TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/28 91/12/0003

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Veröffentlicht am 28.09.1994
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Index

L20019 Personalvertretung Wien;
63/07 Personalvertretung;

Norm

GO Personalvertretung Wr 1987 §15 Abs1;
GO Personalvertretung Wr 1987 §15 Abs2;
GO Personalvertretung Wr 1987 §15 Abs3;
GO Personalvertretung Wr 1987 §15 Abs4;
GO Personalvertretung Wr 1987 §15 Abs5;
GO Personalvertretung Wr 1987 §15 Abs6;
GO Personalvertretung Wr 1987 §15 Abs7;
LPVG Wr 1985 §31 Abs1;
LPVG Wr 1985 §31 Abs2;
PVG 1967 §22 Abs1 idF 1987/310;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Gemeinderätlichen Personalkommission vom 22. November 1990, Zl. PK - 651/90, betreffend Feststellung der Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung des Dienststellenausschusses der Dienststelle "XY" gemäß § 47 Abs. 2 W-PVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei den am 8. und 9. Mai 1990 stattgefundenen Personalvertretungswahlen der Wiener Gemeindebediensteten erhielten in der Dienststelle "Bahnhof XY" die Wählergruppe FSG 207 Stimmen (49,1 %) und die Wählergruppe GLB 194 Stimmen (46 %). Auf beide Gruppierungen entfielen damit je vier Mandate im Dienststellenausschuß der genannten Dienststelle (im folgenden kurz DA).

Bei der konstituierenden Sitzung des DA am 5. Juni 1990 wurde auf Vorschlag der FSG P. zum Vorsitzenden gewählt. Über Vorschlag der beiden Wählergruppen wurde laut Protokoll dieser Sitzung "als Stellvertreter des Vorsitzenden ... gewählt:

N Gl

J Fsg"

Das unter Benützung eines Vordruckes verfaßte Protokoll über diese Sitzung enthält noch folgende Passage:

"Sonstige Beschlüsse des Dienststellenausschusses: 2)

Bei der Abstimmung über die Stellvertreter wurde von Koll. N eine Nummerierung der Stellvertreter gefordert. 1; Stellvertr. N 2. Stellvertreter J."

Die Fußnote 2) lautet:

"2) Insbesondere Beschlüsse über eine weitere Vertretung im Hauptausschuß gemäß § 10 Abs. 2 Wiener Personalvertretungsgesetz"

Der Beschwerdeführer sowie die Wählergruppe GLB erhoben mit undatiertem Schreiben (eingelangt bei der belangten Behörde am 18. Juni 1990) Beschwerde nach § 47 Abs. 2 des Wiener Personalvertretungsgesetzes (W-PVG). Sie beantragten, die Beschlüsse der konstituierenden Sitzung des DA vom 5. Juni 1990 zu vollziehen und zu gewährleisten, daß der erste geschäftsführende Stellvertreter des Vorsitzenden dem GLB zu entnehmen sei und der von dieser Wählergruppe vorgeschlagene Beschwerdeführer gemäß Beschluß die Funktion eines ersten und geschäftsführenden Stellvertreters mit allen dessen Rechten ausüben könne. Begründend führten die Antragsteller aus, dem GLB, der mehr als ein Drittel der Stimmen erhalten habe, stehe gemäß § 31 W-PVG das Recht auf den ersten geschäftsführenden Stellvertreter des DA zu. In der konstituierenden Sitzung sei bei der Abstimmung über die Stellvertreter des Vorsitzenden diese Reihenfolge auch eingehalten und beschlossen worden. Der Beschwerdeführer habe bei der konstituierenden Sitzung auch ausdrücklich eine Numerierung der Stellvertreter protokollieren lassen. Dennoch vertrete der zweite Stellvertreter von der FSG bei Verhinderung den Vorsitzenden P. Unzweifelhafter Sinn und Zweck des § 31 W-PVG sei der Minderheitenschutz. Der stärksten Fraktion könne nicht der Vorsitzende und der geschäftsführende erste Stellvertreter zustehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das zum Bundes-Personalvertretungsgesetz - PVG ergangene hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1968, Zl. 677/68) stünde der erste Obmannstellvertreter der zweitstärksten wahlwerbenden Gruppe zu, sofern diese die Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 2 W-PVG erfülle. Die Eingabe enthält auch mehrere Anträge, unter anderem den auf Einvernahme des Beschwerdeführers.

Die MA 1 führte in der Folge für die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren durch. Mit Schreiben vom 24. Juli 1990 teilte der Vorsitzende P. namens des DA mit, daß die im Protokoll Genannten zu Stellvertretern gewählt worden seien. Die Forderung des Beschwerdeführers auf Numerierung der Stellvertreter sei in das Protokoll aufgenommen worden. Da das W-PVG eine Numerierung der Stellvertreter nicht vorsehe, habe der DA dafür keine Notwendigkeit gesehen. Eine Beschlußfassung hierüber sei nicht erfolgt.

