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L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;Norm
SHG Wr 1973 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. September 1992, Zl. MA 12-11786/92 A, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 11/1973 in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 17/1986 (WSHG) im Zusammenhang mit den §§ 1, 4 und 5 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. für Wien Nr. 13/1973, in der Fassung der Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. für Wien Nr. 1/1992 (Richtsatzverordnung 1992) von Amts wegen die zuletzt dem Beschwerdeführer zuerkannte monatliche Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 1. Mai 1992 auf die Dauer unveränderter Verhältnisse mit S 6.305,-- fest. Nach der Bescheidbegründung beziehe der am 22. Oktober 1931 geborene Beschwerdeführer eine Dauerleistung der Sozialhilfe. Sie habe ab 1. Jänner 1992 monatlich S 6.305,-- (Richtsatz plus Zuschlag) zuzüglich S 349,66 monatlich für Mietenmehrbedarf betragen, weil die Monatsmiete des Beschwerdeführers ab 1. Jänner 1992 monatlich S 1.073,66 betragen habe. Die erstinstanzliche Behörde habe die genannte Dauerleistung ab 1. April 1992 auf die Dauer unveränderter Verhältnisse mit S 6.305,-- festgesetzt, weil die Miete des Beschwerdeführers aufgrund von Betriebskostennachzahlungen ab April 1992 lediglich S 487,44 betragen habe. Dagegen wende der Beschwerdeführer in seiner Berufung ein, daß er keine Kürzungen hinzunehmen gewillt sei, weil nach dem Studienförderungsgesetz die Höhe des Jahreseinkommens mit S 58.000,-- plus Behindertenzuschlag von S 19.500,-- festgesetzt sei und dies insgesamt pro Jahr S 87.500,-- ausmache. Er habe jedoch pro Jahr bis jetzt nur S 85.117,80 an Sozialhilfe erhalten und verlange daher, daß keine weiteren Kürzungen seiner Sozialhilfe vorgenommen würden, sondern im Gegenteil die Differenz auf das Jahreseinkommen, das das Studienförderungsgesetz vorsehe, an ihn ausgezahlt werde. Dazu habe die belangte Behörde erwogen:
Die Herabsetzung der Dauerleistung um die bis dahin gewährte Beihilfe für den Mietenmehrbedarf sei erfolgt, weil die Miete seit 1. April 1992 nurmehr S 487,44 betrage. Der Aufwand des Beschwerdeführers für Miete sei daher ab diesem Zeitpunkt zur Gänze durch den im Zuschlag (zum Richtsatz) enthaltenen Betrag für den durchschnittlichen Mietbedarf (von derzeit S 724,-- monatlich) abgedeckt, weshalb eine darüber hinausgehende Mietbeihilfe nicht mehr erforderlich sei. Zum weiteren Antrag des Beschwerdeführers in seiner Berufung auf Auszahlung des Differenzbetrages auf das Jahreseinkommen, das das Studienförderungsgesetz vorsehe, werde festgestellt, daß es sich im gegenständlichen Fall um eine Dauerleistung nach dem WSHG handle, weshalb allein die Bestimmungen dieses Gesetzes und die Richtsätze der Richtsatzverordnung 1992 für die Ermittlung der Höhe der Sozialhilfeleistungen beachtlich seien. Da jedoch eine rückwirkende Herabsetzung von Sozialhilfeleistungen ebenso wie eine rückwirkende Einstellung schon begrifflich ausgeschlossen sei, habe unter Bedachtnahme auf den Zeitpunkt der "Schöpfung" des erstinstanzlichen Bescheides am 14. April 1992 eine Herabsetzung der Dauerleistung erst mit 1. Mai 1992 erfolgen können. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der (in Verbindung mit seiner Stellungnahme vom 21. Juli 1994) sich der Beschwerdeführer - im Hinblick auf die aktenkundige Auszahlung der Mietbeihilfe in der Höhe von S 360,-- ab 1. Juli 1992 - durch den angefochtenen Bescheid nur hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Mai bis 30. Juni 1992 in seinem Recht auf Auszahlung einer Mietbeihilfe verletzt erachtet. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wendet er unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes ein, daß die Herabsetzung der ihm zuerkannten Sozialhilfeleistung im genannten Zeitraum den im angefochtenen Bescheid genannten Bestimmungen des WSHG und der Richtsatzverordnung 1992 widerspreche. Nach § 5 Abs. 2 der Richtsatzverordnung 1992 sei nämlich der Mietbedarf durch eine Mietbeihilfe zu decken. Sie sei ihm in der Höhe des tatsächlichen Mietzinses zu gewähren, soweit seine Wohnung einen angemessenen Wohnraumbedarf nicht übersteige. Das Verwaltungsverfahren habe nicht ergeben, daß sich seine Miete geändert hätte. Die belangte Behörde sei vielmehr davon ausgegangen, daß aufgrund von Betriebskostennachzahlungen sich die Miete geändert habe. Diese Interpretation sei aber denkunmöglich. Nach dem Mietrechtsgesetz ziehe nämlich eine Betriebskostennachzahlung keine Veränderung des Mietzinses nach sich. In der praktischen Abwicklung erfolge zwar in aller Regel eine Kompensation der wechselseitigen Ansprüche, um den wechselseitigen Leistungsaustausch zu vereinfachen. Aus § 5 Abs. 2 der Richtsatzverordnung 1992 sei aber nicht abzuleiten, daß eine derartige Kompensation eine Veränderung des "tatsächlichen Mietzinses" nach sich ziehe. Die belangte Behörde sei daher rechtsirrig davon ausgegangen, daß eine Betriebskostennachzahlung eine Veränderung des "Mietzinses" bedinge. Darüber hinaus handle es sich bei einem Mietverhältnis um ein Dauerschuldverhältnis, in dem regelmäßig für den Bezieher von Sozialhilfe Leistungen zu erbringen seien. Bei einer Betriebskostennachzahlung handle es sich aber um eine einmalige Leistung, die nicht auf Dauer angelegt sei. Auch aus diesen Erwägungen rechtfertige eine Betriebskostennachzahlung keine Herabsetzung der Sozialhilfe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 8 Abs. 1 WSHG haben die dort genannten Personen, zu denen der Beschwerdeführer im Jahre 1992 unbestritten zählte, Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes des WSHG. Zum Lebensbedarf gehört nach § 11 Abs. 1 Z. 1 auch der Lebensunterhalt. Er umfaßt nach § 12 leg. cit. insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des § 13 leg. cit. lauten:
"(1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.
