TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/13 93/09/0136

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Veröffentlicht am 13.10.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4;
HKG 1946 §57g Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der N-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (jetzt: Wirtschaftskammer Österreich), im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, vom 23. März 1993, Zl. Präs 142-187/92/Wa/SO, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Wirtschaftskammer Österreich hat der Beschwerdeführerin Aufwändungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. August 1992 sprach die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg über den Antrag der Beschwerdeführerin, Art und Ausmaß der Grundumlagenpflicht festzustellen, folgendes aus:

"Spruch

Gemäß §§ 57a und 57h Abs. 3 Handeskammergesetz, BGBl. 208/1969 in der geltenden Fassung ist die Firma N-Gesellschaft m.b.H. für ihre Gewerbeberechtigungen, lautend auf

1.

Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 6 GewO, eingeschränkt auf den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel am Standort

-

A-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. I/2-6065/1982 vom 27. September 1982)

-

B-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. I/2-6066/1982 vom 27. September 1982)

-

C-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. I/2-7247/1987 vom 1. Oktober 1987)

-

D-Str.

(Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell/See, Zl. 2-64241/3-1987 vom 6. Oktober 1987)

-

E-Str.

(Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell/See, Zl. 2-65467/5-1988 vom 9. Juni 1988)

-

F-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. 2-5551/1988 vom 10. August 1988

2.

Buch-, Kunst- und Musikalienhandel gemäß § 103 Abs. 1 lit. b

Z. 6 GewO, eingeschränkt auf den Einzelhandel am Standort - G-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. I/2-7314/1989 vom 21. Dezember 1989)

3.

Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO, eingeschränkt auf den Handel mit Bild-, Ton- und Bildtonträgern sowie Papier- und Schreibwaren am Standort - A-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. I/2-6065/1982 vom 27. September 1982)

4.

Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO, eingeschränkt auf den Kleinhandel mit Bild-, Ton- und Bildtonträgern sowie Papier- und Schreibwaren am Standort - B-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Z. I/2-5657/1986 vom 30. Juni 1986)

5.

Handelsgewerbe gemäß § 103 ABS. 1 lit. b Z. 25 GewO, eingeschränkt auf den Kleinhandel

-

F-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. I/2-5551/1988 vom 10. August 1988)

-

G-Str.

(Bescheid des Magistrates Salzburg, Zl. I/2-7314/1989 vom 21. Dezember 1989)

aufgrund der von der Handelskammer Salzburg am 27. November 1990 genehmigten Beschlüsse der Fachgruppen (Gremien) des Papierhandels (H-12), des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften (H-13) und des Radio- und Elektrohandels (H-20), verlautbart im Kammermitteilungsblatt Nr. 12 vom 14. März 1991 verpflichtet, die vorgeschriebene Grundumlage in Höhe von S 36.600,-- zu entrichten."

In der Begründung führte die erstinstanzliche Behörde näher aus, wie die Zuordnung zu den einzelnen Fachgruppen vorzunehmen sei. Für jede Berechtigung, die in den Wirkungsbereich einer Fachgruppe (Gremium) falle, sei gemäß § 5a Abs. 4 HKG eine Grundumlage zu entrichten. Ferner wurden die Grundumlagenbeschlüsse der Fachgruppen im einzelnen dargestellt und die rechnerische Ermittlung der Grundumlagen erläutert.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Ergänzung, daß sich die im Spruch festgestellte Zahlungsverpflichtung auch auf den von der Vollversammlung der Kammer Salzburg am 26. November 1991 gefaßten Beschluß über die Grundumlagen und Eintragunsgebühren für den Gemischtwarenhandel stütze, der im Mitteilungsblatt der Kammer Salzburg, "Salzburger Wirtschaft" Nr. 49, vom 5. Dezember 1991 kundgemacht worden sei. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung im wesentlichen wieder. Grundumlagen gemäß § 57a Abs. 4 HKG seien für jede Berechtigung nach § 3 Abs. 2 HKG, die in den Wirkungsbereich einer Fachgruppe entfielen, zu entrichten, und nicht für Standorte. Es unterliege keinem Zweifel, daß mit einer Anzeige betreffend die Ausübung eines Anmeldungsgewerbes in einer weiteren Betriebsstätte eine neue Berechtigung begründet werde. Dies ergebe sich eindeutig aus § 46 Abs. 3 GewO, wonach das Recht zur Ausübung eines Anmeldungsgewerbes in einer weiteren Betriebsstätte durch die hievon bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers begründet werde. Der im erstinstanzlichen Bescheid nicht aufgezählte Grundumlagenbeschluß der Kammer Salzburg über den Gemischtwarenhandel sei im Spruch des angefochtenen Bescheid nachgeholt worden. Eine Verletzung des Parteiengehöres der Beschwerdeführerin habe nicht stattgefunden. Fragen der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen habe die belangte Behörde nicht zu lösen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Brin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in ihren Rechten verletzt, "als

