TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/13 93/09/0344

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Veröffentlicht am 13.10.1994
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z2 litd idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z3 idF 1990/450;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 9. Juni 1993, Zl. IIc/6702B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 11. Februar 1993 beim Arbeitsamt den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für eine namentlich genannte philippinische Staatsangehörige für die berufliche Tätigkeit als Haushaltshilfe. Als Bruttostundenlohn war ein Betrag von S 52,90 angegeben, als spezielle Kenntnisse seien "fließend Englisch, koscheres Kochen" erforderlich.

Mit Bescheid vom 2. März 1993 wies das Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe den Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG mit der Begründung ab, der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht befürtwortet; darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer Berufung machte die beschwerdeführende Partei geltend, daß die Ausländerin drei wichtige Punkte für die Anstellung erfülle; sie habe Kenntnisse in der koscheren Speisezubereitung, Kenntnisse der Englischsprachigkeit in Wort und Schrift und die Integration in Österreich durch mehrjährigen Aufenthalt. Weiters sei selbstverständlich ein ausgezeichneter Leumund Voraussetzung, weil die anzustellende Kraft im Haushalt arbeiten solle und die beschwerdeführende Partei als Bankdirektor ständig mit hohen Werten zu tun habe und auch die Einrichtung der Wohnung dem beruflichen Niveau angepaßt sei. Die beantragte Haushaltshilfe werde benötigt, weil fünf Kinder zu versorgen seien und die Gattin ebenfalls berufstätig sei. Es sei trotz intensivster Bemühnungen bislang nicht gelungen, auf dem österreichischen Arbeitsmarkt eine vergleichbare Ersatzkraft zu finden. Zu den Umständen des § 4 Abs. 6 AuslBG werde festgestellt, daß die mangelnde Zustimmung des Vermittlungsausschusses in erster Instanz durch eine entsprechende Zustimmung des Verwaltungsausschusses beim Landesarbeitsamt Wien "sublimiert" werden könne. Daneben sei die Einstellung dieser speziellen Arbeitskraft in "unserem Familienunternehmen" von existentieller Bedeutung. Nachdem es keine Ersatzkraft gebe, sei die beschwerdeführende Partei auf die Einstellung der beantragten Arbeitskraft angewiesen. Im Falle ihrer Einstellung könnten auch weitere Arbeitskräfte Aufnahme finden, die im Haushalt tätig sein und eine Entlastung der Familie nach sich ziehen würden. Es sprächen daher keine wirtschaftlichen und öffentlichen Interessen gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Daneben handle es sich um einen Unterfall der Wohlfahrtspflege, weil die beantragte Ausländerin in diesem sensiblen Bereich ebenfalls über entsprechende Ausbildungsvoraussetzungen verfüge.

In weiterer Folge erteilte die beschwerdeführende Partei am 30. März 1993 einen Vermittlungsauftrag für eine Haushaltshilfe, wobei als stichwortartige Arbeitsplatzbeschreibung angegeben war: spezielle Küche, Kinderbetreuung, Raumpflege (besonders gemäß jüdischem Ritual und Feiertagen), Unterstützung bei Vorbereitung jüdischer Feiertage und Feste.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Juni 1993 hat die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 3 Z. 4 und § 13a AuslBG i.d.F. BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge gegeben. Im Rahmen der Darstellung der Rechtslage stellte die belangte Behörde auch fest, die für 1993 mit Verordnung vom 30. November 1992, BGBl. Nr. 294/1992 (richtig wohl: 738/1992), festgesetzte Landeshöchstzahl sei seit Beginn des Kalenderjahres 1992 weit überschritten. Damit seien in jedem Fall sowohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 als auch des Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Die beantragte ausländische Arbeitskraft solle als Hausgehilfin beschäftigt werden. Eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. In der Berufung würden Anforderungen gestellt, die über das gesetzlich zulässige "Erfassungsbild" an persönlichen Merkmalen der beim Arbeitsamt vorgemerkten Arbeitskräfte hinausgingen. Die Grundrechte in der österreichischen Verfassung ermöglichten keine Differenzierungen, die sich auf die verlangten religiösen Merkmale bezögen. Eine Beschäftigungsbewilligung sei weiters nur zu erteilen, wenn gemäß § 4 Abs. 3 Z. 4 leg. cit. die Gewähr gegeben sei, daß der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der kollektivvertraglichen Bestimmungen einhalte. Die im Vermittlungsanstrag angegebene Entlohnung von S 8.500,-- brutto bei einer Arbeitszeit von 50 Stunden pro Woche unterschreite die kollektivvertragliche Regelung. Abgesehen davon sei für die Begründung des Dienstverhältnisses der Abschluß eines Dienstvertrages nach dem Hausangestelltengesetz unabdingbar. Aus den genannten Gründen ("zu den geforderten Bedingungen bzw. persönlichen Selektionsmerkmalen") sei von einem Ersatzkraftstellungsverfahren abzusehen gewesen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht, eine ausländische Arbeitnehmerin zu beschäftigen, verletzt erachtet.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1, Abs. 3 Z. 4 und Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1994, 94/09/0018, u.v.a.).

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 i.d.F. der Novelle

BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle

BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetztes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Das Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG ist im Beschwerdefall unbestritten. Damit wäre es aber Aufgabe der beschwerdeführenden Partei gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne dieser Gesetzesstelle hätten maßgebend sein können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0321). Die beschwerdeführende Partei hat weder behauptet, der Vermittlungsausschuß habe der beantragten Bewilligung einhellig zugestimmt (§ 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG) noch hat sie ein Vorbringen erstattet, aus welchem sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ableiten ließe.

Damit ein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG vorliegt bzw. das öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interesse die Beschäftigung des Ausländers erfordert (§ 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit.), muß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein QUALIFIZIERTES Interesse bestehen, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfs hinausgeht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273, und die dort angeführte Vorjudikatur). Die von der beschwerdeführenden Partei behauptete "existentielle Bedeutung" der beantragten Ausländerin für das "Familienunternehmen" stellt ein insoweit rechtlich irrelevantes "eigenbetriebliches" Interesse dar. Die Tätigkeit der beantragten Haushaltshilfe kann nach der gegebenen Arbeitsplatzbeschreibung auch nicht dem Bereich der Wohlfahrtspflege im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. d AuslBG zugeordnet werden.

Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Bestätigung der Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei erweist sich daher schon aus dem Versagungsgrund des § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzgemäß, sodaß eine Auseinandersetzung mit den weiteren Versagungsgründen nach § 4 Abs. 3 Z. 4 und nach § 4 Abs. 1 AuslBG (damit der Frage der Lohnhöhe und der Anstellungserfordernisse) entfallen konnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. Art. I B Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090344.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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