Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. November 1993, Zl. 4.328.123/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. November 1993 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. April 1992 der Antrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen Indiens, der am 2. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und am 18. Oktober 1991 einen Asylantrag gestellt hatte - gemäß § 3 AsylG 1991 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 31. März 1992 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien aus, nach denen er sich, nachdem er aus seinem Heimatland unter Zuhilfenahme von "Schleppern" kommend von Anfang Juli 1991 bis Anfang Oktober 1991 in Rumänien aufgehalten habe, bevor er in das Bundesgebiet weitergereist sei, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle.
Der Beschwerdeführer wendet sich jedoch gegen die Annahme der belangten Behörde, daß Rumänien, das der Genfer Flüchtlingskonvention mit Erklärung vom 7. August 1991 nach Variante b des Art. 1 Abschnitt B beigetreten ist, seinen sich aus dieser ergebenden Verpflichtungen im Zeitpunkt seines dortigen Aufenthaltes auch nachgekommen sei. Zumindest in der Übergangszeit seien die Pflichten aus der Genfer Flüchtlingskonvention durch Rumänien noch nicht wahrgenommen worden. Es sei dem Beschwerdeführer daher nicht zumutbar gewesen, sich unter den Schutz Rumäniens zu stellen; er habe befürchten müssen, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Gegenteilige Ermittlungsergebnisse lägen nicht vor.
Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer, bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt seines Aufenthaltes in diesem Land, bereits in Rumänien vor Verfolgung sicher gewesen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1994, Zl. 94/20/0064). Der Beschwerdeführer hat zwar konkrete Behauptungen zur Bestreitung der von der belangten Behörde angenommenen Verfolgungssicherheit erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - wie er mit Recht rügt - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0122 sowie das bereits zitierte Erkenntnis vom 6. Juli 1994). Damit aber hat der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.
Da sohin Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein Ersatz von Stempelgebühren nur im gesetzlich gebotenen Ausmaß zuerkannt werden kann.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190013.X00Im RIS seit
20.11.2000