TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/30 93/08/0180

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Veröffentlicht am 30.09.1994
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Index

L92054 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §60;
SHG OÖ 1973 §23 Abs1;
SHG OÖ 1973 §37 Abs1 litb;
SHG OÖ 1973 §37 Abs6;
SHG OÖ 1973 §37 Abs7;
SHG OÖ 1973 §37 Abs8;
SHG OÖ 1973 §37 Abs9;
SHG OÖ 1973 §38 Abs1;
SHG OÖ 1973 §38 Abs2;
SHG OÖ 1973 §38 Abs3;
SHG OÖ 1973 §38 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der C in S, vertreten durch Rechtsanwalt G, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Juni 1993, Zl. SH-553/3-1993/Dr.Bra/Schd, betreffend Anerkennung als gleichartiges Heim nach § 38 des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 28. Dezember 1992 an die belangte Behörde den Antrag, das von ihr geplante Pflegeheim (in einem näher angeführten Standort in S) aufgrund des § 38 des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 66/1973 in der Fassung LGBl. Nr. 2/1984 (SHG) als gleichartig anzuerkennen. Sie beabsichtige, das im Jahre 1984 fertiggestellte Objekt im angeführten Standort als Pflegeheim im Sinne des § 37 Abs. 1 lit. b SHG einzurichten. Dem beiliegenden Betriebskonzept sei zu entnehmcn, daß süwohl die Voraussetzungen des § 37 Abs. 6 bis 9 SHG vorlägen als auch die Wirtschaftlichkeit des Betriebes gewährleistet sei. Da auch ein Bedarf zur Unterbringung von Hilfeempfängern gegeben sei, lägen sämtliche Voraussetzungen nach S 38 Abs. 2 SHG vor.

Der zur Stellungnahme aufgeforderte Sozialhilfeverband Vöcklabruck lehnte mit seinem Schreiben vom 19. März 1993 die beantragte Anerkennung "des Gastgewerbebetriebes" der Beschwerdeführerin als gleichartige Anstalt nach § 38 SHG "entschieden" ab: Der Sozialhilfeverband Vöcklabruck habe zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben im Bereich der stationären Altenhilfe derzeit genügend Kapazitäten und sei auf jene dieses Gastgewerbebetriebes keinesfalls angewiesen. Hiezu dürfe angeführt werden, daß im Bezirksaltenheim Attnang-Puchheim durchschnittlich 10 Altenbetten leerstünden. Durch die beabsichtigte Genereralsanierung dieses Altenheimes, eine eventuelle Erweiterung und Sanierung des Pflegeheimes Pfaffing sowie den Neubau des Altenheimes Mondsee gebe es im Bezirk Vöcklabruck auch in Zukunft genügend Kapazitäten im Bereich der stationären Altenhilfe. Es dürfe auch angeführt werden, daß die Marktgemeinde Seewalchen am Attersee beabsichtige, ein neues Altenheim zu errichten.

