Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
GewO 1973 §13 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. März 1993, Zl. MA 63 - L 59/93, betreffend Untersagung der Ausübung einer patentierten Erfindung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. März 1993 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 3 i.V.m. § 87 Abs. 1 GewO 1973 die Ausübung der patentierten Erfindung "Elektromotorisch angetriebene Mühle für Getreide" im Standort Wien, A-Gasse 5, untersagt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 26. September 1988 die gewerbsmäßige Ausübung der zur Patentierung angemeldeten Erfindung "Elektromotorisch angetriebene Mühle für Getreide" im genannten Standort angezeigt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23. November 1989 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB in zahlreichen Fakten schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Der eingetretene und versuchte Betrugsschaden sei mit insgesamt S 7,473.191,-- angenommen worden. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 17. September 1991 sei der Schuldspruch in einem Faktum mit einer Schadenssumme von S 320.709,84 und in dem hierüber ergangenen Strafausspruch aufgehoben und das Verfahren in der Folge hinsichtlich dieses Faktums eingestellt worden. Der Beschwerdeführer sei daraufhin mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Dezember 1991 nach § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten verurteilt worden. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe darin bestanden, daß er in den Jahren 1978 bis 1983 als Beamter der Bundesgebäudeverwaltung Verfügungsberechtigte dieser Bundesgebäudeverwaltung bzw. des Bundesministeriums für Bauten und Technik durch Täuschung über Tatsachen anläßlich der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von Professionistenleistungen bei der Generalrenovierung des Palais Rottal zu Handlungen verleitet bzw. zu verleiten versucht habe, die die Republik Österreich am Vermögen geschädigt hätten bzw. schädigen hätten sollen, wobei er einen Schaden in der Höhe von S 7,152.409,16 herbeigeführt bzw. herbeizuführen versucht habe. Die zur Entscheidung über die Untersagung der Ausübung der patentierten Erfindung zuständige Behörde sei an die im rechtskräftigen Strafurteil enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen gebunden. Es sei ihr daher nicht gestattet, in dieser Richtung eine andere Sachverhaltsfeststellung oder eine andere rechtliche Beurteilung zu treffen. Das Verhalten des Beschwerdeführers, das zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt habe, sei mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht und auch aus Gewinnsucht begangen worden. Die Verurteilung sei außerdem noch nicht getilgt. Was die Eigenart der strafbaren Handlung anlange, so sei es eine Erfahrungstatsache, daß die Ausübung der patentierten Erfindung "Elektromotorisch angetriebene Mühle für Getreide" vor allem wegen der in diesem Zusammenhang zu erbringenden Reparatur- und Garantieleistungen eine bevorzugte Möglichkeit zur Begehung von Betrugshandlungen gegen Kunden verschaffe. Es lägen daher schon nach der Art der Straftat Umstände vor, die die Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat in Ansehung der durch die Ausübung der patentierten Erfindung gebotenen Gelegenheiten rechtfertigten. Doch auch nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers sei die Befürchtung begründet, daß bei der (weiteren) Ausübung der patentierten Erfindung die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat zu befürchten sei. Er habe das seiner Verurteilung zugrundeliegende, gegen fremdes Vermögen gerichtete strafbare Verhalten in Ausnützung von Gelegenheiten gesetzt, die ihm sein Beruf geboten habe. Er habe das strafbare Verhalten darüber hinaus in wiederholten Angriffen über einen Zeitraum von nahezu fünf Jahren begangen. Die dadurch verursachte Schadenssumme betrage mehr als 7 Millionen Schilling. Daß die strafbaren Handlungen, derentwegen der Beschwerdeführer verurteilt worden sei, schon mehrere Jahre zurücklägen und er seither nicht mehr straffällig geworden sei, sei angesichts der dargestellten Kriterien nicht geeignet, diese Befürchtung zu erschüttern. Im Hinblick auf die aufgezeigten Begleitumstände der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen und des sich aus dieser Verurteilung ergebenden Persönlichkeitsbildes sei die Behörde - möge sich der Beschwerdeführer auch der Begehung gleicher oder ähnlicher Delikte vorläufig enthalten haben - außerstande abzusehen, wann die Befürchtung einer mißbräuchlichen Ausübung der patentierten Erfindung nicht mehr angebracht sein könnte, sodaß die unbefristete Untersagung der Ausübung dieser Erfindung zu verfügen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer im "Recht auf richtige Anwendung des § 13 Abs. 1 GewO 1973, subsidiär der §§ 3 Abs. 3, 87 Abs. 1, 89 Abs. 1 und 91 Abs. 2 GewO 1973 verletzt". Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, nach der Eigenart der von ihm begangenen strafbaren Handlung und nach seiner Persönlichkeit sei die Befürchtung, er werde bei Ausübung seiner Erfindung gleiche oder ähnliche Straftaten begehen, unbegründet. So habe die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen, daß seine letzte strafbare Handlung zehn Jahre zurückgelegen sei, "somit in etwa der Tilgungszeit entsprechend" und er sich seither völlig wohlverhalten habe. Nicht berücksichtigt sei ferner worden, daß er seine gesamten finanziellen Mittel in die Entwicklung der Erfindung gesteckt habe. Diese bedeute somit nach dem Verlust seiner seinerzeitigen Stellung die einzige Existenzmöglichkeit. Dieser Umstand wiederum garantiere geradezu, daß er "das Gewerbe" gesetzmäßig ausüben müsse, um seine Existenz nicht zu verlieren. Er sei im übrigen seit dem Jahre 1985, ohne daß es auch nur die geringste Beanstandung gegeben hätte, selbständig tätig, seit 1988 in Ausübung des Patentes. Er sei seit Jahren in einem ganz anderen Umfeld als jenem tätig, in dem er die strafbaren Handlungen gesetzt habe. Er habe sich damals leider "von herrschenden Unsitten" der Bestechlichkeit - wie die zahlreichen anderen Verurteilten aus seinem damaligen Umfeld zeigten - verleiten lassen, "mitzutun". Die belangte Behörde habe aber zu Unrecht nicht gewürdigt, daß er aus dem Bundesdienst ausgeschieden und in einem völlig neuen Umfeld tätig sei, das eine Wiederholung ähnlicher Straftaten "schon begrifflich" gar nicht zulasse. Allenfalls hätte sie ergänzende Erhebungen über seine "gesetzestreue Ausübung des Gewerbes" während der letzten Jahre vornehmen müssen, was allerdings nicht geschehen sei. Der angefochtene Bescheid leide daher auch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Dieses Vorbringen ist nich geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen:
Gemäß § 3 Abs. 3 GewO 1973 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993 ist, wenn die im § 87 Abs. 1, § 89 Abs. 1 oder § 91 Abs. 2 angeführten Voraussetzungen auf die im § 31 des Patentgesetzes 1970 genannten Personen zutreffen, die Ausübung der Erfindung zu untersagen und zwar auch dann, wenn diese Voraussetzungen schon vor der Anzeige der Ausübung der Erfindung eingetreten sind. § 87 Abs. 2 bis 6 sind sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Voraussetzungen für einen Ausschluß gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen oder wenn einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.
Nach § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist, wer wegen einer vorsätzlichen mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung von einem Gericht verurteilt worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen, wenn die Verurteilung noch nicht getilgt ist und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Daß es sich bei den Taten, derentwegen der Beschwerdeführer verurteilt wurde, um strafbare Handlungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO handelt, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Unbestritten ist auch, daß die Verurteilung im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde noch nicht getilgt war.
Bei der Prüfung der Frage der Erfüllung des im letzten Halbsatzes des § 13 Abs. 1 GewO 1973 vorgesehenen Tatbestandsmerkmales der Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge der im Zusammenhang damit getroffenen gesetzlichen Anordnung sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0021).
Was daher zunächst die Eigenart der strafbaren Handlung anlangt, so war im Beschwerdefall davon auszugehen, daß die gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen schweren Betruges zwar im Zusammenhang mit seiner (früheren) Tätigkeit als Beamter der Bundesgebäudeverwaltung im Rahmen der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von Professionistenleistungen erfolgte. Allerdings kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, daß durch die Ausübung der in Rede stehenden Erfindung "vor allem wegen der in diesem Zusammenhang zu erbringenden Reparatur- und Garantieleistungen" die Möglichkeit zu gleichen oder ähnlichen Betrugshandlungen geboten wird, wie sie der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundelagen - wenn auch möglicherweise nicht mit ähnlich hohen Schadenssummen. Aus welchen Gründen dies - wie der Beschwerdeführer meint - "schon begrifflich" nicht möglich sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Ausgehend davon erweist sich aber die - an der Eigenart der begangenen strafbaren Handlungen ableitbare - Befürchtung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer werde bei Ausübung seiner Erfindung gleiche oder ähnliche Betrugshandlungen begehen wie jene, derentwegen er verurteilt wurde, nicht als rechtswidrig.
Was die weiters erforderliche Würdigung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers anlangt, so ist es schon im Hinblick auf die der Straftat zugrundeliegende Vorgangsweise und die Höhe des Schadensbetrages nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde - ohne daß es weiterer Ermittlungen bedurft hätte und ohne daß ihr ein Begründungsmangel anzulasten wäre - auf ein Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers schloß, das die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung der Erfindung befürchten läßt. Dem Umstand jedoch, daß sich der Beschwerdeführer seit der strafgerichtlichen Verurteilung wohlverhalten hat, kann schon im Hinblick auf die Dauer dieses Zeitraumes nach den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen nicht jenes Gewicht beigemessen werden, das die in Rede stehende Ausnahme der belangten Behöre als rechtswidrig erscheinen ließe (vgl. dazu nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 25. September 1990).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993040084.X00Im RIS seit
20.11.2000