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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AHG 1949;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache des H, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Februar 1994, Zl. SD 589/93, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe bestünden, daß der Beschwerdeführer (ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien) in seinem Heimatstaat gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 26. Mai 1994 zur Post gegebene Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ist ersichtlich, daß der Beschwerdeführer am 6. Juni 1994 (auf dem Landweg) nach Jugoslawien abgeschoben worden ist. Damit käme einer Entscheidung über die Beschwerde nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu, ohne daß dem Beschwerdeführer ein Erreichen des Verfahrenszieles den erwünschten Erfolg bringen könnte.
Infolge dieses - nachträglichen - Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses war die Beschwerde - ohne daß ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0245).
Ein Aufwandersatz findet gemäß § 58 VwGG nicht statt (vgl. dazu die bei DOLP, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, auf S. 720 f zitierten hg. Entscheidungen).
2. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Juli 1994,
B 2233/93, nicht veranlaßt, von seiner Ansicht, daß in einem Fall, wie dem vorliegenden, in dem der Fremde aufgrund der gegen ihn erlassenen Ausweisung bereits in den von ihm in seinem gemäß § 54 Abs. 1 FrG gestellten Antrag bezeichneten Staat abgeschoben worden ist, kein rechtliches Interesse des Fremden an einer Sachentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof (mehr) bestehe, abzugehen.
Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bei, daß jeder Verwaltungsakt, der in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift, bekämpfbar und letztlich vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts überprüfbar sein müsse. Allerdings ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, daß mit der Abschiebung des Beschwerdeführers der durch den für ihn negativen Feststellungsbescheid bewirkte Eingriff in seine Rechtssphäre beendet ist, also nicht (mehr) von einem objektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides gesprochen werden kann. Die gegenteilige Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes vermag nicht zu überzeugen. Denn anders als er meint, würde eine nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides getroffene Feststellung, daß eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den von ihm bezeichneten Staat unzulässig sei, nicht "pro futuro" wirken. Vielmehr ist mit der auf der durchsetzbaren Ausweisung gründenden Abschiebung des Beschwerdeführers die Wirkung des gemäß § 54 Abs. 1 FrG ergangenen Feststellungsbescheides erschöpft. Dies mit der Folge, daß in dem dem Verfassungsgerichtshof vorschwebenden Fall, daß dem Beschwerdeführer "die Ausreise aus diesem Staat (gelingt) und er in Österreich aufgegriffen (wird)" neuerlich, und zwar unter Zugrundelegung der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, zu prüfen sein wird, ob der Beschwerdeführer die gesetzlichen Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllt. Wäre dies zu verneinen, so hat die Behörde von Neuem ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung durchzuführen, im Zuge dessen der Beschwerdeführer wieder die Möglichkeit hätte, einen Antrag nach § 54 Abs. 1 FrG zu stellen. Allein der aufgrund dieses neuen Antrages ergehende Feststellungsbescheid wäre Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit/Unzulässigkeit einer Abschiebung des - angenommenermaßen nach seiner ersten Abschiebung wieder nach Österreich zurückgekehrten - Beschwerdeführers. Solcherart aber ist dem Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers in dem vom Verfassungsgerichtshof angenommenen Fall Genüge getan, wäre doch dieser Feststellungsbescheid i.S. des oben Gesagten bekämpf- und überprüfbar.
Was im übrigen eine allfällige Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen anlangt, so hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung fest, daß im Wege der Amtshaftung gegen den Bund zu erhebende Ansprüche nichts am Fehlen der Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten (noch) verletzt zu sein, ändert (vgl. den Beschluß vom 19. Februar 1991, Zl. 90/11/0187, und den dort zitierten Beschluß vom 14. Juni 1988, Zl. 88/11/0002).
Schlagworte
Belangte Behörde als obsiegende Partei Beschwerdeführer Anwaltszwang Besondere Rechtsgebiete Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster Satz Gültigkeit der Kostenbestimmungen Inhaltlich Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180311.X00Im RIS seit
13.06.2001