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L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. des BS und 2. der MS in A, beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. November 1993, Zl. BauR-P-306020/9-1993 Wö/Lan, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung eines Flächenwidmungsplanes (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 255/1, 255/4, 263/2, 263/3 und 264/4. Auf diesen Grundstücken befindet sich ein Bruchsteindepot. Auf der Oberfläche des Bruchsteinlagerkörpers haben sich stellenweise durch Samenflug Bäume entwickelt. Im Flächenwidmungsplan Nr. 2/1991 für das gesamte Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde wurden diese Grundstücke der Beschwerdeführer als Grünland (Wald) ausgewiesen. Der Flächenwidmungsplan erhielt durch den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1991 die aufsichtsbehördliche Genehmigung.
Mit "Schreiben" (richtig wohl: Bescheid) der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Mai 1993 wurden Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung einer Bauplatzbewilligung und einer Baubewilligung abgewiesen. Der beantragten Bewilligung stehe der Flächenwidmungsplan entgegen.
Am 14. Juni 1993 stellten die Beschwerdeführer an die mitbeteiligte Gemeinde und an die belangte Behörde gemäß § 69 Abs. 1 lit. b und c AVG den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1991 erteilten aufsichtsbehördlichen Genehmigung des Flächenwidmungsplanes Nr. 2/1991.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß den § 8, 58 und § 69 Abs. 1 AVG als unzulässig zurück. Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne stellten nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts auf der Stufe einer Verordnung stehende Verwaltungsakte der Gemeinde dar. Es bestünde daher weder ein Anspruch auf einen bestimmten Inhalt noch auf Änderung von Raumordnungsplänen. Da im aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren nur die die Verordnung erlassende Gemeinde - neben der oberösterreichischen Umweltanwaltschaft - Partei sei, seien die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 AVG für eine Wiederaufnahme nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte und in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, derzufolge sich die Beschwerdeführer insbesondere in ihren Rechten "nach §§ 22, 23 O.ö.ROG, § 8, 58, 69 Abs. 1 AVG 1950" bzw. dadurch verletzt erachten, daß "Verfahrensmängel aufgetreten seien, indem nicht von Amts wegen ein (aufsichtsbehördliches) Verfahren zur Eruierung der tatsächlichen Eigenschaft der Grundstücke bzw. der Abänderung des Flächenwidmungsplanes eingeleitet worden war bzw. der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet war, indem er sich nicht auf das O.ö.ROG gründete".
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 69 Abs. 1 Z. 2 und 3 AVG lauten:
"§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
...
2 neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3 der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und
nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde".
§ 15 Abs. 1 des O.ö. Raumordnungsgesetzes 1972, LGBl. Nr. 18 (im folgenden: ROG) lautet:
"(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Raumordnungsgrundsätze sowie der Aufgaben der örtlichen Raumordnung (§ 13 Z. 2) durch Verordnung einen Flächenwidmungsplan aufzustellen. Der Flächenwidmungsplan darf den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen des Landes und Verordnungen gemäß § 9 Abs. 6 nicht widersprechen."
Die hier anzuwendenden Absätze des § 21 ROG lauten:
"(4) Vor Beschlußfassung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat ist der Plan durch sechs Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Gemeindeamt (Magistrat) aufzulegen. Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen kann, ist berechtigt, während der Auflagefrist schriftliche Anregungen oder Einwendungen beim Gemeindeamt (Magistrat) einzubringen, die mit dem Plan dem Gemeinderat vorzulegen sind. Auf die Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme und die Möglichkeit der Einbringung von Anregunen oder Einwendungen ist durch Anschlag an der Amtstafel mindestens zwei Wochen vor und überdies während der Auflage und, wenn die Gemeinde regelmäßig ein amtliches Mitteilungsblatt herausgibt, auch in diesem hinzuweisen. Eine Beschlußfassung des Planes in einer anderen als der zur Einsichtnahme aufgelegenen Fassung ist nur nach vorheriger Anhörung der durch die Änderung Betroffenen zulässig, sofern durch die Änderung nicht nur Anregungen oder Einwedungen von Betroffenen entsprochen werden soll, die für andere keine Rückwirkung haben.
(5) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan oder einen Bebauungsplan, so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen (§ 15 Abs. 3) vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde vorzulegen. Flächenwidmungspläne bedürfen der Genehmigung der Landesregierung, Bebauungspläne bedürfen der Genehmigung der Landesregierung dann, wenn überörtliche Interessen im besonderen Maß berührt werden. Bebauungspläne, die keiner Genehmigung bedürfen, sind samt dem dazugehörigen Akt nach Einsichtnahme ohne unnötigen Aufschub der Gemeinde zurückzugeben.
...
(7) Vor Versagung der Genehmigung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, hiezu binnen einer angemessenen, jedoch mindestens sechs Wochen betragenden Frist Stellung zu nehmen."
Das Recht, gemäß § 69 Abs. 1 AVG einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen, kommt nur einer Partei des Verwaltungsverfahrens zu (siehe die Nachweise aus der hg. Rechtsprechung bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 704 f).
Wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Partei ist, kann an Hand des AVG allein nicht entschieden werden. Die Parteistellung ergibt sich aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Sachmaterien (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E 6 zu § 8 AVG).
Nach den Bestimmungen des ROG und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt Flächenwidmungsplänen Verordnungscharakter zu. Im Rahmen der Erlassung einer solchen Verordnung ist den von einem Flächenwidmungsplan betroffenen Personen, aber auch sonstigen Personen, die ein bestimmtes Mitspracherecht nach Maßgabe der Bestimmungen des § 21 ROG eingeräumt. Hiedurch wurde jedoch den betroffenen Personen kein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung ihrer Eingabe eingeräumt. Die Einräumung einer derartigen Befugnis stünde im Widerspruch zu dem sich aus Art. 18 B-VG ergebenden Charakter von Verordnungen als generellen Verwaltungsakten. Es führt daher eine verfassungskonforme Auslegung des § 21 Abs. 4 ROG zu dem Ergebnis, daß mit der Erhebung von "Einwendungen" keine Parteistellung in bezug auf den Flächenwidmungsplan oder den Entwurf hiezu eingeräumt werden sollte. Im Verfahren zur Erlassung eines Flächenwidmungsplanes kommt somit diesen betroffenen Personen Parteistellung nicht zu (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. April 1982, Zl. 82/05/0053, m.w.N.). Auch im Verfahren betreffend die aufsichtsbehördliche Genehmigung eines Flächenwidmungsplanes kommt nur der Gemeinde, nicht aber betroffenen Grundeigentümern Parteistellung zu.
Da den Beschwerdeführern in diesem Verfahren die Parteistellung fehlte, waren sie nicht berechtigt, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen. Bei diesem Ergebnis war eine Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens entbehrlich.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung mangels gesetzlicher Grundlage nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050209.X00Im RIS seit
03.05.2001