TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/20 93/04/0081

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Veröffentlicht am 20.09.1994
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z4 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N in H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. März 1993, Zl. VwSen.-220478/2/Schi/La, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. März 1993 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe "vom 1. Juni 1992 bis 14. Dezember 1992 den genehmigten Billardraum mit Nebenanlagen im Standort R, S-Platz 16, betrieben, wobei neben zwei Billardtischen auch ein Air-Hockytisch, ein Flipper, acht Spielautomaten, ein Tischfußball und eine Dart-Anlage aufgestellt" worden seien, "und dadurch nicht eine überwiegende Billardnutzung im Lokal, sondern eine überwiegende Nutzung mit Spielautomaten erfolgt" sei. "Der genehmigte Billardraum mit Nebenanlagen" sei "somit in einen Spielsalon geändert" worden, ohne daß der Beschwerdeführer "die hiefür erforderliche Genehmigung gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1973 erhalten" habe. "Durch den Betrieb der geänderten Anlage" könnten "die Nachbarn durch Lärm, Rauch oder in anderer Weise belästigt werden".

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Bestimmungen des § 366 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 81 Abs. 1 GewO 1973 verletzt und es werde wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn eine Geldstrafe von S 7.000,--, falls diese uneinbringlich sei, eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt.

Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 25. August 1988 Herrn Ing. E und Frau CW gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1973 sowie gemäß § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972 die Errichtung eines Tages-Cafes, eines Billardraumes mit Nebenanlagen und einer Boutique im Standort R, S-Platz 16, nach Maßgabe folgender Beschreibung gewerbebehördlich genehmigt worden sei: Der Umfang des Tages-Cafes, des Billardraumes mit Nebenanlagen und der Boutique sei im Befund der Verhandlungsschrift vom 18. Juli 1988, "die als wesentlicher Bestandteil des Bescheides erklärt" werde, beschrieben. In dieser Verhandlungsschrift werde bezüglich des Billardraumes ausgeführt: "Im Billardraum werden neben den Billard-Tischen auch noch elektronische Spielautomaten aufgestellt". Seit 1. Jänner 1991 werde der Billardraum auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers geführt, dieser sei somit für die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen verantwortlich. Aufgrund einer gewerbebehördlichen Überprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft am 1. Juni 1992 sei festgestellt worden, daß in dem genehmigten Billardraum samt Nebenanlagen lediglich zwei Billardtische, dafür aber ein Tischfußball und elf Spielautomaten sowie ein Dart-Stand aufgestellt gewesen seien. Weiters gehe aus der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft vom 14. Dezember 1992 hervor, daß neben den zwei Billardtischen ein Air-Hockeytisch, ein Flipper, acht Spielautomaten, ein Tischfußball und eine Dart-Anlage aufgestellt worden seien. Daraus ergebe sich, daß nicht eine überwiegende Billardnutzung im Lokal, sondern eine überwiegende Nutzung mit Spielautomaten erfolge. Dies bringe auch eine andere Lokalsituation in bezug auf Lärm, Rauch und Kundenverkehr mit sich. Bei einem Billardraum erfolgten eher minimale Emissionen aufgrund der konzentrierten Spielweise am Tisch. Bei Spielautomaten, die zusätzlich betriebsbedingt Musik emittierten, werde "der Innenpegel unbeeinflußbar nicht nur durch die Automaten, sondern auch durch das Publikum angehoben; eine Begrenzeranlage sei daher bei der Musikanlage fast sinnlos. Im Genehmigungsbescheid vom 25. August 1988 sei u.a. ein Billardraum "mit Nebenanlagen" genehmigt worden; die Unterordnung der Nebenanlagen unter die Billardtische ergebe sich schon aus der Bezeichnung "Nebenanlage". Nebenanlagen in einem derart großen Umfang, wie sie der Beschwerdeführer in der fraglichen Zeit aufgestellt habe, könnten daher keinesfalls mehr unter den Begriff eines Billardraumes als Hauptgegenstand der bewilligten gewerbebehördlichen Tätigkeit gelten. Wenn in der Begründung des erstinstanzlichen Strafbescheides darauf hingewiesen werde, daß der Beschwerdeführer seit dem 1. Jänner 1993 drei Billardtische, einen Fußballtisch, eine Dart-Anlage und fünf Spielautomaten aufgestellt habe, weshalb die Billardnutzung überwiege, so sei dazu festzustellen, "daß dieses Verhältnis der Billardtische zu den anderen Spielapparaten unter Berücksichtigung des für Billardtische sowie des erforderlichen Platzes (insbesondere auch für die Spieler) gerade noch als die äußerste Grenze einer für den vorliegenden Fall konsensgemäßen Benützung des gegenständlichen Billardraumes" darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht, "keine Verwaltungsstrafe gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 81 Abs. 1 GewO 1973 i.d.g.F. zu erhalten", in eventu auf fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung bei der Strafe auszuübenden Ermessens gemäß § 19 VStG verletzt. Er bringt in Ausführung dieser Beschwerdepunkte im wesentlichen vor, die aufgestellten Geräte seien - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - sehr wohl von der ursprünglichen Genehmigung gedeckt und es werde ihm daher zu Unrecht vorgeworfen, die Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung nach Änderung betrieben zu haben. Die Annahme der belangten Behörde, aus der Bezeichnung "Billardraum samt Nebenanlage" sei abzuleiten, daß die Ausstattung mit Billardtischen überwiegen müsse und sonstige Spielautomaten nur in untergeordneter Zahl vorhanden sein dürften, sei rechtsirrig. Dies ergebe sich bereits aus der "damals gewählten Feststellung", im Billardraum würden "neben den Billardtischen auch noch elektronische Spielautomaten aufgestellt". Eine Unterordnung der Spielautomaten und ein vorgeschriebenes (zahlenmäßiges) Überwiegen von Billardtischen sei aus dieser Formulierung nicht zu erkennen. Im Hinblick auf diese Ausführungen in der Genehmigung sei die Auslegung des Begriffes "Nebenanlage" nur in diesem Sinne rechtmäßig, daß eben neben Billardtischen auch andere Spielgeräte aufgestellt werden dürften, ohne daß das Überwiegen der einen oder anderen Kategorie von Spielgeräten vorgeschrieben sei. Im übrigen komme es bei einer Änderung des Sinne § 81 Abs. 1 GewO auf deren Eignung an, Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, wobei diese Emissionen, "sollen sie als Abänderung zu qualifizieren seien", zusätzlich drohen müssen. Eine solche zusätzliche Gefährdung sei jedoch im vorliegenden Fall auszuschließen, zumal die behördliche Auffassung, daß eine diesbezüglich "andere Lokalsituation in bezug auf Lärm, Rauch und Kundenverkehr" vorliege, eine unbegründete Behauptung darstelle. Zu Unrecht habe die belangte Behörde weiters eine Schuld des Beschwerdeführers angenommen, obwohl er bei Übernahme des Betriebes einen ähnlich zusammengesetzen Spielgerätebestand wie er im inkriminierten Zeitraum vorgelegen habe, vorgefunden und übernommen habe, ohne daß die Gewerbebehörde je Einwände dagegen erhoben hätte. In diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde - obzwar ausdrücklich bestritten werde, daß eine Übertretung der GewO 1973 überhaupt vorläge - auch das Vorliegen von Milderungsgründen bei der Strafbemessung zu Unrecht verneint, zumal der Sachverhalt, wenn schon kein entschuldbarer Rechtsirrtum vorliege, einem solchen nahekomme. Schließlich rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, "den tatsächlichen Bestand im ursprünglichen Genehmigungszeitpuntk zu erheben, obwohl dies für die Auslegung des Genehmigungsumfanges notwendig" gewesen wäre. Auch seien eine genaue Gegenüberstellung des jeweiligen Bestandes und die Unterschiede an Emissionen nicht erhoben worden, obwohl sich nur dadurch ergebe, ob eine allfällige Abänderung tatsächlich geeignet sei, "die schützenswerten Interessen" zu beeinträchtigen. Schließlich habe die belangte Behörde jegliche Feststellungen zu den als erschwerend gewerteten Vorstrafen des Beschwerdeführers unterlassen und auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers nicht festgestellt bzw. falsch angenommen.

