TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/29 94/18/0620

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Veröffentlicht am 29.09.1994
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;
SGG §12 Abs1;
SGG §14a;
SGG §16 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Juli 1994, Zl. SD 533/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Juli 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 des Fremdengesetzes (FrG) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 25. Mai 1993 vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß den § 14a und 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt auf 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt worden. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Das dieser Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten rechtfertige die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme.

Der Beschwerdeführer halte sich erst seit 19. Juni 1992 im Bundesgebiet auf und gehe seit Juni 1993 einer Beschäftigung nach. Daraus allein könne kein hoher Grad an Integration abgeleitet werden. Da der Beschwerdeführer seit 18. November 1992 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, bewirke das Aufenthaltsverbot einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Dennoch sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 19 FrG zulässig, weil es zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit, dringend geboten sei. Dem Beschwerdeführer liege zur Last, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich rund 270 Gramm Kokain, mit dem Vorsatz erworben bzw. besessen zu haben, daß dieses in Verkehr gesetzt werde. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und die gerade bei diesen Delikten in großem Maße gegebene Wiederholungsgefahr seien die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ungleich höher zu veranschlagen als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau. Bei Suchtgiftdelikten sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei daher auch gemäß § 20 FrG zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinen Bedenken. Die Beschwerde enthält dazu auch keine Ausführungen.

Der Beschwerdeführer hält die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn auf Grund der §§ 19 und 20 FrG für unzulässig. Im Gegensatz zu seiner Auffassung ist es jedoch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund des ihm zur Last liegenden Verhaltens die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, im besonderen zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit, für dringend geboten angesehen hat. Der strafgerichtlichen Verurteilung liegt nämlich zugrunde, daß der Beschwerdeführer Suchtgift in einer großen Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen hat, daß es in Verkehr gesetzt werde, wobei nach § 12 Abs. 1 leg. cit. eine Suchtgiftmenge dann als groß anzusehen ist, wenn die Weitergabe einer solchen Menge geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen. Eine derartige Straftat läßt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinne der genannten Ziele als dringend geboten erscheinen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes war daher gemäß § 19 FrG zulässig. Umstände, die eine andere Beurteilung erlauben würden, liegen nicht vor. Wenn der Beschwerdeführer meint, die (im Herbst 1992 begangene) Straftat liege schon länger zurück, ist ihm zu erwidern, daß der seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeitraum, in dem noch dazu das Strafverfahren anhängig war und der unbedingt verhängte Teil der Freiheitsstrafe verbüßt wurde, viel zu kurz ist, um die Beurteilung, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG dringend geboten ist, entscheidend beeinflussen zu können. Dasselbe gilt für die im November 1992 erfolgte Eheschließung und die seit Juni 1993 ausgeübte Beschäftigung, wird doch dadurch die Begehung weiterer Suchtgiftdelikte nicht verhindert.

Auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung ist unbedenklich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle von Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1994, Zl. 94/18/0002, vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0617, und vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0027). Im vorliegenden Fall kann zudem von einer völligen sozialen Integration des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Kürze seines Aufenthaltes im Bundesgebiet - unabhängig davon, ob der Aufenthalt erlaubt war oder nicht - keine Rede sein. Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers entspricht die Auffassung der belangten Behörde, daß die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten groß ist, durchaus der Lebenserfahrung. Auf Grund welcher konkreten Umstände die Wiederholungsgefahr beim Beschwerdeführer weggefallen sein soll, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß seine Ehefrau nicht als Zeugin vernommen worden sei. Seinen diesbezüglichen Ausführungen ist jedoch nicht zu entnehmen, welche konkreten Feststellungen die belangte Behörde auf Grund der Angaben dieser Zeugin hätte treffen können, die den vom Beschwerdeführer gezogenen Schluß gerechtfertigt hätten, er sei nunmehr vollständig integriert, weshalb auch nicht zu erwarten sei, daß er in Zukunft strafbare Handlungen begehen werde. Der Beschwerdeführer hat es somit unterlassen, die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

Aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß den §§ 19 und 20 FrG zulässig ist, ist der Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig zu entnehmen, sodaß der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behauptete Begründungsmangel nicht gegeben ist.

Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180620.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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