TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/21 94/03/0091

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Veröffentlicht am 21.09.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §20;
VStG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 9. März 1994, Zl. 1-0105/94/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe gewerbsmäßig Güter mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten LKW-Zug von einem Ort, der außerhalb des Bundesgebietes liege, durch das Bundesgebiet befördert, obwohl eine Bewilligung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr nicht vorgelegen sei. Er habe nämlich am 31. März 1993 um 23.15 Uhr auf der Rheintal Autobahn/A 14 aus Richtung Deutschland kommend in Richtung Arlberg auf Höhe des Autobahnzollamtes eine Transitfahrt durchgeführt, wobei im Zuge der Einreise festgestellt worden sei, daß er die erforderlichen Ökopunkte nicht entrichtet habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 1 Z. 6 in Verbindung mit § 7a Güterbeförderungsgesetz begangen, weshalb gemäß § 16 Abs. 1 und 2 leg. cit. über ihn eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt wurde.

Nur gegen die Höhe der über ihn verhängten Strafe erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit dem Bescheid vom 9. März 1994 gab der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Strafausmaßes. Zur Begründung führte der unabhängige Verwaltungssenat nach Darstellung des Verfahrensganges und des Inhaltes der bezughabenden Gesetzesstellen aus, Schutzzweck der vom Beschwerdeführer übertretenen Vorschrift sei die Reduktion der Umweltbelastungen durch den Güterverkehr auf der Straße zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und auch der Umwelt. Als wirksames Instrument hiefür sei das sogenannte "Ökopunktesystem" eingeführt worden. Durch die Kontingentierung dieser Ökopunkte werde eine wirksame Reduktion der Umweltbelastung durch den Güterschwerverkehr auf der Straße erhofft. Durch die Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Ökopunkte habe der Beschwerdeführer diesen Schutzzweck in nicht unerheblichem Ausmaß gefährdet. Weitere nachteilige Folgen der Tat seien jedoch nicht hervorgekommen. Daß der Beschwerdeführer für die gegenständliche Transitfahrt 16 Ökopunkte zu kleben und zu entwerten gehabt hätte, sei dem Gesetzeswortlaut eindeutig zu entnehmen. Danach seien bei vor dem 1. Oktober 1990 erstmals zugelassenen Lastkraftwagen immer 16 Ökopunkte anzusetzen. Der Argumentation des Beschwerdeführers, bei dem zwar vor dem 1. Oktober 1990 zugelassenen LKW sei ein Motorentausch durchgeführt worden, sodaß mit dem neuen und wesentlich schadstoffärmeren Motor ein geringerer Schadstoffausstoß verbunden sei, sei der Gesetzeswortlaut entgegenzuhalten, nach dem nicht auf den Fahrzeugmotor, sondern ausschließlich auf das Zulassungsdatum des LKWs abgestellt werde. Als Verschuldensform werde vorsätzliches Handeln angenommen, was erschwerend zu werten sei. Der Beschwerdeführer habe nämlich Anfang Februar 1993, somit knapp zwei Monate vor der gegenständlichen Übertretung eine Transitfahrt unternommen und sei dabei ausdrücklich von dem den Abfertigungsdienst verrichtenden Zollwachebeamten auf die einschlägige Bestimmung aufmerksam gemacht worden. Aus diesem Grund sei auch ein Rechtsirrtum auszuschließen. Der Beschwerdeführer habe somit in Kenntnis dieser Bestimmung neuerlich eine Übertretung der gleichen Art gesetzt. Mildernd sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit (jedenfalls in Vorarlberg) zu werten gewesen. Die verhängte Geldstrafe sei die für Verwaltungsübertretungen dieser Art vorgesehene Mindeststrafe bei einem möglichen Strafrahmen bis S 100.000,--. Schon allein das als vorsätzliches Handeln zu qualifizierende Verhalten des Beschwerdeführers verbiete die Anwendung des § 21 VStG. Auch eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinne des § 20 VStG komme nicht in Betracht, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwögen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legt die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides den Standpunkt, bei der Strafbemessung wären die §§ 20 und 21 VStG zu berücksichtigen gewesen. Da er tatsächlich die vorgeschriebene höhere "Gebühr" letztlich entrichtet habe, sei die ihm zur Last gelegte Tat als Versuch zu werten. Überdies enthalte der angefochtene Bescheid zwar die richtige Feststellung, Schutzzweck der gegenständlichen Norm sei die Reduktion der Umweltbelastung zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt, die belangte Behörde habe aber keine Feststellungen darüber getroffen, inwieweit durch sein Verhalten konkret diesem Schutzzweck zuwidergehandelt worden sei. Insbesondere sei das Ausmaß der Gefährdung dieses Schutzzweckes von der belangten Behörde nicht festgestellt worden. Auch seien nicht nur keine weiteren nachteiligen Folgen der Tat hervorgekommen, sondern überhaupt keine. Auch sei selbst bei der Schuldform des Vorsatzes die Anwendung des § 21 VStG nicht ausgeschlossen. Die belangte Behörde hätte daher neben der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers noch zu berücksichtigen gehabt, daß der Beschwerdeführer die Übertretung aufgrund der Anweisung seines Dienstgebers begangen habe, daß durch die Tat keinerlei Folgen eingetreten seien, auf deren Vermeidung der Schutzzweck der übertretenen Norm gerichtet sei, und daß der hier angewandte Passus der übertretenen Vorschrift mit vernünftigem Blick auf das vom Gesetzgeber damit verfolgte Ziel auch durch einen mit den redlichen Werten verbundenen österreichischen Staatsbürger kaum nachvollziehbar sei.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Zufolge § 21 Abs. 1 leg. cit. kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1990, Zl. 89/03/0084, und die dort zitierte Vorjudikatur) kommt eine Anwendung der zuletzt genannten Bestimmung nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück bleibt. Solches kann zwar auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters der Fall sein, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie z.B. verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, dringende Notlage, etc. diesen Schluß rechtfertigen.

Von einem Vorliegen dieser Vorraussetzungen kann im gegebenen Fall schon im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer unbekämpft gebliebene Feststellung der belangten Behörde nicht gesprochen werden, der Beschwerdeführer sei bereits rund zwei Monate vor dem Tatzeitpunkt wegen des gleichen Sachverhaltes beanstandet und eingehend über die einschlägigen Bestimmungen belehrt worden.

Mit Rücksicht auf dieses Sachverhaltselement, welches von der belangten Behörde zutreffend als gravierender Erschwerungsgrund gewertet wurde, kann auch selbst dann nicht von einem Überwiegen der Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG gesprochen werden, wenn man mit dem Beschwerdevorbringen annehmen wollte, daß mit der Tat überhaupt keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen seien. Soweit der Beschwerdeführer aber die ihm zur Last gelegte Tat lediglich als Versuch gewertet sehen möchte, steht dem die hinsichtlich des Schuldspruches eingetretene Rechtskraft des erstbehördlichen Straferkenntnisses entgegen. Die Behauptung schließlich, der Beschwerdeführer habe die Übertretung aufgrund einer Anweisung seines Dienstgebers begangen, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar, auf die daher nicht weiter einzugehen ist.

Es liegen somit auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 VStG nicht vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994030091.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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