TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/6 92/16/0191

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Veröffentlicht am 06.10.1994
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GebG 1957 §14 TP6 Abs1;
GebG 1957 §14 TP6 Abs5 Z4;
GebG 1957 §14;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des Dr. S in V, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 22. Oktober 1992, GZ. 136-6/92, betreffend Stempelgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer richtete am 6. Februar 1990 ein Schreiben an Hofrat Dr. W., p.A. Finanzlandesdirektion für Kärnten.

Dieses Schreiben hat folgenden Inhalt:

"Betrifft: Finanzdebakel Magdalen

Ich habe schriftlich an den Leiter der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Herrn Hofrat Präsident Dr. L, um Bekanntgabe der Vor- und Zunamen derjenigen Beamten ersucht, die möglicherweise bei der Vorschreibung und Einbringlichmachung der Abgaben, betreffend der Papierfabrik Magdalen, säumig geworden sind. Aus dem Konkursakt ist nämlich zu ersehen, daß das Finanzamt Klagenfurt hunderte Millionen Schilling an Abgaben angemeldet hat, welche bisher nicht einbringlich gemacht werden konnten.

Anläßlich eines Besuches bei der FLD in Klagenfurt habe ich festgestellt, daß Sie, sehr geehrter Herr Hofrat, für das Steuerlandesinspektorat kompetent sind.

Ich darf Sie daher ersuchen, dieser Angelegenheit nachzugehen. Zur Information teile ich Ihnen mit, daß im Konkursverfahren Forderungen in der Höhe von 2,6 MILLIARDEN SCHILLING angemeldet sind, daß aus der Presse zu ersehen ist, daß namhafte Förderungen vom Wasserwirtschaftsfond getätigt wurden und daß alle diese Förderungen für die Zeit vor dem 01.01.1990 als Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes anzusehen sind, das heißt, daß bei rechtzeitiger und richtiger Vorschreibung der Abgaben die halben Förderungsbeiträge als Einkommensteuer zu bezahlen gewesen wären.

Ich habe ein rechtliches Interesse an der Aufklärung dieser Umstände im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes.

Wie Ihnen bereits bekannt ist, werde ich und wird meine Familie seit Jahren vom Finanzamt Klagenfurt "sonderbehandelt", und zwar in einer Weise, die es geboten erscheinen läßt, das Verhalten der Behörden einerseits mir und meiner Familie gegenüber und das Verhalten der Behörden anderen Personen und Institutionen gegenüber in einen Vergleich zu bringen. Die Untersuchung hinsichtlich des Finanzdebakels Magdalen soll diese Grundsätze der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aufzeigen.

Um darzutun, in welcher Weise und möglicherweise wie verschiedenartig Beamte von Abgabenbehörden einschreiten, übermittle ich Ihnen in der Anlage eine Kopie der Eingabe, die ich an das Finanzamt im Auftrage mj. C, mj. P und mj. K abgegeben habe. Weiters übermittle ich Ihnen in der Anlage eine Kopie des Antrages, den ich an die Finanzlandesdirektion für Kärnten in Klagenfurt zu Handen Hofrat Dr. N abgegeben habe. Auch daraus ersehen Sie ein Vorgehen der Berufungsinstanz, das wiederum nur unter den Oberbegriff "Sonderbehandlung" zu subsumieren ist.

Ich sehe dieser Veranlassung entgegen, danke für das Bemühen im voraus, und zeichne

mit vorzüglicher Hochachtung."

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt (im folgenden: Finanzamt) qualifizierte dieses Schreiben als gebührenpflichtige Eingabe und setzte mit Bescheid vom 9. Juli 1990 gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 Gebührengesetz 1957 (im folgenden: GebG) eine Stempelgebühr von S 120,-- und gemäß § 9 Abs. 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % (= S 60,--) fest.

In seiner dagegen erstatteten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, der Bescheid setze die Vorgangsweise des Finanzamtes ("Sonderbehandlung") fort. Feststellungen über die Ausnahmebewilligung nach § 14 GebG fehlten. Es liege die sachliche Gebührenbefreiung nach § 2 GebG vor.

Nach abweisender Berufungsvorentscheidung brachte der Beschwerdeführer im Vorlageantrag vom 31. März 1992 vor, er habe sein Schreiben vom 6. Februar 1990 nicht an das Steuerlandesinspektorat, sondern an Herrn Dr. W gerichtet habe. Es sei nicht einsichtig, warum dieses Schreiben die Privatinteressen des Beschwerdeführers betreffen solle. Es habe grundsätzlich denselben Inhalt und verfolge denselben Zweck wie die Anzeige des Beschwerdeführers vom 13. März 1990, nämlich die Verantwortlichen der Zellstoff Villach GesmbH zur Verantwortung zu ziehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung wurde das Privatinteresse des Beschwerdeführers anläßlich der gegenständlichen Eingabe bejaht. Die Eingabe stehe in keinem Zusammenhang mit einem anhängigen oder anhängig werdenden, den Beschwerdeführer betreffenden, Ermittlungs- bzw. Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen. Für die Beurteilung der Gebührenpflicht sei eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Offenkundig erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, daß keine Stempelgebühr vorgeschrieben wird; hingegen ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen, daß auch die Vorschreibung der Gebührenerhöhung (§ 9 Abs. 1 GebG) bekämpft werde.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von S 120,--.

