TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/13 93/09/0306

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.1994
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4;
HKG 1946 §57g Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der N-Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, vom 20. Dezember 1991, Zl. Präs 142-58/91/Wa/N, betreffend Grundumlage für 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Wirtschaftskammer Österreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. Juni 1991 sprach der (durch den Vorstand delegierte) Präsident der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland über Antrag der beschwerdeführenden Partei, Art und Ausmaß der Umlagenpflicht festzustellen, folgendes aus:

" BESCHEID.

Gemäß § 57 g Abs. 1 HKG BGBl. Nr. 182/1946 in der Fassung der 7. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 663/83 wird festgestellt, daß die N-AG, in W, auf Grund ihrer Mitgliedschaften zur Handelskammer Burgenland und zu den Gremien (Fachgruppen) des Lebensmittelhandels (H01) und des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften (H13) auf Grund der §§ 3, 29 und 57 a HKG in Verbindung mit den Beschlüssen der Fachgruppentagung H01 vom 19.3.1991 und der Fachgruppentagung H13 vom 21.3.1991 verpflichtet ist, für das Jahr 1991 eine Grundumlage im Betrag von S 18.750,-- (in Worten: Schilling achtzehntausendsiebenhundertfünfzig) an das Gremium des Lebensmittelhandels und von S 3.000,-- (in Worten: Schilling dreitausend) an das Gremium des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften in der Sektion Handel der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland zu entrichten."

In der Begründung wurden die Gewerbeberechtigungen der beschwerdeführenden Partei mit dem jeweiligen Standort und der Zugehörigkeit zu den entsprechenden Kammerorganisationen angegeben und nach Anführung der Grundumlagenbeschlüsse des zuständigen Gremiums (Fachgruppe) für Lebensmittelhandel und des für den Handel mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften die Berechnung der Grundumlagen für 1991 vorgenommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 1991 wies der Präsident der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft die Berufung der beschwerdeführenden Partei ab; der Bescheid der Behörde erster Instanz wurde mit der Richtigstellung bestätigt, daß die festgestellte Zahlungsverpflichtung gemäß § 57a HKG gegenüber der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Burgenland besteht. In der Begründung legte die belangte Behörde dar, daß entsprechend dem Einwand der beschwerdeführenden Partei der Spruch hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung berichtigt worden sei. Ansonsten setzte sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen, die Fachorganisationen seien nicht ordnungsgemäß eingerichtet und es liege diesbezüglich eine Verfassungswidrigkeit vor, näher auseinander.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch deren Behandlung (gemeinsam mit anderen Beschwerden) mit Beschluß vom 22. März 1993, B 150/92 u.a. (hier: B 182/92) ablehnte, die Beschwerde jedoch auf Grund eines nachträglich gestellten Antrages mit Beschluß vom 3. Juni 1993, B 150/92-8 u. a. (hier: B 182/92-12) gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß die Unterschrift des Präsidenten der belangten Behörde am angefochtenen Bescheid, der im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG nicht maschinschriftlich der Name beigesetzt wurde, leserlich ist.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in ihren Rechten verletzt, als

"-

weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 (1) AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat;

-

kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und das Parteiengehör der Beschwerdeführerin verletzt wurde;

-

ohne gesetzliche Grundlage und ohne Grundlage in den Grundumlagenbeschlüssen für jede Betriebsstätte eine Grundumlagepflicht festgestellt wird;

-

für die Gewerbeberechtigung gemäß § 103 (1) lit. b Z. 25 GewO 1973 eine Grundumlagepflicht festgestellt wird, obwohl kein diesbezüglicher Grundumlagenbeschluß existiert;

hilfsweise, weil dieser Grundumlagenbeschluß weder im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides noch im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführt wird; äußerst hilfsweise, weil eine Zugehörigkeit zu Fachgruppen vorgenommen wird, ohne daß die belangte Behörde diesbezüglich irgendein Ermittlungsverfahren durchgeführt, die Beschwerdeführerin gehört und die erforderliche Sachverhaltsfeststellung im Spruch des Bescheides getroffen hätte".

Zum ersten Beschwerdepunkt führt die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen aus, weder dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides noch dem des angefochtenen Bescheides sei zu entnehmen, auf Grund welcher "Berechtigungen" der beschwerdeführenden Partei sich deren Zugehörigkeit zu bestimmten Fachgruppen ergeben solle. Ein Hinweis auf die Begründung sei nicht ausreichend.

Schon mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Recht.

Gemäß § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über die Art und das Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage folgt aber, daß sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen sind, was insbesondere für die danach maßgebenden "Berechtigungen" (vgl. dazu § 57a Abs. 4 1. Satz HKG: "... für JEDE Berechtigung ...") und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien ergibt. Auch selbst im Bescheid enthaltene Begründungsdarlegungen dürfen nicht zur Ergänzung des normativen Spruches herangezogen werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0132, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall enthält der erstbehördliche Bescheid in seinem Spruch keinen ausreichenden Hinweis auf die die Grundumlagepflicht der beschwerdeführenden Partei begründenden Berechtigungen im Sinne des § 57a Abs. 4 HKG. Die Darstellung in der Begründung dieses Bescheides kann nach der oben dargelegten Rechtslage an der dadurch begründeten Gesetzwidrigkeit des Spruches nichts ändern. Durch die diesbezügliche Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides erhob die belangte Behörde in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG den Spruch des erstbehördlichen Bescheides zum Inhalt ihres angefochtenen Bescheides. Die dem Spruch des erstbehördlichen Bescheides anhaftende Rechtswidrigkeit trifft daher im übernommenen Umfang auch auf den angefochtenen Bescheid zu.

Der angefochtene Bescheid war daher in Stattgebung der Beschwerde schon aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090306.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten