdeverfahren rechtlich nicht ausschlaggebend. Abgesehen davon, daß die genannte Stellungnahme vom 17. November 1993 offensichtlich lediglich von der Stellungnahme des von der Baubehörde herangezogenen Sachverständigen ausgeht und somit fraglich ist, ob der Abteilung Ia der Sachverhalt zutreffend vorlag, befaßt sich diese Stellungnahme lediglich mit der Frage, ob die Ermittlung der Kniestockhöhe, wie sie der Sachverständige vorgenommen hat, zutreffend ist oder nicht. Wie oben ausgeführt, kommt aber der Ermittlung der tatsächlich ausgeführten Kniestockhöhe keine rechtliche Bedeutung zu. Ausschlaggebend sind einzig und allein die in der Änderungsbewilligung (und somit im Berufungsbescheid vom 26. August 1993) bewilligten Höhen des Kniestocks. Darüber hinaus ist, soweit sich dieses Gutachten im Zusammenhang mit der Frage des Kniestocks in Wahrheit mit der Rechtsfrage befaßt, wann ein in die Geschoßzahl einzuberechnendes Geschoß vorliegt, auf die untenstehenden, im Beschwerdefall aber nicht ausschlaggebenden Überlegungen zum Geschoßbegriff zu verweisen. Was den Bereich des Stiegenhaustraktes anlangt, sei der Klarheit halber aber noch einmal betont, daß die Art und Weise der Berechnung, wann ein Geschoß vorliegt, im Beschwerdefall deshalb ohne Belang ist, da im Verwaltungsverfahren, das zur Erteilung der Baubewilligung führte, der fragliche Trakt als zweigeschoßig behandelt wurde (Entscheidung der Vorstellungsbehörde vom 27. August 1992).

Für den Bereich des Rüsthauses läßt sich eine Genehmigung eines Kniestocks in der Höhe von 53 cm entnehmen. Auch nach der Änderungsbewilligung liegt somit - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß eine Decke eingezogen wurde und diese Decke mit der Änderungsbewilligung genehmigt wurde - in diesem Teil ein eingeschoßiges Gebäude vor (§ 31 Abs. 2 Stmk Bauordnung iVm § 1 Abs. 2 Bebauungsdichteverordnung, LGBl. Nr. 60/1987).

Bei dieser Sachlage kann daher jedenfalls nicht davon gesprochen werden, daß durch die Änderungsbewilligung im Bereich des Rüsthauses ein Kniestock, der höher als 1,50 m wäre, genehmigt worden sei. Die Frage, ob nach § 31 Abs. 2 der Stmk Bauordnung die Höhe des Kniestockes oder die lichte Höhe im Raum maßgeblich sei, ist daher nicht mehr entscheidungswesentlich.

Somit ergibt sich insgesamt, daß die Beurteilung der belangten Behörde, daß im Bereich des Rüsthauses ein eingeschoßiges Bauwerk vorliege, zutreffend ist. Eine neuerliche Aufrollung der Frage des Seitenabstandes, die mit der rechtskräftigen Baubewilligung bereits auf der Basis, daß ein eingeschoßiges Bauwerk vorliege, entschieden wurde, ist daher nicht möglich.

Die bewilligten Änderungen gehen daher auch nicht so weit, daß im Sinne der vom Beschwerdeführer angesprochenen Widmungsbewilligung, die sich ausdrücklich auf das ursprünglich beantragte Gebäude bezieht, vom Vorliegen "zusätzlicher Bauten" ausgegangen werden müßte, auf die sich die Widmungsbewilligung nicht erstreckte.

Die belangte Behörde ist damit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß durch die Bewilligung der Änderungen keine Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers stattgefunden hat. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060074.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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