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als berechtigt:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" bzw. "Änderung" in § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 ist jede - durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage erfaßt, durch die sich die in § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen ergeben können (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1988, Zl. 85/04/0191 und vom 7. September 1988, Zl. 88/18/0031).

Im vorliegenden Fall begründete - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25. August 1988 erteilte Betriebsanlagengenehmigung das Recht des Anlageninhabers, im Billardraum "neben den Billard-Tischen auch noch elektronische Spielautomaten" aufzustellen, wobei in der, zum Bestandteil dieses Bescheides erklärten technischen Beschreibung des zur Genehmigung eingereichten Projektes ausgeführt ist, daß "drei Billardtische sowie einige Computerspiele" und "1 Automat für alkoholfreie Getränke" vorgesehen sind. Eine explizite Beschränkung der Anzahl der vom gewerbebehördlichen Konsens umfaßten elektronischen Spielautomaten bzw. Computerspiele läßt sich dem Genehmigungsbescheid somit nicht entnehmen. Es scheint zwar nicht vorweg ausgeschlossen, ausgehend vom Raumbedarf der drei Billardtische und des sohin verbleibenden Raumes im Billardraum auf eine vom gewerbebehördlichen Konsens erfaßte maximale Anzahl von Spielautomaten bzw. Computerspielen zu schließen. Feststellungen in dieser Hinsicht hat die belangte Behörde jedoch nicht getroffen. Kein Anhaltspunkt läßt sich dem Genehmigungsbescheid hingegen für die Auffassung der belangten Behörde entnehmen, eine konsensgemäße Benützung des Billardraumes setze ein solches Verhältnis der Billardtische zu den übrigen Spielapparaten voraus, daß die Billardnutzung als überwiegend angesehen werden könne. Die belangte Behörde übersieht bei ihrer Argumentation nämlich, daß der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid keineswegs als Verpflichtung des Genehmigungsinhabers zu deuten ist, von der ihm erteilten Genehmigung Gebrauch zu machen. Selbst wenn der Beschwerdeführer daher vom Recht zur Aufstellung von Billardtischen keinen Gebrauch machte, sondern ausschließlich vom Recht zur Aufstellung elektronischer Spielautomaten (in der Genehmigung entsprechenden Art und Umfang), könnte - auf der Grundlage des Genehmigungsbescheides vom 25. August 1988 - nicht die Rede davon sein, daß dies nicht konsensgemäß und daher - vorausgesetzt, es wäre damit die Eignung einer Beeinträchtigung der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 umschriebenen Interessen verbunden - eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1973 wäre.

Die belangte Behörde ist somit in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen, daß durch die festgestellte Ausstattung des Billardraumes eine den Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO erfüllende Änderung der in Rede stehenden genehmigten Betriebsanlage erfolgt sei. Der solcherart mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde - ohne daß auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das den Schriftsatzaufwand für die Äußerung vom 28. Februar 1994 betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da mit dem als Schriftsatzaufwand zugesprochenen Pauschalbetrag der diesbezügliche Aufwand für sämtliche eingebrachten Schriftsätze abgegolten ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040081.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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