(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorzusehen:
1. Richtsatz für den Alleinunterstützten,
...
(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, daß er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie im angemessenen Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.
(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfesuchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern.
...
(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.
(7) Zu monatlich wiederkehrenden Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes ist jährlich in den Monaten Mai und Oktober je eine Sonderzahlung in der Höhe des Richtsatzes einschließlich eines allfälligen Zuschlages gemäß Abs. 6 zweiter Satz zu gewähren ..."
Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen der Richtsatzverordnung 1992 lauten:
"§ 1. (1) Die Richtsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes werden mit folgenden monatlichen Beträgen festgesetzt:
1. Für den Alleinunterstützten 4.353,-- S
...
§ 4. (1) Bei Dauersozialhilfebeziehern, die das 65. Lebensjahr bei Männern, das 60. Lebensjahr bei Frauen überschritten haben oder mindestens ein halbes Jahr erwerbsunfähig sind, ist der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abzudecken.
(2) Die Höhe des Zuschlages beträgt
1. für den Alleinunterstützten 1.952,-- S
...
(3) Durch den Zuschlag sind insbesondere Heizbedarf, der durchschnittliche Mietbedarf und anderer individueller Sonderbedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes gedeckt und es sind hiefür - abgesehen von Ausnahmefällen - keine weiteren Geld- oder Sachleistungen zu gewähren.
(4) Als durchschnittlicher Mietbedarf gilt für das Jahr 1992 ein Betrag von 724,-- S.
§ 5. (1) Bei anderen als in § 4 Abs. 1 genannten Sozialhilfebeziehern ist der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist.
(2) Der Mietbedarf ist durch eine Mietbeihilfe zu decken. Die Mietbeihilfe ist alleinunterstützten ...
Sozialhilfebeziehern in der Höhe des tatsächlichen Mietzinses zu gewähren, soweit die Wohnung des Sozialhilfebeziehers einen angemessenen Wohnraumbedarf nicht übersteigt, und nur im Ausmaß des auf den einzelnen Sozialhilfebezieher entfallenden Mietzinsanteiles.
(3) Die Mietbeihilfe darf jedoch in der Regel einen Betrag von 2.264,-- S nicht überschreiten."
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er unter anderem in den Monaten Mai und Juni 1992 - entsprechend der im Akt erliegenden Bestätigung des Hausverwalters vom 17. Juli 1992 (wonach sich der Mietzins unter anderem für diese Monate zusammensetzte aus Hauptmietzins von S 56,95, Erhaltungsbeitrag von S 146,90, Betriebskosten von S 230,19 und Umsatzsteuer von S 53,40) - für seine Wohnung nur je S 487,44 zu bezahlen hatte und auch tatsächlich bezahlt hat. Er meint aber, daß ihm dennoch ein Anspruch auf eine Mietbeihilfe nach § 5 Abs. 2 der Richtsatzverordnung 1992 auch für diese beiden Monate in der Höhe des Differenzbetrages zwischen dem an sich (nach den §§ 15, 21, 45 MRG) festgesetzten Mietzins (in der Höhe von S 1.083,66) und dem durchschnittlichen Mietbedarf nach § 4 Abs. 4 der Richtsatzverordnung 1992 zustehe, weil sich der Mietzins durch die vorgenommene Kompensation der Betriebskostenforderung mit seinem Anspruch auf Betriebskostennachzahlungen in diesen beiden Monaten nicht geändert habe.
Diesem Einwand ist nicht beizupflichten. Denn gerade wenn man mit den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - gestützt unter anderem auf die in den §§ 13 Abs. 4 und 6 WSHG festgelegten Grundsätze der Abdeckung des tatsächlichen Bedarfes eines Sozialhilfebeziehers - davon ausgeht, daß auch Dauersozialhilfebezieher im Sinne des § 4 Abs. 1 der Richtsatzverordnung 1992 dann, wenn ihr tatsächlicher monatlicher Mietbedarf (Unterkunftsbedarf) den durchschnittlichen monatlichen Mietbedarf im Sinne des § 4 Abs. 4 der Richtsatzverordnung 1992 übersteigt, in Anwendung des § 5 Abs. 2 der Verordnung einen Anspruch auf Bezahlung der Differenz haben, darf konsequenterweise nicht außer acht gelassen werden, daß § 5 Abs. 2 der Verordnung in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 6 WSHG auf den tatsächlichen Mietbedarf bzw. Mietzins, d.h. auf den vom Sozialhilfebezieher tatsächlich im betreffenden Monat zu tragenden Aufwand für Unterkunft und nicht auf die Art der Errechnung dieses Bedarfes bzw. Aufwandes abstellt. Dieser tatsächliche Aufwand betrug aber unter anderem in den Monaten Mai und Juni 1992 nur S 487,44 und nicht S 1.083,66.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993080015.X00Im RIS seit
13.07.2001