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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §22 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 16. Oktober 1991, B 86-3/91, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt in Form eines Einzelunternehmens die Reparatur von und den Handel mit Kraftfahrzeugen. Zwischen ihm und seiner Ehegattin besteht - steuerlich anerkannt - einerseits eine echte stille Gesellschaft mit einer Beteiligung von 20 %, anderseits ein Dienstverhältnis.
Im Jahr 1981 gründeten der Beschwerdeführer und seine Ehegattin die A-GmbH (in der Folge: GmbH), an deren Stammkapital der Beschwerdeführer mit 25 % und seine Ehegattin mit 75 % beteiligt sind. Jeweils alleinige Geschäftsführer sind iSd § 39 GewO der Beschwerdeführer und iSd § 15 GmbHG seine Ehegattin. Mit Ausnahme des Jahres 1985, in dem ein Kraftfahrzeugmechaniker angestellt war, beschäftigte die GmbH im Streitzeitraum keine Arbeitnehmer. Die für die GmbH erforderliche Tätigkeit eines Kraftfahrzeugmechanikermeisters und Autohändlers übte der Beschwerdeführer aus.
Zwischen dem Einzelunternehmen und der GmbH bestehen enge wirtschaftliche Beziehungen. Der Sitz der GmbH befindet sich in einem zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehörenden Gebäude, wofür die GmbH an das Einzelunternehmen Miete bezahlt. Anlagegüter des Einzelunternehmens werden für Zwecke der GmbH genutzt. Das Einzelunternehmen hat der GmbH den Verkauf von Neufahrzeugen gegen Bezahlung von Provisionen überlassen.
Auf Grund des Gesellschafterbeschlusses vom 14. Jänner 1985 erhält der Beschwerdeführer als Entschädigung für seine gewerberechtliche Geschäftsführung jährlich 120.000 S, falls der Gewinn der GmbH im jeweiligen Wirtschaftsjahr diesen Betrag übersteigt. Mit diesem Betrag ist die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Kraftfahrzeugmechanikermeister und Autohändler für die GmbH ebenso abgegolten wie die Nutzung von Anlagegütern des Einzelunternehmens für Zwecke der GmbH. In den Jahren 1985 und 1986 erhielt der Beschwerdeführer im Sinn des eben erwähnten Gesellschaftsbeschlusses jeweils 120.000 S. Da die GmbH im Jahr 1987 nur einen geringen Gewinn erzielt hatte, erhielt der Beschwerdeführer für dieses Jahr keine Entschädigung.
Der Beschwerdeführer machte im Einzelunternehmen für den Verkauf von Neufahrzeugen durch die GmbH in den Jahren 1985 bis 1987 Provisionen von 73.352 S, 109.395,50 S und 74.246,50 S als Betriebsausgaben geltend.
Strittig ist,
1.) ob die von der GmbH in den Jahren 1985 und 1986 erhaltenen Entschädigungen von jeweils 120.000 S zu den Einnahmen des Einzelunternehmens gehören, weil auf Grund der engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Einzelunternehmen und der GmbH der Beschwerdeführer für die GmbH eine mit dem Einzelunternehmen untrennbar verbundene gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat (Ansicht der belangten Behörde), oder ob der Beschwerdeführer zur GmbH - was die belangte Behörde zu prüfen unterlassen hat - in einem Dienstverhältnis gestanden ist und daher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat (Ansicht des Beschwerdeführers), und
2.) ob die vom Einzelunternehmen in den Jahren 1985 bis 1987 geltend gemachten Provisionen nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen sind, weil für den Verkauf von Neufahrzeugen in der GmbH ausschließlich der Beschwerdeführer zuständig gewesen ist, somit jene physische Person, die im Einzelunternehmen berufen gewesen wäre, diese Tätigkeit auszuführen, weswegen in der Zwischenschaltung der GmbH ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes zu erblicken ist, durch die Erträge des Einzelunternehmens der GmbH zugerechnet worden sind, was auf Grund der unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin am Einzelunternehmen und der GmbH zu einer geänderten "Gewinnverteilung" geführt hat (Ansicht der belangten Behörde), oder ob die Bezahlung der Provisionen für den Verkauf von Neuwagen durch andere Personen branchenüblich ist und daher von einem Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes ebenso keine Rede sein kann wie von einer (willkürlich) geänderten "Gewinnverteilung" zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin (Ansicht des Beschwerdeführers).