In seiner Stellungnahme vom 7. August 1990 brachte der Beschwerdeführer vor, die "Klarstellung" des P. könne nur eine solche des Obmannes oder eines Teiles des DA sein. Im DA, dessen Mitglied er sei, sei die Angelegenheit nicht behandelt worden. Der Text des Protokolles der konstituierenden Sitzung des DA sei sehr wohl so klar und eindeutig formuliert, daß bezüglich der Beschlüsse und der Abstimmung über den ersten und zweiten Stellvertreter kein Zweifel bestehen könne. Daß das W-PVG eine Numerierung der Stellvertreter nicht vorsehe, sei irrelevant, weil die Reihenfolge auch ohne Numerierung so beschlossen worden sei. Daraus ergebe sich zwingend, daß der Beschwerdeführer der erste, J. der zweite Stellvertreter sei. Nachdem sich bei der von ihm geforderten und protokollierten Numerierung der Stellvertreter keiner der anwesenden Personalvertreter dagegen ausgesprochen habe (sonst wäre dies im Protokoll vermerkt worden), sei "dies einem Beschluß gleichzusetzen und auch in der Rubrik "sonstige Beschlüsse des Dienststellenausschusses" angeführt" worden. Im übrigen setzte sich der Beschwerdeführer mit der ihm von der MA 1 mitgeteilten Rechtsansicht auseinander, die zum PVG ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne wegen der unterschiedlichen Rechtsgestaltung nicht auf das W-PVG übertragen werden.

Laut Niederschrift vom 4. Oktober 1990 gab der als Zeuge einvernommene Vorsitzende des DA P. an, der Beschwerdeführer habe in der konstituierenden Sitzung des DA eine Numerierung der Stellvertreter des Vorsitzenden verlangt. Dagegen hätten sich alle Vertreter der FSG ausgesprochen. Das Verlangen des Beschwerdeführers sei zwar auf dem Protokollvordruck unter der Rubrik "Sonstige Beschlüsse des Dienststellenausschusses" protokolliert worden; aus dem Text ergebe sich jedoch eindeutig, daß nur die Forderung des Beschwerdeführers festgehalten worden sei. Es liege daher auch kein Beschluß des DA vor, wonach der Beschwerdeführer zum ersten Stellvertreter des Vorsitzenden gewählt worden sei. Im Falle seiner Verhinderung werde P. "entsprechend den einschlägigen Rechtsvorschriften" von J. vertreten.

In seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 1990 brachte der Beschwerdeführer vor, daß er sich zwar ständig zu irgendetwas schriftlich äußern solle (dies sei mit erheblichem Zeitaufwand verbunden, da er täglich bis zu zehn Stunden als Fahrer einer Straßenbahn Dienst zu versehen habe), er bisher aber noch nicht die Möglichkeit gehabt habe, seinen Standpunkt mündlich vorzubringen. Die Zeugenaussage von P. sei widersprüchlich und zwar sowohl gegenüber seiner ersten Stellungnahme vom 24. Juli als auch gegenüber dem Protokoll der konstituierenden Sitzung des DA. Nach wie vor bliebe offen, warum im Sitzungsprotokoll unter der Rubrik "Sonstige Beschlüsse des Dienststellenausschusses" (auch wenn dies nur ein Vordruck sei) zwar die von ihm verlangte Numerierung der Stellvertreter stehe, aber keinerlei Vermerk, wer dagegen gewesen sei. Hätten sich sämtliche Vertreter der FSG (wie von P. behauptet) dagegen ausgesprochen, wäre dies wohl vermerkt worden. Entweder gäbe es ein Protokoll mit entsprechenden Vermerken und Beschlüssen, an die sich alle zu halten hätten, oder nicht. Nachträglich alles mögliche in das Protokoll "hineinzuinterpretieren", was dort gerade nicht stehe, führe jedes Beschlußprotokoll ad absurdum. Eindeutig sei für den Beschwerdeführer, daß sich auch aus der Anführung der zu Stellvertretern Gewählten eine Reihung ergebe. Widersprüchlich sei es auch, wenn P. einerseits vorgebracht habe, eine Numerierung der Stellvertreter sei im W-PVG nicht vorgesehen, andererseites es aber in der Praxis doch einen ersten Stellvertreter gebe. Unklar sei auch, welche "einschlägigen Rechtsvorschriften" P. für diese Praxis angesprochen habe: § 15 Abs. 7 der Wiener Personalvertretungs-Geschäftsordnung (W-PVGO) beziehe sich nicht auf das Stimmenverhältnis der Personalvertretungswahl, sondern auf jenes bei der Wahl der Stellvertreter gemäß § 15 Abs. 3 leg. cit. (Vorschlagsrecht für einen Stellvertreter). Bei dem im Beschwerdefall maßgebenden Mandatsverhältnis (4:4) sei somit Stimmengleichheit anzunehmen; dies führe im Beschwerdefall dazu, daß zumindest zwei gleichberechtigte Stellvertreter gewählt worden seien. Im übrigen sei wegen der ähnlichen Strukturierung ein Vergleich zum PVG und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchaus zulässig. Abschließend beantragte der Beschwerdeführer neuerlich seiner Aufsichtsbeschwerde stattzugeben.

