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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des M in Z, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 16. Dezember 1993, Zl. 67-GA-3BK-DRB/92, betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Notariatsakt vom 15. Juli 1986 errichteten der Beschwerdeführer und Ing. X unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Art. III StruktVG die "H-Baugesellschaft mbH", und zwar unter anderem durch Einbringung eines Teilbetriebes der "Bauunternehmung A
Bauwarenhandel - Silobau - Betonwarenerzeuger" als Sacheinlage. Der Beschwerdeführer übernahm vom Stammkapital (S 1,000.000,--) eine Stammeinlage von S 200.000,--.
Mit Notariatsakt vom 28. Jänner 1988 übertrug der Beschwerdeführer einen Teil dieser Stammeinlage im Ausmaß von S 180.000,-- um einen Abtretungspreis von S 326.250,-- (= S 181,25 pro S 100,-- pro Stammeinlage) an die "H-Beteiligungsgesellschaft mbH".
Im Zuge einer das Streitjahr mitumfassenden abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer unter TZ 18 seines Berichtes vom 28. November 1991 die Auffassung, dieser Preis stelle keinen unter Fremden üblichen Verkaufspreis dar und wies darauf hin, daß der nach dem Wiener Verfahren zugrunde gelegte gemeine Wert der Anteile zum 1. Jänner 1989 für je S 100,-- Stammeinlage S 699,-- betrage. In der Differenz zwischen dem Abtretungspreis und dem tatsächlichen Wert der Anteile liege eine verdeckte Einlage des Beschwerdeführers in die H-Beteiligungssgesellschaft mbH und zähle diese verdeckte Einlage daher einerseits zu den Anschaffungskosten für die Anteile und erhöhe andererseits deren Veräußerungserlös. Steuerlich komme es somit zu einer Realisierung der stillen Reserven in der Höhe der Differenz der seinerzeitigen Anschaffungskosten der H-Baugesellschaft mbH (durch Einbringung nach Art. III StruktVG) und dem tatsächlichen Wert der (jetzt) veräußerten Anteile. Nach § 8 Abs. 5 StruktVG sei unabhängig von der Höhe der Beteiligung eine Veräußerung dieser Beteiligung als Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung iS des § 31 EStG 1972 anzusehen. Die sonstigen Einkünfte berechnete der Prüfer ausgehend von einem tatsächlichen Wert der Anteile in Höhe von S 1,204.200,-- mit einer Summe von S 934.200,--.
Das Finanzamt nahm, der Ansicht des Prüfers folgend, das Verfahren wieder auf und erließ einen neuen Sachbescheid, worin die sonstigen Einkünfte mit S 934.200,-- angesetzt wurden.
In der dagegen erhobenen Berufung führt der Beschwerdeführer insbesondere unter Hinweis auf das Urteil BFH vom 27. Juli 1988, BStBl 1989 II 271, aus, eine verdeckte Einlage stelle keine entgeltliche Veräußerung dar. Durch dieses Urteil sei von der älteren Rechtsprechung des BFH
(BStBl 1980 II 494) abgegangen worden, auf der wiederum Äußerungen der einschlägigen österreichischen Literatur beruhten (Wiesner in FS-Bauer 368, sowie Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch 678). Erst durch § 31 Abs. 7 iVm § 6 Z. 14 EStG 1988 sei die Beurteilung von Einlagen, ohne Rücksicht auf ihren Charakter als offene oder verdeckte, als Tausch und damit als Veräußerungsvorgang festgeschrieben worden. Wäre diese Rechtslage bereits vorher gegeben gewesen, so hätte es der zitierten Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 nicht bedurft.
Gegen die Berechnung der sonstigen Einkünfte der Höhe nach sprach sich die Berufung mit keinem Wort aus.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen die Auffassung, daß im vorliegenden Fall die lex specialis des § 8 Abs. 5 StruktVG zur Anwendung zu kommen habe. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Beurteilung einer (verdeckten oder offenen) Einlage als Tausch durch das Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes 1988 eine Veränderung erfahren habe, erübrige sich. Die nach dem Wiener Verfahren ermittelten Werte fänden der Höhe nach in den Bilanzansätzen Stammkapital, Reingewinn und Rücklagen zum 31. Jänner 1988 Deckung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, im Rahmen der Einkommensteuer 1988 keine sonstigen Einkünfte (§ 31 EStG 1972) versteuern zu müssen, insbesondere nicht im Zusammenhang mit dem Abtretungsvertrag vom 28. Jänner 1988. Hilfsweise rügt der Beschwerdeführer, die Errechnung der sonstigen Einkünfte sei nicht gesetzeskonform erfolgt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 120 EStG 1988 gelten die §§ 30 und 31 dieses Gesetzes erst für Veräußerungsvorgänge nach dem 31. Dezember 1988.