In ihrer Gegenäußerung zu dieser Stellungnahme wandte sich die Beschwerdeführerin zunächst dagegen, daß der genannte Sozialhilfeverband das von ihr geplante Pflegeheim pauschal ablehne, ohne konkret darzulegen, warum diese negative Stellungnahme erfolge. Abgesehen davon, daß sie nicht beantragt habe, einen von ihr geführten Gastgewerbebetrieb nach dem SHG als gleichartig anzuerkennen (ihrem Antrag zufolge gehe es ihr um ein Pflegeheim), sei die Behauptung des Sozialhilfeverbandes, es stünden genügend Kapazitäten im Bereich der stationären Altenhilfe zu Verfügung, unrichtig. Der Beschwerdeführerin seien eine Reihe von Personen bekannt, die von Krankenhäusern entlassen worden und so pflegebedürftig seien, daß ihre Aufnahme in ein Pflegeheim erforderlich sei. Diesen Personen sei es jedoch mangels entsprechender Kapazitäten teilweise nicht möglich gewesen, Plätze in geeigneten Pflegeheimen zu bekommen. Sollte die belangte Behörde eine Einvernahme dieser Personen ins Auge fassen, könne die Beschwerdeführerin Namen und Adressen bekanntgeben. Im übrigen habe es der Sozialhilfeverband unterlassen, konkrete Zahlen anzuführen, welche die Pauschalbehauptung, es stünden genügend Kapazitäten zur Verfügung, untermauerten. Aus der unsubstantiierten Behauptung des genannten Verbandes könne jedenfalls nicht der rechtliche Schluß gezogen werden, es stünden genügend Kapazitäten zur Verfügung. Auch die Behauptung, es stünden "durchschnittlich" 10 Altenbetten im Bezirksaltenheim Attnang-Puchheim leer, sei unrichtig. Zum Beweis dafür beantrage sie die zeugenschaftliche Vernehmung des Leiters dieses Altenheimes. Aber selbst wenn die Behauptung des Sozialhilfeverbandes richtig wäre, so müsse der Umstand, daß in einem bestimmten Heim nicht alle Betten belegt seien, noch nicht bedeuten, daß kein Bedarf gegeben sei. Es könne beispielsweise ein unterdurchschnittlicher Standard eines Heimes auch dazu führen, daß sich Pflegebedürftige weigerten, ein bestimmtes Heim zu beziehen. Daß der erforderliche Ausrüstungsstandard des genannten Altenheimes nicht gegeben sei, zeige schon die beabsichtigte Generalsanierung. Auch sei diese offenbar nur "beabsichtigt", sodaß nicht mit Sicherheit von einer tatsächlichen Sanierung ausgegangen werden könne. Ähnliches gelte hinsichtlich der "eventuellen" Erweiterung und Sanierung des Pflegeheimes Pfaffing, den Neubau des Altenheimes Mondsee und die beabsichtigte Errichtung eines Altenheimes in Seewalchen am Attersee. Diese Überlegungen und Absichten zeigten aber sehr deutlich, daß entweder der Ausrüstungsstandard dieser Heime nicht entspreche oder ein Bedarf nach weiteren Heimen bzw. Pflegeplätzen bestehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin mangels Bedarfes nach einem von einem Nicht-Sozialhilfeträger geführten Pflegeheim gemäß § 38 Abs. 2 SHG ab. Nach der Bescheidbegründung seien nach der vom SHG vorgenommenen Aufgabenverteilung die Sozialhilfeverbände bzw. Statutarstädte zur Altenhilfe zuständig. Dazu gehöre unter anderem auch die Bereitstellung von sowie die Vorsorge für eine ausreichende Anzahl von Plätzen in Alten- und Pflegeheimen. Da sich der örtliche Wirkungsbereich der Sozialhilfeträger mit den Verwaltungsbezirken decke und der Standort des gegenständlichen Betriebes im Bezirk Vöcklabruck liege, seien zur Prüfung der Bedarfsfrage, die die wesentlichste Grundvoraussetzung für die beantragte Anerkennung darstelle, die Verhältnisse in diesem Bezirk zu untersuchen. Vorauszuschicken sei, daß die persönliche Vorliebe einiger Klienten für die Unterbringung in einem ganz bestimmten privaten Betrieb oder die in Einzelfällen durchaus mögliche Notwendigkeit, einen etwas entfernteren Heimplatz oder auch eine gewisse Wartezeit in Kauf zu nehmen, noch lange keinen Bedarf im Sinne des SHG dokumentiere. Ein Bedarf wäre vielmehr nur dann gegeben, wenn der im konkreten Fall örtlich zuständige Sozialhilfeverband Vöcklabruck seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Bereitstellung von und zur ausreichenden Vorsorge für Alten- und Pflegeheimplätze nicht nachkommen könnte. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe indes ergeben, daß im gesamten Bezirk Vöcklabruck die verbandseigenen Heime sowie die von Rechtsträgern der freien Wohlfahrt geführten Alten- und Pflegeheime schon seit Jahrzehnten laufend an die sich ändernden Verhältnisse angepaßt würden und unter diesem Gesichtspunkt der Sozialhilfeverband Vöcklabruck zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben nicht auf die Platzkapazitäten des von der Beschwerdeführerin geführten bzw. geplanten Betriebes angewiesen sei. Dies habe von ihr in ihrer Gegenäußerung zum Ergebnis des Ermittlungsverfahren nicht entkräftet werden können. Da die Grundvoraussetzung für die angestrebte Anerkennung, nämlich der Bedarf, nicht gegeben sei, sei das gegenständliche Ansuchen daher ohne weitere Prüfung der im S 38 SHG sonst noch genannten Anerkennungsvoraussetzungen abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 1 SHG darf die Unterbringung von Hilfeempfängern zur Sicherung ihres Lebensbedarfes in Anstalten und Heimen, deren Träger kein Sozialhilfeträger ist, nur dann erfolgen, wenn diese Anstalten und Heime von der Landesregierung unter anderem aufgrund dieses Gesetzes als gleichartig anerkannt worden sind. Nach § 38 Abs. 2 leg. cit. sind Anstalten und Heime im Sinne des Abs. 1 von der Landesregierung mit Zustimmung des Rechtsträgers als gleichartig anzuerkennen, wenn sie den Voraussetzungen des § 37 Abs. 6 bis 9 entsprechen, ein Bedarf zur Unterbringung von Hilfeempfängern gegeben und die Wirtschaftlichkeit des Betriebes dieser Anstalten und Heime gewährleistet ist. Entsprechend dem oben wiedergegebenen Antrag der Beschwerdeführerin (auf Anerkennung eines geplanten Pflegeheimes als gleichartig) hatte die belangte Behörde nach § 38 Abs. 2 SHG unter dem Gesichtspunkt der Anerkennungsvoraussetzung des Bedarfes zu prüfen, ob ein solcher Bedarf zur Unterbringung von Hilfeempfängern in Pflegeheimen (das sind nach 9 37 Abs. 3 SHG Heime, in denen erforderliche Pflege im Sinne des § 14 und eine darauf abgestellte soziale Betreuung gewährt werden) und nicht in anderen Heimen, insbesondere in Altenheimen und Pflegestationen im Sinne des § 37 Abs. 4 und 5 SHG, auf Kosten der Sozialhilfeträger im Sinne des IX. Abschnittes des SHG besteht. Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß es bei Beurteilung der Frage, ob ein solcher Bedarf angesichts der schon zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestehenden bzw. der bis zur voraussichtlichen Fertigstellung des geplanten Pflegeheimes der Beschwerdeführerin errichteten Pflegeheime der Sozialhilfe (§ 37 Abs. 1 lit. b) oder der als gleichartig anerkannten Pflegeheime, die durch andere Rechtsträger als Sozialhilfeträger im Sinne des § 23 Abs. 1 SHG betrieben werden, gegeben ist, unter Bedachtnahme auf die primäre Verpflichtung der belangten Behörde, nach den §§ 33 lit. b, 34 Abs. 1 Z. 1 lit. b sowie Abs. 2 und 3 SHG sowie der sonstigen Sozialhilfeträger, nach den §§ 33 lit. b, 35 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2 und 3 SHG subsidiär für die Unterbringung von Hilfeempfängern, die zur Sicherung ihres Lebensbedarfes einer Unterbringung in Pflegeheimen bedürfen, in Pflegeheimen der Sozialhilfe oder in als gleichartig anerkannten Pflegeheimen anderer Rechtsträger in gebotenem Umfang vorzusorgen (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 471, 559), nicht schlechthin auf "die persönliche Vorliebe einiger Klienten für die Unterbringung in einem ganz bestimmten privaten Betrieb oder die in Einzelfällen durchaus mögliche Notwendigkeit, einen etwas entfernteren Heimplatz ... in Kauf zu nehmen" ankommt. Auch ist eine "gewisse Wartezeit" anspruchsberechtigter Hilfeempfänger (im Sinne einer Überbrückung kurzfristiger Engpässe) auf Unterbringung in Pflegeheimen zu vernachlässigen, soll doch, wie sowohl die übrigen Anerkennungsvoraussetzungen des S 38 Abs. 2 als auch die Absätze 3 und 6 des S 38 SHG erweisen, in dem hinsichtlich seiner Gleichartigkeit anzuerkennenden Pflegeheim einerseits eine dem § 37 Abs. 6 bis 9 SHG entsprechende, aber andererseits die Wirtschaftlichkeit gewährleistende Betriebsführung ermöglicht werden, was eine Auslastung des Pflegeheimes auf lange Sicht erfordert. Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze ist der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten, aber der Sache nach gar nicht ausgeführten inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet.

