TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/27 92/07/0211

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Veröffentlicht am 27.09.1994
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Index

L61206 Feldschutz Landeskulturwachen Steiermark;
L61306 Kulturpflanzenschutz Pflanzenschutz Mindestpflanzabstände
Steiermark;

Norm

Landw BetriebsflächenschutzG Stmk 1982 §4 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. November 1992, Zl. 8-64 Do 2/3-92, betreffend landwirtschaftlichen Betriebsflächenschutz (mitbeteiligte Partei: K in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte an die Bezirkshauptmannschaft M. (in der Folge: BH) den Antrag auf Entfernung einer ca. 2 m hohen und in einem Abstand von ca. 20 bis 40 cm zu seinem landwirtschaftlich genutzten Grundstück gepflanzten Hecke nach § 3 des Steiermärkischen Gesetzes über den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen (in der Folge: BFlSchG), LGBl. Nr. 61/1982 in der Fassung LGBl. Nr. 14/1990, durch die mitbeteiligte Partei (kurz: mP).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 1991 erließ die BH mit Datum 2. Jänner 1992 einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Von Amts wegen wird gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 20.4.1982 über den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen, LGBl. Nr. 61/1982, festgestellt, daß die Thujenhecke auf dem Grundstück des Herrn K, wohnhaft in S. ..., direkt an der Grundgrenze steht und daher nicht den gesetzlichen Abstand von 0,5 m von der Grenze des landwirtschaftlichen Grundstückes Nr. 103/1, KG. S. ..., ausweist.

Die Hecke ist daher von Herrn K bis spätestens 31.5.1992 zu

entfernen bzw. entfernen zu lassen."

Die mP berief.

Die belangte Behörde holte im Zuge des Berufungsverfahrens ein ergänzendes Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen ein, zu dem die Parteien des Verwaltungsverfahrens Stellung nehmen konnten.

Mit Bescheid vom 3. November 1992 gab die belangte Behörde der Berufung Folge, hob den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit den §§ 3, 4 und 9 des BFlSchG auf und wies gleichzeitig den Antrag des Beschwerdeführers auf Entfernung der Hecke an der Grundgrenze der Grundstücke Nr. 103/3 und Nr. 103/1, jeweils KG. S., gemäß den §§ 3, 4 und 9 des BFlSchG als unbegründet ab.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 1 lit. a BFlSchG anzuwenden sei. Die Hecke der mitbeteiligten Partei befinde sich "gleichsam in einem Hofraum (Liegenschaft EZ 298 KG S., S. 114) und hinter einem dergleichen zuvor nicht bestehenden Holzplankenzaun, dessen Errichtung auf Grund des gegebenen Betonfundamentes und der vorhandenen Zaunsäulen jedoch jederzeit möglich" sei. Auch habe der Amtssachverständige der belangten Behörde eine Gefährdung der Nutzung der landwirtschaftlichen Betriebsfläche nicht festgestellt.

Aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen, das den Parteien zur Kenntnis gebracht worden ist, gehe hervor, daß die mitbeteiligte Partei Alleineingentümerin der Liegenschaft EZ 298 KG S.; "bestehend aus den Grundstücken Nr. 103/3 LN und der Baufläche .337 mit dem Wohnhaus S. 114, mit einem Gesamtausmaß von 0,0566 ha" sei.

Im Garten des Grundstückes Nr. 103/3 befinde sich innerhalb eines Abstandes von ca. 0,5 m zur Grenze mit dem Grundstück Nr. 103/1 eine ca. 2 m hohe Thujenhecke auf einer Länge von ca. 36 m. Unmmittelbar an der Grundgrenze zum Grundstück Nr. 103/1 sei ein über die gesamte Länge der Thujenhecke reichendes Betonfundament mit davon verankerten, ca. 1,20 m hohen Zaunsäulen vorhanden. Die Hecke sei undeutlich geschnitten und auf der dem Grundstück Nr. 103/1 zugewandten Seite durchwegs bis zum Boden reichend grün belaubt.

Das östlich der Thujenhecke liegende Grundstück Nr. 103/1 stehe im gemeinsamen Eigentum des Beschwerdeführers und von I.D. und werde im Rahmen des Nebenerwerbsbetriebes von diesen Personen als Grünland genutzt und sei daher als landwirtschaftliche Nutzfläche zu bezeichnen.

Vom Vorhandensein eines Holzplankenzaunes könne nach Ansicht des Sachverständigen nicht gesprochen werden. Das bestehende Betonfundament mit den Zaunsäulen weise aber auf den bereits einige Jahre zurückliegenden Bestand eines Zaunes hin und erscheine für die Wiedererrichtung eines Zaunes - auch eines Holzplankenzaunes - geeignet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich auf Grund des gesamten Beschwerdevorbringens in seinen Rechten auf Schutz seiner landwirtschaftlichen Betriebsflächen, seinem Recht auf ein mangelfreies Verfahren sowie in seinem Recht auf gesetzmäßige Begründung des bekämpften Bescheides verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mP hat gleichfalls eine "Gegenschrift" erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 des BFlSchG dürfen Gewächse (insbesondere Bäume, Sträucher, Hecken) nur in einem Mindestabstand von 0,50 m gepflanzt oder, wenn sie über 2 m hoch sind, nur in einem Mindestabstand von 2 m von der Grenze einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten belassen werden.

