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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. Jänner 1994, Zl. St 268-1/93, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 20. Jänner 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer (einen Staatsangehörigen des ehemaligen Jugoslawien) gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der im 19. Lebensjahr stehende Beschwerdeführer sei in Linz geboren, wo seine ganze Familie lebe. Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 14. Oktober 1991 sei er wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt worden. Mit Urteil desselben Gerichtes vom 6. November 1992 (rechtskräftig seit 3. April 1993) sei er wegen der Vergehen nach den §§ 83 Abs. 1, 87 Abs. 1, 127, 129 Z. 1, 125 und 299 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Weiters sei er mit Urteil des genannten Gerichtes vom 29. April 1993 wegen des Vergehens nach den §§ 127, 129 Z. 1 und 15 StGB zu einer Zusatzstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Der Beschwerdeführer weise ferner drei rechtskräftige Bestrafungen wegen Ordnungsstörung sowie eine wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung auf.
Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG sei sowohl auf Grund des Ausmaßes der verhängten Freiheitsstrafen als auch infolge der wiederholten Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen erfüllt. Die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, weshalb gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot zu erlassen gewesen sei.
Das Aufenthaltsverbot greife zwar in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein, doch sei zu berücksichtigen, daß nicht einmal die Verhängung einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen habe abhalten können. Da zudem die vom Beschwerdeführer begangenen Delikte schwerwiegend seien, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten und damit gemäß § 19 FrG zulässig. Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung seien zugunsten des Beschwerdeführers sein langdauernder Aufenthalt in Österreich sowie der Aufenthalt seiner gesamten Familie in Österreich zu berücksichtigen, ferner die Tatsache, daß er Vater eines acht Monate alten Kindes sei, das bei der Kindesmutter lebe. Dennoch seien im Hinblick auf die Art und die Schwere der vom Beschwerdeführer gesetzten Delikte die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als wesentlich schwerer wiegend anzusehen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers in seiner Familie. Da das Aufenthaltsverbot letztlich auf negative Charaktereigenschaften des Beschwerdeführers zurückzuführen sei, sei es unbefristet zu erlassen gewesen, was gemäß § 21 Abs. 1 FrG im Hinblick auf die Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. zulässig gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 14. Juni 1993, B 419/94-3, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit der Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 1 (richtig Abs. 2) Z. 1 bis 8 FrG behauptet, weil diese Bestimmungen auch auf Sachverhalte anzuwenden seien, die sich vor Inkrafttreten des FrG ereignet hätten, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG nicht veranlaßt. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang damit argumentiert, auf Grund des FrG sei es nunmehr möglich, auch bei einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist er darauf hinzuweisen, daß auch das vor Inkrafttreten des FrG in Geltung gestandene Fremdenpolizeigesetz in seinem § 3 Abs. 2 Z. 1 die rechtskräftige Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten als bestimmte Tatsache gewertet hat, welche die im § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen und damit zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes führen konnte.
2. Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde die Strafakten nicht beigeschafft habe, er unterläßt es aber darzutun, welche konkreten Feststellungen die belangte Behörde auf Grund der Strafakten hätte treffen können, die trotz der Art und der Häufung der von ihm begangenen Straftaten zu der Beurteilung hätten führen können, daß sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Sicherheit nicht gefährde. Er hat daher die Verfahrensrüge nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt.
3. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung, vermag jedoch keine der belangten Behörde dabei unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat, wie sich aus der Begründung ihres Bescheides ergibt, auf alle für den Beschwerdeführer sprechenden Umstände Bedacht genommen. Wenn sie dennoch zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, kann dies im Hinblick darauf, daß nicht einmal die Verhängung einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren wegen des Verbrechens des Raubes den Beschwerdeführer davon abgehalten hat, wiederholt Einbruchsdiebstähle zu begehen, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180531.X00Im RIS seit
20.11.2000