In seiner neuerlichen Einvernahme vom 31. Oktober 1990 gab P. an, bei der Wahl der Stellvertreter des Vorsitzenden seien auf beide Stellvertreter jeweils vier gültige Stimmen entfallen. Trotz gebotener Möglichkeit hat der Beschwerdeführer hiezu keine Stellungnahme erstattet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. November 1990 stellte die belangte Behörde auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 47 Abs. 2 W-PVG fest, die Geschäftsführung des DA der Dienststelle "Bahnhof XY", wonach bei Verhinderung des Vorsitzenden des DA dieser in erster Linie von Herrn J vertreten werde, sei gesetzmäßig (Spruchabschnitt 1). Der Antrag der Wählergruppe "GLB" wurde gemäß § 8 AVG zurückgewiesen (Spruchabschnitt 2).

In der Begründung zu Spruchabschnitt 1 (nur dieser ist beim Verwaltungsgerichtshof angefochten) nahm es die belangte Behörde als erwiesen an, der DA der Dienststelle "Bahnhof XY" habe in seiner konstituierenden Sitzung vom 5. Juni 1990 keinen Beschluß gefaßt, wonach der Beschwerdeführer erster Stellvertreter und J. zweiter Stellvertreter des Vorsitzenden des DA sei. Die im Protokoll über die konstituierende Sitzung wiedergegebene zeitliche Reihenfolge, in der die Wahl der Stellvertreter auf Grund des Vorschlagsrechtes der hiezu gemäß § 31 Abs. 2 W-PVG berechtigten Wählergruppen erfolgt sei, sage nichts über die Reihenfolge der Vertretung aus. Letzteres sei aus dem W-PVG und der W-PVGO abzuleiten. Auch die Protokollierung der Forderung des Beschwerdeführers unter der Rubrik "Sonstige Beschlüsse des Dienststellenausschusses" eines Vordruckes beweise noch nicht, daß der DA einen solchen Beschluß tatsächlich gefaßt habe. Bereits aus dem Wortlaut ("Bei der Abstimmung über die Stellvertreter wurde vom Koll. N eine Numerierung der Stellvertreter gefordert") sei zu schließen, daß nur der Inhalt eines Antrages eines Mitgliedes des DA wiedergegeben worden sei. Schließlich sei der unter Wahrheitspflicht und der Strafdrohung des § 289 StGB stehenden Zeugenaussage von P. mehr Glauben zu schenken gewesen als dem Parteienvorbringen des Beschwerdeführers.

Nach Wiedergabe des § 31 W-PVG und des § 15 der W-PVGO vertrat die belangte Behörde die Auffassung, diese Regelungen unterschieden sich mehrfach von § 22 Abs. 1 PVG in der Fassung, die dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1968, Zl. 677/68, zugrunde gelegen sei, sodaß die dort getroffenen Aussagen nicht auf das W-PVG übertragen werden könnten. Im Gegensatz zu § 22 Abs. 1 PVG (in der damaligen Fassung) räume das W-PVG nämlich auch der stimmstärksten Wählergruppe, sofern sie nur mindestens ein Drittel der gültigen Stimmen auf sich vereinige, den Anspruch auf einen Stellvertreter des Vorsitzenden ein. Andererseits stehe der zweitstärksten Wählergruppe nach dem W-PVG auch dann, wenn die stärkste Wählergruppe weniger als zwei Drittel der gültigen Stimmen auf sich vereinige, ein Stellvertreter nur unter der Voraussetzung zu, daß sie selbst mindestens ein Drittel der gültigen Stimmen erhalten habe. Die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Dezember 1968, Zl. 677/68, aus der Regelung des damaligen § 22 Abs. 1 PVG gezogenen Schlüsse (wird näher ausgeführt) hätten daher im Anwendungsbereich des W-PVG keine Gültigkeit.

