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L80459 Bodenbeschaffung Stadterneuerung Assanierung Wien;Norm
AVG §52 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/05/0128 E 25. Oktober 1994Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 13. April 1994, Zl. MD-VfR - B 10, C 5 u. E 10/94, betreffend Festsetzung der Entschädigung der Mitglieder der Gutachterkommission im Sinne des § 22 des Stadterneuerungsgesetzes (mitbeteiligte Parteien: 1.) AB, 2.) HS, 3.) Dr. JS, alle in W, alle vertreten durch den Letztgenannten, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.282,50 und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
Begründung
Unter Punkt II. des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 16. Februar 1994 wurden für den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Gutachterkommission im Sinne des § 22 des Stadterneuerungsgesetzes im Zusammenhang mit dem Ansuchen um Genehmigung eines am 7. Oktober 1993 über die Liegenschaft EZ 547 abgeschlossenen Kaufvertrages unter Berufung auf § 3 des Landesgesetzes vom 25. April 1977 über die Einrichtung und Regelung des Aufgabenbereiches von Gutachterkommissionen in Stadterneuerungs- und Bodenbeschaffungsangelegenheiten, LGBl. für Wien Nr. 22/1977, eine Entschädigung im Ausmaß von S 24.798,-- festgesetzt.
Auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers wurde dieser Betrag mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 13. April 1994 auf S 24.654,-- herabgesetzt.
Entsprechend der Begründung dieses Bescheides, in welchem sich die Berufungsbehörde auf das hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 1993, Zl. 93/05/0119, stützte, setzt sich dieser Betrag unter Zugrundelegung eines Schätzwertes der erwähnten Liegenschaft von 12,9 Mio. Schilling aus einem Betrag von S 19.500,-- als Gebühr für Mühewaltung im Sinne der §§ 34 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, einem Betrag von S 815,-- für die Teilnahme an der Sitzung der Gutachterkommission, und einem Betrag von S 230,-- für "sonstige Kosten (Fahrtspesen, Porto, Fotokopien)" zuzüglich eines Betrages von S 4.109,-- für die Umsatzsteuer zusammen. Eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 32 leg. cit. sei nicht zuzuerkennen gewesen, weil nach § 32 Abs. 2 leg. cit. der Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis so weit nicht bestehe, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung habe.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erwogen:
Der Gerichtshof hat bereits in dem erwähnten Erkenntnis vom 7. Dezember 1993, Zl. 93/05/0119, ausgeführt, daß es sich bei der Gutachterkommission im Sinne des § 22 des Stadterneuerungsgesetzes um ein Kollegialorgan handelt, welchem kraft Gesetzes die Aufgabe übertragen ist, u.a. im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften unter Lebenden, welche die Übertragung des Eigentums an den dem § 9 Abs. 2 leg. cit. unterliegenden Grundstücken zum Inhalt haben, ein Gutachten über den angemessenen Wert der Gegenleistung zu erstatten. Im gegebenen Zusammenhang ist vor allem maßgeblich, daß die als Kollegialorgan zur Erstattung der erwähnten Gutachten berufene Gutachterkommission unmittelbar durch das Gesetz geschaffen worden ist (vgl. dazu das bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., auf S. 363 unter Z. 5 zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1979, Zl. 3191/78), und sohin der Behörde im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG "zur Verfügung steht". Die Gutachterkommission erfüllt daher die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AVG und nicht jene des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle und ist daher als Amtssachverständiger zu qualifizieren, weshalb auf sie auch nicht die Bestimmungen des § 53a Abs. 1 AVG über die Gebührenansprüche nichtamtlicher Sachverständiger anzuwenden sind. Daraus folgt aber, daß die Grundsatzbestimmung des § 22 Abs. 4 des Stadterneuerungsgesetzes und die Vorschriften des § 3 des Landesgesetzes LGBl. für Wien Nr. 22/1977 in bezug auf die Entschädigung der Mitglieder der in Rede stehenden Gutachterkommission für ihre Tätigkeit gelten. Gemäß § 3 dieses Landesgesetzes gebührt diesen Mitgliedern für ihre Tätigkeit die volle Entschädigung entsprechend den Bestimmungen des III. Abschnittes des Gebührenanspruchsgesetzes 1975. Damit zählt - abweichend von den Bestimmungen des AVG, aber im Hinblick auf Art. 11 Abs. 2 B-VG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 444/1975 verfassungsrechtlich zulässig - die den Mitgliedern der - amtlichen - Gutachterkommission gebührende Entschädigung zu den nicht von Amts wegen, sondern von der antragstellenden Partei zu tragenden Barauslagen, welche nach Maßgabe des § 76 Abs. 4 AVG vorschußweise zu erlegen sind. Die Entschädigung der Mitglieder dieser Kommission ist nun allerdings - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht nach dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 343/1989 sowie unter Bedachtnahme auf die Verordnung des Bundesministers für Justiz BGBl. Nr. 214/1992, sondern im Hinblick auf die statische Verweisung des § 3 des mehrfach erwähnten Landesgesetzes LGBl. für Wien Nr. 22/1977 nach "den Bestimmungen des III. Abschnittes des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136/1975", zu berechnen.