Wenn die Nutzung einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche durch Schatten von Gewächsen, die über 2 m hoch sind, gefährdet ist, sind nach Abs. 2 leg. cit. entlang des angrenzenden Grundstücks eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten innerhalb eines 4 m breiten Streifens diese Gewächse zu entfernen oder unter Beachtung des Abs. 1 auf die entsprechende Höhe zu stutzen.

Gemäß § 4 Z. 1 lit. a leg. cit. geltend die Vorschriften des § 3 nicht für Gewächse, die (lit. a) sich hinter einer Mauer oder Planke oder in einem Hofraum befinden und die Nutzung einer landwirtschaftlichen Betriebsfläche eines anderen Eigentümers oder Nutzungsberechtigten nicht gefährden.

Dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten, der den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 leg. cit. zuwiderhandelt, ist nach § 5 leg. cit. mit Bescheid unter Festsetzung einer angemessenen Frist aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Die belangte Behörde hat sich in der Begründung ihres Bescheides auf das Vorliegen zweier, in § 4 Z. 1 lit. a leg. cit. genannten Teiltatbestände gestützt. Sie begründet dies damit, daß die Hecke "gleichsam in einem Hofraum" der Liegenschaft der mP und "hinter einem derzeit nicht bestehenden Holzplankenzaun" befinde, "dessen Errichtung auf Grund des gegebenen Betonfundamentes und der vorhandenen Zaunsäulen jedoch jederzeit möglich" sei. Darüber hinaus habe der Amtssachverständige der belangten Behörde eine Gefährdung der Nutzung der landwirtschaftlichen Betriebsfläche des Beschwerdeführers auf Grund der Lage der Hecke und der Wuchshöhe nicht festgestellt.

Unbestritten ist, daß die Grundstücke der mP - eine landwirtschaftliche Betriebsfläche in Form von Grünland - unmittelbar an jenes grenzen, an dem der Beschwerdeführer Miteigentümer ist. Ferner ist unbestritten, daß sich im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde keine "Planke" oder ein "Holzplankenzaun" entlang der Grundgrenze der mP befand, sodaß seitens der belangten Behörde ein Rechtsirrtum vorliegt, wenn sie entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Z. 1 lit. a BFlSchG zu dem rechtlichen Schluß kommt, daß sich die Hecke hinter einer (nicht existenten) Planke befinde.

Aktenwidrig, jedenfalls nicht durch entsprechende Ermittlungen der Verwaltungsbehörden, insbesondere nicht durch entsprechende Feststellungen des Amtssachverständigen der belangten Behörde erhärtet, ist hingegen die Annahme der belangten Behörde, daß sich die Hecke "gleichsam in einem Hofraum" befinde. Darüber hinaus ist nicht schlüssig nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde, wenn sie auf Grund dieser Wortwahl selbst zu erkennen gibt, daß sie offenbar vom Vorliegen des Tatbestandelements "in einem Hofraum" selbst nicht voll überzeugt ist, den angefochtenen Bescheid auf diese Ausnahmebestimmung zu stützen versucht.

Außerdem ergibt sich aus den Ausführungen des Amtssachverständigen, daß er nur dann das Vorliegen der zweiten, kumulativ erforderlichen Voraussetzung gemäß § 4 Z. 1 lit. a leg. cit. - nämlich der Nichtgefährdung der Nutzung der landwirtschaftlichen Betriebsfläche des Beschwerdeführers durch die Hecke - als gegeben erachte, wenn der Holzplankenzaun wieder errichtet und die Höhe der Hecke 2 m nicht übersteigen sollte. Da der Holzplankenzaun - wie bereits dargelegt - nicht existiert und ansonsten zur Gefährdung durch die Hecke - insbesondere zu der vom Beschwerdeführer auch in seiner Stellungnahme zum Gutachten des Amtssachverständigen angesprochenen Frage der Durchwurzelung und des dadurch verursachten Wasser- und Nährstoffentzugs auf seinem landwirtschaftlich genutzten Grundstück - offenblieb, waren die Ermittlungen der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt unvollständig.

Es ist daher im Ergebnis die Rechtsrüge des Beschwerdeführers berechtigt, sodaß sich der angefochtene Bescheid, der sich auf das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen nach § 4 Z. 1 lit. a leg. cit. stützt, als inhaltlich rechtswidrig erweist.

Wenn der Beschwerdeführer im Rahmen der Verfahrensrüge die Feststellungen des Amtssachverständigen der belangten Behörde bezüglich der genauen Lage der Hecke als unvollständig bezeichnet, ist ihm entgegenzuhalten, daß im Gutachten sehr wohl eine hinreichende Aussage enthalten ist, nämlich, daß sich die Hecke "innerhalb eines Abstandes von ca. 0,5 m zur Grenze des Grundstückes Nr. 103/1" (= des Beschwerdeführers) befinde. Dieser grundsätzlich für die Anwendung des § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 leg. cit. maßgeblichen Feststellung ist seitens der mP im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht entgegengetreten worden. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob die Hecke mehr oder weniger bis zur (oder "auf die") Grundstücksgrenze gesetzt wurde, da im Rahmen des § 3 Abs. 1 leg. cit. die Einhaltung des Mindestabstandes maßgeblich ist.

Da die belangte Behörde aus den dargestellten Gründen die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, da diese einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 592 angeführte Rechtsprechung).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992070211.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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