Im Beschwerdefall sei nach § 31 Abs. 2 W-PVG sowohl der FSG als auch dem GLB ein Vorschlagsrecht für die Wahl eines Stellvertreters des Vorsitzenden des DA zugekommen. Auf Vorschlag des GLB sei der Beschwerdeführer, auf Vorschlag der FSG J. gewählt worden. Auf beide Stellvertreter seien je vier gültige Stimmen entfallen. Gemäß § 15 Abs. 7 W-PVGO sei für die Reihenfolge der auf Grund eines Wahlvorschlages gemäß § 31 Abs. 2 W-PVG gewählten Stellvertreter die Anzahl der gültigen Stimmen bei der Wahl maßgebend. Da auf beide Kandidaten je vier gültige Stimmen entfallen seien, sei der Beschwerdeführer der Ansicht, es seien zumindestens gleichberechtigte Stellvertreter gewählt worden. Diese Schlußfolgerung scheine der belangten Behörde solange nicht zulässig zu sein, als die mit gleicher Stimmenanzahl gewählten Stellvertreter unter Berücksichtigung des Sinnes und der Grundtendenz des W-PVG unterscheidende Kriterien aufwiesen, die eine Reihung sinnvoll erscheinen lasse. Das W-PVG baue auf Grundzügen auf, zu denen zweifellos das demokratische Prinzip und das Verhältniswahlrecht gehörten. Sowohl dem demokratischen Prinzip als auch dem Verhältniswahlrecht entspreche es, bei sonst gleichen Verhältnissen derjenigen Wählergruppe, die bei der Wahl die größere Anzahl der Stimmen erhalten habe, und damit auch dem von ihr vorgeschlagenen und gewählten Stellvertreter ein Übergewicht zuzuerkennen. Denn der von dieser Wählergruppe gewählte Mandatar sei in der Lage, eine größere Anzahl von wahlberechtigten Personen zu vertreten und damit dieser Wählergruppe im Sinne des Mehrheitsprinzips Geltung zu verschaffen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1968, Zl. 563/68). Auf Grund des Wahlergebnisses zu den Wahlen des Dienststellenausschusses der Dienststelle "Bahnhof XY" sei daher der auf Vorschlag der FSG gewählte Stellvertreter J. bei Verhinderung des Vorsitzenden des Dienststellenausschusses in erster Linie zur Vertretung berufen.

Gegen Spruchabschnitt 1 dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde des Beschwerdeführers, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswirdigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf volle und unmittelbare Vertretung des Vorsitzenden des DA der Dienststelle "Bahnhof XY" im Falle von dessen Verhinderung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 22 Abs. 1 PVG in der Stammfassung, BGBl. Nr. 133/1967, lautete:

"(1) Die erste Sitzung des Dienststellenausschusses ist ... einzuberufen. In der ersten Sitzung wählt der Dienststellenausschuß aus seiner Mitte einen Obmann und seinen (seine) Stellvertreter sowie den (die) Schriftführer. Gehören zwei Drittel des Dienststellenausschusses nicht ein und derselben Wählergruppe an, so ist ein Obmannstellvertreter aus jener Wählergruppe zu wählen, die bei der Wahl als zweitstärkste hervorgegangen ist."

Der vorletzte und letzte Satz des § 22 Abs. 1 PVG lautet in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 310/1987:

"In der ersten Sitzung wählt der Dienststellenausschuß aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und seinen (seine) Stellvertreter sowie den (die) Schriftführer. Gehören zwei Drittel des Dienststellenausschusses nicht ein und derselben Wählergruppe an, so ist der (von mehreren der erste) Vorsitzendenstellvertreter aus jener Wählergruppe zu wählen, die bei der Wahl als zweitstärkste hervorgegangen ist; diesfalls hat die stärkste Wählergruppe Anspruch auf den Vorsitzenden. Die Stärke einer Wählergruppe ist nach der Anzahl ihrer Mandate im Dienststellenausschuß, bei gleichem Mandatsstand nach der Zahl der für sie abgegebenen Wählerstimmen zu beurteilen."

§ 31 Abs. 1 bis 3 und Abs. 9 des W-PVG, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 49/1985, lauten:

"(1) Die erste Sitzung des Ausschusses ist von seinem an Lebensjahren ältesten Mitglied, im Fall seiner Verhinderung oder Säumigkeit vom jeweils nächstältesten Mitglied, spätestens drei Wochen nach der Kundmachung des Wahlergebnisses einzuberufen. In der ersten Sitzung hat der Ausschuß aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und seinen (seine) Stellvertreter sowie den (die) Schriftführer zu wählen.

(2) Die Wählergruppe, welche die meisten Mandate, bei Mandatsgleichheit die meisten gültigen Stimmen auf sich vereinigt, hat ein Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden. Jeder Wählergruppe, welche mindestens ein Drittel der gültigen Stimmen auf sich vereinigt, steht ein Vorschlagsrecht für einen Stellvertreter des Vorsitzenden zu. Bei den Hauptausschüssen und beim Zentralausschuß ist bezüglich der Anzahl der gültigen Stimmen die Summe der im jeweiligen Wirkungsbereich zur Wahl der Mitglieder der Dienststellenausschüsse (der Vertrauenspersonen) und der Personalgruppenausschüsse auf die Wählergruppe entfallenen gültigen Stimmen maßgebend.

(3) Steht einer Wählergruppe ein Vorschlagsrecht gemäß Abs. 2 zu, so sind bei der Wahl des Vorsitzenden bzw. des Stellvertreters nur jene Stimmen gültig, die auf den Vorschlag der Wählergruppe entfallen.

...

(9) Die näheren Bestimmungen über die Geschäftsführung sind durch Verordung der gemeinderätlichen Personalkommission zu erlassen."

