Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1973 §87 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/03/0157Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner,
Spruch
I. den Beschluß gefaßt:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag des R in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Februar 1988, Zl. 9/02-23061/34-1988, betreffend Entziehung der Konzession zur Ausübung des Mietwagengewerbes und des Taxigewerbes, Folge gegeben.
II. zu Recht erkannt:
Die unter I. angeführte Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Wiedereinsetzungsantrag, der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und dem Zurückweisungsbescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 20. Juni 1994, Zl. 412.571/6-I/9/94, ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 24. Oktober 1984 wurden dem Beschwerdeführer die Konzession zur Ausübung des Mietwagengewerbes mit Personenkraftwagen und des Taxigewerbes, je mit dem Standort S, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 entzogen, weil mehrfach Anträge von Gläubigern auf Eröffung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens vorausssichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden seien. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Februar 1988, Zl. 9/02-23061/34-1988, als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Alpenländische Kreditorenverband habe im Berufungsverfahren zunächst erklärt, daß ein Interesse von Gläubigern an einer weiteren Gewerbeausübung des Beschwerdeführers nicht bestehe. In weiteren Stellungnahmen habe er jedoch mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer zumindest schleppend seinen Zahlungen nachkomme, weshalb von der Konzessionsentziehung abgesehen werden solle. Es sei im Verlauf des Berufungsverfahrens auch von einigen Gläubigern ein Interesse am Weiterbestand der Gewerbeausübung bekundet worden, während insbesondere die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit Hinweis auf den stetig steigenden Beitragsrückstand die Konzessionsentziehung gefordert habe. Die präkere finanzielle Situation des Beschwerdeführers bestehe zumindest seit 1983. Nach Entziehung der Gewerbeberechtigung durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft seien im Jahre 1985 21 Exekutionsanträge und im Jahre 1986 15 Exekutionsanträge gestellt worden, sowie in den Jahren 1986 und 1987 weitere Konkursanträge mangels Vermögens abgewiesen worden. Aus dem Protokoll des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 6. Mai 1986 ergebe sich ein Schuldenstand von S 600.000,--, aus dem Protokoll vom 9. April 1987 ein solcher von S 750.000,--, sodaß die Summe der Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers trotz Weiterführung des Gewerbes angestiegen sei. Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 4 GewO 1973 habe die Behörde eine Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn gegen den Gewerbeberechtigten ein Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden sei. Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergebe sich, daß der primäre Zweck einer Entziehung der Gewerbeberechtigung, nämlich der Schutz potentieller Gläubiger, im gegenständlichen Falle nur durch die tatsächliche Entziehung gewährleistet werden könne. Dies werde unter anderem durch den Umstand bestätigt, daß der Rückstand bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft von S 64.000,-- im Juni 1985 auf S 171.000,-- im September 1987, jener bei der Gebietskrankenkassa trotz einer einmaligen Zahlung wiederum auf S 35.000,-- angestiegen sei. Eine vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegene weitere Gewerbeausübung könnte nur angenommen werden, wenn aufgrund der finanziellen Lage des Beschwerdeführers auch die Befriedigung der Gläubiger erwartet werden könnte. Der Beschwerdeführer habe aber während des Berufungsverfahrens seine Gläubiger nicht befriedigen können, obwohl die Gewerbeausübung weiterhin möglich gewesen sei, zudem sei sogar der Stand der Schulden angewachsen. Weil somit der Beschwerdeführer offensichtlich nicht in der Lage sei, den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, könne eine im Interesse der Gläubiger gelegene Gewerbeausübung nicht mehr angenommen werden. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides wird die Möglichkeit der Einbringung einer Berufung binnen zwei Wochen angeführt.
Die dieser Rechtsmittelbelehrung entsprechende Berufung wies der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr mit Bescheid vom 20. Juni 1994, Zl. 412.571/6-I/9/94, als unzulässig zurück. Gemäß Art. 103 Abs. 4 B-VG ende in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der administrative Instanzenzug, soferne der Landeshauptmann als Rechtsmittelbehörde zu entscheiden habe, bei diesem, wenn nicht ausnahmsweise aufgrund der Bedeutung der Angelegenheit durch Bundesgesetz ausdrücklich anderes bestimmt sei. Gemäß § 361 Abs. 5 GewO 1973 in der bis 30. Juni 1993 geltenden Fassung gehe der administrative Instanzenzug in einem Verfahren betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87, 88 oder 89 Abs. 1 GewO 1973 bis zum Bundesminister. Gemäß Art. I Z. 165 der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, entfalle diese Bestimmung aber mit Wirksamkeit ab 1. Juli 1993. Aufgrund dieser Änderung der Rechtslage sei somit der Instanzenzug durch die Entscheidung des Landeshauptmannes ausgeschöpft.