Die Beschwerdeführerin rügt aber mit Recht, daß die Bejahung einer solchen Bedarfsdeckung durch die belangte Behörde aus nachstehenden Gründen auf einem mangelhaften Verfahren beruht:

Die belangte Behörde stützt sich hiebei nach der Bescheidbegründung zwar auf das "durchgeführte Ermittlungsverfahren", das die oben wiedergegebenen Ergebnisse erbracht habe; dieses Ermittlungsverfahren erschöpfte sich nach der Aktenlage aber ausschließlich in der Einholung der oben wiedergegebenen (nur auf das Bestehen genügender Kapazitäten zur Abdeckung des Bedarfes an stationärer Altenhilfe beziehenden) Stellungnahme des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck und der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin; als Ermittlungsergebnis bezeichnete die belangte Behörde hingegen einerseits die (hinsichtlich der Erkenntnisquelle nicht offengelegte) Feststellung der laufenden Anpassung der bestehenden Alten- und Pflegeheime und andererseits die (wegen der eben genannten Bezugnahme auf die stationäre Altenhilfe in der Stellungnahme des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck darin nicht ausreichend gedeckte) Feststellung, es sei dieser Sozialhilfeverband zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben nicht auf die Platzkapazitäten des von der Beschwerdeführerin geplanten Betriebes angewiesen.

Schon unter Bedachtnahme darauf, daß die entscheidungswesentlichen Feststellungen der belangten Behörde im "Ergebnis des Ermittlungsverfahrens" (d.h. in der mehrfach genannten Stellungnahme des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck) gar keine oder doch keine ausreichende Deckung finden, stellt - in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen - sowohl diese Begründung der getroffenen Feststellungen als auch das Abtun der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin (ohne jedwede konkrete Auseinandersetzung mit ihrem Inhalt) mit der bloßen Behauptung, es hätte "dies" (nämlich die genannten Feststellungen der belangten Behörde) von der Beschwerdeführerin in dieser Gegenäußerung nicht entkräftet werden können, keine dem 5 60 AVG entsprechende Bescheidbegründung dar. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde (in Auseinandersetzung mit widersprechenden Ermittlungsergebnissen bzw. gegenteiligen Parteibehauptungen) zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumption des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet hat (vgl. u.a. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, zu § 60 unter E, 1, 2, 6 und 9 abgedruckten Entscheidungen).

