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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AlVG 1977 §39;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der S in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, G, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom 3. Mai 1994, Zl. IVc 7022 B-Dr.J/Fe, betreffend Widerruf und Rückforderung von Sondernotstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin bezog vom 11. Februar 1991 bis 10. November 1991 Sondernotstandshilfe. Dem lag eine Erklärung ihres Ehegatten vom 25. Februar 1991 zugrunde, wonach sein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Jahre 1991 "null Schillinge" betragen werde. Tatsächlich weist der den Ehegatten der Beschwerdeführerin betreffende Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 1991 vom 2. September 1992 aus: Einkünfte aus Gewerbebetrieb S 299,110,--, Gesamtbetrag der Einkünfte S 299.110,--, Pauschbetrag für Sonderausgaben minus S 1.638,--, Kirchenbeitrag minus 576,--, Verlustabzug minus S 173.392,--, außergewöhnliche Belastung minus S 43.200,--, Einkommen S 80.304,-- und Abgabenschuld S 532,--.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides aus, daß der Bezug der Notstandshilfe durch die Beschwerdeführerin im obgenannten Zeitraum widerrufen und sie zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Sondernotstandshilfe im Betrag von S 73.359,-- verpflichtet werde. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß mangels diesbezüglicher Sonderbestimmungen für die Sondernotstandshilfe gemäß § 39 Abs. 3 AlVG die Bestimmungen über die Notstandshilfe betreffend die Heranziehung des Einkommens des Ehegatten anzuwenden seien. Nach § 6 Abs. 7 iVm § 5 Abs. 5 NHV sei dessen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit aufgrund des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Sondernotstandshilfe bezogen werde, festzustellen, wobei dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 unter anderem die im Einkommensteuerbescheid angeführten Freibeträge und Sonderausgaben hinzuzurechnen seien. Demgemäß sei im Beschwerdefall - entgegen den Berufungsausführungen der Beschwerdeführerin - von einem Einkommen ihres Ehegatten im Jahre 1991 von S 299.110,-- und nicht nur einem solchen von S 80.304,-- auszugehen. Davon sei nach § 6 Abs. 5 iVm § 5 Abs. 1 NHV die zu entrichtende Abgabenschuld in Abzug zu bringen und der sich danach ergebende Betrag zu zwölfteln, um die Freigrenze nach § 6 Abs. 3 zu ermitteln. Diese habe im Jahre 1991 für den Ehegatten der Beschwerdeführerin S 4.821,-- und für die gemeinsame Tochter S 2.429,-- betragen. Der nach Berücksichtigung dieser Freigrenze verbleibende Betrag sei auf die Sondernotstandshilfe anzurechnen. Da dieser Betrag aber höher sei als die "begehrte Leistung" (gemeint: die der Beschwerdeführerin gebührende und auch gewährte Leistung an Sondernotstandshilfe im obgenannten Zeitraum), sei diese nach § 24 Abs. 2 AlVG zu widerrufen und der unberechtigt empfangene Betrag nach § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zurückzufordern gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin zunächst die Unterlassung einer Feststellung, daß jedenfalls aus den Vorjahren ein abzudeckender Verlust in Höhe von S 173.392,-- (im Einkommensteuerbescheid) ausgewiesen werde. Denn selbst wenn nur dieser Verlust in Abzug gebracht worden wäre, wäre ihr Sondernotstandshilfe zuzusprechen gewesen. Die belangte Behörde berufe sich jedoch einzig und allein darauf, daß nach dem AlVG lediglich die Sonderausgaben dem Einkommen hinzuzurechnen seien. Rechne man diese Sonderausgaben in Höhe von S 1.638,-- hinzu, so errechne sich ein Gesamteinkommen ihres Ehegatten von S 81.942,--. Auch habe ihr Ehegatte am 25. Februar 1991 nicht vorausahnen können, daß er letztendlich ein Einkommen von S 80.304,-- erzielen werde, was ohnedies bei weitem nicht ausgereicht habe, eine dreiköpfige Familie zu ernähren. Es hätte sohin in Anrechnung dieses Einkommens die Sondernotstandshilfe allenfalls im reduzierten Betrag zur Auszahlung gebracht werden müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist mangels diesbezüglicher Sonderbestimmungen nach der im Widerrufszeitraum vom 11. Februar bis 10. November 1991 geltenden Rechtslage zu prüfen (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 21. November 1989, Zl. 88/08/0287, und vom 28. April 1992, Zl. 92/08/0025).