I. Wiedereinsetzungsantrag:
Gemäß § 46 Abs. 2 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der angefochtene Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat. Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist in einem derartigen Fall der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides, der das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, zu stellen und die versäumte Handlung gleichzeitig nachzuholen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 669) ist dem im § 46 Abs. 2 VwGG angeführten Fall jener gleichzuhalten, indem der Bescheid ursprünglich zu Recht ein Rechtsmittel einräumt, in der Folge aber wegen Änderung der Rechtslage der vorher bestehende Instanzenzug wegfällt. In diesem Fall beginnt die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist ab Zustellung des die - ursprünglich zulässige - Berufung zurückweisenden Bescheides zu laufen.
Im gegenständlichen Fall wird in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Februar 1988 zu Recht auf die Berufungsmöglichkeit hingewiesen. Die rechtzeitig eingebrachte Berufung erwies sich sodann erst aufgrund der durch die Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, mit 1. Juli 1993 eingetretenen Änderung der Rechtslage als unzulässig. Der in der Folge ergangene Zurückweisungsbescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 20. Juni 1994 wurde dem Beschwerdeführer - wies sich aus dem am vorgelegten Bescheid befindlichen Eingangsstempel ergibt - am 27. Juni 1994 zugestellt. Der Wiedereinsetzungantrag wurde am 7. Juli 1994 zur Post gegeben.
Da somit die Voraussetzungen erfüllt sind, war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 46 VwGG Folge zu geben.
II. Beschwerde:
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde u.a. dann zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen; ein solcher Ausschluß ist nicht auszusprechen, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Gemäß § 13 Abs. 4 GewO 1973 ist die Bestimmung des Abs. 3 auch dann anzuwenden, wenn es sich um eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes handelt, gegen die schon einmal der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden ist.
Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder zweimaliger Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe die Konzession entzogen, weil nach ihrer Ansicht nur dadurch der Schutz künftiger potentieller Gläubiger gegeben sei. Dieser Ansicht der belangten Behörde liege die Annahme zugrunde, "daß der bisherige Schuldenstand weiterhin bestehen bleibt", der Beschwerdeführer somit aus den Einkünften des Taxigewerbes seinen Zahlungsverpflichtungen nicht ausreichend nachkommen könne. Diese Ansicht der belangten Behörde sei unrichtig. Eine Einigung und Erledigung der Forderungen von sieben namentlich genannten Gläubigern sei bereits erfolgt. Der Beschwerdeführer habe seinen Beitragsrückstand bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft beglichen, sodaß seitens dieser nunmehr kein Einwand gegen die Einstellung des Gewerbeentziehungsverfahrens bestehe. Auch habe der Beschwerdeführer im September 1989 bzw. Oktober 1989 mit der Republik Österreich einen Vertrag betreffend die Beförderung von Schulkindern bestimmter Schulen geschlossen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers beschränkt sich somit auf den Hinweis, er habe - nach Ergehen des angefochtenen Bescheides - den Beitragsrückstand bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft beglichen sowie die Forderungen von sieben weiteren Gläubigern getilgt und einen Vertrag über die Beförderung von Schulkindern geschlossen. Dieses Vorbringen über Tatsachen, die nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetreten sind, ist aber nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu prüfen hat.
Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die Gewerbeausübung einer natürlichen Person jedenfalls nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" und daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 von der im § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 3 bis 5 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen ist, wenn aufgrund der wirtschaftlichen Lage der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie auch den mit der Ausübung der den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 88/04/0192). Die Gewerbeausübung muß im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger und nicht einzelner Gläubiger liegen (vgl. hg. Erkenntnis vom 13. September 1988, Zl. 86/04/0106). Durch die bloße Anführung einzelner Gläubiger, deren Forderungen getilgt worden seien, und den Hinweis auf einen Vertrag über bestimmte Beförderungen hat nun der Beschwerdeführer nicht einmal aufgezeigt, in welchem Ausmaß die bereits bestehenden Forderungen berichtigt worden sind. Schon gar nicht konnte er damit aber die Annahme der belangten Behörde entkräften, angesichts der wiederholten Konkursanträge und Exekutionsanträge sowie des sich auch während des Berufungsverfahrens fortsetzenden Anstieges des Schuldenstandes auf S 700.000,-- könne nicht erwartet werden, daß der Beschwerdeführer den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen könne.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 VwGG gebildeten Senat - als unbegründet abzuweisen.
Es erübrigt sich daher die Entscheidung des Berichters über den zu Zl. AW 94/03/0025 protokollierten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994030156.X00Im RIS seit
11.07.2001