§ 15 der Wiener-Personalvertretungs- Geschäftsordnung - W-PVGO, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 3/1987, lautet:

"Wahl des Vorsitzenden des Ausschusses, seiner

Stellvertreter und der Schriftführer

§ 15. (1) In der ersten Sitzung hat der Ausschuß aus seiner Mitte einen Vorsitzenden des Ausschusses und seinen (seine) Stellvertreter sowie den (die) Schriftführer zu wählen.

(2) Die Wählergruppe, welche die meisten Mandate, bei Mandatsgleichheit die meisten gültigen Stimmen auf sich vereinigt, hat ein Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden.

(3) Jede Wählergruppe, welche mindestens ein Drittel der gültigen Stimmen auf sich vereinigt, hat ein Vorschlagsrecht für einen Stellvertreter des Vorsitzenden.

(4) Bei den Hauptausschüssen und beim Zentralausschuß ist bezüglich der Anzahl der für das Vorschlagsrecht maßgebenden gültigen Stimmen die Summe der im jeweiligen Wirkungsbereich zur Wahl der Mitglieder der Dienststellenausschüsse (der Vertrauenspersonen) und der Personalgruppenausschüsse auf die Wählergruppe entfallenen gültigen Stimmen maßgebend.

(5) Steht einer Wählergruppe ein Vorschlagsrecht zu, so sind bei der Wahl des Vorsitzenden beziehungsweise des Stellvertreters nur jene Stimmen gültig, die auf den Vorschlag der Wählergruppe entfallen.

(6) Der Ausschuß hat zu beschließen, wie viele Stellvertreter und Schriftführer gewählt werden sollen. Die Mindestanzahl der zu wählenden Stellvertreter bestimmt sich jedoch nach der Anzahl der Vorschlagsrechte gemäß Abs. 3.

(7) Werden mehrere Stellvertreter gewählt, ist für ihre Reihenfolge zunächst die Anzahl der gültigen Stimmen bei der Wahl der aufgrund eines Wahlvorschlages gemäß Abs. 3 gewählten Stellvertreter maßgebend. Bei anderen Stellvertretern ist die Reihenfolge durch den Ausschuß bei der Wahl zu beschließen. Die aufgrund eines Wahlvorschlages gemäß Abs. 3 gewählten Stellvertreter gehen den anderen Stellvertretern in der Reihenfolge jedoch jedenfalls vor.

(8) Werden mehrere Schriftführer gewählt, ist durch den Ausschuß bei der Wahl zu beschließen, in welcher Reihenfolge sie bei Verhinderungen die Funktion auszuüben haben."

An mehreren Stellen nimmt die W-PVGO für den Fall der Verhinderung des Vorsitzenden auf die Zuständigkeit des Stellvertreters (§ 15 Abs. 7) Bezug (§ 1 Abs. 1 Satz 1:

Sitzungseinberufung; § 4 Abs. 2: Sitzungsvorsitz; § 11 Abs. 1:

Unterzeichnen von Schriftstücken).

Nach der Beschwerde sind zwei Fragen strittig:

1. Konnte die belangte Behörde zutreffend davon ausgehen, daß der DA in seiner konstituierenden Sitzung keinen Beschluß über die Reihenfolge der Vertretung gefaßt hat? (kurz: Beschlußfassung/Protokollierung).

2. Entspricht die für die Schließung der Regelungslücke (Reihenfolge der von mandatsgleichen Wählergruppen vorgeschlagenen und mit gleicher Stimmenanzahl gewählten Stellvertreter) von der belangten Behörde gefundene Lösung dem Gesetz? (kurz: Rechtsfrage/Lückenschließung).

ad 1) Beschlußfassung/Prokollierung

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, er habe in seinem Schreiben vom 12. Oktober 1990 zu erkennen gegeben, daß er bisher noch nicht die Möglichkeit gehabt habe, seinen Standpunkt mündlich vorzubringen. Dies sei als ausdrückliche Aufrechterhaltung des ursprünglichen Beweisantrages auf persönliche Einvernahme zu werten. Durch die Nichtentsprechung seines Beweisantrages sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Parteiengehör beeinträchtigt und verletzt worden. Bei seiner mündlichen Einvernahme hätte der tatsächliche Sachverhalt vollständig aufgeklärt werden können; es hätte sich der Verlauf der konstituierenden Sitzung und insbesondere die Wahl und Reihung der Stellvertreter in einem anderen Licht dargestellt. Insbesondere die starke Gewichtung der Aussage des Zeugen P. hätte eine (grundsätzlich ebenfalls unter Wahrheitspflicht stehende) Einvernahme des Beschwerdeführers zur Gewährleistung eines korrekten Verfahrens erfordert. Andere Zeugen wären auch von Amts wegen einzuvernehmen gewesen, um der Aussage des Zeugen P. eine "gleich streng sanktionierte Beweisaussage (§ 289 StGB)" zur Seite zu stellen. Der Beschwerdeführer hätte nicht damit rechnen müssen, daß seinem Vorbringen und seinen schriftlichen Ausführungen "aus formalen Erwägungen" geringere Beweiskraft zugemessen werden würde. Er habe daher nicht die Unterlassung genügender Mitwirkung zu verantworten. Ferner bringt der Beschwerdeführer vor, die Begründung der belangten Behörde sei nicht nachvollziehbar. Warum "die Plazierung" der Eintragung unter der Überschrift "Sonstige Beschlüsse" noch keinen Beweis (für die Beschlußfassung) mache, hingegen aus dem Wortlaut der Protokolleintragung sehr wohl zu schließen sei, daß nur der Inhalt eines Antrages wiedergegeben worden sei, sei - mit Ausnahme des Verweises auf die unter strafrechtlicher Sanktionierung stehende Aussage von P. - nicht begründet worden. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Reihung der Stellvertreter entspreche dem § 15 Abs. 7 W-PVGO und sei wegen der Stimmengleichheit (4:4) erforderlich gewesen. Ein Antrag müsse geschäftsordnungsgemäß erledigt werden; ein Gegenantrag sei nicht gestellt worden. Schon bei konsequenter Beachtung der Geschäftsordnung spreche alles dafür, daß es zu einer Beschlußfassung über die (von ihm beantragte) Reihenfolge der Stellvertreter gekommen sei.