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren betreffend das Einzelunternehmen und die GmbH vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.) Entschädigung
Im Gegensatz zu seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren stellt der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede, daß die von der GmbH in den Jahren 1985 und 1986 erhaltenen Entschädigungen für seine gewerberechtliche Geschäftsführung von jeweils 120.000 S nicht als Einkünfte aus selbständiger Arbeit anzusehen sind. Mit der nunmehrigen Behauptung, die erhaltenen Entschädigungen stellten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nie behauptet hat, zwischen ihm und der GmbH habe ein Dienstverhältnis bestanden, weswegen die Abgabenbehörde auch keine Ermittlungen in diese Richtung vorgenommen hat, ergibt sich schon aus dem Gesellschafterbeschluß vom 14. Jänner 1985, daß der Beschwerdeführer insofern ein Unternehmerrisiko trägt, als er die Entschädigung nur dann erhält, falls der Gewinn der GmbH im jeweiligen Wirtschaftsjahr 120.000 S übersteigt. Für das Jahr 1987 hat der Beschwerdeführer auf Grund des geringen Gewinnes der GmbH auch keine Entschädigung erhalten. Die im eben erwähnten Gesellschafterbeschluß getroffene Vereinbarung widerspricht derart dem Wesen eines Dienstvertrages, daß sich weitere Ausführungen zur - im Endeffekt nicht relevanten - Frage, ob zwischen dem Beschwerdeführer und der GmbH in den Jahren 1985 und 1986 ein Dienstverhältnis bestanden hat, erübrigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, daß dann, wenn die HAUPTTÄTIGKEIT des Steuerpflichtigen eine SELBSTÄNDIGE ist und gleichzeitig ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Nebentätigkeit besteht, die Einkünfte aus der Nebentätigkeit - mögen sie auch für sich allein betrachtet solche aus nichtselbständiger Arbeit sein - gleich den Einkünften aus der selbständigen Haupttätigkeit zu qualifizieren sind; der zwangsläufig gegebene persönliche Zusammenhang ist unbeachtlich (vgl das hg Erkenntnis vom 19. September 1989, 86/14/0083, Slg Nr 6435/F, mwA). Wie sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers und den Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt, steht die vom Beschwerdeführer für die GmbH ausgeübte Tätigkeit in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer für das Einzelunternehmen ausgeübten Tätigkeit, wobei es sich bei der für die GmbH ausgeübten Tätigkeit auf Grund der im Einzelunternehmen allein erzielten Umsätze und Gewinne in den Jahren 1985 und 1986 zweifelsfrei um eine Nebentätigkeit gehandelt hat. Da nicht nur zwischen der vom Beschwerdeführer für die GmbH und für das Einzelunternehmen ausgeübten Tätigkeit ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, sondern auch zwischen der GmbH und dem Einzelunternehmen enge wirtschaftliche Beziehungen bestehen (insbesondere werden Anlagegüter des Einzelunternehmens für Zwecke der GmbH genutzt), kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die von der GmbH in den Jahren 1985 und 1986 erhaltenen Entschädigungen von jeweils 120.000 S als zu den Einnahmen des Einzelunternehmens gehörend angesehen und somit als Teil der Gewinne aus Gewerbebetrieb zum Ansatz gebracht hat. Daran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe auf Seite 8 des angefochtenen Bescheides ausgeführt, "der Beschwerdeführer ist (der einzige) Dienstnehmer der GmbH" nichts zu ändern, weil es sich bei der Verwendung des Begriffes "Dienstnehmer" angesichts des gesamten sonstigen Inhaltes der Begründung offenkundig um ein Vergreifen im Ausdruck gehandelt hat.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage hätte die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch bei Vornahme weiterer Ermittlungen zu keinem im Spruch anders lautenden Bescheid kommen können. Der diesbezügliche Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften geht daher ins Leere.
Bemerkt wird, daß die belangte Behörde entgegen den Beschwerdebehauptungen nicht von einem einheitlichen Gewerbebetrieb bestehend aus der GmbH und dem Einzelunternehmen ausgegangen ist, somit die (abgaben)rechtlich selbständige Existenz der GmbH bejaht hat, sondern bloß die von der GmbH erhaltenen Entschädigungen - wie bereits ausgeführt - als zu den Einnahmen des Einzelunternehmens gehörend angesehen hat.
