Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Zurückweisung einer Anfechtung der Bundespräsidentenwahl 1992 mangels Legitimation; Wahlvorschlag mangels (Bar-)Erlag eines Beitrags zu den Kosten des Wahlverfahrens von der Hauptwahlbehörde zu Recht nicht veröffentlicht; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslosSpruch
Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
1.1.1. Die mit Verordnung der Bundesregierung BGBl. 2/1992 ausgeschriebene Wahl des Bundespräsidenten fand am 26. April 1992 (erster Wahlgang) und am 24. Mai 1992 (zweiter Wahlgang) statt.
Für diese Wahl hatte der Anfechtungswerber der Hauptwahlbehörde beim Bundesministerium für Inneres am 3. Februar 1992 einen auf ihn selbst lautenden Wahlvorschlag vorgelegt, dem die Zustimmungserklärung des Wahlwerbers und eine mit der Bestätigung der Gemeinde versehene (ebenfalls vom Anfechtungswerber unterfertigte) Unterstützungserklärung angeschlossen waren. Der Anfechter trat damals auch als zustellungsbevollmächtigter Vertreter und dessen Stellvertreter auf.
1.1.2. Die Hauptwahlbehörde faßte in ihrer Sitzung am 7. April 1992 den Beschluß, diesen Wahlvorschlag mangels der Voraussetzungen des §7 Abs4 Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, BGBl. 57, idF BGBl. 148/1990, (BPWG) als nicht eingebracht anzusehen.
1.1.3. Der Wahlvorschlag schien demnach in der gemäß §9 BPWG vorgeschriebenen Veröffentlichung der Wahlvorschläge am 12. April 1992 (im Amtsblatt zur Wiener Zeitung) nicht auf und lag auch nicht der Wahl des Bundespräsidenten zugrunde.
1.2.1. Mit (ua.) ausdrücklich auf Art141 B-VG gestützten Eingaben vom 13. und 16. April 1992 focht der Anfechtungswerber die Bundespräsidentenwahl 1992 an und begehrte die Nichtigerklärung des Wahlverfahrens, weil er seiner Meinung nach einen dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlag eingebracht habe.
Ferner wurde ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt.
1.2.2. Der Bundesminister für Inneres als Vorsitzender der Hauptwahlbehörde und Hauptwahlleiter erstattete unter Vorlage der Wahlakten eine Gegenschrift und trat darin für die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu für eine Abweisung der Wahlanfechtung ein.
2. Die Wahlanfechtung ist unzulässig:
2.1. Nach der Bestimmung des §21 Abs2 BPWG kann die Wahlentscheidung der Hauptwahlbehörde beim Verfassungsgerichtshof nur "vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines behördlich veröffentlichten Wahlvorschlags (§9 BPWG) angefochten werden".
§21 Abs2 BPWG ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (s. VfSlg. 10951/1986) dahin zu verstehen, daß der tatsächlichen Veröffentlichung die rechtlich gebotene Publizierung gleichgehalten werden muß. Dieser Norminhalt ergibt sich nicht nur aus dem Sinn des Gesetzes, sondern ist auch aus dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung abzuleiten. Nur diese (extensive) Interpretation gewährleistet nämlich die von Art141 Abs1 B-VG auch für die Wahl des Bundespräsidenten vorgesehene umfassende verfassungsgerichtliche Kontrolle des Wahlverfahrens.
2.2.1. Die Hauptwahlbehörde handelte rechtmäßig, wenn sie den Wahlvorschlag des Anfechtungswerbers nicht veröffentlichte (§9 BPWG), weil dieser Vorschlag nicht den gesetzlichen Anforderungen genügte:
Wie sich aus den Wahlakten ergibt, unterließ es der zustellungsbevollmächtigte Vertreter des Wahlvorschlags ("F J G"), zugleich mit der Vorschlagsüberreichung bei der Hauptwahlbehörde einen Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahrens in der Höhe von 50.000 S bar zu erlegen. §7 Abs4 BPWG bestimmt aber für diesen - vom Anfechtungswerber gar nicht bestrittenen - Fall, daß der Wahlvorschlag als nicht eingebracht gilt. Ein derartiger Mangel ist nicht verbesserungsfähig. Es hatte daher auch kein entsprechender (Verbesserungs-)Auftrag (etwa iSd §8 Abs3 letzter Satz BPWG) zu ergehen.
2.2.2. Aus diesen Erwägungen war die Wahlanfechtung mangels Legitimation zurückzuweisen (§21 Abs2 BPWG).
Soweit der Anfechter die Verfassungsmäßigkeit des BPWG unsubstantiiert in Zweifel zieht, ist festzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof - aus dem Blickwinkel dieser Rechtssache - keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die im Verfahren präjudiziellen Bestimmungen des BPWG hegt (vgl. zB VfSlg. 11256/1987, VfGH 10.6.1991 WI-1/91).
Beizufügen bleibt noch, daß dem nach seinen Angaben am 10. Mai 1957 geborenen Wahlwerber F J G nach Art60 Abs3 Satz 1 B-VG das passive Wahlrecht zur angefochtenen Wahl des Bundespräsidenten gar nicht zukam.
2.3. Da somit die hier beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, mußte der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953).
2.4. Kosten konnten nicht zugesprochen werden, weil ein Kostenersatz im Verfahren nach Art141 B-VG nur nach Maßgabe des §71 a Abs5 VerfGG 1953 (vgl. dazu auch §27 VerfGG 1953) vorgesehen ist, welche Bestimmung vorliegend keine Anwendung findet (vgl. VfSlg. 11168/1986).
2.5. Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953 und §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigte es sich, über den Antrag auf aufschiebende Wirkung abzusprechen.
Schlagworte
VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Bundespräsident, Wahlvorschlag, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:WI7.1992Dokumentnummer
JFT_10079390_92W00I07_00