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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der S-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 14. Juli 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte am 2. Februar 1993 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für einen namentlich genannten ägyptischen Staatsangehörigen für die Tätigkeit als Kellner. Laut Begleitschreiben zu diesem Antrag sei die Besetzung der "weiterhin freien Dienststelle dringendst notwendig". Befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte seien zuzuweisen.
Das Arbeitsamt führte in der Folge laut Aktenlage ein Arbeitskräftevermittlungsverfahren durch, das allerdings ergebnislos blieb. Laut einem diesbezüglichen EDV-Vermerk vom 19. Februar 1993 seien insgesamt 36 Ersatzkräfte gestellt worden. Davon seien sechs ohne nähere Angabe von Gründen nicht eingestellt, anderen sechs sei gesagt worden, daß kein Bedarf an einem Kellner bestünde, sondern ein Koch gebraucht werde. Einige Ersatzkräfte hätten aus anderen Gründen beim Dienstgeber nicht vorsprechen können. Bis dato sei keine Ersatzkraft eingestellt worden. Nach ""R" mit Hr. B, dem Chef, besteht kein Bedarf mehr an Ersatzkräften (19.2.1993), der Bewilligungswerber werde gewünscht".
Mit Bescheid vom 24. Februar 1993 wies das Arbeitsamt den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Nach dieser Gesetzesstelle dürften Beschäftigungsbewilligungen nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 AuslBG vorlägen und weitere - im einzelnen durch Wiedergabe des Gesetzestextes im Bescheid näher bezeichnete - Voraussetzungen erfüllt seien. Der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, das Arbeitsamt sei bisher nicht in der Lage gewesen, befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte zu vermitteln. Der beschwerdeführenden Partei sei vor Erlassung der Willenserklärung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht nachweislich im vollen Umfang zur Kenntnis gebracht worden, die beschwerdeführende Partei sei daher nicht in der Lage gewesen, zum Ermittlungsergebnis vor Erlassung der Willenserklärung Stellung zu nehmen. Das Arbeitsamt habe einen hektografierten Vordruck als "Bescheid" erlassen, welcher mit dem bisherigen Akteninhalt nicht in Einklang gebracht werden könne; die bloße Zitierung des Gesetzes sei keine Begründung. Das Arbeitsamt habe keine Behauptung aufgestellt, daß für die weiterhin freie Arbeitsstelle auch nur eine Arbeitskraft zur Verfügung stünde. Für die Durchführung von Arbeitsaufträgen sei die Beschäftigung einer "Arbeitskraft laut Antrag auf Erteilung einer BB notwendig", es liege im öffentlichen Interesse, daß eine Arbeitskraft für die freie Dienststelle bei der beschwerdeführenden Partei aufgenommen werde. Der vom Arbeitsamt geltend gemachte Ablehnungsgrund sei nicht gegeben und könne aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht abgeleitet werden. Das Arbeitsamt habe die besondere Qualifikation des beantragten Ausländers vollkommen unberücksichtigt gelassen, gerade für die weiterhin freie Arbeitsstelle sei dieser aufgrund der bisherigen schulischen Ausbildung und praktischen Erfahrung besonders qualifiziert. Der beschwerdeführenden Partei sei vor Erlassung der Entscheidung nicht bekanntgegeben worden, daß ein Vermittlungsausschuß befragt worden sei, noch sei der beschwerdeführenden Partei das Ergebnis der Sitzung eines Vermittlungsausschusses bekanntgegeben worden. Sie habe sich daher zu einer behaupteten Entscheidung eines Vermittlungsausschusses vor Erlassung der Entscheidung nicht äußern können.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. Juli 1993 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG i.d.F. der Novelle
BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge. Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen und der Schilderung des erfolglos verlaufenen Ersatzkräftestellungsverfahrens stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß die gemäß § 13a Z. 3 AuslBG für das Kalenderjahr 1993 für das Bundesland Wien mit Verordnung vom 30. November 1992, BGBl. Nr. 254/1992 (richtig wohl: BGBl. Nr. 738/1992) mit 97.000 festgesetzte Landeshöchstzahl seit Jahresbeginn bei weitem überschritten sei. Damit seien bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in jedem Fall zusätzlich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beanragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 i.d.F. der Novelle
BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle
BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Bereits im Bescheid des Arbeitsamtes wurde festgestellt, daß der Vermittlungsausschuß (§ 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG) die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet hat. Die beschwerdeführende Partei hat ihr dazu in der Berufung erstattetes Vorbringen in der Beschwerde nicht aufrecht erhalten, sodaß darauf vom Verwaltungsgerichtshof nicht weiter einzugehen war.
Der Vorwurf der beschwerdeführenden Partei, ihr sei Akteneinsicht nicht gewährt worden, ist unberechtigt, weil die beschwerdeführende Partei nach der Aktenlage des Verwaltungsverfahrens ihr Recht auf Akteneinsicht im Zuge des Verfahrens nicht geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1993, 92/09/0283). Im übrigen hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren in diesem Zusammenhang nicht dargetan, in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt zu sein.
Das zur Versagung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG erstattete Beschwerdevorbringen erschöpft sich im wesentlichen in der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe eine "Landeshöchstzahl, offizielle Statistik, Ausmaß der Landeshöchstzahl sowie Art und Weise der Ermittlung einer behaupteten Landeshöchstzahl nicht zur Kenntnis gebracht, um der beschwerdeführenden Partei vor Bescheiderlassung die gemäß AVG verbriefte Möglichkeit der Stellungnahme dazu einzuräumen".
Unabhängig von der Frage, ob dieses Vorbringen nicht gegen das Neuerungsverbot verstößt, hat sich die beschwerdeführende Partei darauf beschränkt, Verfahrensmängel aufzuzeigen, ohne die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten tatsächlichen Feststellungen konkret zu bekämpfen und insbesondere ohne darzulegen, was sie zur Frage der Landeshöchstzahl und zum Vorliegen besonders wichtiger Gründe nach § 4 Abs. 6 AuslBG vorgebracht hätte, wenn ihr im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre (siehe dazu die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 610 angeführte Vorjudikatur). Damit konnte die Beschwerdeführerin im Rahmen der Abweisung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG keine relevante Rechtswidrigkeit aufzeigen. Dem im Verwaltungsverfahren geltend gemachten dringenden Arbeitskräftebedarf kommt für sich allein weder die Qualifikation eines "besonders wichtigten Grundes" nach § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG noch eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit. zu (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994,
93/09/0333, m.w.N.).
Aus den genannten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das zu § 4 Abs. 1 AuslBG erstattete Vorbringen einzugehen war. Von der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993090381.X00Im RIS seit
20.11.2000