Nach § 39 Abs. 3 AlVG in der demgemäß maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 649/1989 erhalten verheiratete Mütter Sondernotstandshilfe, wenn der Ehegatte kein oder ein geringes Einkommen hat. Unter einem geringen Einkommen ist ein Nettoeinkommen zu verstehen, das innerhalb eines Monats die Freigrenze im Sinne des § 6 Abs. 3 NHV nicht übersteigt. Nach § 39 Abs. 4 AlVG sind im übrigen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist (was für die im Beschwerdefall relevanten Rechtsfragen zutrifft), die Bestimmungen über die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden. Dazu zählen insbesondere die §§ 5 bis 7 NHV in der nach den obigen rechtlichen Darlegungen anzuwendenden Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 429/1990. Im Jahre 1991 betrug die Freigrenze nach § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 NHV und Art. VII Abs. 1 des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1990, BGBl. Nr. 741, für den das Einkommen beziehenden Ehepartner S 4.821,-- und für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung tatsächlich wesentlich beiträgt, (das war im Beschwerdefall unbestritten nur die gemeinsame Tochter) S 2.429,--. Die Rechtmäßigkeit des mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Widerrufes hängt demnach davon ab, ob das monatliche Einkommen des Ehegatten der Beschwerdeführerin im relevanten Zeitraum vom 11. Februar bis 10. November 1991 S 7.250,-- überstiegen hat.
Bei der Ermittlung dieses unstrittig als "Einkommen einer selbständigen Erwerbstätigkeit" zu wertenden Einkommens ist nach § 6 Abs. 7 NHV § 5 Abs. 5 der Verordnung sinngemäß anzuwenden. Danach wird das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit - ausgenommen ein Einkommen aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb - aufgrund des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Notstandshilfe (hier: Sondernotstandshilfe) bezogen wird, festgestellt, wobei dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 unter anderem die im Einkommensteuerbescheid angeführten Freibeträge und Sonderausgaben hinzuzurechnen sind. Als monatliches Einkommen gilt ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens. Davon sind nach § 6 Abs. 5 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 NHV Steuern und soziale Abgaben in Abzug zu bringen. Demgemäß hat die belangte Behörde dem im Einkommensteuerbescheid für 1991 ausgewiesenen Einkommen des Ehegatten der Beschwerdeführerin nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 von S 80.304,-- jedenfalls zu Recht die in diesem Bescheid angeführten Sonderausgaben, zu denen - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht nur der Pauschbetrag von S 1.638,-- (§ 18 Abs. 2 EStG 1988), sondern auch der Kirchenbeitrag (§ 18 Abs. 1 Z. 5 leg. cit.) und der Verlustabzug (§ 18 Abs. 6 leg. cit.) zählen, hinzugerechnet, und ist daher unter Bedachtnahme auf die obgenannte Abgabenschuld im Ergebnis zutreffend von einem die Freigrenze des § 6 Abs. 3 NHV übersteigenden Einkommen des Ehegatten der Beschwerdeführerin im relevanten Zeitraum des Jahres 1991 ausgegangen. Dadurch, daß die belangte Behörde einerseits § 39 AlVG in der nach den obigen Darlegungen noch nicht anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 416/1992 angewendet und andererseits auch die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene "außergewöhnliche Belastung" dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 hinzugerechnet hat, ist die Beschwerdeführerin mangels Auswirkung auf das Ergebnis des Bescheides in keinen Rechten verletzt.
Der Widerruf der der Beschwerdeführerin zuerkannten Sondernotstandshilfe im mehrfach genannten Zeitraum ist daher gemäß § 24 Abs. 2 iVm den §§ 38 und 39 Abs. 3 und 4 AlVG rechtmäßig.
Nach § 25 Abs. 1 letzter Satz iVm § 39 Abs. 4 AlVG ist der Empfänger der Sondernotstandshilfe zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich aufgrund des nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides seines Angehörigen ergibt, daß gemäß § 36 Abs. 3 lit. B lit. d (zu ergänzen: iVm den §§ 5 Abs. 5 und 6 Abs. 7 NHV) die Sondernotstandshilfe nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Da nach den obigen Darlegungen der Beschwerdeführerin die ihr gewährte Sondernotstandshilfe im relevanten Zeitraum nicht zustand, entspricht auch die Verpflichtung zum Rückersatz dieser Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, unabhängig davon, ob der Ehegatte der Beschwerdeführerin am 25. Februar 1991 "vorausahnen" konnte, daß er letztendlich im Jahre 1991 ein höheres Einkommen beziehen werde, dem Gesetz.
Da sohin der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.
Schlagworte
Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Sozialversicherung Fürsorge Kriegsopferversorgung und OpferfürsorgeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994080132.X00Im RIS seit
18.10.2001