TE Vfgh Beschluss 1992/6/9 WI-13/92, WI-14/92

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Veröffentlicht am 09.06.1992
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 litb
VfGG §68 Abs1
Tir GdWO 1991 §80

Leitsatz

Zurückweisung der Anfechtung einer Wahl des Gemeindevorstandes mangels Erschöpfung des Instanzenzuges

Spruch

Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Am 9. April 1992 fand die Wahl des Gemeindevorstandes der Gemeinde Bad Häring (politischer Bezirk Kufstein) in Tirol statt. Dabei wurde beschlossen, neben dem Bürgermeister zwei Bürgermeister-Stellvertreter und zwei weitere stimmberechtigte Mitglieder des Gemeindevorstandes (sowie zwei Ersatzmitglieder) zu wählen. Auf Grund des Ergebnisses der Gemeinderatswahl fielen dabei gemäß §74 Abs7 bis 9 der Tiroler Gemeindewahlordnung 1991, LGBl. 79 (TGWO) drei Sitze an die Liste 1 (SPÖ) und zwei Sitze an die miteinander gekoppelten Listen 2 (ÖVP-ÖAAB) und 4 (ÖVP). Je eines dieser beiden Mandate wurde schließlich jeder der beiden miteinander gekoppelten Listen zugeteilt.

1.2. Mit einer auf Art141 B-VG gestützten Anfechtung begehren zwei Mitglieder des Gemeinderates der Gemeinde Bad Häring, der Verfassungsgerichtshof wolle die Ermittlung, wie viele Stellen des Gemeindevorstandes auf die einzelnen Gemeinderatsparteien entfielen, sowie die Wahl der beiden Bürgermeister-Stellvertreter, der beiden stimmberechtigten Mitglieder des Gemeindevorstandes und der beiden Ersatzmitglieder aufheben.

Begründend führten sie aus, die Vorschriften der TGWO über die Koppelung von Wahlvorschlägen verstießen gegen Art7 B-VG. Die Liste 2 (ÖVP-ÖAAB) habe bei der Gemeinderatswahl weniger Stimmen erzielt als die Liste 6 (Namensliste Zehetner-Lackstätter - NZL), sei aber nun mit einem Mitglied im Gemeindevorstand vertreten, während die Liste 6 unvertreten bleibe. Würden die Listen 2 und 4 nicht als gekoppelt betrachtet, so hätte die Liste 2 kein Gemeindevorstandsmandat erhalten, die Listen 4 und 6 aber jeweils eines.

2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:

2.1. Gemäß Art141 Abs1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über Anfechtungen von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde (Gemeindevorstand, §67 Abs1 VerfGG 1953). Nach Art141 Abs1 Satz 2 B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

Nach §68 Abs1 VerfGG 1953 muß die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

2.2. Ein derartiger, die unmittelbare Anfechtung der Wahl des Gemeindevorstandes der Gemeinde Bad Häring beim Verfassungsgerichtshof ausschließender Instanzenzug ist jedoch durch §80 Abs2 und 5 TGWO eingerichtet. Danach kann jedes Gemeinderatsmitglied die Wahl des Gemeindevorstandes schriftlich bei der Bezirkshauptmannschaft anfechten; gegen deren Entscheidung ist die Berufung an die Landesregierung zulässig. Beide Behörden entscheiden als überörtliche Wahlbehörden. §80 TGWO beschränkt die Anfechtungsgründe nicht, sodaß alle Rechtswidrigkeiten der Gemeindevorstandswahl mit diesen Rechtsmitteln geltend gemacht werden können. Darunter fallen - entgegen der Ansicht der Anfechtungswerber - auch Rechtswidrigkeiten, die ihren Grund in der Verfassungswidrigkeit zugrundeliegender gesetzlicher Bestimmungen haben. Ebenso kann ja auch im Beschwerdeverfahren gemäß Art144 B-VG, §§82 bis 89 VerfGG 1953 die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes, das dem Bescheid zugrundeliegt, erst mit der Beschwerde geltend gemacht werden, die sich gegen den Bescheid der Behörde letzter Instanz richtet.

Solche Entscheidungen der überörtlichen Wahlbehörden ergingen hier nicht.

2.3. Die Wahlanfechtung war daher wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges als unzulässig zurückzuweisen (vgl. ua. VfSlg. 9441/1982, 10673/1985, 10804/1986; VfGH 4.3.1991 WI-9/90). Das Vorbringen der Anfechtungswerber in der Sache selbst mußte - unerörtert - auf sich beruhen.

2.4. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

Wahlen, Gemeindevorstand, VfGH / Instanzenzugserschöpfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:WI13.1992

Dokumentnummer

JFT_10079391_92W0I013_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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