Dies scheint auch die belangte Behörde erkannt zu haben, wenn sie sich nunmehr in der Gegenschrift darauf beruft, sie sei nicht bloß "Anerkennungsbehörde", sondern gemäß S 32 SHG auch "Aufsichtsbehörde" über die Sozialhilfeverbände und es stellten die ihr in dieser Funktion im Rahmen der laufenden Ausübung des Aufsichtsrechtes bekannt gewordenen Umstände (größte Dichte an Alten-und Pflegeheimen im Bezirk Vöcklabruck, laufende Anpassung der Heime an die sich mit der Zeit ändernden Erfordernisse der "fachgerechten Sozialhilfe", Auslastungsprobleme des Bezirksaltenheimes Attnang-Puchheim, Neubauprojekte usw.) bei ihr offenkundige Tatsachen (im Sinne des 5 45 Abs. 1 AVG) dar, weshalb für sie kein Grund bestanden habe, an den Ausführungen des Sozialhilfeverbandes Vöcklabruck zu zweifeln. Die Heime als solche seien nur Mittel zum Zweck der Vorsorge. Die Beurteilung des bezirksweiten Bedarfes stehe den Heimen weder zu noch sei sie für sie faktisch möglich. Aus diesen Gründen sei sowohl von einer zeugenschaftlichen Vernehmung des Leiters des Bezirksaltenheimes Attnang-Puchheim sowie einer Befragung sämtlicher Heime im Bezirk Abstand genommen worden.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Mängelfreiheit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Zunächst hatte die Beschwerdeführerin das Recht, die Tatsachen, die von der belangten Behörde als bei ihr offenkundig (d.h. als amtsbekannt) behandelt wurden, bekanntgegeben zu erhalten, sich dazu zu äußern und Beweisanbote zum Erweis der Unrichtigkeit dieser als offenkundig behandelten Tatsachen zu erbringen (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz. 318 mit Judikaturhinweisen). Dem ist die belangte Behörde aber, wie bereits ausgeführt wurde, nicht nachgekommen. Richtig ist, daß "Heime als solche ... nur Mittel zum Zweck der Vorsorge" (durch die Sozialhilfeträger) sind und "die Beurteilung des bezirksweiten Bedarfes" nicht den Heimen, sondern den Sozialhilfeträgern zusteht. Auch wird es zutreffen, daß eine solche Beurteilung den Leitern der Heime im allgemeinen auch faktisch nicht möglich sein wird. Daraus folgt aber nicht, daß das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzung des Bedarfes zur Unterbringung von Hilfeempfängern in Pflegeheimen allein von einer, von einem Antragsteller auf Anerkennung eines Pflegeheimes als gleichartig nicht wiederlegbaren Einschätzung eines solchen Bedarfes durch die Sozialhilfeträger abhängig ist. Mangels einer derartigen Anordnung im Gesetz steht einem Antragsteller vielmehr nicht nur das Recht zu, jene konkreten (ihm nicht zugänglichen) relevanten Daten bekanntgegeben zu erhalten, die ihm eine Überprüfung dieser Einschätzung ermöglichen, sondern, wie bereits ausgeführt wurde, auch das Recht, sich dazu in angemessener Frist zu äußern und zum Erweis der objektiven Unrichtigkeit dieser Einschätzung entsprechende (ihm mögliche) Beweisanbote zu Fakten, die Schlüsse über den objektiven Bedarf von Hilfeempfängern nach Unterbringung in Pflegeheimen ermöglichen (z.B. über die Länge der Wartezeiten, über die Zahl der Wartenden, usw.) zu erstatten. zur Ermittlung solcher und ähnlicher Daten kann auch eine Befragung der Leiter bestehender Pflegeheime beitragen. Die Behörde darf dann solche Behauptungen und Beweisanbote nicht ohne unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung mit dem bloßen Hinweis auf die Einschätzung des Bedarfes durch die Sozialhilfeträger abtun, sondern ist verpflichtet, entweder die objektive Irrelevanz dieser Behauptunqen und Beweisanbote zu erweisen oder sich nach Aufnahme der angebotenen oder sonstiger von Amts wegen in Betracht kommender Beweise in der schon genannten, von 5 60 AVG vorgeschriebenen Art mit den Ermittlungsergebnissen auseinanderzusetzen.

Da die belangte Behörde somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

W i e n , am 30. September 1994

Schlagworte

Parteiengehör offenkundige notorische TatsachenParteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080180.X00

Im RIS seit

22.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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