Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §367 Z26 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Februar 1994, Zl. UVS-04/27/00572/93, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 31. August 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt wie folgt:
"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-Gesellschaft mbH. für die Zeit vom 10. Oktober 1989 bis 30. März 1992 bei Ausübung des Handelsgewerbe zu verantworten, daß im Betriebsstandort W, R-Weg 2 bei der Zufahrt R-Weg eine Abschrankung, welche nur während der Betriebszeiten und der Lieferung und Zu- und Abfahrten des Personals geöffnet wird bis 2. Juli 1991, überhaupt nicht eingerichtet und am 15. und am 30. März 1992 nicht in bescheidmäßiger Funktion war.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling S 18.000,--
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen gemäß § 367 Z. 26 leg. cit. i.V.m. § 16 Abs. 2 VStG BGBl. Nr. 52/91
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
1.800,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 19.800,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)."
Der dagegen erhobenen Berufung wurde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 18.000,-- auf S 8.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen auf 5 Tage herabgesetzt wurde; im übrigen wurde das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch des Straferkenntnisses zu lauten habe wie folgt:
"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-Gesellschaft mbH. für die Zeit vom 10. Oktober 1989 bis 2. Juli 1991 bei Ausübung des Handelsgewerbe zu verantworten, daß im Betriebsstandort W, R-Weg 2 bei der Zufahrt R-Weg eine Abschrankung, welche nur während der Betriebszeiten und der Lieferung und Zu- und Abfahrten des Personals geöffnet wird, bis 2. Juli 1991 überhaupt nicht eingerichtet war."
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, nach Durchführung des Beweisverfahrens stehe der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegte Sachverhalt insoweit unbestritten fest, als dem Berufungswerber zur Last gelegt worden sei, er habe es zu verantworten, daß der Schranken bei der Zufahrt R-Weg bis zum 2. Juli 1991 nicht so eingerichtet gewesen sei, wie im Bescheid vorgeschrieben. Nach dem unbestritten gebliebenen Sachverhalt steht die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht fest. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren biete keinen Anhaltspunkt dafür, daß ihn an der Übertretung kein Verschulden treffe. Der Umstand, daß ein Schranken an anderer Stelle als im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vorgeschrieben, errichtet worden sei, hätte dem Beschwerdeführer bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfaltspflicht auffallen müssen, und er wäre verpflichtet gewesen, den ordnungsgemäßen Zustand herzustellen. Das Berufungsvorbringen sei somit nicht geeignet, den Beschwerdeführer zu entlasten. Auch mit dem Vorbringen, es sei "des lieben Friedens willen" der Schranken im Dezember 1991 so wie vorgeschrieben errichtet worden, vermag der Beschwerdeführer nichts für sich zu gewinnen, weil Wohlverhalten nach Beendigung des strafbaren Tatbestandes im allgemeinen nicht zu berücksichtigen sei. Dem Beschwerdeführer sei somit die gemäß § 5 Abs. 1 2. Satz VStG erforderliche Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit nicht gelungen. Wenn der Beschwerdeführer einwende, nicht er in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer, sondern ein von ihm bestellter verantwortlicher Beauftragter sei für das Einhalten der Bescheidauflagen verantwortlich gewesen, so sei dem entgegenzuhalten, daß für den Bereich des Gewerberechts nach dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 VStG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bestimmung des § 9 Abs. 2 VStG keine Anwendung finde. Ebenso gehe das Vorbringen ins Leere, die Erstbehörde sei für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens unzuständig gewesen. In Ansehung des Straftatbestandes des § 367 Z. 26 GewO 1973, der auf beim Betrieb einer Anlage einzuhaltende Auflagen abgestellt sei, könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht angenommen werden, daß die Übertretung nicht am Standort der Betriebsanlagen, sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung (hier: Klosterneuburg) begangen worden sei. In der Folge enthält der angefochtene Bescheid eine ausführliche Darlegung der für die Strafbemessung herangezogenen Erwägungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten, entgegen den Bestimmungen des § 367 Z. 2 (gemeint wohl: Z. 26) der GewO 1973 nicht bestraft zu werden und durch fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens verletzt". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, der angefochtene Bescheid sei deswegen rechtswidrig, weil im Spruch nicht angeführt sei, warum im Betriebsstandort Wien 22, Rautenweg 2, eine Abschrankung einzurichten und auch zu benützen sei.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer - im Ergebnis - im Recht.
Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer u.a. die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.
Nach § 44 a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. NF Nr. 11.466/A).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach dargetan hat (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0285 und vom 29. März 1994, Zl. 93/04/0255), wird dadurch, daß § 367 Z. 26 GewO 1973 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Im Hinblick auf die durch § 367 Z. 26 GewO 1973 gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnormen gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden, als solche bescheidmäßig bezeichneten Auflagen, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1994, Zl. 93/04/0255).
Die belangte Behörde verkannte nun schon insoweit die Rechtslage, daß - wie oben dargestellt - der im Verwaltungsrechtszug ergangene Schuldspruch eine wörtliche Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflage nicht aufweist.
Der angefochtene Bescheid leidet aber auch noch aus einem anderen Grund an einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes:
Gemäß § 44 a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist.
Nach § 367 Z. 26 GewO 1973 besteht die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, aus der Strafbestimmung des § 367 Z. 26 in Verbindung mit der konkret bezeichneten Untergliederung jenes Bescheides, in dem die betreffende Auflage vorgeschrieben wurde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 93/04/0244, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).
Der angefochtene Bescheid widerspricht insofern der dargestellten Rechtslage, als in dem § 44 a Z. 2 VStG betreffenden Spruchteil als verletzte Norm lediglich § 367 Z. 26 nicht aber auch jener Punkt des in Frage kommenden Bescheides genannt ist, der die betreffende Auflage enthält.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Nicht im Recht ist aber der Beschwerdeführer, wenn er vorbringt, es sei "die unzuständige Behörde eingeschritten", weil er seinen Wohnsitz in K habe und sich dort auch seine Arbeitstätte befinde. Der Beschwerdeführer übersieht, daß - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0121 dargetan hat - die Strafbestimmung des § 367 Z. 26 GewO 1973 auf beim Betrieb der Anlage einzuhaltende Auflagen abgestellt ist. Es kann daher nicht angenommen werden, daß die in Rede stehende Verwaltungsübertretung - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen - nicht am Standort der Betriebsanlage, sondern an der hievon abweichenden Arbeitsstätte bzw. Wohnung des Beschwerdeführers begangen worden wäre.
Der angefochtene Bescheid war aber schon aus den oben dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Mängel im Spruch Verwaltungsvorschrift Mängel im SpruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994040041.X00Im RIS seit
20.11.2000