2.) Provisionen
Der zunächst erhobene Einwand, der Prüfer und ihm folgend das Finanzamt hätten die als Betriebsausgaben geltend gemachten Provisionen nicht beanstandet, geht ins Leere, weil nur der angefochtene Bescheid der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegt. Bemerkt wird, daß - entgegen dem Beschwerdevorbringen - die Provisionen bereits vom Finanzamt in den am 10. und 11. Jänner 1991 ausgefertigten Berufungsvorentscheidungen nicht als Betriebsausgaben anerkannt worden sind.
Aktenwidrig ist die Behauptung, die Provisionen wären nach wie vor als steuerlich relevante Erträge bei der GmbH erfaßt. Wie sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt, hat das Finanzamt in den am 30. und 31. Jänner 1992 gegenüber der GmbH ausgefertigten Bescheiden für die Jahre 1985 bis 1987 die Provisionen aus den erklärten Erträgen ausgeschieden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Abgabepflichtige grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes so einzusetzen, daß er die geringste Steuerbelastung erzielt. Als Mißbrauch ist hingegen eine rechtliche Gestaltung anzusehen, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; es ist dann zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Juni 1993, 91/14/0253, mwA).
Die belangte Behörde hat insbesondere unter Bedachtnahme auf die Ausführungen im hg Erkenntnis vom 30. Mai 1990, 86/13/0046, dem ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde lag, in der Bezahlung von Provisionen für den Verkauf von Neufahrzeugen durch die GmbH zu Recht einen Mißbrauch iSd § 22 BAO erblickt. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzustimmen, wenn er meint, die Bezahlung von Provisionen für den Verkauf von Neufahrzeugen durch andere Personen sei branchenüblich. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung der als Betriebsausgaben geltend gemachten Provisionen ist aber, daß der Verkauf der Neufahrzeuge auch tatsächlich durch andere Personen erfolgt ist. Ist hingegen wiederum nur der Beschwerdeführer tätig geworden, der zur Wahrnehmung des Verkaufes im Einzelunternehmen berufen gewesen wäre, so ist in der Zwischenschaltung der GmbH, an der der Beschwerdeführer zu 25 % und seine Ehegattin zu 75 % beteiligt sind, wobei noch weitere wirtschaftliche Verflechtungen zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin bestehen, eine rechtliche Konstruktion zu erblicken, die das wirtschaftliche Geschehen insofern unberührt läßt, als sie weder bezüglich des Inhaltes und des Umfanges der vom Beschwerdeführer tatsächlich erbrachten Leistungen, noch bezüglich der tatsächlichen Umstände, unter denen der Beschwerdeführer tätig geworden ist, eine Änderung bewirkt hat. Der von der üblichen Gestaltung somit abweichende Weg ist nur in einer rechtlichen Konstruktion, nicht aber in einem abweichenden Geschehnisablauf zur Erreichung desselben wirtschaftlichen Zieles in Erscheinung getreten, um so Erträge des Einzelunternehmens der GmbH zuzurechnen, deren Gewinne in den Streitjahren bedeutend geringer gewesen sind, als die des Einzelunternehmens. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren außer dem bereits erwähnten Hinweis, die Bezahlung von Provisionen für den Verkauf von Neufahrzeugen durch andere Personen sei branchenüblich, nichts vorgebracht, was für die gewählte rechtliche Konstruktion maßgebend gewesen sein könnte. Bei Wegdenken des abgabensparenden Effektes kann für den vom üblichen Weg abweichenden Geschehnisablauf kein sinnvoller Grund für die gewählte Vorgangsweise erblickt werden.
Die rechtliche Würdigung der belangten Behörde, im Endeffekt habe nur der Beschwerdeführer Neufahrzeuge verkauft, brauchte dem Beschwerdeführer entgegen der von ihm vertretenen Ansicht nicht vorgehalten werden, weil es nicht zum Wesen des Parteiengehörs gehört, Abgabenpflichtige zur Rechtsansicht und zu den rechtlichen Schlußfolgerungen zu hören. Der diesbezügliche Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften geht daher ins Leere.
Die erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe nicht sämtliche Neufahrzeuge im Rahmen der von ihm für die GmbH ausgeübten Tätigkeit verkauft, stellt eine iSd § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung dar.
Mit dem bloßen Aufwerfen der Frage, warum habe er einerseits von der GmbH für seine gewerberechtliche Geschäftsführung Entschädigungen erhalten, anderseits Provisionen an die GmbH bezahlt, zeigt der Beschwerdeführer schließlich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992150003.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
22.03.2011