Dem ist folgendes zu erwidern:

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß er einen Antrag auf seine persönliche Einvernahme gestellt hat und die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ausdrücklich dargelegt hat, warum sie diesem Antrag nicht entsprochen hat. Daraus allein kann noch nicht die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften abgeleitet werden, stellt doch das Verwaltungsgerichtshof-Gesetz auf die Maßgeblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers für den Ausgang des Verfahrens ab. Die vom Beschwerdeführer aus der Unterlassung der belangten Behörde abgeleitete Verletzung des Parteiengehörs liegt jedoch nicht vor, da der Beschwerdeführer über den Stand der jeweiligen Ermittlungen vollständig in Kenntnis gesetzt, ihm unter Wahrung einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde und er davon auch Gebrauch gemacht hat. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, welche konkreten Behauptungen der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme "zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes" vorgebracht hätte und warum ihm deren Darlegung nur bei seiner Einvernahme (nicht aber in seinen schriftlichen Stellungnahmen) möglich gewesen wäre. Dies gilt im übrigen auch für die erstmals in der Beschwerde gerügte Unterlassung der Einvernahme von vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gar nicht beantragten Zeugen.

Zu der im Ergebnis vom Beschwerdeführer im übrigen bekämpften freien Beweiswürdigung und dem von ihm behaupteten Begründungsmangel ist zu bemerken, daß der Beschwerdeführer in seinem Antrag und in seinen Stellungnahmen verschiedene Versionen des strittigen Vorganges in der konstituierenden Sitzung des DA vom 5. Juni 1990 vorgebracht hat. Neben einer Beschlußfassung über seinen Antrag hat er nämlich in seiner Stellungnahme vom 7. August 1990 mitgeteilt, es habe sich niemand gegen seinen Antrag (auf Numerierung) ausgesprochen und dies sei einem Beschluß GLEICHZUSETZEN (weshalb auch die Protokollierung im Vordruck unter der Rubrik "Sonstige Beschlüsse des Dienststellenausschusses" vorgenommen worden sei). Damit ist er aber offenbar selbst davon ausgegangen, daß kein formeller Beschluß gefaßt wurde. Im Hinblick darauf und in Verbindung mit der in diesem Punkt stets gleichen Aussage des P. hält es der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner eingeschränkten nachprüfenden Kontrollbefugnis nicht für unschlüssig, wenn die belangte Behörde auf dem Boden ihrer Ermittlungen zum Ergebnis gelangte, daß über die Forderung des Beschwerdeführers auf Reihung der Stellvertreter kein Beschluß gefaßt wurde und sie daher insoweit (ungeachtet der Einordnung unter die Überschrift "Sonstige Beschlüsse des Dienststellenausschusses") dem Inhalt des Protokollierten gefolgt ist.

