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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/01/0571Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Anträge des F in A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der zu den hg. Zlen. 94/01/0117 und 94/01/0118 protokollierten Beschwerden den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Wiedereinsetzung wird in beiden Beschwerdefällen bewilligt.
Begründung
Jeweils mit Verfügung vom 30. Mai 1994 (in den dem Antragsteller zugestellten Ausfertigungen unrichtig angegeben:
25. Februar 1994) wurden die beiden genannten Beschwerden dem Antragsteller zu Handen seines Vertreters gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung von Mängeln durch Beibringung einer weiteren (vierten) Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Inneres zurückgestellt. Diesen Aufträgen wurde nicht entsprochen, langten doch innerhalb der gesetzten Frist die Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof neuerlich - trotz der vom Beschwerdevertreter unterfertigten Begleitschreiben vom 3. Juni 1994, in denen unter Bezugnahme auf den erteilten Auftrag zum Ausdruck gebracht wurde, daß "eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Inneres übermittelt" werde und "auch die wiederum retournierten Beschwerden (3-fach) diesem Schreiben beiliegen" - nur in dreifacher Ausfertigung ein. Dieser Umstand wurde dem Beschwerdevertreter am 7. Juli 1994 vom Verwaltungsgerichtshof telefonisch zur Kenntnis gebracht.
Mit den jeweils am 21. Juli 1994 zur Post gegebenen Anträgen wurde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Mängelbehebung begehrt und gleichzeitig die versäumte Handlung nachgeholt. Zur Antragsbegründung wurde gleichlautend im wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Beschwerdevertreter habe am 2. Juni 1994 die Schreiben vom 3. Juni 1994 diktiert und dabei - im Sinne dieses Schreibens - am Band vermerkt, daß auch, dem Mängelbehebungsauftrag entsprechend, eine vierte Beschwerdeausfertigung beizugeben sei. Dieses Diktat sei von einer namentlich genannten Sekretärin schriftlich übertragen und mit der Postmappe dem Beschwerdevertreter zur Kontrolle und Unterfertigung vorgelegt worden. Dabei habe der Beschwerdevertreter festgestellt, daß den Schreiben vom 3. Juni 1994 lediglich drei Beschwerdeausfertigungen beigegeben gewesen seien. Er habe daher umgehend die genannte Sekretärin angewiesen, noch eine vierte Ausfertigung beizugeben und die Schreiben vom 3. Juni 1994 samt vier Ausfertigungen nochmals zur Unterfertigung vorzulegen. Diese Anweisung sei auch befolgt worden und habe der Beschwerdevertreter auch die vierte Ausfertigung, welche nunmehr beigegeben gewesen sei, unterfertigt. Danach sei die Postmappe, welche die Schreiben vom 3. Juni 1994 zuzüglich der Beschwerde in vierfacher Ausfertigung enthalten habe, der genannten Sekretärin zum Kuvertieren übergeben worden. In diesem Zusammenhang werde darauf verwiesen, daß im Kanzleibetrieb des Beschwerdevertreters im Durchschnitt täglich 120 Schriftstücke kuvertiert würden. Ebenfalls am 3. Juni 1994 sei ein Schreiben seitens der Kanzlei an den Antragsteller, in welchem ein kurzer "Sachstandsbericht" übermittelt worden sei, ergangen; auch dieses Schreiben habe sich in der Postmappe befunden. In weiterer Folge habe offensichtlich die genannte Sekretärin versehentlich die vierte Ausfertigung der Beschwerde dem Schreiben an den Antragsteller, hinsichtlich dessen die Beigebung einer Beschwerdeschrift nicht vorgesehen gewesen sei, beigelegt. Es habe nämlich nunmehr eine Anfrage beim Antragsteller ergeben, daß dieser tatsächlich "mit Übermittlung des Sachstandsberichtes" auch eine Beschwerdeausfertigung erhalten habe und verwundert gewesen sei, weshalb neuerlich eine Beschwerdeschrift übermittelt werde, da er ja bereits am 15. Februar 1994 eine solche erhalten habe. Durch dieses Versehen der Sekretärin sei es letztendlich dazu gekommen, daß dem Verbesserungsauftrag nicht innerhalb der gesetzten Frist ordnungsgemäß nachgekommen worden sei. Bei der genannten Sekretärin handle es sich um eine langjährige und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin im Kanzleibetrieb des Beschwerdevertreters, die die ihr übertragenen Aufgaben bisher tadellos und genauestens erfüllt habe. Sie sei bereits zahlreiche Jahre im Kanzleibetrieb beschäftigt, und es sei ihr im Zuge ihrer Tätigkeit noch kein diesbezüglicher Fehler unterlaufen. Die geringfügige Unachtsamkeit bei Kuvertierung der Schriftstücke stelle daher ein einmaliges Versehen dar.
Auf Grund dieses - schon im Hinblick auf den aktenkundigen Inhalt der Schreiben vom 3. Juni 1994 glaubhaft erscheinenden - Vorbringens ist davon auszugehen, daß der Antragsteller in beiden Fällen im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG durch ein unvorhergesehenes Ereignis die Frist zur Mängelbehebung versäumt und dadurch - weil gemäß § 34 Abs. 2 VwGG die Versäumung dieser Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt und in einem solchen Falle gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. das Verfahren einzustellen ist - einen Rechtsnachteil erlitten hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich das Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen und ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes diesem als Verschulden zuzurechnen, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat, ein Verstoß gegen derartige Sorgfaltspflichten aber nicht anzunehmen, wenn erst nach Unterfertigung des Ergänzungsschriftsatzes und Kontrolle der Vollständigkeit der anzuschließenden Urkunden durch den Rechtsanwalt im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe durch einen verläßlichen Angestellten ein Fehler unterlaufen ist (vgl. u.a. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1993,
Zlen. 93/01/0232, 0233, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Den - wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Wiedereinsetzungsanträgen war daher stattzugeben.
Schlagworte
FristEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994010570.X00Im RIS seit
03.04.2001