Der Gerichtshof sieht keine Veranlassung, von den in diesem Erkenntnis vertretenen Auffassungen abzugehen, wobei den auf die B-VG-Novelle BGBl. Nr. 444/1974 gestützten verfassungsrechtlichen Erwägungen des Beschwerdeführers zu entgegnen ist, daß die in der grundsatzgesetzlichen Regelung des § 22 Abs. 4 des Stadterneuerungsgesetzes vorgesehene Abweichung von den Bestimmungen des AVG, die durch das Landesgesetz LGBl. für Wien Nr. 22/1977 ausgeführt worden ist, schon deshalb mit Art. 11 Abs. 2 B-VG im Einklang steht, weil diese grundsatzgesetzliche Regelung des Bundes bereits vor dem am 1. Jänner 1975 erfolgten Inkrafttreten der erwähnten B-VG-Novelle in Geltung gestanden ist. Mit dieser B-VG-Novelle wurde Art. 11 Abs. 2 B-VG dahingehend geändert, daß nunmehr nicht nur der Bundesgesetzgeber, sondern auch die Landesgesetzgeber abweichende Regelungen treffen dürfen, allerdings nur mehr unter der weiteren Voraussetzung, daß diese zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind. Der Umstand, daß die zitierte B-VG-Novelle keine Übergangsbestimmung hinsichtlich früherer bundesgesetzlich geregelter Abweichungen enthält, die ohne inhaltliche Einschränkung zulässig waren, wurde vom Verfassungsgerichtshof dahin gedeutet
(vgl. VfSlg. 8945/1980), daß nach der früheren Verfassungsrechtslage zulässige bundesgesetzliche Abweichungen unberührt und somit weiterbestehen bleiben. § 22 Abs. 4 des Stadterneuerungsgesetzes stellt nun eine derartige frühere, abweichende bundesgesetzliche Norm im Sinne des Art. 11 Abs. 2 B-VG dar, auf deren Grundlage - wenn auch nach dem Inkrafttreten der in Rede stehenden B-VG-Novelle - die angewandte landesgesetzliche Ausführungsnorm erlassen worden ist. Die im vorliegenden Fall an Art. 11 Abs. 2 B-VG zu messende Norm ist allein die Bestimmung des § 22 Abs. 4 des Stadterneuerungsgesetzes, also die Norm des Bundesgrundsatzgesetzgebers. Da es sich bei dieser um eine verfahrensrechtliche Norm, konkret um eine verwaltungsverfahrensrechtliche, handelt (vgl. dazu VfSlg. 6937/1972) und nicht um eine Organisationsnorm, kann die Aufhebung der Kompetenz des Bundes in Angelegenheiten der Organisation der Verwaltung der Länder durch die genannte B-VG-Novelle jedenfalls keine Auswirkung auf diese Bestimmung haben.
Zu den weiteren Beschwerdeausführungen ist nachstehendes zu bemerken:
1.) Der Umstand, daß die Mitglieder der in Rede stehenden Gutachterkommission "für jeden Einzelfall" (§ 1 Abs. 1 des erwähnten Landesgesetzes vom 25. April 1977) bestellt werden müssen, ändert nichts daran, daß die Gutachterkommission als solche unmittelbar durch das Gesetz geschaffen worden ist. Die Kommission kann naturgemäß nur durch ihre im Einzelfall zu deren Mitgliedern zu bestellenden physischen Personen tätig werden.
2.) Es kann dahingestellt bleiben, ob den einzelnen Mitgliedern der Gutachterkommission die "Qualität von Amtssachverständigen zukommt", weil im vorliegenen Fall ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist, daß ein Kollegialorgan, nämlich die im Gesetz vorgesehene Gutachterkommission, Sachverständiger ist.