ad 2) Rechtsfrage/Lückenschließung

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ergebe sich nach Auffassung des Beschwerdeführers, die er unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorbringt, aus § 31 Abs. 2 W-PVG und § 15 Abs. 3 und Abs. 7 W-PVG unzweifelhaft eine normativ vorgegebene Reihenfolge der Stellvertreter. § 15 Abs. 7 erster Satz W-PVGO stelle dabei zunächst auf die Anzahl der gültigen Stimmen bei der Wahl der nach Abs. 3 vorgeschlagenen und gewählten Stellvertreter ab. Diese Regelung sei jedoch im Beschwerdefall auf Grund des Mandatsverhältnisses (4:4) nicht zielführend. Die weitere Regelung des § 15 Abs. 7 leg. cit. komme im Beschwerdefall nicht in Betracht. Die Lücke müsse durch Interpretation und erlaubte Analogie geschlossen werden. Der Normzweck sei - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 1968, Zl. 677/68, zu § 22 Abs. 1 PVG (Stammfassung) dargelegt habe, in der Berücksichtigung der Minderheit der im Ausschuß vertretenen Wählergruppe zu finden. Auch § 15 Abs. 3 W-PVGO entspreche dieser demokratiepolitischen Idee, wenn auch der Gesetzgeber ein anderer gewesen sei. Die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes könne daher auf den Beschwerdefall übertragen werden, was dazu führe, daß im Falle der Wahl mehrerer Stellvertreter die zweitstärkste Wählergruppe Anspruch auf den ersten Stellvertreter habe. Bei ihrer auf das demokratische Prinzip und auf die Grundsätze des Verhältniswahlrechtes gestützten Argumentation übersehe die belangte Behörde, daß in Entsprechung des demokratischen Prinzips die stärkere Wählergruppe den Vorsitzenden zu stellen habe, es den von der belangten Behörde herangezogenen Grundsätzen aber entspreche, bei der Reihung der Stellvertreter dem Minderheitenschutz zu entsprechen. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1968, Zl. 563/68, sei von der belangten Behörde falsch verstanden worden: Es habe die Reihung der Stellvertreter von zwei gleich starken zweitstärksten Wählergruppen getroffen. Im Beschwerdefall gehe es um zwei gleich große stärkste Wählergruppen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtsvorschriften unterscheiden zwischen zwei Arten von Stellvertretern:

1. Der (Die) "notwendige(n)" Stellvertreter.

Jede Wählergruppe einer bestimmten Größenordnung hat ein Vorschlagsrecht für einen notwendigen Stellvertreter (§ 31 Abs. 2 W-PVG; § 15 Abs. 3 W-PVGO). Die Mindestanzahl der zu wählenden Stellvertreter bestimmt sich nach der Anzahl dieser Vorschlagsrechte (§ 15 Abs. 6 zweiter Satz W-PVGO). Bei der Wahl mehrerer notwendiger Stellvertreter bestimmt sich die Reihenfolge nach der Anzahl der gültigen Stimmen, die bei der gebundenen Wahl auf sie entfallen (§ 15 Abs. 7 erster Satz in Verbindung mit Abs. 3 und Abs. 5 W-PVGO).

2. Der (Die) "freiwillige(n)" Stellvertreter.

Dieser Typus von Stellvertreter ist im W-PVG nicht ausdrücklich geregelt, aber auch nicht ausgeschlossen. Anzahl und Reihenfolge der freiwilligen Stellvertreter (vgl § 15 Abs. 7 Satz 2 W-PVGO) ist vom Ausschuß bei der Wahl zu beschließen. Lege non distinguente erfolgt die Wahl und auch die Feststellung der Reihenfolge nach dem Mehrheitsprinzip. Die freiwilligen Stellvertreter gehen den notwendigen Stellvertretern in der Reihenfolge jedenfalls nach (§ 15 Abs. 7 letzter Satz W-PVGO).

Im Beschwerdefall ist strittig, wie die Reihenfolge der notwendigen Stellvertreter zu ermitteln ist, wenn auf mehrere Gewählte die gleiche Anzahl der gültigen Stimmen entfällt (hier: entsprechend der Mandatsstärke der beiden Wählergruppen jeweils vier Stimmen).

Eine ausdrückliche Regelung dieser Frage enthält weder das W-PVG noch die W-PVGO, obwohl letztere in § 15 Abs. 7 Satz 1 das Wort "zunächst" verwendet. Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß § 15 Abs. 7 Satz 2 W-PVGO auf die notwendigen Stellvertreter keine Anwendung findet, gilt doch diese Bestimmung nur für die freiwilligen Stellvertreter.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß eine Lücke vorliegt: aus den explizit getroffenen Bestimmungen über die Stellvertreter geht nämlich klar und eindeutig hervor, daß eine Reihenfolge der Stellvertreter gegeben sein soll (vgl. in diesem Zusammenhang die in § 15 Abs. 7 geregelten Fälle der Reihenfolge). Damit scheidet die gemeinsame Stellvertretung zweier oder mehrerer notwendiger Stellvertreter, auf die die gleiche Anzahl der gültigen Stimmen bei ihrer Wahl gefallen ist, als Lösung aus.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann diese Lücke aber nicht durch die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1978, Zl. 677/68, zu § 22 PVG (Stammfassung) entwickelten Grundsätze geschlossen werden. In jenem Beschwerdefall war die Frage zu lösen, ob es zulässig sei, einen oder mehreren von der Mehrheitspartei (zusätzlich) gewählte Obmannstellvertreter dem Obmannstellvertreter der zweitstärksten Wählergruppe im Sinne des § 22 Abs. 1 letzter Satz PVG vorzureihen. Der Verwaltungsgerichtshof verneinte dies im Hinblick auf die damals anzuwendende Rechtsvorschrift: Es könne nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber, wenn er schon unter ganz bestimmten Voraussetzungen eine Berücksichtigung der Minderheit bei der Wahl des Obmannstellvertreters bindend vorschreibe, eine Regelung treffen wollte, deren Effektivität nur vom guten Willen der Mehrheitspartei abhänge. Dazu hätte es der gesetzlichen Regelung, wie sie in § 22 Abs. 1 letzter Satz PVG enthalten sei, überhaupt nicht bedurft (vgl. jetzt auch die Klarstellung in der Novelle, BGBl. Nr. 310/1987).

