TE Vwgh Beschluss 1994/10/6 94/16/0195

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Veröffentlicht am 06.10.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
BAO §92 Abs1;
BAO §93 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/16/0224 94/16/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerden der E in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen die Erledigungen des Hauptzollamtes Wien vom 13. Juli 1994, Zl. 100/ZK/K-122/26877/94, und je vom 3. August 1994, Zl. 100/ZK/K-122/26877/94, Ordnungszahl M 18a, und Ordnungszahl M 18b, betreffend Aufforderung zur Einzahlung einer Eingangsabgabenschuld, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

In einer an die Beschwerdeführerin ergangenen "Zahlungsaufforderung" vom 13. Juli 1994 wurde vom Hauptzollamt Wien ausgeführt, mit Abgabenbescheid vom 27. Jänner 1994 seien über Antrag der Spedition K. AG Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt S 5.031,20 festgesetzt worden. Da der Abgabenrückstand nicht entrichtet worden sei, werde die Beschwerdeführerin "aufgrund des gegebenen Gesamtschuldverhältnisses" aufgefordert, den Eingangsabgabenbetrag innerhalb einer bestimmten Frist einzuzahlen.

Mit zwei weiteren "Zahlungsaufforderungen" des Hauptzollamtes Wien, je vom 3. August 1994, wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, den mit Abgabenbescheid vom 21. Februar 1994 gegenüber der K. AG festgesetzten Eingangsabgabenbetrag von S 1.043,-- sowie den mit Abgabenbescheid vom 27. Jänner 1994 gegenüber der K. AG festgesetzten Eingangsabgabenbetrag von S 1.910,20 einzuzahlen.

Gegen diese Erledigungen wurden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, die der Gerichtshof zur gemeinsamen Beschlußfassung verbunden hat.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Unter einem Bescheid im Sinne des Art. 131 Abs. 1 B-VG kann nur eine solche Erledigung verstanden werden, die in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise über ein konkretes Rechtsverhältnis abspricht, sei es, daß ein Rechtsverhältnis mit bindender Wirkung festgestellt wird, sei es, daß es mit solcher Wirkung gestaltet werden soll (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 339 ff und die dort angeführte Rechtsprechung). Grundsätzlich muß im Wortlaut der behördlichen Erledigung selbst zum Ausdruck kommen, daß die Behörde eine Abgabensache in rechtsverbindlicher Weise erledigt. Nur dann, wenn sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung für jedermann eindeutig ergibt, daß ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Abgabenrechtes entschieden hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. Jänner 1987, 86/16/0253, 87/16/0014, Slg. Nr. 6186/F).

In den Beschwerdefällen sind die behördlichen Erledigungen nicht als Bescheid bezeichnet. Aus ihrem Inhalt ist darüber hinaus ohne jeden Zweifel zu entnehmen, daß damit normative Entscheidungen nicht getroffen worden sind. Vielmehr wurde hinsichtlich des Leistungsgebotes jeweils ausdrücklich auf den vordem ergangenen Abgabenbescheid verwiesen. Eine solche bloße Aufforderung an die Beschwerdeführerin, eine bereits geschuldete Abgabe zu zahlen, hat somit keinen normativen Charakter (vgl. das Erkenntnis vom 17. Jänner 1992, 91/17/0100). Die Beschwerden waren daher wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß für die Beschwerdeführerin auch bei Zutreffen der von ihr in keiner Weise begründeten Meinung, bei den angefochtenen Erledigungen handle es sich um Bescheide, nichts gewonnen wäre. Diesfalls wäre nämlich der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Beschwerden deswegen unzuständig, weil der Instanzenzug nicht erschöpft war.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter Bescheidbegriff Einhaltung der Formvorschriften Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Finanzverwaltung und öffentliche Verwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994160195.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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