TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/10 94/20/0177

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Veröffentlicht am 10.10.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs3;
AsylG 1991 §2 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. November 1993, Zl. 4.309.667/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist aus der Schweiz kommend, am 8. Dezember 1990 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 19. Dezember 1990 bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz einen Asylantrag gestellt.

Bei seiner niederschriftlich festgehaltenen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg am 21. Jänner 1991 hat der Beschwerdeführer unter anderem angegeben, er habe die Türkei im November 1989 verlassen, er sei über Österreich in die Schweiz gereist und habe in N (Schweiz) um Asyl angesucht; er sei dann in das Flüchtlingslager(-heim) "S" eingewiesen worden. Da sein Asylgesuch in der Schweiz abgelehnt worden sei, habe er sich entschlossen, nach Österreich zu reisen und hier einen Asylantrag zu stellen; anläßlich seiner Durchreise im Jahr 1989 habe er nicht gewußt, daß er in Österreich einen Asylantrag stellen hätte können.

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. November 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 13. Mai 1991 - mit dem festgestellt worden war, daß bei ihm die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen - abgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat ihre abweisliche Entscheidung im wesentlichen damit begründet, die niederschriftlich festgehaltene Einvernahme des Beschwerdeführers habe ergeben, daß dieser vor seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet bereits in der Schweiz einen Asylantrag gestellt habe, der von den Schweizer Behörden rechtskräftig abgewiesen worden sei. Beim Beschwerdeführer sei daher der Ausschließungsgrund gemäß § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 erfüllt, ohne daß die Ausnahmeregel im Sinne des § 2 Abs. 4 leg. cit. zur Anwendung gebracht werden könnte.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Anerkennung als Konventionsflüchtling und in dem Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren verletzt. Er wirft der belangten Behörde vor, sie habe die entscheidungwesentliche Feststellung - er habe vor seiner Einreise nach Österreich bereits in der Schweiz einen Asylantrag gestellt, der von den Schweizer Behörden abgewiesen worden sei - ohne diesen Umstand mit ihm zu erörtern, getroffen und insoweit das Parteiengehör verletzt. Hinsichtlich seines Asylverfahrens in der Schweiz hätte die belangte Behörde "ein Mindestmaß an konkreten Feststellungen" treffen müssen. Ob dem Asylverfahren in der Schweiz und seiner nunmehrigen Antragstellung derselbe Sachverhalt zugrundegelegen habe, sei durch entsprechende Feststellungen nicht ausgeschlossen. Auf welches Ermittlungsergebnis die festgestellte Abweisung des Asylantrages in der Schweiz gestützt werde, lasse der angefochtene Bescheid nicht erkennen. Daß eine rechtskräftige Entscheidung der Schweiz gegen ihn vorläge, habe der Beschwerdeführer nie erklärt.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen und eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:

Vorauszuschicken ist, daß das erstinstanzliche Verfahren mit der Bescheiderlassung am 17. Juni 1991 beendet wurde und der Beschwerdeführer am 27. Juni 1991 (fristgerecht) Berufung erhoben hat, sodaß die belangte Behörde im vorliegenden Fall zutreffend davon ausgegangen ist, daß das am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige Asylverfahren gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 nach diesem Gesetz zu beenden bzw. dieses Gesetz im vorliegenden Fall anzuwenden war.

Entgegen den Ausführungen der Beschwerde wurde im angefochtenen Bescheid jedoch ausdrücklich dargelegt, daß sich die festgestellte Abweisung des in der Schweiz gestellten Asylantrages aus der niederschriftlich festgehaltenen Einvernahme des Beschwerdeführers ergebe. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe diese in Rede stehende Feststellung ohne objektive Beweisgrundlage getroffen, entbehrt daher ebenso der Grundlage, wie auch die in der Beschwerde vorgetragene Behauptung, der Beschwerdeführer habe nie erklärt, daß sein Asylantrag in der Schweiz abgewiesen worden sei, mit dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte nicht in Einklang steht und daher unrichtig ist. Vielmehr ist den am 21. Jänner 1991 von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg niederschriftlich festgehaltenen Angaben des Beschwerdeführers unmißverständlich zu entnehmen, daß sein Asylgesuch in der Schweiz abgelehnt wurde. Des weiteren hat der Beschwerdeführer in der von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg am 9. Jänner 1991 festgehaltenen Niederschrift ausdrücklich zugestanden, daß im Dezember 1990 sein Asylgesuch in der Schweiz abgelehnt und er aufgefordert worden sei, "die Schweiz zu verlassen". Die Ansicht des Beschwerdeführers, die behördliche Entscheidungsfindung beruhe "allein auf der Basis von Hörensagen" findet in den vorgelegten Verwaltungsakten somit keine Deckung und erweist sich daher als unzutreffend.

Gemäß § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 wird Fremden kein Asyl gewährt, die bereits einen Asylantrag in Österreich oder einem anderen Staat, der die Bestimmung der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet, gestellt hatten und deren Antrag abgewiesen wurde.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen findet Abs. 3 leg. cit. auf Fremde keine Anwendung, die nach rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages in ihren Heimatstaat oder, soweit sie staatenlos sind, in den Staat, in dem sie ihren früheren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, zurückgekehrt sind und einen Asylantrag auf Umstände stützen, die nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind.

Taugliche Gründe oder das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anwendung der Ausnahmeregelung, die geeignet wären, den von der belangten Behörde herangezogenen Ausschließungsgrund zu entkräften, sind den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen. Daß gegenüber dem in der Schweiz gestellten Erstantrag bzw. den darin geltend gemachten Fluchtgründen Änderungen des Sachverhaltes eingetreten wären, hat der Beschwerdeführer im Asylverfahren jedenfalls nicht behauptet.

Soweit der Beschwerdeführer - der nach Abweisung seines in der Schweiz gestellten Erstantrages direkt aus der Schweiz in das österreichische Bundesgebiet einreiste - die Auffassung vertritt, die belangte Behörde wäre gehalten gewesen, "konkrete Feststellungen zum Schweizer Asylverfahren zu treffen" bzw. Feststellungen darüber zu treffen, "ob der schweizerischen Entscheidung derselbe Sachverhalt zugrundelag" (bzw. allenfalls genauere Erhebungen in diese Richtung anzustellen), ist ihm entgegenzuhalten, daß sowohl sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren als auch jenes in der Beschwerde eine Konkretisierung der "Änderung der Verhältnisse" vermissen läßt und daher für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, welche nach Abweisung seines Asylantrages durch die Schweizer Behörden neu eingetretenen Umstände er hätte geltend machen wollen bzw. inwieweit Abweichungen zwischen seinen beiden Asylantragen bestehen sollen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Juni 1994, Zlen. 94/20/0109, 0110 und Zl. 94/20/0128).

Insoweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, fehlen jedenfalls Darlegungen darüber, was der Beschwerdeführer konkret vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit gegeben worden wäre, zu dem von der belangten Behörde herangezogenen Ausschließungsgrund Stellung zu nehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Dezember 1976, Slg. 9.191/A, vom 20. Oktober 1978, Slg. 9.668/A, und vom 23. März 1994, Zlen. 93/01/0542, 0543). Mit Rücksicht auf den somit frei von Rechtsverletzungen herangezogenen Asylausschließungsgrund war die belangte Behörde nicht gehalten, die geltend gemachten Fluchtgründe und demnach die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers einer meritorischen Behandlung zu unterziehen.

Da die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200177.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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