TE Vfgh Beschluss 1992/6/10 WI-15/92

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Veröffentlicht am 10.06.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/04 Wahlen

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
BundespräsidentenwahlG 1971 §7 Abs4
BundespräsidentenwahlG 1971 §9
BundespräsidentenwahlG 1971 §21 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung einer Anfechtung der Bundespräsidentenwahl 1992 mangels Legitimation; Wahlvorschlag mangels Barerlag eines Beitrags zu den Kosten des Wahlverfahrens von der Wahlbehörde zu Recht nicht veröffentlicht

Spruch

Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1.1. Die mit Verordnung der Bundesregierung BGBl. 2/1992 ausgeschriebene Wahl des Bundespräsidenten fand am 26. April 1992 (erster Wahlgang) und am 24. Mai 1992 (zweiter Wahlgang) statt.

Für diese Wahl hatte der Anfechtungswerber - als zustellungsbevollmächtigter Vertreter - der Hauptwahlbehörde beim Bundesministerium für Inneres am 5. April 1992 einen auf Hans Janitschek lautenden Wahlvorschlag vorgelegt, dem die Zustimmungserklärung des Wahlwerbers und vier mit der Bestätigung der Gemeinde versehene Unterstützungserklärungen sowie ein Scheck über 50.000 S angeschlossen waren.

1.1.2. Die Hauptwahlbehörde beschloß in ihrer Sitzung am 7. April 1992, diesen Wahlvorschlag als nicht eingebracht anzusehen, weil der Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahrens nicht bar erlegt worden sei; die Voraussetzungen des §7 Abs4 Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, BGBl. 57, idF BGBl. 148/1990, (BPWG) seien daher nicht erfüllt.

1.1.3. Der Wahlvorschlag schien folglich in der Veröffentlichung der Wahlvorschläge (§9 BPWG) am 12. April 1992 (im Amtsblatt zur Wiener Zeitung) nicht auf und lag auch der Wahl des Bundespräsidenten nicht zugrunde.

Die Hauptwahlbehörde beim Bundesministerium für Inneres teilte dem Anfechtungswerber schriftlich mit, daß sein Wahlvorschlag als nicht eingebracht gelte.

1.2.1. Mit einer ausdrücklich auf Art141 B-VG gestützten Wahlanfechtung vom 13. Mai 1992 (beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 14. Mai 1992) focht der Anfechtungswerber die Bundespräsidentenwahl 1992 an und begehrte die Nichtigerklärung des Wahlverfahrens ab der Wahlausschreibung. Er brachte - gerafft wiedergegeben - vor, nach §7 Abs1 BPWG dürfe die Gemeinde die dort genannte Bestätigung nur ausstellen, wenn die in der Erklärung bezeichnete Person vor der zuständigen Gemeindebehörde persönlich erscheine. Dadurch würden Wahlberechtigte, die keinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hätten (§2a Wählerevidenzgesetz 1973, BGBl. 601, idF BGBl. 148/1990), de facto von der Möglichkeit ausgeschlossen, eine Unterstützungserklärung abzugeben; §7 Abs1 BPWG verstoße daher gegen Art60 Abs1 B-VG.

Zur Anfechtungslegitimation führte der Anfechtungswerber ua. aus, die Wahlbehörde hätte ihn auf ihre strenge Auslegung des §7 Abs4 BPWG hinweisen müssen. Darüber hinaus bilde der Nichterlag von 50.000 S einen Mangel, der jedenfalls einer Verbesserung zugänglich sei.

1.2.2. Der Bundesminister für Inneres als Vorsitzender der Hauptwahlbehörde und Hauptwahlleiter legte die Wahlakten vor und brachte eine Gegenschrift ein.

2. Die Wahlanfechtung ist unzulässig:

2.1. Gemäß §21 Abs2 BPWG kann die Wahlentscheidung der Hauptwahlbehörde beim Verfassungsgerichtshof nur "vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines behördlich veröffentlichten Wahlvorschlags (§9 BPWG) angefochten werden".

§21 Abs2 BPWG ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg. 10951/1986) dahin zu verstehen, daß der tatsächlichen Veröffentlichung die rechtlich gebotene Publizierung gleichgehalten werden muß. Dieser Norminhalt ergibt sich nicht nur aus dem Sinn des Gesetzes, sondern ist auch aus dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung abzuleiten. Nur diese (extensive) Interpretation gewährleistet nämlich die von Art141 Abs1 lita B-VG auch für die Wahl des Bundespräsidenten vorgesehene umfassende verfassungsgerichtliche Kontrolle des Wahlverfahrens.

2.2.1. Die Hauptwahlbehörde handelte rechtmäßig, als sie den Wahlvorschlag des Anfechtungswerbers nicht veröffentlichte (§9 BPWG), weil dieser - nicht den gesetzlichen Anforderungen genügende - Vorschlag kraft Gesetzes als gar nicht eingebracht gilt:

Wie sich aus der Anfechtungsschrift und aus den Wahlakten ergibt, unterließ es der zustellungsbevollmächtigte Vertreter, als er den Wahlvorschlag überreichte, einen Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahrens in der Höhe von 50.000 S bar zu erlegen; vielmehr übergab er nur einen Scheck über diesen Betrag. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß die Wahlbehörde das Gesetz unrichtig ausgelegt hätte, wenn sie die Übergabe eines Schecks nicht als Barerlag gewertet hat, wie ihn §7 Abs4 Satz 1 BPWG ausdrücklich vorschreibt (". . . 50.000 S bar zu erlegen").

§7 Abs4 BPWG bestimmt aber für den Fall des Nichterlags (in bar), daß der Wahlvorschlag als nicht eingebracht gilt. Dieser Mangel ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut - entgegen der Ansicht des Anfechtungswerbers - einer Verbesserung nicht zugänglich.

Im übrigen ergibt sich aus den Wahlakten - im Gegensatz zu der Darstellung in der Anfechtungsschrift -, daß der diensttuende Beamte des Bundesministeriums für Inneres den Anfechtungswerber und den gleichfalls erschienenen Stellvertreter des zustellungsbevollmächtigten Vertreters ohnedies darauf hingewiesen hatte, nach §7 Abs4 BPWG sei der Betrag von 50.000 S (nicht als Scheck, sondern) bar zu erlegen.

2.2.2. Aus diesen Gründen war die Wahlanfechtung mangels Legitimation zurückzuweisen (§21 Abs2 BPWG).

Die Bedenken, die der Anfechtungswerber gegen §7 Abs1 BPWG vorbringt, mußten daher - unerörtert - auf sich beruhen.

2.3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Bundespräsident, Auslegung verfassungskonforme, Wahlvorschlag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:WI15.1992

Dokumentnummer

JFT_10079390_92W0I015_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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