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L87907 Straßenverkehr Geschwindigkeitsbeschränkung NachtfahrverbotNorm
B-VG Art139 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des S in P, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Mai 1992, Zl. IIb2-V-9335/1-1992, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 30. März 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 11. November 1990 gegen 19.20 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der B 100 in Fahrtrichtung Lienz gelenkt und hiebei an einer näher bezeichneten Örtlichkeit die gemäß § 1 lit. b der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 13. Februar 1990, LGBl. 8/90, auf Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten in Tirol zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h (um ca. 67 km/h) überschritten. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 in Verbindung mit § 1 lit. b der bezeichneten Verordnung begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 6.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sieben Tage) verhängt wurde. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Mai 1992 wurde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung keine Folge gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Insoweit der Beschwerdeführer die Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 13. Feber 1990, LGBl. Nr. 8/1990, ins Treffen führt und vorbringt, diese Verordnung sei nicht gehörig kundgemacht, ist ihm folgendes zu entgegnen: Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17. Juni 1993, V 117-119/92 u.a., diese Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben, weil es dem Verordnungsgeber verwehrt sei, gestützt auf § 43 StVO 1960 eine verkehrsbeschränkende Maßnahme global für die Straßen eines gesamten Landesgebietes zu erlassen, ohne auf die spezifische Verkehrs- und Gefahrensituation auf den von der Verordnung im einzelnen erfaßten Straßen abzustellen. Der Verfassungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis ausgesprochen, daß die Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Dezember 1993 in Kraft tritt. Im hier zu beurteilenden Tatzeitpunkt war daher die Verordnung noch in Geltung (vgl. Art. 139 Abs. 6 B-VG).
Gemäß § 44 Abs. 2a StVO 1960 ist die Verordnung einer Landesregierung, die sich auf das ganze Landesgebiet bezieht, zusätzlich zur Kundmachung nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften an allen für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Straßen, die die Landesgrenzen überschreiten, unmittelbar an der Landesgrenze durch geeignete Hinweistafeln zu verlautbaren. Die Art der Kundmachung ist im Gesetz abschließend geregelt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1993, Zl. 93/03/0241). Der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsstrafverfahren behauptet, daß er "mit dem Pkw aus Ungarn" gekommen sei, "bei der Einreise auf diese merkwürdige Beschränkung nicht aufmerksam" gemacht worden sei und die belangte Behörde die auf Grund der genannten Verordnung tatsächlich aufgestellten Verkehrszeichen zu erheben hätte. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt, daß die genannte Verordnung durch geeignete Hinweistafeln, auf denen das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 verwendet wurde, an den Landesgrenzen verlautbart worden sei und - für den Beschwerdeführer - das entsprechende Vorschriftszeichen sich auch auf der B 100 Drautalstraße für die in Fahrtrichtung Lienz fahrenden Verkehrsteilnehmer bei Kilometer 100,85 befinde. Zudem sei es auf der Einmündung der Landesstraße in die B 100 Drautalstraße im Bereich der Gemeinde Nikolsdorf errichtet worden. Welche Fahrtroute der Beschwerdeführer auch immer gewählt haben möge, habe er dieses Vorschriftszeichen passieren müssen. Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Abgesehen davon, daß seine globalen Bedenken bezüglich Größe, Anzahl, Abstand zum Fahrbahnrand und Inhalt der Hinweistafeln nicht konkretisiert sind, hat er weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde aufgezeigt, an welcher Stelle er die Landesgrenze passiert hätte, um so die belangte Behörde zu veranlassen, über die konkret an dieser Stelle aufgestellten Hinweistafeln weitere Feststellungen zu treffen. Wenn daher die belangte Behörde nähere Erhebungen darüber unterlassen hat, kann ihr diesbezüglich mangels Erfüllung der entsprechenden Mitwirkungspflicht durch den Beschwerdeführer kein Verfahrensmangel angelastet werden.
Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, daß ihm im Falle der Anbringung des Vorschriftszeichens nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 eine Verletzung DIESER Vorschrift anzulasten wäre, übersieht er, daß hier eine durch Landesgesetzblatt kundgemachte Verordnung vorliegt. Es kann daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn er wegen Übertretung einer Bestimmung dieser Verordnung, im Zusammenhang mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960, bestraft wurde.
Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, daß das von ihm damals tatsächlich gelenkte Fahrzeug nicht mit dem ursprünglich von den Gendarmeriebeamten verfolgten und mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Fahrzeug ident gewesen sei, es habe sich um eine Verwechslung durch die Exekutivbeamten gehandelt. Hiebei bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde, ohne jedoch im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Kontrollbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) Bedenken an der Beweiswürdigung der belangten Behörde hervorrufen zu können. Ausgehend von den Aussagen der beiden vernommenen Gendarmeriebeamten stellte die belangte Behörde fest, daß sie in einem Zivilstreifenfahrzeug dem Fahrzeug des Beschwerdeführers mit einem entsprechenden Sicherheitsabstand gefolgt seien und ihn nie aus den Augen verloren hätten. Ob die Gendarmeriebeamten den Beschwerdeführer "anhielten" oder ob er in der Folge selbst sein Fahrzeug zum Stillstand brachte, ist hier nicht von Bedeutung. Den Aussagen der Gendarmeriebeamten und der daraus von der belangten Behörde gewonnenen Feststellung, daß die Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug ausgeschlossen ist, steht auch nicht entgegen, daß auf dem aufgenommenen Foto die Type des Fahrzeuges des Beschwerdeführers nicht erkennbar ist.
Wenn der Beschwerdeführer das angelastete Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung insofern in Zweifel zieht, als nicht "10 % Tachovoreilung abgezogen" sei, ist ihm zu entgegnen, daß das Tatbild einer unzulässigen Geschwindigkeitsüberschreitung bei jeder noch so geringfügigen Überschreitung erfüllt ist, somit der Angabe des Ausmaßes einer Überschreitung keine rechtserhebliche Bedeutung zukommt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/03/0059, mit weiterem Judikaturhinweis).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde auch keinen ihn belastenden Verstoß gegen die Bestimmung des § 44a Z. 1 VStG begangen, indem sie den Tatort mit "bei Straßenkilometer 102,3" präzisierte (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 10. Oktober 1990, Zl. 89/03/0272, und vom 27. November 1991, Zl. 91/03/0111).
Den vom Beschwerdeführer gegen die Höhe der Strafbemessung vorgetragenen Argumenten ist zu entgegnen, daß er von der Behörde mehrmals aufgefordert worden war, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen, dies jedoch unterlassen hat. Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von diesbezüglichen durchschnittlichen Verhältnissen ausgegangen ist. Es war der belangten Behörde auch nicht verwehrt, im Rahmen der Strafbemessung auf die einschlägige Vorstrafe aus Juni 1987, die dem Beschwerdeführer bekannt sein muß Bedacht zu nehmen. Schließlich kann auch das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als geringfügig angesehen werden.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992030164.X00Im RIS seit
12.06.2001