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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des HS und der GS in W, vertreten durch NN, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der NÖ LReg vom 28. Februar 1994, Zl. R/1-V-93081/00, betreffend Anrainereinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mP: 1.) B, 2.) R, beide in K, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, 3.) Stadtgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erst- und zweitmitbeteiligten Partei zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtamtes der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. August 1992 wurde den erst- und zweitmitbeteiligten Bauwerbern die baubehördliche Bewilligung für den "Zu- und Umbau des Einfamilienhauses und Errichtung einer Kleingarage sowie einer Stützmauereinfriedung" auf der Liegenschaft Nr. 2801/16, EZ 3371 des Grundbuches über die Katastralgemeinde X, unter Vorschreibung mehrerer Auflagen erteilt, wobei die u. a. von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen als unbegründet abgewiesen worden sind.
Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer erging der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 25. März 1993, mit welchem "die Berufung betreffend den Zu- und Umbau des Einfamilienhauses" als unbegründet abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid jedoch "insoweit behoben" worden ist, "als mit diesem die Errichtung einer Stützmauereinfriedung bewilligt wurde". Diesbezüglich wurde die Bauangelegenheit an die Behörde I. Instanz zurückverwiesen.
Die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 28. Februar 1994 gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Bauwerber erwogen:
In Erwiderung auf die einleitenden Beschwerdeausführungen, wonach die Beschwerdeführer dadurch in ihren Rechten verletzt seien, daß die belangte Behörde über den in der Vorstellung gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entschieden habe, ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeführer mit ihrer Beschwerde den - keinen Abspruch über diesen Aufschiebungsantrag enthaltenden - Bescheid der belangten Behörde vom 28. Februar 1994 bekämpft und nicht etwa eine Säumnisbeschwerde im Sinne des Art. 132 B-VG erhoben haben, sodaß die Frage, ob die Beschwerdeführer durch das Unterbleiben der Entscheidung über ihren erwähnten Aufschiebungsantrag in ihren Rechten verletzt worden sind, im vorliegenden Beschwerdeverfahren kein Prozeßthema darstellt, weshalb auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht einzugehen ist.
Den der unrichtigen Beurteilung der Präklusion gewidmeten Beschwerdeausführungen ist zu entgegnen, daß die Beschwerdeführer in ihren rechtzeitig vor der Bauverhandlung, zu der sie unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG nachweislich rechtzeitig geladen worden sind, schriftlich erhobenen Einwendungen mit keinem Wort behauptet haben, durch das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerber in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten im Hinblick auf ein befürchtetes "Abrutschen des Geländes, Unterspülen und flüssige Immissionen" verletzt zu werden, weshalb die belangte Behörde in dieser Hinsicht zu Recht von der Präklusion der Beschwerdeführer im Sinne des § 42 AVG ausgegangen ist. Auf die erst während des Berufungsverfahrens an die Beschwerdeführer erfolgte - ergänzende - Übermittlung eines die Stützmauer betreffenden Planes und die dazu abgegebene Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 1. Februar 1993 braucht in diesem Beschwerdeverfahren nicht eingegangen zu werden, weil der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid hinsichtlich dieser sogenannten "Stützmauereinfriedung", eines vom übrigen Bauvorhaben durchaus trennbaren Teiles des Projektes, wie schon ausgeführt worden ist, mit dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 25. März 1993 ausdrücklich aufgehoben worden ist, sodaß diese Stützmauer auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften braucht daher ebenfalls nicht erörtert zu werden. Das Baubewilligungsverfahren hinsichtlich der Stützmauer wird also im Falle der Aufrechterhaltung des diesbezüglichen Bauansuchens von der Baubehörde erster Instanz fortzusetzen sein, weshalb die Beschwerdeführer in diesem Verfahren Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte haben werden, sodaß diesbezüglich nicht davon die Rede sein kann, daß "die Baubehörde in einem Mehrparteienverfahren all die Anrainer um ihre Mitwirkungsrechte verkürzt".
Zu der von den Beschwerdeführern gerügten Unvollständigkeit der Pläne ist zu bemerken, daß die Einfriedungsmauer aus dem schon erwähnten Grund nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, weshalb auch dem Fehlen eines diesbezüglichen Planes bei der Bauverhandlung keine rechtliche Bedeutung zukommt. Im übrigen haben die Beschwerdeführer nicht zu erkennen gegeben, inwiefern der der Bauverhandlung zugrunde gelegte Einreichplan nicht ausgereicht hat, ihnen jene Informationen zu vermitteln, die sie zur Verfolgung ihrer Nachbarrechte gebraucht hätten. Die Beschwerdeführer haben in der Beschwerde nicht aufgezeigt, welche zusätzlichen, im Sinne des § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 relevanten Einwendungen sie erhoben hätten, wenn die Pläne einen "Längsschnitt der geplanten Umbauten, insbesondere der Garagenkonstruktion mit Höhenkoten" enthalten hätten (dem Plan ist im übrigen die Höhe der Garage zu entnehmen), und wenn "Angaben über die Energie- und Wasserversorgung" sowie eine Baubeschreibung vorgelegen wären. Die Hanglage des Projektes der mitbeteiligten Bauwerber ergibt sich nicht nur aus dem in der Bauverhandlung vorgelegenen Einreichplan, sondern war den Beschwerdeführern als Anrainern ohnedies bekannt, sodaß sie unschwer die Möglichkeit gehabt hätten, "Gefährdungen", wie das "Abrutschen von Gelände oder Abschwemmungen", geltend zu machen. Im Hinblick auf diesbezügliche Beschwerdeausführungen soll nicht unerwähnt bleiben, daß nach den in der Niederschrift über die Bauverhandlung unter der Überschrift "Sachverhalt" enthaltenen Ausführungen das bestehende Gelände nur "durch geringfügige Aufschüttungen" im Stützmauerbereich "verändert" werden soll. Die Beschwerdeführer gehen im übrigen in der Beschwerde selbst davon aus, daß weder im erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid noch im Berufungsbescheid Geländeveränderungen bewilligt worden sind.