3.) Der Beschwerdeführer geht selbst davon aus, daß es dem Landesgesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt gewesen wäre, im § 3 des zitierten Landesgesetzes auf das Gebührenanspruchsgesetz "in der jeweils geltenden Fassung" zu verweisen.
4.) Mit der Verfahrensanordnung vom 17. November 1993 sind lediglich die Mitglieder der im Gegenstande tätig gewordenen Gutachterkommission bestellt worden, womit aber ungeachtet des Hinweises auf § 52 Abs. 2 AVG nicht rechtskräftig ausgesprochen worden ist, daß den Mitgliedern dieser Kommission für ihre Tätigkeit im Hinblick auf § 53a Abs. 1 AVG ein Anspruch auf eine Gebühr nach dem Gebührenanspruchsgesetz IN DER GELTENDEN FASSUNG, also nicht nach der Stammfassung dieses Gesetzes, zusteht.
5.) Der erstinstanzliche Bescheid wurde vom Beschwerdeführer "insoweit angefochten, als meine Gebühren als Vorsitzender der Gutachterkommission mit einem geringeren Betrag als in der verzeichneten Höhe ... festgesetzt wurden", weshalb die Festsetzung dieser Gebühr "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG war. Da die Berufungsbehörde nach dieser verfahrensrechtlichen Bestimmung den bekämpften Bescheid nach jeder Richtung abändern darf, war die belangte Behörde als Berufungsbehörde grundsätzlich berechtigt, den von der Behörde erster Instanz festgesetzten Gebührenbetrag herabzusetzen.
6.) Wie im bereits erwähnten Vorerkenntnis vom 7. Dezember 1993 ausgesprochen worden ist, gebührt den Mitgliedern der Gutachterkommission nur eine Entschädigung für Zeitversäumnis, weshalb sie keinen Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung haben. Ungeachtet dessen hat aber die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ohnedies eine "Gebühr für Mühewaltung" im Sinne der §§ 24 Z. 4 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, und nicht eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinne des § 24 Z. 3 leg. cit. zuerkannt hat, sodaß der Beschwerdeführer dadurch nicht beschwert sein kann. Dem Beschwerdeführer steht zwar für die Fahrt von und zum Ort des Lokalaugenscheines ein gesonderter Anspruch auf Entschädigung für die damit verbundene Zeitversäumnis zu, doch hat ihm die belangte Behörde eine "Gebühr für Mühewaltung" in einem Betrag zugesprochen, der wesentlich über jenem liegt, welcher dem Beschwerdeführer insgesamt als Entschädigung für Zeitversäumnis zuzuerkennen gewesen wäre, wenn die belangte Behörde dem hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 1993 gefolgt wäre, wonach aus den dort angestellten Erwägungen hinsichtlich des Umfanges der Gebühr des Sachverständigen die Bestimmungen der Stammfassung des III. Abschnittes des Gebührenanspruchsgesetzes NUR hinsichtlich der Regelungen über die Entschädigung für ZEITVERSÄUMNIS im Sinne des § 24 Z. 3 leg. cit. angewendet werden dürfen. Der Beschwerdeführer ist daher auch in dieser Hinsicht durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert. Es kann nicht davon die Rede sein, daß der Beschwerdeführer "umsonst tätig werden" mußte.
7.) Schließlich ist der Beschwerdeführer nicht dadurch in seinen Rechten verletzt worden, daß der angefochtene Bescheid keinen ausdrücklichen "Auftrag zur Auszahlung" der Gebühr an den Beschwerdeführer enthält, weil sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, daß bereits am 3. Mai 1994 eine Zahlungsanweisung zu seinen Gunsten über den nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides zustehenden Betrag ausgefertigt worden ist, weshalb in Ermangelung irgendwelcher diesbezüglicher Anhaltspunkte (auch der Beschwerdeführer hat nichts gegenteiliges behauptet) davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer diesen Betrag bereits erhalten hat.
Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der belangten Behörde war nur die Hälfte des geltend gemachten Anspruches auf den Schriftsatz- und Vorlagenaufwand zuzusprechen, weil die Gegenschrift auch zu einem weiteren Beschwerdefall erstattet worden ist und die Verwaltungsakten ebenfalls für einen weiteren Beschwerdefall vorgelegt worden sind. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien war abzuweisen, weil neben dem Schriftsatzaufwand (im beantragten Ausmaß) lediglich S 240,-- an erforderlicher Stempelgebühr zuzuerkennen war.
Schlagworte
Allgemein Amtssachverständiger Person Bejahung Gebühren Kosten Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Sachverständiger KollegialorganEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050129.X00Im RIS seit
25.01.2001