Ein Rückgriff auf die in diesem Erkenntnis entwickelte Grundsätze verbietet sich im Beschwerdefall schon deshalb, weil das hier anzuwendende W-PVG bzw. die W-PVGO in ihren Bestimmungen keine vergleichbaren Minderheitenschutzregelungen aufgenommen hat. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß das Vorschlagsrecht für einen notwendigen Stellvertreter nach dem W-PVG jeder Wählergruppe ab einer bestimmten Größenordnung zusteht, also auch der Mehrheitsfraktion (sofern auch sie diese Mindestgröße erreicht hat). Zwar liegt darin auch der Gedanke, daß eine Minderheitsfraktion (einer bestimmten Größenordnung) ein Recht auf einen notwendigen Stellvertreter hat. Entscheidende Bedeutung kommt aber dem Wahlmodus für den notwendigen Stellvertreter zu: § 31 Abs. 3 W-PVG und § 15 Abs. 5 W-PVGO verhindern zwar durch das vorgesehene "gebundene Wahlrecht" die Nichtwahl eines von einer vorschlagsberechtigten Wählergruppe nominierten notwendigen Stellvertreters und enthalten insofern für jede Wählergruppe, die auf Grund ihrer Mandate im Ausschuß nicht über die absolute Mehrheit verfügt, einen Schutz gegen Majorisierung (was allerdings nicht nur zugunsten der zweit- oder drittstärksten Wählergruppe, sondern auch - bei entsprechender Konstellation - für die mandatsstärkste Wählergruppe zum Tragen kommen kann). § 15 Abs. 7 Satz 1 W-PVGO geht aber von einer Art "Mehrheitsprinzip" aus, bestimmt sich doch die Reihenfolge der notwendigen Stellvertreter nach der Anzahl der gültigen Stimmen, mit denen sie gewählt wurden. Im Regelfall werden diese Stimmen der Mandatsstärke der nominierenden Wählergruppe entsprechen (so auch im Beschwerdefall), sodaß die Reihenfolge der notwendigen Stellvertreter im Regelfall der Mandatsstärke der nominierenden Wählergruppen entsprechen wird. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß diese Regelung aber auch die Möglichkeit eröffnet, daß z.B. der von der zweitstärksten Wählergruppe nominierte Kandidat bei seiner Wahl die meisten gültigen Stimmen erhält und damit erster Stellvertreter des Vorsitzenden wird (z.B. wenn er auch von der mandatsstärksten Wählergruppe oder einer oder mehreren anderen im Ausschuß vertretenen Wählergruppen gewählt wird). Auch dies entspricht einer Art "Mehrheitsprinzip". Aus dem Vorbehalt des Vorsitzenden des Ausschusses für die mandats(allenfalls stimm)stärkste Wählergruppe (§ 31 Abs. 2 Satz 1 W-PVG; § 15 Abs. 2 W-PVGO) läßt sicher nichts dafür gewinnen, daß der erste notwendige Stellvertreter zwingend der zweitstärksten vorschlagsberechtigten Wählergruppe zufallen soll. Die Analyse des W-PVG und der W-PVGO ergibt also, daß diese Vorschriften einen vergleichsweise schwachen Minderheitenschutz vorsehen, der mit dem des § 22 Abs. 1 PVG überhaupt nicht verglichen werden kann.

Der Minderheitenschutz in jener Ausprägung, wie er den Beschwerdeführern vorschwebt, gehört daher nicht zu den erkennbaren Grundzügen, auf denen das W-PVG aufbaut.

Zu diesen gehört - wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat - das demokratische Prinzip und das Verhältniswahlrecht, letzteres freilich in der spezifischen Weise, wie es im W-PVG und der W-PVGO seinen Niederschlag gefunden hat. Diesem so verstandenen Verhältniswahlrecht entspricht eine Präferenz des Gesetzgebers für das Mehrheitselement: Bei sonst gleichen Verhältnissen (hier: Mandatsgleichstand) soll derjenigen Wählergruppe ein Übergewicht zukommen, die bei der Wahl eine größere Anzahl von Stimmen erhalten hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 31 Abs. 2 Satz 1 W-PVG). Dementsprechend ist im Beschwerdefall davon auszugehen, daß der von der Wählergruppe FSG vorgeschlagene (notwendige) Stellvertreter J. erster Stellvertreter des Vorsitzenden des DA ist, der Beschwerdeführer jedoch dessen zweiter Stellvertreter.

Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unberechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991120003.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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