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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des S in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10. Februar 1993, Zl. 11/19-1/1993, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (Spruchpunkt I) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung vom 9. April 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 27. Dezember 1991 um 17.45 Uhr an einem näher bestimmten Ort in Kufstein ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug
1.
im gekennzeichneten Halteverbotsbereich, ausgenommen Ladetätigkeit, geparkt und
2.
das Fahrzeug nicht entsprechend der Bodenmarkierung aufgestellt
und dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und § 9 Abs. 7 StVO 1960
begangen.
Der Beschwerdeführer erhob Einspruch gegen die Strafverfügung und brachte in seiner Stellungnahme vom 29. Juli 1992 vor, er habe das Fahrzeug am 27. Dezember 1991 in Kufstein abgestellt, weil er einige Fahrgäste mit schwerem Gepäck und Schiern abholen habe müssen. Somit habe er eine Ladetätigkeit durchgeführt, sodaß der Verstoß gegen § 24 Abs. 1 lit. a StVO nicht vorliege. Der fließende Verkehr sei durch das abgestellte Fahrzeug nicht behindert worden, weil ein Schneewall ca. 1 m in die Fahrbahn hineingeragt habe, sodaß die Parkfläche vom fließenden Verkehr ohnedies nicht benutzt werden habe können. Allenfalls vorhandene Bodenmarkierungen habe der Beschwerdeführer nicht erkennen können, weil die Straße im fraglichen Bereich von Schnee und Eis bedeckt gewesen sei. Zum Beweis der durchgeführten Ladetätigkeit, des Nichtvorliegens einer Behinderung des Fließverkehrs sowie der Nichterkennbarkeit der Bodenmarkierung werde der Zeuge P in K angeboten.
Mit Straferkenntnis vom 30. Dezember 1992 wurde der Beschwerdeführer der in der Strafverfügung angeführten Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde über ihn wegen der Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von S 400,-- und wegen der Übertretung nach § 9 Abs. 7 StVO 1960 eine Geldstrafe von S 300,-- verhängt.
In der Berufung gegen das Straferkenntnis wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen das in der Stellungnahme vom 29. Juli 1992 erstattete Vorbringen. Zusätzlich brachte er vor, daß am 27. Dezember 1991 um 17.45 Uhr der PKW nicht vom Beschwerdeführer, sondern von P gelenkt worden sei, sodaß der Beschwerdeführer schon aus diesem Grund nicht zu bestrafen sei. Der Beschwerdeführer beantragte hiezu seine Einvernahme im Rechtshilfeweg.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich der Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO als unbegründet ab und änderte die Beschreibung der Tat dahingehend, daß der Beschwerdeführer am 27. Dezember 1991 um 17.45 Uhr an einem näher beschriebenen Ort in Kufstein ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug im gekennzeichneten Halteverbot, ausgenommen Ladetätigkeit, gehalten habe, obwohl keine Ladetätigkeit durchgeführt worden sei (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides), und gab der Berufung hinsichtlich der Übertretung nach § 9 Abs. 7 StVO 1960 durch Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens Folge (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides).
Gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Begründung des Spruchpunktes I führte die belangte Behörde aus, im schriftlichen Bericht vom 2. Juni 1992 habe der Meldungsleger zur behaupteten Ladetätigkeit ausgeführt, die Gendarmeriepatrouille habe sich ca. 10 Minuten am Abstellort des Fahrzeuges aufgehalten, während dieser Zeit sei keine Ladetätigkeit zu erkennen gewesen. Selbst nach der Verantwortung des Beschwerdeführers sei das Abstellen des Kraftfahrzeuges im Halte- und Parkverbot nicht zur Vornahme einer Ladetätigkeit erfolgt, weil zum Zeitpunkt des Abstellens ein für diese Tätigkeit vorgesehenes Ladegut nicht transportiert worden sei. Die Bestrafung sei daher zu Recht erfolgt.
Der Beschwerdeführer zeigt zu Recht auf, daß sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit seinem Berufungsvorbringen, nicht er, sondern P habe im Tatzeitpunkt das Kraftfahrzeug gelenkt, nicht auseinandergesetzt hat. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aufzeigt, sie schenke dieser Berufungsbehauptung keinen Glauben, weil sie im Gegensatz zur früheren Verantwortung des Beschwerdeführers stehe, so versucht sie damit die im angefochtenen Bescheid dazu unterlassene Begründung nachzuholen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Begründung von Bescheiden nach § 60 AVG muß aber die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die belangte Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf den Seiten 450 ff zitierte hg. Judikatur).
Aus dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Erwägungen die belangte Behörde dem Sachverhaltsvorbringen in der Berufung, der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug im Tatzeitpunkt nicht gelenkt, nicht gefolgt ist. Die belangte Behörde hat damit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Ersatz von Stempelgebühren war für drei Ausfertigungen der Beschwerdeschrift und eine Abschrift des angefochtenen Bescheides mit insgesamt S 390,-- festzusetzen.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993030075.X00Im RIS seit
12.06.2001