Index
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der B in X, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Juni 1994, Zl. BauR-011063/9-1994 Pe/Vi, betreffend Duldungsverpflichtung gemäß § 16 der O.ö. Bauordnung (mitbeteiligte Parteien: 1. Herbert und Silvia T in X, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in X, 2. Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den Erstmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid erteilte der Stadtsenat der zweitmitbeteiligten Gemeinde den Erstmitbeteiligten die Baubewilligung zur Errichtung einer unterkellerten Kleingarage. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Nachbargrundstückes. Die Errichtung der Garage ist unmittelbar an der Grundstücksgenze vorgesehen.
Über Ansuchen der Erstmitbteiligten erteilte der Magistrat der mitbeteiligten Gemeinde die Bewilligung für die vorübergehende Inanspruchnahme einer Teilfläche
(0,8 m x 11,8 m) des Grundstückes der Beschwerdeführerin für die Zeit zwischen 20. Oktober 1993 und 30. Mai 1994 zur Durchführung näher bezeichneter Arbeiten. Die Rohbauarbeiten dürften einen Zeitraum von vier Wochen, die Verputzarbeiten einen Zeitraum von einer Woche nicht überschreiten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Für das Berufungsverfahren holte die Baubehörde das Gutachten eines bautechnischen Amtssachverständigen zur Frage der Kosten der Errichtung der Mauer an der Grundstücksgrenze ein. Demnach würden die Arbeitskosten bei herkömmlicher Bauweise (unter Benützung des Nachbargrundes) S 14.560,--, bei alternativer Bauweise mittels verlorener Schalung, also ohne Benützung des Nachbargrundes, S 35.510,-- ausmachen. Die Kosten für das Material (Beton, Dämmung und Isolierung) wurden vom Sachverständigen nicht berücksichtigt, weil diesbezüglich die Kosten bei beiden Varianten ungefähr gleich hoch anzusetzen seien.
Mit Bescheid vom 12. Jänner 1994 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. Februar 1994 den Bescheid des Stadtsenates auf. Die Aufhebung wurde damit begründet, daß es im Hinblick auf den zu beurteilenden Bauteil nicht ausschließlich auf die notwendigen Arbeitskosten, sondern auf die Gesamtkosten, einschließlich der Materialkosten, ankäme. Nur so sei es nämlich möglich, zu beurteilen, ob den Erstmitbeteiligten tatsächlich unzumutbare Kosten ohne Inanspruchnahme des fremden Grundstückes entstehen könnten.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführerin hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0096, abgewiesen. Die Abweisung wurde damit begründet, daß eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin nicht durch alle "tragenden" Gründe des Vorstellungsbescheides in Betracht komme, sondern nur durch jene Gründe, die die Aufhebung tragen, also kausal für die Aufhebung seien.
Zwischenzeitlich hat die Baubehörde ein ergänzendes Gutachten eines bautechnischen Sachverständigen vom 15. März 1994 eingeholt, in welchem die Materialkosten für die verfahrensgegenständliche Stahlbetonkellerwand mit S 28.030,-- beziffert wurden. Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, gleichzeitig wurde ihr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt, wovon die Beschwerdeführerin auch Gebrauch machte. Mit Bescheid des Stadtsenates vom 18. April 1994 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 12. Oktober 1993 neuerlich abgewiesen, der für die Dauer der Inanspruchnahme vorgesehene Zeitraum wurde mit 24. April bis 30. November 1994 festgesetzt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Juni 1994 wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Statdtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 18. April 1994 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werde. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß bei der nach Abs. 1 des § 16 der O.