Den gegen die Bewilligung der Garage gerichteten Beschwerdeausführungen ist zu entgegnen, daß gemäß § 21 Abs. 11 der NÖ Bauordnung 1976 außerhalb der Baufluchtlinien auch unbeschadet der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 Z. 13 und der §§ 47, 86 und 89 Kleinbauten sowie unterirdische Bauwerke, Brunnen, Schwimmbecken und Schächte, die vier letztgenannten jedoch höchstens 1 m über das Gelände ragend, errichtet werden dürfen. Bereits in der Begründung des Berufungsbescheides ist zutreffend darauf hingewiesen worden, die vorgesehene Garage werde "derart in das Gelände eingegraben, daß die Oberkante der Decke" das "Grenzmaß von 1 m nirgends erreicht". Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die Berufungsbehörde daher zu Recht von der Anwendbarkeit der zitierten baurechtlichen Bestimmung ausgegangen. Daß die Anordnung der Garage im Seitenabstand aus der Sicht der Beschwerdeführer möglicherweise vorteilhafter gewesen wäre, ist im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung, weil es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, also lediglich zu untersuchen ist, ob ein bestimmtes, den Gegenstand des Bauansuchens bildendes Vorhaben bewilligungsfähig ist.
Für den Bauplatz der mitbeteiligten Bauwerber gilt nach dem hier maßgebenden Bebauungsplan im Sinne des § 5 Abs. 3 zweiter Satz der NÖ Bauordnung 1976 die Bauklasse I oder II, weshalb dieser Bauplatz wahlweise in einer dieser beiden Bauklassen verbaut werden darf, wogegen nach Auffassung des Gerichtshofes keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Da sich die mitbeteiligten Bauwerber für die Bauklasse II entschieden haben (ein Bauwerk mit einer in der Bauklasse I vorgeschriebenen Bebauungshöhe hätten die Bauwerber ohne dieses Wahlrecht nicht errichten dürfen), darf die Höhe des von ihnen geplanten Objektes an der Giebelfront zufolge § 22 Abs. 6 leg. cit. 11 m erreichen. Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend davon ausgegangen, daß sich aus dem Bauplan für die vordere Giebelfront eine Gebäudehöhe von ca. 9,5 m, errechnet vom verglichenen Geländeniveau, ergibt, und die Gebäudehöhe auch dann noch geringer als 11 m ist, wenn man die Traufenseite der Gaupen in die Berechnung miteinbezieht. Die Beschwerdeführer werden daher durch die Höhe der ihrem Grundstück zugewandten Giebelfront des bewilligten Bauvorhabens nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt. Gleiches gilt hinsichtlich der sich aus § 39 Abs. 4 leg. cit. ergebenden Vorschriften über zusammenhängende Dachaufbauten, da diese nach dem für die Beurteilung allein maßgebenden bewilligten Bauplan bei der im Beschwerdefall gegebenen offenen Bebauungsweise und einer Dachneigung von mehr als 35 Grad, wie schon in der Begründung des Berufungsbescheides festgehalten worden ist, die halbe Gebäudelänge nicht überschreiten.
Schließlich ist zu der behaupteten Unzuständigkeit des Stadtamtes der mitbeteiligten Stadtgemeinde zur Erlassung des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides darauf hinzuweisen, daß gemäß § 18 Abs. 2 der NÖ Gemeindeordnung 1973 der Gemeinderat auf Grund eines mit Zweidrittelmehrheit gefaßten Beschlusses das Gemeindeamt zum Organ der Gemeinde bestellen kann, wenn die Organisation des Gemeindeamtes nach Verwaltungszweigen getrennt eingerichtet ist und das erforderliche Fachpersonal zur Verfügung steht. Schon die Berufungsbehörde hat in der Begründung ihres Bescheides in Erwiderung auf einen diesbezüglichen Einwand der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß das Gemeindeamt mit Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 9. Dezember 1988 zum Organ der Gemeinde bestellt worden und die diesbezügliche Verordnung mit 7. März 1989 wirksam geworden ist. Diese Verordnung wurde nach den Ermittlungen des Gerichtshofes ordnungsgemäß kundgemacht, sodaß das Gemeindeamt (Stadtamt) zufolge § 42 Abs. 1 leg. cit. die Geschäfte der Gemeinde besorgt, im Sinne des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle Organstellung hat und in allen behördlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in erster Instanz entscheidet. Im übrigen kann der Bürgermeister zufolge Abs. 4 dieser Gesetzesstelle den leitenden Gemeindebediensteten oder andere Gemeindebedienstete ermächtigen, schriftliche Ausfertigungen der Gemeinde zu unterschreiben. Der Gerichtshof hat daher keine Bedenken gegen die Zuständigkeit des Stadtamtes der mitbeteiligten Stadtgemeinde zur Erlassung des
- zulässigerweise vom "Geschäftsabteilungsleiter" unterfertigten - erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden sind, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - hinsichtlich der mitbeteiligten Bauwerber im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050104.X00Im RIS seit
03.05.2001