-

weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 (1) AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat;

-

ohne gesetzliche Grundlage und ohne Grundlage in den Grundumlagenbeschlüssen für jede Betriebsstätte eine Grundumlagepflicht festgestellt wird;

-

für die Gewerbeberechtigung gemäß § 103 (1) lit. b

Z. 25 GewO 193 eine Grundumlage vorgeschrieben wird, obwohl kein diesbezüglicher Grundumlagenbeschluß existiert;

hilfsweise, weil eine Zugehörigkeit zu Fachgruppen angenommen wirde, ohne daß die erstinstanzliche Behörde oder die belangte Behörde diesbezüglich irgendein Ermittlungsverfahren durchgeführt, die Beschwerdeführerin gehört und die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen im Spruch des Bescheides getroffen hätten und

-

die von den Fachgruppen beschlossenen Grundumlagen in gesetzwidriger Weise nach der Rechtsform vervielfacht werden."

Zum erstangeführten Beschwerdepunkt führt die Beschwerdeführerin aus, in Anwendung des § 59 (1) AVG seien in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57 g (1) HKG sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände aufzunehmen, was insbesondere für die danach maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Fachgruppen gelte (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes Zlen. 92/04/0213 und 92/04/0248). Ein Hinweis auf die Begründung eines Bescheides sei nicht als ausreichend anzusehen, weil der Umstand, daß Spruch und Begründung eines Bescheides als Einheit anzusehen sind, nicht zur Folge habe, daß die Begründung eines Bescheides zur Ergänzung seines Spruches herangezogen werden dürfte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0212).

Im gegenständlichen Fall enthalte der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides Feststellungen über die "Gewerbeberechtigungen" der Beschwerdeführerin. Dem Spruch sei jedoch nicht zu entnehmen, aufgrund welcher dieser "Gewerbeberechtigungen" sich die Zugehörigkeit zu welchen Fachgruppen ergeben soll und es sei schließlich weder dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides noch dem Spruch des angefochtenen Bescheides zu entnehmen, für welches Jahr die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, eine Grundumlage von S 36.600,-- ZU entrichten, festgestellt werde.

Ferner habe die Beschwerdeführerin bereits in der Berufung vom 1. Oktober 1992 darauf hingewiesen, daß die im Spruch enthaltenen Feststellungen über die "Gewerbeberechtigungen" falsch seien. Mit dem angefochtenen Bescheid habe sich die belangte Behörde über diesen Einwand allerdings hinweggesetzt, soweit für die Beschwerdeführerin ersichtlich ohne Durchführung irgendeines Ermittlungsverfahrens.

Die Beschwerde erweist sich bereits aus diesen Gründen als berechtigt.

Gemäß § 57a Abs. 4 Satz 1 HKG ist die Grundumlage für jede Berechtigung nach § 3 Abs. 2, die in den Wirkungsbereich einer Fachgruppe (eines Fachverbandes) fällt, zu entrichten.

Nach § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über Art und Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage folgt, daß sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen sind, was insbesondere für die danach maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien ergibt. Die im Bescheid enthaltenen Begründungsdarlegungen dürfen nicht zur Ergänzung eines normativen Spruches herangezogen werden (vgl. dazu zB. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 1993, Zl. 92/09/0248, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall enthält der erstinstanzliche Bescheid in seinem Spruch zwar Hinweise auf die der Grundumlagepflicht der Beschwerdeführerin zugrunde liegenden Berechtigungen im Sinne des § 57a Abs. 4 HKG, doch folgt daraus weder die Zugehörigkeit zu einzelnen Fachgruppen noch eine Zuordnung der nur in einem Gesamtbetrag ausgewiesenen Grundumlage in betraglicher Hinsicht. Berechtigt ist ferner der Einwand der Beschwerdeführerin, daß weder der Spruch der Behörde erster Instanz noch jener des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde erkennen läßt, für welches Jahr damit Grundumlage vorgeschrieben werden soll. Nicht zutreffend ist allerdings die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde habe sich über die Behauptung in der Berufung hinweggesetzt, die im erstinstanzlichen Spruch enthaltenen Feststellungen über die Gewerbeberechtigungen seien falsch. Die belangte Behörde hat diesem Vorbringen viel mehr in rechtlicher Hinsicht entgegengehalten, daß die im Spruch angeführten Berechtigungen entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht Grundumlagepflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst hätten.

Aus den weiter oben angeführten Gründen war aber der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß das weitere Beschwerdevorbringen zu erörtern war, und ohne daß es einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bedürfte (§ 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG).

Zu der in der Gegenschrift der belangten Behörde enthaltenen "Anregung", den dort genannten Landes- bzw. Bundesgremien eine Gleichschrift der Beschwerde sowie der Gegenschrift zuzustellen, wird darauf hingewiesen, daß für eine derartige Vorgangsweise eine gesetzliche Grundlage fehlt.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090136.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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