ö. Bauordnung vorzunehmenden Kostenabschätzung nur auf den entsprechenden Bauteil abzustellen sei, habe die Vorstellungsbehörde bereits im Bescheid vom 25. Februar 1994 festgestellt, weshalb die Beschwerdeführerin insoweit keine Rechtswidrigkeit des nunmehr bekämpften Bescheides aufzeigen könne. In Entsprechung der im genannten Vorstellungsbescheid geäußerten Ansicht habe die Berufungsbehörde ergänzend die Gesamtkosten (einschließlich der Materialkosten) der herkömmlichen Bauweise mit denen der alternativen Bauweise verglichen: Demnach ergebe sich eine Relation von S 42.590,-- zu S 63.540,-- und somit eine Preisdifferenz der alternativen gegenüber der herkömmlichen Bauweise von 49 %. Eine Kostensteigerung von annähernd 50 % im Falle der Nichtbenutzung des Nachbargrundstückes wäre für die Erstmitbeteiligten von der Kostenseite her unzumutbar. Der Umfang der bewilligten Grundinanspruchnahme sei im Spruch des Erstbescheides detailliert festgelegt, der Einwand der mangelnden Konkretisierung sei daher nicht nachvollziehbar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die Erstmitbeteiligten in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgebliche Bestimmung des § 16 Abs. 1 der O.Ö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, lautet:
"(1) Die Eigentümer und die sonst Berechtigten haben die vorübergehende Benutzung von Grundstücken und baulichen Anlagen zur Erstellung der nach diesem Gesetz erforderlichen Pläne, zur Ausführung von Bauvorhaben, zu Instandhaltungsarbeiten oder zur Behebung von Baugebrechen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu dulden, wenn diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unzumutbar hohen Kosten durchgeführt werden können und der widmungsgemäße Gebrauch der in Anspruch genommenen Grundstücke oder baulichen Anlagen hiedurch keine unverhältnismäßige Behinderung erfährt."
Strittig ist, ob bei der Beurteilung der Frage, ob unzumutbar hohe Kosten liegen, auf das gesamte Bauvorhaben - wie die Beschwerdeführerin meint - oder nur auf den Bauteil, für welchen die Inanspruchnahme des fremden Grundstückes notwendig ist, wie die belangte Behörde vermeint, abzustellen ist. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde trat nämlich durch den Ausspruch im Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1994, wonach ausschließlich auf den Bauteil abzustellen sei, keine bindende Wirkung ein, weil von der Bindungswirkung im Falle einer Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde nur die die Aufhebung tragenden Teile erfaßt sind (vgl. in diesem Sinne auch das an die Parteien des gegenständlichen Verfahrens ergangene Vorerkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0096).
Dennoch ist im Ergebnis die Ansicht der belangten Behörde, daß nur auf den entsprechenden Bauteil abzustellen sei, zutreffend: Schon aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 1
O.ö. Bauordnung geht eindeutig hervor, daß nur auf den Bauteil abzustellen ist, für dessen Herstellung das fremde Grundstück in Anspruch genommen werden muß, wie sich unmißverständlich aus der Formulierung "wenn diese Arbeiten" ergibt. Die Zusammenschau der Wortfolgen "diese Arbeiten" und "zur Ausführung von Bauvorhaben" läßt keinen Zweifel daran, daß nur jene Maßnahmen gemeint sein können, für deren Durchführung eine vorübergehende Benutzung des fremden Grundstückes erforderlich ist.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, daß unter "unzumutbar hohen Kosten" jedenfalls solche zu verstehen sind, die gegenüber der herkömmlichen Bauausführung (mit Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes) inkl. der verwendeten Materialien eine Überschreitung von annähernd 50 % ausmachen. In seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, Zl. 91/06/0123, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Begriff der unverhältnismäßig hohen Mehrkosten im § 42 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung ausgesprochen, daß 17 % Mehrkosten jedenfalls dann als unverhältnismäßig anzusehen seien, wenn (wie damals) mit dem Einschwenken in den Luftraum durch einen Turmkran zwar in den eigentumsrechtlichen Herrschaftsbereich der Nachbarn vorübergehend eingegriffen wird, damit jedoch objektiv kein in die Abwägung der Verhältnismäßigkeit einzubeziehendes, zumindest andeutungsweise erkennbares Interesse der Nachbarn berührt werde. Im gegenständlichen Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß für die Beschwerdeführerin nur "relativ geringfügige Nachteile" erwüchsen, was die Beschwerdeführerin weder während des Verwaltungsverfahrens noch in der Beschwerde entkräften konnte.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050188.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009