TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/21 94/01/0070

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Veröffentlicht am 21.09.1994
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §17 Abs1;
WaffG 1986 §18;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 3. Dezember 1993, Zl. WA 126/1993, betreffend Versagung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 28. Juni 1993 wurde ein entsprechender Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 17 Abs. 2 Waffengesetz 1986 (kurz WaffG), BGBl. Nr. 443, mangels Bedarfes und mangels berücksichtigungswürdiger Gründe bei der Ermessensentscheidung abgewiesen.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Dezember 1993 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Der Beschwerdeführer, Leiter des Postamtes X, beantragte die Ausstellung eines Waffenpasses für 2 Stück Faustfeuerwaffen. Er begründete seinen Antrag damit, daß er als Leiter des Postamtes X zwecks Eigensicherung auf dem Weg vom und zum Dienst eine Faustfeuerwaffe zur "Abwendung eventueller Gefahren" benötige.

Er wohne in G. und pendle täglich ca. 30 km von der bzw. zur Arbeitsstätte. Der Weg führe über den G.-Sattel mit einem mehrere Kilometer langen, engen und kurvenreichen Waldstück. Aufgrund der geringen Verkehrsfrequenz auf dieser Strecke könne es vorkommen, daß über einen längeren Zeitraum kein Fahrzeug dort fahre. Daher könne er bei einem Überfall auch nicht mit Hilfe von anderen Verkehrsteilnehmern rechnen. Da der Beschwerdeführer im Besitz des Tresorschlüssels und der Schlüssel zu sämtlichen Räumen seiner Dienststelle sowie zur Alarmanlage sei, wäre es ein leichtes, ihm auf seinem Arbeitsweg die Schlüssel abzunehmen. Zur Monatswende befänden sich immer Gelder in siebenstelliger Höhe im Tresor, für die der Beschwerdeführer die Veranwortung trage. Aus diesem Grund sei er einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Seiner Meinung nach würde eine Abwehr eines etwaigen Angriffes mit einer Gas- oder Schreckpistole sein Leben eher gefährden als schützen. Anfang 1993 sei in der Nachbargemeinde der Leiter der dortigen R.-Bank überfallen und gezwungen worden, den Tresor zu öffnen und dem Täter den Inhalt zu übergeben. Der Täter habe nicht gestellt werden können. Die Ähnlichkeit mit einem Überfall auf einen Bankleiter im S.-Gebiet im Jahr zuvor sei unübersehbar und man vermute, daß es sich dabei um denselben Täter gehandelt habe. Es sei nur mehr eine Frage der Zeit, bis mögliche Täter entsprechende Schwachstellen u.a. auch bei seiner Dienststelle herausgefunden hätten.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens sei er ersucht worden, von der Postdirektion eine Bestätigung beizubringen, daß er außerhalb der Wohn- und Betriebsstätte besonderen Gefahren ausgesetzt sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Diese Bestätigung habe der Beschwerdeführer nicht erbringen können, weil sein Dienstgeber diesbezüglich keine Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben abgebe. Laut Erlaß sei es dem Beschwerdeführer verboten, an seiner Dienststelle eine Waffe zu tragen. Da er seit 1984 im Besitz einer Waffenbesitzkarte sei, könne er auch eine Waffe in seiner Dienststelle tragen. Dies habe er jedoch nicht vor, sondern würde die Waffe im Büro verstauen. Der Beschwerdeführer habe Teile eines Grundausbildungslehrganges für Sicherheitswachebeamte absolviert und Theorieunterricht im Waffengesetz und Waffengebrauchsgesetz sowie im Strafgesetzbuch erhalten. Außerdem sei er auch "an der Glock"(-Pistole) ausgebildet worden. Zu einer allfälligen Ermessensübung gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG verweise er auf die vorhandene Waffenbesitzkarte und seine Schutzwürdigkeit.