Der Beschwerdeführer bestreitet nur das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales des Privatinteresses. Privates Interesse ist immer dann anzunehmen, wenn der Einschreiter bei Erfüllung des gestellten Begehrens irgendeinen ideellen oder materiellen Vorteil errreicht oder zu erreichen hofft (hg. Erkenntnis vom 8. April 1991, Zl. 91/15/0023). Wohl liegt es im öffentlichen Interesse, daß auch der einzelne Steuerpflichtige bei der Festsetzung der Abgaben nicht rechtswidrig behandelt wird. Allein das Vorliegen öffentlicher Interessen in Konkurrenz mit Privatinteressen schließt die Gebührenpflicht nicht schlechthin aus. Das Vorliegen von Privatinteressen eines Einschreiters, deren Verfolgung die Eingabe zu dienen bestimmt ist, genügt für die Gebührenpflicht nach der streitigen Tarifpost selbst dann, wenn durch die Einbringung der Eingabe wissentlich oder unwissentlich auch öffentliche Interessen berührt werden (vgl. Erkenntnisse vom 12. Februar 1962, Zl. 2134/61, vom 6. März 1989, Zl. 88/15/0041).

Im oben angeführten Schreiben führt der Beschwerdeführer aus, er und seine Familie würden seit Jahren vom Finanzamt Klagenfurt "sonderbehandelt", und zwar in einer Weise, die es geboten erscheinen lasse, das Verhalten der Behörden einerseits ihm und seiner Familie gegenüber und das Verhalten der Behörden anderen Personen und Institutionen gegenüber in einen Vergleich zu bringen. Die Untersuchung hinsichtlich des Finanzdebakels Magdalen solle diese Grundsätze der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aufzeigen.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf eine allfällige Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes infolge einer "Sonderbehandlung" seiner Person und seiner Familie lassen somit bereits das Privatinteresse erkennen; mit den Worten:

"Ich habe ein rechtliches Interesse an der Aufklärung dieser Umstände im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes" hofft der Beschwerdeführer auf Erreichung eines zumindest ideellen Vorteiles. Damit ist das Privatinteresse des Beschwerdeführers hinlänglich dargetan und daher der Gebührentatbestand erfüllt.

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 4 GebG unterliegen nicht der Eingabengebühr "Eingaben im Ermittlungs- und Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen vor Finanz- oder Verwaltungsbehörden, wodurch die den Gesetzen entsprechende Festsetzung der öffentlichen Abgaben, eine Überprüfung ihrer Richtigkeit und Rechtmäßigkeit und die Rückerstattung von Überzahlungen herbeigeführt werden soll. ..."

Die vom Beschwerdeführer angestrebte Anwendung dieser Befreiungsbestimung setzte voraus, daß sich die Eingabe auf ein KONKRETES Ermittlungsverfahren betreffend den EINSCHREITER bezogen hätte (Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, 5. Lieferung, Anm B VI 4b zu § 14 TP 6 GebG). Die allgemein gehaltene Behauptung, der Beschwerdeführer und seine Familie würden seit Jahren "sonderbehandelt", vermag einen Bezug auf ein konkretes Verfahren, den Beschwerdefürer betreffend, nicht herzustellen. Gerade die mit dem Vorlageantrag vom 31. März 1992 vorgelegten Urkunden betrafen, wie auch in der Beschwerde dargestellt wird, keine Verfahren des Beschwerdeführers. Vielmehr wollte der Beschwerdeführer im eigenen materiellen oder ideellen Interesse erreichen, daß Ermittlungsverfahren gegen Dritte eingeleitet bzw. fortgeführt werden. Der Befreiungstatbestand kann daher nicht zur Anwendung gelangen.

Der Beschwerdeführer erblickt einen Verstoß gegen § 115 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 BAO darin, daß die belangte Behörde die von ihm beantragten Beweise auf Einvernahme des Zeugen Dr. L. und die Beischaffung des Steueraktes Nr. 90/900485 nicht durchgeführt hat. Hätte die Behörde erster Instanz Dr. L. als Zeugen vernommen, so hätte sich die Richtigkeit seines Vorbringens im Vorlageantrag vom 31. März 1992 und auch die "ihm und seiner Familie seit Herbst 1985 angedeihte Sonderbehandlung durch die Abgabenbehörden in Klagenfurt" herausgestellt. Hätte die belangte Behörde die Akten zu Steuernummer 90/900485, die sich im Rechtsmittelverfahren, betreffend der Prüfungszeiträume 1980 bis 1984 und 1985 bis 1987, befinden, beigeschafft, so hätte sich die Richtigkeit seiner Argumentation im Schreiben vom 6. Februar 1990 und in seinem Vorlageantrag vom 31. März 1992 und die Richtigkeit seines gesamten Berufungsvorbringens ergeben. Es hätte sich herausgestellt, daß sein Schreiben vom 6. Februar 1990 als Eingabe im Ermittlungsverfahren und im Rechtsmittelverfahren bei der Finanzlandesdirektion für Kärnten in Klagenfurt gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 4 GebG anzusehen sei.

Damit verkennt der Beschwerdeführer das gerade für Schriften im Sinne des § 14 GebG voll zur Anwendung kommende Urkundenprinzip (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1986, Slg. 6180/F). Danach ist für die Feststellung der Gebührenpflicht AUSSCHLIEßLICH der Inhalt des Schriftstückes maßgebend; eine weitere Beweisaufnahme durch eine Zeugenvernehmung und Einsichtnahme in andere Akten kam daher - zumal dieser Inhalt eindeutig ist und keine Zweifel offen läßt - von vornherein nicht in Betracht.

Damit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992160191.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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