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32/06 Verkehrsteuern;Norm
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der
H Bau- und Handelsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. März 1992, GZ. GA 11-1984/90, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen F und der Beschwerdeführerin wurde eine mit 1. Juni 1979 datierte Vereinbarung mit folgendem Inhalt (einschließlich eines handschriftlichen Zusatzes) abgeschlossen:
"Betrifft: Grundstückankauf H-Gasse
Gst.:741/7, 741/5, 741/8, 741/9 und 741/10
Herr F alleiniger Eigentümer obgenannter Liegenschaft, verkauft obgenanntes Grundstück als Bauland an die
H Bau Ges.m.b.H., W, zum vereinbarten m2-Preis von S 2.500,-- (zweitausendfünfhundert).
Die H Bau Ges.m.b.H. übernimmt auf eigene Kosten die Baureifmachung incl. sämtlichen noch aushaftenden Aufschließungskosten, die anfallenden Geometerkosten sowie die Erstellung von Baueinreichplänen, zwecks Erreichung einer ehestmöglichen Baugenehmigung an obgenannter Liegenschaft.
Die H Bau Ges.m.b.H. ist berechtigt zu den selben Bedingungen, von ihnen genannter Liegenschaftswerber: in den Vertrag einsteigen zu lassen.
Die Vertragserrichtungskosten und die anfallende Grunderwerbssteuer, sind von der Käuferin zu tragen.
Zusatz: Der Verkäufer haftet nicht für eine bestimmte Beschaffenheit oberhalb und unterhalb der Erde und für ein bestimmtes Grundausmaß. Der Kaufpreis wird von S 2.500,-- auf
S 2.550,-- pro m2 festgelegt. Die ... und Räumung des
Grundstückes wird einvernehmlich mit 15. November festgelegt, sodaß dann mit einem Baubeginn zu rechnen ist. Alle auf dem Grundstück befindlichen Einrichtungen können vom Verkäufer im Bedarfsfalle jederzeit entfernt werden, jedoch spätestens bis 15. November 1979. Als Treuhänder für den Kaufpreis wird Herr
Notar Dr. E.R. ... beauftragt und ist Herr... (Verkäufer)
berechtigt bei Vertragsunterzeichnung über die Kaufsumme sofort zu verfügen."
Diese Vereinbarung wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im folgenden: Finanzamt) am 12. Jänner 1988 zur Kenntnis gebracht. Mit Bescheid vom 11. Oktober 1990 setzte das Finanzamt unter Bezugnahme auf diese Vereinbarung für den dort genannten Rechtsvorgang gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 die Grunderwerbsteuer mit 8 % von der Bemessungsgrundlage in Höhe von S 6,897.750,--, somit mit S 551.820,-- fest. In der Begründung wurde ausgeführt, daß der Grunderwerbsteueranspruch aufgrund der gegenständlichen, wenn auch nicht grundbuchsfähigen Vereinbarung entstanden war. Dem Steuerpflichtigen sei auch bewußt gewesen, daß er die gesamte Liegenschaft erworben habe. Da in der Vereinbarung sogar von "Kauf" die Rede sei, sei darin der Erwerb der wirtschaftlichen Verfügungsmacht jedenfalls inkludiert. Im vorletzten Absatz dieser Begründung wurde ausgeführt, daß der Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 wegen Überschreitung der Wohnnutzfläche nicht gewährt werden könne; abschließend wird ausgeführt, es seien 2.705 m2 angekauft worden, was bei einem Quadratmeterpreis von S 2.550,-- die zugrunde gelegte Gegenleistung ergebe.
Mit der gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wehrte sich die Beschwerdeführerin allein dagegen, daß keine Befreiungsbestimmung angewendet wurde; es treffe § 4 Z. 3 lit. b GreStG auf sie zu. Sie selbst hätte die bis zum drittletzten Absatz der Bescheidbegründung angeführten Tatsachen dem Finanzamt bekannt gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG befreie ja nur den Erwerb VON einer derartigen Vereinbarung, nicht aber den Erwerb durch die Vereinigung selbst.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 29. September 1992 die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gem. § 12 Abs 1 Z 2 gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, aufgrund der Vereinbarung vom 1. Juni 1979 i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG nicht belastet zu werden; weiters in ihrem Recht auf das gesetzliche Ermittlungsverfahren.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955 (welches gemäß § 12 Abs. 2 GrEStG 1987 Anwendung findet; im folgenden: GrEStG) unterliegen der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet.
Nach der Anordnung des Abs. 2 leg. cit. unterliegen ihr aber auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift richtig aufzeigt, wurde am 1. Juni 1979 ein dem § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG zu unterstellender Kaufvertrag abgeschlossen. Der objektive Aussagewert der in dieser Vereinbarung enthaltenen Willenserklärungen läßt keinen Zweifel darüber offen, daß der Verkäufer das Grundstück um den vereinbarten Preis an die Beschwerdeführerin verkaufte. Ob bereits diese Vereinbarung zur grundbücherlichen Eintragung des Eigentumsrechtes ausreichte, ist ohne Belang; entscheidend ist allein, ob der Käufer diesen Anspruch im Rechtswege durchsetzen kann (Czurda, Kommentar zum Grunderbsteuergesetz 1987, RZ 132a zu § 1 GrEStG 1987). Eine derartige Vereinbarung, die ein Einverständnis über Größe, Lage und Preis des Grundstückes enthält, begründet jedenfalls einen Übereignungsanspruch (Czurda aaO RZ 131b).
Ausgehend von diesem Sachverhalt haben die Finanzbehörden völlig zu Recht die Steuerbarkeit dieses Erwerbsvorganges angenommen. Ob aus der Bescheidbegründung des Finanzamtes herauszulesen ist, daß möglicherweise auch der Tatbestand des § 1 Abs. 2 ins Auge gefaßt wurde, kann dahingestellt bleiben, weil in der Begründung jedenfalls erkennbar zum Ausdruck gekommen ist (vgl. Stoll BAO, 222), daß sich die Steuerpflicht aufgrund des KAUFvertrages vom 1. Juni 1979 und damit gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG ergab.
Die mit dem ausdrücklich so gefaßten Beschwerdepunkt gerügte Rechtsverletzung liegt somit nicht vor, weil es einer Heranziehung des § 1 Abs. 2 GrEStG gar nicht bedurfte.
Ob eine dem unzweifelhaften Wortlaut der Vereinbarung zuwiderlaufende Parteienabsicht (falsa demonstratio) bestand, war schon mangels enstprechender Behauptungen im Verwaltungsverfahren nicht zu prüfen; auch läßt die Beschwerde nicht erkennen, inwieweit durch ein weiteres Ermittlungsverfahren ein anderes Ergebnis - als die Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG - hätte herbeigeführt werden können. Damit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992160176.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
10.01.2013