§ 8 Abs. 5 StruktVG lautet auszugsweise:
"Die durch eine Sacheinlage gemäß Abs. 1 erworbenen Gesellschaftsanteile gelten mit Ablauf des Tages als angeschafft, zu dem die der Einbringung zugrunde gelegte Bilanz des Einbringenden aufgestellt ist. Werden diese Anteile vom Erwerber oder im Falle des unentgeltlichen Erwerbes von einem Rechtsnachfolger innerhalb von 10 Jahren nach der Anschaffung durch den Einbringenden veräußert, so gilt dies, sofern sich die Steuerpflicht nicht schon aus den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes ergibt, als Veräußerung wesentlicher Beteiligungen im Sinne des § 31 des Einkommensteuergesetzes 1972...".
Ausgehend davon, daß der Beschwerdeführer selbst eine Veräußerung eines Teiles seiner Stammeinlage innerhalb der Frist des § 8 Abs. 5 StruktVG als unbestritten bezeichnet, sowie unter Bedachtnahme darauf, daß aufgrund dieser Sondervorschrift damit jedenfalls der Tatbestand des Vorliegens sonstiger Einkünfte iS des § 31 Abs. 1 EStG 1972 erfüllt ist, stellt sich im vorliegenden Fall zunächst die Frage nach dem für die Berechnung der Steuer maßgeblichen Veräußerungserlös.
Dazu ist angesichts des gegebenen Sachverhaltes vorweg festzuhalten, daß der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch jetzt in der Beschwerdeschrift dem Einwand des Prüfers im Bericht vom 28. November 1991 entgegengetreten ist, der Abtretungspreis von nur S 326.250,-- stelle keinen unter Fremden üblichen Verkaufspreis dar.
Nach der hg. Judikatur sind Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern an den Kriterien zu messen, die für Verträge zwischen nahen Anghörigen entwickelt wurden. Solche Verträge müssen daher unter anderem fremdüblichen Bedingungen entsprechen (vgl. dazu insbesondere das bei Doralt-Ruppe, Grundriß I4, 234 referierte
hg. Erkenntnis vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0079, sowie die hg. Erkenntnisse vom 19. März 1986, Zl. 83/13/0109, 0139, und vom 3. Juli 1991, Zl. 90/14/0221 u.a.). Entsprechend dem Grundsatz, daß eine unter Fremden nicht übliche unangemessene Gewinnverteilung dahin zu korrigieren ist, daß der Besteuerung eine angemessene Gewinnverteilung zugrunde gelegt wird (vgl. Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuerhandbuch 798, Rz 54. 3 vorletzter Absatz zu § 20 EStG 1988) ist im Falle eines unangemessen niedrigen Kaufpreises der angemessene Kaufpreis (der sich am Verkehrswert des Kaufobjektes orientiert) anzusetzen (vgl. z.B. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar2, Rz. 165 zu § 2 EStG = 69 letzter Absatz und die dort referierte hg. Judikatur).
Allein daraus folgt bereits, daß dem angefochtenen Bescheid im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit anhaftet, weil der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden kann, sie hätte zu Unrecht den vom Prüfer ermittelten Verkehrswert der betroffenen Geschäftsanteile bei der Berechnung der sonstigen Einkünfte angesetzt.
