TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/21 94/01/0252

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Veröffentlicht am 21.09.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §26;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art33;
FrG 1993 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juli 1993, Zl. 4.341.007/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "früheren SFRJ" ist am 11. August 1992 in das Bundesgebiet eingereist und beantragte am 17. August 1992, ihm Asyl zu gewähren. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 19. August 1992 den Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juli 1993 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, der Beschwerdeführer sei kein Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991, sondern auch deshalb, da der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei.

Nach § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Die belangte Behörde nahm aufgrund der niederschriftlichen Befragung des Beschwerdeführers vom 18. August 1992 an, daß sich dieser vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten habe und es ihm möglich gewesen wäre, dort um Asyl anzusuchen. § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 stelle darauf ab, wie die Situation des Asylwerbers im Drittstaat gestaltet sei. Sei die Rechtsordnung dergestalt, daß sie einen entsprechenden Schutz gewähre, entspreche weiters die Praxis dieser Rechtsordnung und bestehe die Möglichkeit, sich dieses Schutzes entweder durch entsprechende Anträge oder durch Kontaktnahme mit dem Flüchtlingshochkommissariat zu bedienen, - und bei Ungarn, das Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention sei, sei davon auszugehen - so sei § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. erfüllt. Es komme daher nicht darauf an, ob der Asylwerber im Drittstaat Kontakt mit den Behörden gehabt hätte, ob der Aufenthalt den Behörden bekannt gewesen, von ihnen geduldet oder gebilligt worden sei. Verfolgungssicherheit liege vor, wenn ausreichend Möglichkeit bestanden habe, eine Abschiebung in den Verfolgerstaat zu verhindern.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht geeignet, der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen, mit Erfolg entgegenzutreten (vgl. dazu insb. das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, Zl. 92/01/1118, und das vom 15. November 1993, Zl. 93/01/1177). Verfolgungssicherheit ist nach der bereits zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340, vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0572, vom 7. Oktober 1993, Zl. 92/01/1118 und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357) nämlich anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNR. 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Der Beschwerdeführer zeigt vor allem nicht auf, warum an der Annahme, daß er in Ungarn, das der Genfer Flüchtlingskonvention am 14. März 1989 mit Wirksamkeit für den 12. Juni 1989 (siehe Art. 43 der Genfer Flüchtlingskonvention) und mit der Maßgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, beigetreten ist (vgl. BGBl. Nr. 260/1992), vor Verfolgung sicher war, Zweifel bestehen sollten, sodaß dem Vorwurf, es lägen für die Annahme von Verfolgungssicherheit keine Verfahrensergebnisse vor, aufgrund des Erfordernisses der Wesentlichkeit des Verfahrensmangels, die der Beschwerdeführer darzutun gehabt hätte, Berechtigung nicht zukommt.

Nach der bereits zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 kommt es - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht darauf an, wie lange sich der Asylwerber in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hat und ob der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von diesen geduldet wurde. Entscheidend ist vielmehr, ob der Asylwerber unter Bedachtnahme auf das dem § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 zugrundeliegende Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor seiner Einreise hätte abbrechen können, was auch dann der Fall ist, wenn die "Verweildauer" im Drittland nur kurz bemessen war. Selbst wenn die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen wäre, den ungarischen Behörden sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers bekannt gewesen, wird dadurch die Annahme der belangten Behörde, es liege Verfolgungssicherheit vor, nicht in Frage gestellt. Verfolgungssicherheit ist auch nicht erst anzunehmen, wenn dem Asylwerber bereits Asyl in dem Drittstaat gewährt wurde, oder er im Sinne der Beschwerde "erfolgreich einen Antrag auf Asylgewährung hätte stellen können" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/01/1177). Von Bedeutung ist vielmehr grundsätzlich, ob in dem in Frage stehenden Drittstaat die Einleitung eines Asylverfahrens möglich ist.

Für die Annahme der Verfolgungssicherheit genügt es, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Wenn der Beschwerdeführer des weiteren im Hinblick auf den angefochtenen Bescheid meint, daß ihm auch Ungarn, wenn es denselben Standpunkt wie der angefochtene Bescheid vertritt, kein Asyl gewähren würde und er als Folge dessen im Fall seiner Rücküberstellung nach Ungarn damit rechnen müßte, nach Serbien überstellt zu werden, wo ihm als Wehrdienstverweigerer die Gefahr der Todesstrafe drohe, ist ihm entgegenzuhalten, daß es nur darauf ankommt, ob der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher "war", und die Frage der Möglichkeit seiner Abschiebung aus Österreich bloß auf Grund der hiebei anzuwendenden fremdenpolizeilichen Vorschriften

(§ 37 Fremdengesetz) zu beurteilen wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010252.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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