Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. November 1993, Zl. 4.324.089/12-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. November 1993 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 26. Februar 1992 der Antrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen Pakistans, der am 8. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und am 15. Oktober 1991 einen Asylantrag gestellt hatte - gemäß § 3 AsylG 1991 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 21. Oktober 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich aus, nach denen er am 6. Juni 1991 von seinem Heimatstaat aus nach Rumänien geflogen sei und sich dort bis 11. September 1991 aufgehalten habe, bevor er in das Bundesgebiet weitergereist sei. In rechtlicher Hinsicht befaßte sich die belangte Behörde mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle.
Soweit der Beschwerdeführer sich im Rahmen seiner Ausführungen zur Rechtsrüge auf die Rechtsprechung des Deutschen Bundesverwaltungsgerichtes, die "Empfehlung" Nr. 15 (XXX) des Exekutivkommitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (aus dem Jahr 1979) sowie die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Asylgesetzes 1991 (RV 270 Blg NR 18. GP) bezieht und daraus ableiten will, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 nur dann zum Tragen käme, wenn der andere Staat dem Antragsteller "bereits Asyl gewährt hat", kann ihm nicht gefolgt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 1994, Zl. 94/01/0402 mit weiteren Nachweisen) hat der Gesetzgeber durch den von ihm gewählten Wortlaut der Bestimmung das vom Beschwerdeführer angestrebte Ergebnis nicht zum Ausdruck gebracht.
Der Beschwerdeführer wendet sich jedoch gegen die Annahme der belangten Behörde, daß Rumänien, das der Genfer Flüchtlingskonvention mit Erklärung vom 7. August 1991 nach Variante b des Art. 1 Abschnitt B beigetreten ist, den sich aus dieser ergebenden Verpflichtung im Zeitpunkt seines dortigen Aufenthaltes auch nachgekommen sei. Im Hinblick auf die politischen Verhältnisse sei keinerlei Gewähr dafür vorhanden gewesen, daß insbesondere in der ersten Phase der Geltungsdauer der Genfer Flüchtlingskonvention in Rumänien deren Bestimmungen auch tatsächlich befolgt worden seien. Die belangte Behörde sei diesbezüglich ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen.
Würde die vom Beschwerdeführer aufgestellte Tatsachenbehauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer, bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt seines Aufenthaltes in diesem Land, bereits in Rumänien vor Verfolgung sicher gewesen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1994, Zl. 94/20/0064). Der Beschwerdeführer hat zwar konkrete Behauptungen zur Bestreitung der von der belangten Behörde angenommenen Verfolgungssicherheit erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - wie er mit Recht rügt - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses - konkretisierte bzw. ergänzte - Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0122, sowie das bereits zitierte Erkenntnis vom 6. Juli 1994). Damit aber hat der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190113.X00Im RIS seit
20.11.2000