Aus diesem Grund wäre auch an sich jede weitere Auseinandersetzung mit den umfangreichen, auf deutsche Literaturstellen gestützten Beschwerdeausführungen, die im Kern eine Wiederholung der Berufungsargumente darstellen, entbehrlich. Der Vollständigkeit halber sei aber auf folgendes hingewiesen:
Zunächst ist der vom Beschwerdeführer aus § 31 Abs. 7 iVm § 6 Z. 14 EStG 1988 gezogene Umkehrschluß nicht zwingend. Wie gerade die zur Rechtslage unter dem Regime des Einkommensteuergesetzes 1972 vorliegenden Literaturstellen (Wiesner, Körperschaftssteuerrechtliche Einlagen und Entnahmen, in: "Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft" FS für Egon Bauer 365, 368 und 369; sowie
Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg aaO 678 Rz. 8 letzter Absatz zu § 31 EStG 1972) deutlich zeigen, wurde in Österreich auch schon vor den durch die zitierten Bestimmungen des EStG 1988 geschaffenen Klarstellungen die Meinung vertreten, daß die zu einem Unterpreis vorgenommene Übertragung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch den Beteiligten an eine andere Kapitalgesellschaft, bei der der Übertragende ebenfalls beteiligt ist, eine verdeckte Einlage darstellt. Verdeckte Einlagen sind nämlich alle nicht ohne weiteres als Einlagen erkennbaren Zuwendungen (Vorteilseinräumungen) einer an der Körperschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Person, die von einer dritten, der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Person nicht gewährt würden (Wiesner aaO. 356 Abs. 3). Die verdeckte Einlage bewirkt mangels Gewährung neuer Gesellschaftsrechte grundsätzlich eine Wertsteigerung der bestehenden Gesellschaftsrechte (Wiesner aaO. 366 Abs. 4). Dieser Auffassung ist beizutreten, weil der Veräußerer im Gegenzug für die Übertragung des Anteiles neben dem (den Verkehrswert nicht erreichenden) Kaufpreis einen Vorteil in der Wertsteigerung seiner Gesellschaftsrechte an der erwerbenden Kapitalgesellschaft erlangt. Dieser insgesamt einen Leistungsaustausch darstellende Vorgang beinhaltet somit für den Veräußerer neben dem wertmäßig zu niedrigen Abtretungspreis auch einen Vermögensvorteil in Gestalt der verdeckten Einlage, der entsprechend der Differenz des Abtretungspreises zum gemeinen Wert einen Veräußerungserlös darstellt. Daraus folgt wiederum, daß § 31 Abs. 7 und 6 Z. 14 EStG 1988 insoweit keine neue Rechtslage geschaffen haben, aus der für die Zeit vorher e contrario zu argumentieren wäre. Der Umstand, daß die im Urteil E des BFH, BStBl. 1980 II 494 geäußerte Rechtsansicht, worauf sich Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg aaO beriefen, später vom BFH im Wege seines Urteils vom 27. Juli 1988, BStBl. 1989 II 271 nicht aufrecht erhalten wurde, vermag im Beschwerdefall daran nichts zu ändern. Es ist nämlich darauf zu verweisen, daß § 31 Abs. 1 EStG 1972 an "Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteiles an einer Kapitalgesellschaft" anknüpft. Eine Auslegung, die nur unmittelbar zweckgerichtete Zuwendungen des Erwerbers eines Anteiles an den (übertragenden) Gesellschafter als "Einkünfte aus der Veräußerung .." ansieht, ist nicht geboten; vielmehr umfaßt der Begriff der "Einkünfte aus der Veräußerung" auch solche beim übertragenden Gesellschafter eingetretenen Vermögensvermehrungen (hier: in Gestalt einer Wertsteigerung seiner Gesellschaftsrechte), die sich als Folge einer rechtsgeschäftlichen Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften darstellen. Weiters steht nicht nur die jetzt gemäß § 31 Abs. 7 und 6 Z. 14 EStG 1988 geltende Rechtslage einer Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung des BFH entgegen (vgl. Quantschnigg-Schuch aaO Rz. 11 letzter Abs. zu § 31 EStG 1988), sondern ist dies bei entsprechender Auslegung, wie oben dargelegt, schon für die in Österreich unter dem Regime des Einkommensteuergesetzes 1972 bestandene Rechtslage zu sagen.
Was schließlich das gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Ermittlung des gemeinen Wertes der veräußerten Anteile ins Treffen geführte Beschwerdeargument anlangt, die Wahl eines anderen Stichtages hätte zu einem niedrigeren gemeinen Wert der in Rede stehenden Anteile geführt (wozu die Beschwerde allerdings jede Konkretisierung schuldig bleibt), ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß er sich im Verwaltungsverfahren niemals gegen den vom Prüfer angesetzten und von der belangten Behörde übernommenen gemeinen Wert der Anteile in der Höhe von S 1,204.200,-- ausgesprochen hat. Er vermag daher mit obigem Argument keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwede gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994150036.X00Im RIS seit
26.11.2001