TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/20 93/04/0074

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Veröffentlicht am 20.09.1994
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §13;
GewO 1973 §14 Abs2;
GewO 1973 §39 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der X-Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. November 1992, Zl. MA 63 - R 7, 8/91, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden je vom 1. September 1989 stellte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, als Gewerbebehörde erster Instanz gemäß § 340 Abs. 7 GewO 1973 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 GewO 1973 zur Ausübung der von der Beschwerdeführerin am 24. März 1989 angemeldeten Gewerbe "Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973" und "Handelsagenten gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 24 GewO 1973" im Standort Wien III, Y-Gasse nicht vorlägen und die Ausübung dieses Gewerbes untersagt werde. Gleichzeitig stellte die Gewerbebehörde erster Instanz in den vorzitierten Bescheiden gemäß § 345 Abs. 9 GewO 1973 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 39 Abs. 2 leg. cit. für die am 24. März 1989 angezeigte Bestellung des "S, Staatsangehörigkeit: Jugoslawien, zum Geschäftsführer" für die Ausübung dieser Gewerbe nicht gegeben seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. November 1992 bestätigte der Landeshauptmann von Wien, infolge Berufung der Beschwerdeführerin diese Bescheide mit der Ergänzung, "daß auch die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 39 Abs. 2 GewO 1973 für die Ausübung der angemeldeten Gewerbe nicht gegeben sind". Hiezu führte die belangte Behörde in der Begründung aus, die Beschwerdeführerin dürfe als juristische Person gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1973 nur dann ein Gewerbe ausüben, wenn sie einen Geschäftsführer oder Pächter bestellt habe, der - wie aus der Verweisung des § 9 Abs. 1 GewO 1973 auf die §§ 39 und 40 GewO 1973 hervorgehe - den in diesen Vorschriften aufgestellten Voraussetzungen entspreche. Nach § 39 Abs. 2 GewO 1973 müsse der Geschäftsführer unter anderem den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen. Eine dieser Voraussetzungen bestehe für den Geschäftsführer S unbestrittenermaßen in der Gleichstellung mit Inländern gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1973. Bei der nach § 340 Abs. 1 GewO 1973 vorgeschriebenen Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorlägen, sei grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellen. Sei jedoch die Erteilung einer Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1973 erforderlich, sei gemäß § 340 Abs. 6 GewO 1973 der Zeitpunkt der Rechtskraft der Gleichstellung maßgebend, sofern im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung zumindest ein Verfahren über die Erteilung der Gleichstellung bereits eingeleitet gewesen sei. Im Zeitpunkt der gegenständlichen Gewerbeanmeldungen (24. März 1989) sei eine mit rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. Februar 1989 erteilte Gleichstellung des S mit Inländern zum Zwecke seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beschwerdeführerin zur Ausübung des Gewerbes "Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Ein-, Aus- und Durchfuhrhandel" und "Handelsagent gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 24 GewO 1973", jeweils beschränkt auf den Standort Wien, B-Gasse 3, vorgelegen; ein weiteres Verfahren, in dem mit - nunmehr rechtskräftigem - Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Jänner 1990 S die Gleichstellung mit Inländern zum Zwecke seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zur Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, eingeschränkt auf den Handel mit Gummi- und Glaswaren im Standort Wien, B-Gasse 3, erteilt worden sei, sei anhängig gewesen. Ob die Beschränkung der Gleichstellungen auf den Standort Wien, B-Gasse 3 rechtmäßig gewesen sei, könne im Hinblick auf die Rechtskraft der Gleichstellungsbescheide nicht mehr geprüft werden. In dem hier maßgebenden Zeitpunkt habe keine für den Standort Wien III, Y-Gasse geltende Gleichstellung des S mit Inländern hinsichtlich des Handelsgewerbes und des Handelsagentengewerbes bestanden. Überdies würden die für den Standort Wien, B-Gasse 3, erteilten Gleichstellungen, soweit sie das Handelsgewerbe betreffen, nur für Teile dieses Gewerbes und nicht für das hier angemeldete uneingeschränkte Handelsgewerbe gelten. Die angefochtenen Bescheide seien lediglich durch die vollständige Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen ergänzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht "auf Erteilung einer Gewerbeberechtigung sowie in ihrem Recht auf Bestellung eines Geschäftsführers zur Gewerbeausübung nach den Bestimmungen der GewO 1973 verletzt". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Beschwerdeführerin entnehme der Begründung des angefochtenen Bescheides, die belangte Behörde vertrete die Ansicht, daß S die Gleichstellung mit Inländern nur für den Standort 1030 Wien, Y-Gasse, erteilt worden wäre. Diese Feststellung der belangten Behörde sei unrichtig, da der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten am 19. Jänner 1990 einen Berufungsbescheid erlassen habe, wonach S die Gleichstellung mit Inländern für die Ausübung des Handelsgewerbes im Standort Wien, B-Gasse 3 zum Zwecke seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beschwerdeführerin bewilligt worden sei. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen, somit im gegenständlichen Verfahren für die belangte Behörde rechtlich bindend. Selbst wenn der Ansicht der belangten Behörde, daß eine Gleichstellung nur für den Standort Wien III, Y-Gasse bewilligt worden sei, rechtliche Bedeutung zukommen sollte, sei diese Ansicht und Feststellung der belangten Behörde durch den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten widerlegt. Sei dies aber der Fall, könne die Beschwerdeführerin keine rechtlichen Versagungsgründe ihres Antrages erblicken. Zwischen Einbringung der Berufung durch die Beschwerdeführerin gegen die Bescheide des Magistratischen Bezirksamtes für den 3. Bezirk vom 1. September 1989 (richtig 1990) und Zustellung des Berufungsbescheides vom 18. November 1992 habe die belangte Behörde die in der Begründung herangezogene Rechtsansicht der Beschwerdeführerin nicht vorgehalten; die Beschwerdeführerin sei daher nicht in der Lage gewesen, in Wahrung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen, zur Tatsachen- und Rechtsansicht der belangten Behörde vor Bescheiderlassung Stellung nehmen zu können. Im angefochtenen Bescheid würden erstmals Feststellungen getroffen, von welchen die Beschwerdeführerin vorher keine Kenntnis gehabt habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde bei Vorhalt dieser erstmals in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Beschwerdeführerin bekanntgegebenen Ansicht vor Bescheiderlassung (auf Grund einer entsprechenden Stellungnahme der Beschwerdeführerin) zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1973 in der hier im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 39 Abs. 2 leg. cit. muß der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen, seinen Wohnsitz im Inland haben und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen.

Gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. dürfen ausländische natürliche Personen, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist oder wenn der Bezirksverwaltungsbehörde, bei konzessionierten Gewerben der für die Erteilung der Konzession zuständigen Behörde, nachgewiesen wurde, daß österreichische natürliche Personen in dem Heimatstaat des Ausländers bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes keinen anderen wie immer gearteten Beschränkungen unterliegen als die Angehörigen dieses Staates (Gegenseitigkeit). Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bedürfen Angehörige eines Staates, hinsichtlich dessen diese Gegenseitigkeit nicht nachgewiesen werden kann, und Staatenlose für die Ausübung des Gewerbes einer Gleichstellung mit Inländern durch den Landeshauptmann. Die Gleichstellung kann ausgesprochen werden, wenn anzunehmen ist, daß die Ausübung eines Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen den öffentlichen Interessen, insbesondere den Interessen der österreichischen Wirtschaft, sei es auch den örtlichen Interessen eines Wirtschaftszweiges, nicht zuwiderläuft.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens und des unstrittigen Sachverhaltes ist davon auszugehen, daß der von der Beschwerdeführerin bestellte Geschäftsführer S zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides jugoslawischer Staatsbürger war und Gegenseitigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 GewO 1973 nicht vorliegt. Weiters ist aufgrund der getroffenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid und der Beschwerdebehauptungen davon auszugehen, daß S mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. Februar 1989 mit Inländern zum Zwecke seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beschwerdeführerin zur Ausübung des Gewerbes "Handelsagent gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 24 GewO 1973" und mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Jänner 1990 zum Zwecke seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beschwerdeführerin zur Ausübung des "Handelsgewerbes gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 eingeschränkt auf den Handel mit Gummi- und Glaswaren", jeweils im Standort Wien, B-Gasse 3 gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1973 gleichgestellt worden ist. Einer im Spruch eines Gleichstellungs-Bescheides nach § 14 Abs. 2 GewO 1973 enthaltenen Anführung des Standortes kommt hinsichtlich des Umfanges der erfolgten Gleichstellung normative Bedeutung zu, weil bei der Frage der Gleichstellung auch örtliche Interessen eines Wirtschaftszweiges zu berücksichtigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1989, Zl. 89/04/0023). Unter dem in § 39 Abs. 2 GewO 1973 genannten Tatbestandselement der "vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen" sind jene Voraussetzungen zu verstehen, wie sie von der Person des Gewerbeinhabers zu erfüllen sind, wozu auch die in § 14 Abs. 2 leg. cit. normierten Erfordernisse zählen. Da die belangte Behörde - wie ausgeführt - zutreffend davon ausgehen mußte, daß es der von der Beschwerdeführerin als Geschäftsführer in Aussicht genommenen Person, da sie Ausländer ist, in Ansehung des in Rede stehenden Standortes der angemeldeten Gewerbe an der gemäß § 39 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 GewO 1973 erforderlichen Gleichstellung mangelt, erweist sich der angefochtene Bescheid somit frei von Rechtsirrtum.

Die Beschwerdeausführungen, die belangte Behörde habe festgestellt, S sei die Gleichstellung mit Inländern nur für den Standort 1030 Wien, Y-Gasse erteilt worden, finden keine Stütze in den Verwaltungsakten. Im übrigen geht die Beschwerdeführerin - wie bereits oben ausgeführt - selbst von den getroffenen Feststellungen der belangten Behörde aus.

Den Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mangelt es an Relevanz. Die Beschwerdeführerin hat nicht ausgeführt, von welchen Ergebnissen der Beweisaufnahme sie vor Bescheiderlassung keine Kenntnis erhalten hat und zu welchen Beweisergebnissen sie hätte Stellung nehmen wollen, die zu einer anderen Entscheidung geführt hätten. Die rechtlichen Schlußfolgerungen der Behörde unterliegen jedoch nicht dem Parteiengehör im Sinne des § 37 AVG.

Aus diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040074.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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