Zur Begründung wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß keine "besondere Gefahr" für den Beschwerdeführer hinsichtlich der von ihm behaupteten allgemeinen und für jedermann bestehenden Gefahr eines Überfalles vorliege. Die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Überfälle würden noch nicht die Anerkennung eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen begründen. Auch würden damit keine konkreten Gefährdungsmomente, die den Beschwerdeführer "in erheblich höherem Maß gefährdet erscheinen" ließen, gegenüber dem Durchschnitt der Bevölkerung dargetan. Für die belangte Behörde liege im maßgeblichen Gebiet keine "höhere Kriminalitätsrate" vor. Auch sei auf der Fahrtstrecke des Beschwerdeführers noch kein Autofahrer überfallen worden. Durch die ausgestellte Waffenbesitzkarte könne der Beschwerdeführer innerhalb von Wohn- und Betriebsräumlichkeiten oder eingefriedeten Liegenschaften Faustfeuerwaffen bei sich haben, ohne diese im Sinne des Waffengesetzes zu führen. Allfällige "interne Dienstvorschriften" seines Dienstgebers seien für das waffenrechtliche Verfahren nicht relevant. Bei der Beurteilung des Bedarfes seien ausschließlich objektive Gesichtspunkte heranzuziehen. Eine besondere, in der Wesensart oder Gemütsbeschaffenheit des Beschwerdeführers begründete Ängstlichkeit habe dabei außer Betracht zu bleiben. Ein Bedarf im waffenrechtlichen Sinne liege eher nicht vor. Auch bei der Ermessensprüfung gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz in Verbindung mit § 7 WaffG könne bei Abwägung aller Interessen "kein berücksichtigungswürdiger Grenzfall" für die Ausstellung eines Waffenpasses gegeben sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, "bei Vorliegen sämtlicher Erfordernisse im Sinne des § 17 Abs. 2 WaffG, einen Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses zu haben".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 2 WaffG hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen. Gemäß § 18 leg. cit. ist ein Bedarf in diesem Sinn insbesondere dann als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- und Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Dieser Umschreibung des Bedarfsbegriffes ist - worauf der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen hingewiesen hat - zu entnehmen, daß vom Vorliegen besonderer Gefahren nur dann die Rede sein kann, wenn die Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigen. Wenngleich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Beurteilung der Erheblichkeit in diesem Zusammenhang auch kein übertrieben strenger Maßstab anzulegen ist, so muß für die Annahme des Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für den Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses immerhin das Vorhandensein einer Gefahrenlage gefordert werden, die sich vom Sicherheitsrisiko, dem jedermann namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften ausgesetzt ist, deutlich erkennbar abhebt. Zudem setzt die Bejahung der Bedarfsfrage voraus, daß die Gefahr eine solche ist, daß ihr unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten mit Waffengewalt, d. h. mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen, wirksam begegnet werden kann (vgl. u.a. das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0042, und die dort angeführte Judikatur).

Ausgehend von dieser Rechtslage ist es unbeschadet des im Bereich des Verwaltungsrechtes allgemein geltenden Grundsatzes der Amtswegigkeit allein Sache des Waffenpaßwerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und im Anwendungsfall des § 18 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Somit wäre es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, schon im Verwaltungsverfahren konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, daß diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe entgegengetreten werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0182).

Diesem Erfordernis ist der Beschwerdeführer indes im Verwaltungsverfahren lediglich durch die Behauptung nachgekommen, auf der wenig frequentierten, ca. 30 km langen Strecke zum und vom Postamt einen Tresorschlüssel sowie Schlüssel zu den übrigen Räumlichkeiten dieser Betriebsstätte und zur Alarmanlage mit sich zu führen; er fühle sich aufgrund von zwei Banküberfällen in letzter Zeit in erhöhtem Maße gefährdet, auf dem täglichen Arbeitsweg überfallen zu werden.

Selbst wenn man beim Beschwerdeführer aufgrund der von ihm aufgezeigten möglichen Gefährdung vom Vorliegen besonderer Gefahren wegen des Mitführens des Tresorschlüssels auf einer wenig frequentierten Straße ausgeht, wurde im Zuge des Verwaltungsverfahrens vom Beschwerdeführer nicht dargetan, daß diesen Gefahren am zweckmäßigsten mit Waffengewalt, d. h. mit Einsatz von Faustfeuerwaffen, wirksam begegnet werden kann. Die schlichte, auch in der Beschwerde wiederholte diesbezügliche Behauptung, stellt jedenfalls kein Glaubhaftmachen im Sinne des § 18 WaffG dar.

Auf die erst in der Beschwerde zusätzlich behauptete erhöhte Kriminalitätsrate und die damit in Zusammenhang stehenden drei weiteren Banküberfälle zwischen Sommer und Dezember 1993 kann wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nicht Bedacht genommen werden.

Von der belangten Behörde wurde die Verläßlichkeit des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen. Aus dieser kann jedoch - wie dargelegt - mangels Glaubhaftmachens von weiteren Voraussetzungen für einen Bedarf kein zusätzliches Argument für dessen Vorhandensein im vorliegenden Fall abgeleitet werden.

Wenn der Beschwerdeführer vermeint, aus dem hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1969, Zl. 517/69 (= VwSlg. NF 7665 A), für sich das Vorliegen eines Bedarfes ableiten zu können, so ist er auf erhebliche Unterschiede zum vorliegenden Fall, nämlich das Zusammentreffen mehrerer Momente, wie insbesondere des regelmäßigen Transportes von größeren Geldbeträgen und wertvollen Gegenständen sowie auf eine der Verteidigung gegen etwaige Angriffe im Wege stehende körperliche Behinderung des seinerzeitigen Beschwerdeführers hinzuweisen.

Die belangte Behörde ist somit zu Recht vom Nichtvorliegen eines Bedarfes gemäß § 17 Abs. 2 erster Satz iVm § 18 WaffG ausgegangen.

Wenn die belangte Behörde sich nicht bestimmt gesehen hat, von dem hier in § 17 Abs. 2 zweiter Satz des Waffengesetzes eingeräumten Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, so liegt hierin nach der gegebenen Sach- und Rechtslage weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensmißbrauch.

Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010070.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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