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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §308 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des R in I, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. April 1992, Zl. Vd-3924/6, betreffend Erstattung von Beiträgen nach § 308 Abs. 3 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Wien II, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte mit dem am 18. Juni 1990 bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt eingelangten Schreiben den Antrag "auf Rückerstattung der gezahlten Pensionsversicherungsbeiträge". Begründend führte er aus, er sei seit dem Jahr 1979 Priester in der Diözese Innsbruck und seit September 1986 nur noch von der Kirche angestellt und stehe in einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis.
Diesen Antrag lehnte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt mit Bescheid vom 22. März 1991 mit der Begründung ab, daß der Beschwerdeführer in keinem gemäß § 308 Abs. 2 ASVG als pensionsversicherungsfrei bezeichneten Dienstverhältnis stehe.
In dem fristgerechten Einspruch machte der Beschwerdeführer geltend, es wäre festzustellen gewesen, daß er seit September 1986 dauernd angestellter Dienstnehmer der römisch-katholischen Kirche, somit einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG sei und daher die Voraussetzung des § 308 Abs. 2 ASVG vorläge. Die mitbeteiligte Partei verwies in ihrer Stellungnahme darauf, daß der Beschwerdeführer seit 1979 Priester sei. Dies beweise, daß er gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen und nicht gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG. Der Beschwerdeführer sei als Priester somit kein weltlicher Dienstnehmer einer Religionsgemeinschaft, sondern Angehöriger der katholischen Kirche.
In seiner Gegenäußerung bezog sich der Beschwerdeführer auf das unter einem vorgelegte Schreiben des bischöflichen Ordinariates Innsbruck-Finanzkammer vom 17. Dezember 1991, welches lautet:
"Betrifft: Mag. R, Diözesanpriester
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir erlauben uns Ihnen höflich mitzuteilen, daß Herr Mag. R seit 9. Oktober 1979 als Diözesanpriester in der Diözese Innsbruck beschäftigt ist. Aus diesem Beschäftigungsverhältnis, welches unbefristet aufrecht ist, hat Herr Mag. R eine Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse, die den Leistungen der Unfall- und Pensionsversicherung gleichwertig sind sowie im Erkrankungsfalle einen Anspruch auf Weiterzahlung seiner Dienstbezüge durch mindestens 6 Monate.
Mit der höflichen Bitte um Kenntnisnahme verbleiben wir ..."
Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid dem Einspruch keine Folge. In der Begründung führte sie aus, der Beschwerdeführer sei seit Oktober 1979 in der Diözese Innsbruck Priester der katholischen Kirche. Von April 1982 bis 11. September 1983 sei er durch das Amt der Tiroler Landesregierung und von September 1983 bis 31. August 1986 durch den Landesschulrat für Tirol als Dienstnehmer nach dem ASVG pflichtversichert gewesen. Der Beschwerdeführer sei als Diözesan-Priester der katholischen Kirche - die Ausübung des Priesteramtes bilde keinen Ausnahmetatbestand nach § 5 Abs. 1 Z. 3 ASVG - nach § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen. Bei Ausnahme von der Vollversicherung nach § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG liege jedoch kein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis im Sinne des § 308 Abs. 2 ASVG vor.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, B 848/92, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging - ausreichend erkennbar - davon aus, daß der Beschwerdeführer seit 1. September 1986 (wieder) als Diözesanpriester der katholischen Kirche in Ausübung des Priesteramtes steht. Diese Feststellung konnte die belangte Behörde auf das oben wiedergegebene Schreiben des bischöflichen Ordinariates Innsbruck-Finanzkammer vom 17. Dezember 1991 stützten, wonach der Beschwerdeführer "seit 9. Oktober 1979 als Diözesanpriester in der Diözese Innsbruck beschäftigt ist". Auch der Beschwerdeführer geht in seiner Sachverhaltsdarstellung davon aus, daß er seit 1. September 1986 "nunmehr wieder bei der katholischen Kirche als Diözesanpriester beschäftigt" sei. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nehmen somit - zu Recht - an, daß der Inhalt des Schreibens des bischöflichen Ordinariates Innsbruck-Finanzkammer vom 17. Dezember 1991, wonach der Beschwerdeführer seit 9. Oktober 1979 als Diözesanpriester in der Diözese Innsbruck beschäftigt sei, ausdrückt, daß der Beschwerdeführer als Priester der katholischen Kirche eine in § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG umschriebene Tätigkeit ausübt. Gegenteiliges - also daß der Beschwerdeführer keine Seelsorgetätigkeit oder eine außerhalb der Erfüllung seiner geistlichen Verpflichtung gelegene Tätigkeit ausübe - ist im Verfahren weder behauptet worden noch hervorgekommen. Auch aus der Begründung des Antrages vom 18. Juni 1990 ergibt sich, daß lediglich die Anstellung durch das Land Tirol weggefallen ist.
Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde gebe in keiner Weise eine nähere Begründung dafür, daß der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen sei und nicht gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 ASVG, ist somit nicht berechtigt. Es bestand aber auch für die belangte Behörde ausgehend vom Vorbringen im Verwaltungsverfahren keine Verpflichtung, Ermittlungen dahingehend zu führen, ob der Tatbestand des § 5 Abs. 1 Z. 3 lit. a verwirklicht sei.
Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer als Diözesanpriester in Ausübung des Priesteramtes gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, ist richtig. Nach dieser Bestimmung sind Priester der katholischen Kirche hinsichtlich der Seelsorgetätigkeit und der sonstigen Tätigkeit, die sie in Erfüllung ihrer geistlichen Verpflichtung ausüben, z.B. des Religionsunterrichtes, ferner Lehrvikare ..., alle diese Personen, wenn sie nicht in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft (Person) als ihrer Kirche bzw. deren Einrichtungen (Orden, Kongregation, Anstalt der evangelischen Diakonie) stehen, von der Vollversicherung nach § 4 ASVG ausgenommen. Der Beschwerdeführer fällt daher nicht als Priester der katholischen Kirche schlechthin - wie offenbar die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme zum Einspruch meint - in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung, sondern weil er als Priester der katholischen Kirche eine in dieser Bestimmung umschriebene Tätigkeit ausübt und hiebei nicht in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft (Person) als seiner Kirche bzw. deren Einrichtungen steht.
Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß nicht jeder Priester der katholischen Kirche "automatisch" gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist. Damit zeigt er jedoch keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit auf, weil die belangte Behörde den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG deswegen als verwirklicht angesehen hat, weil der Beschwerdeführer als Diözesanpriester in Ausübung seines Priesteramtes steht. Der Priester der katholischen Kirche ist hinsichtlich der Ausübung des Priesteramtes (Seelsorgetätigkeit) und einer anderen IN ERFÜLLUNG SEINER GEISTLICHEN VERPFLICHTUNG gelegenen Tätigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG als der spezielleren Norm von der Vollversicherung auch dann ausgenommen, wenn er diese Tätigkeit in einem Dienstverhältnis zur Kirche oder einer ihrer Einrichtungen verrichtet. § 5 Abs. 1 Z. 3 lit. a leg. cit. umfaßt nicht nur - wie offenbar die mitbeteiligte Partei meint - weltliche Dienstnehmer, sondern auch geistliche, wenn sie eine andere als die im § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG bezeichnete Tätigkeit ausüben. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß die Tätigkeit eines Diözesanpriesters in Erfüllung der geistlichen Verpflichtung des Beschwerdeführers verrichtet wird. Die belangte Behörde hat somit zutreffend den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG als verwirklicht angesehen.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf eine Parallelität zwischen den Bestimmungen des § 308 und der Sondernorm des § 314 ASVG geht fehl. § 308 Abs. 2 ASVG nennt von den gemäß § 5 Abs. 1 ASVG von der Vollversicherung ausgenommenen Dienstverhältnissen als pensionsversicherungsfreie Dienstverhältnisse nur die in § 5 Abs. 1 Z. 3 bis 6 leg cit. angeführten. Was als pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis im Sinne des § 308 Abs. 1 ASVG zu verstehen ist, wird somit im Abs. 2 dieser Bestimmung abschließend definiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/08/0009). Eine Erstreckung auf andere Tatbestände im Wege der Auslegung ist daher nicht zulässig.
Schließlich kann auch der Auffassung des Beschwerdeführers, es sei jedenfalls davon auszugehen, daß es nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein könne, bei Überwechseln von der Vollversicherung gemäß § 4 ASVG in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis die bis dahin geleisteten Beträge in der Pensionsversicherung als verfallen anzusehen, nicht beigetreten werden. Diese Folge tritt nicht nur bei Aufnahme einer in § 308 Abs. 2 ASVG nicht als pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis bezeichneten Beschäftigung ein, sondern auch dann, wenn vor Erwerb eines Anspruches auf eine Leistung aus der Pensionsversicherung nach dem ASVG eine die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG begründende Tätigkeit aufgegeben und nicht wieder aufgenommen wird.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993080016.X00Im RIS seit
20.11.2000