TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/14 94/02/0180

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Veröffentlicht am 14.10.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §59 Abs1;
FrG 1993 §41;
FrG 1993 §52 Abs2 Z2;
FrG 1993 §52 Abs4;
FrG 1993 §88 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Jänner 1993, Zl. UVS-01/27/00001/93, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 2 des Fremdengesetzes (FrG) ausgesprochen, daß die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Republik Zaire, in Schubhaft für rechtmäßig erklärt werde.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 28. Februar 1994, B 324/93, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese mit Beschluß vom 11. April 1994 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, mitgeteilt, daß auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet wird, und Kostenzuspruch für die Aktenvorlage begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde am Tag seiner Einreise in das Bundesgebiet (am 4. Dezember 1992) mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom selben Tag gemäß § 5 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes in Schubhaft genommen.

Mit Schreiben von 5. Jänner 1993 erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde gemäß § 51 FrG. Er vertrat darin die Ansicht, daß die gegen ihn verhängte Schubhaft von Anfang an rechtswidrig war, und stellte den Antrag, "den angefochtenen Verwaltungsakt, nämlich die Anhaltung des BF in Schubhaft für rechtswidrig" zu erklären.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides erledigt nach seiner Formulierung diese Beschwerde insoferne nicht zur Gänze, als er nur über die Fortsetzung der Anhaltung von der Erlassung des Bescheides an absprach. Vor dem Hintergrund der seine Erlassung auslösenden Schubhaftbeschwerde ist er aber auslegungsbedürftig. Die belangte Behörde vertrat in diesem Zusammenhang in der Begründung die Ansicht, daß sie nach § 52 Abs. 4 FrG "nur festzustellen hat, ob zum Zeitpunkt" ihrer "Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen". Sie verkennt damit, daß sie nach der von ihr zitierten Bestimmung - gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG binnen einer Woche - die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der Anhaltung von der Erlassung des Bescheides an festzustellen hat. Im übrigen hat sie im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (diesfalls ohne die in Rede stehende Entscheidungsfrist). Da die belangte Behörde - anders als in dem dem hg. Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 94/02/0142, zu Grunde liegenden Fall - in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat, über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zu entscheiden zu haben, hat sie aber in Wahrheit eine Sachentscheidung über diesen Zeitraum verweigert und damit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Dies hat wegen der mangelnden Trennbarkeit des in Rede stehenden Abspruches vom übrigen Inhalt des angefochtenen Bescheides (dem im Spruch ausdrücklich artikulierten Abspruch über die Rechtmäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft von der Erlassung des angefochtenen Bescheides an) zu dessen gänzlicher Aufhebung zu führen.

Gegen die Rechtmäßigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von der Erlassung des angefochtenen Bescheides an hat der Beschwerdeführer keine gesonderten Gründe vorgebracht. Der Verwaltungsgerichtshof kann solche Gründe auch nicht erkennen.

Für das fortzusetzende Verfahren sei angemerkt, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides offenbar zum Ausdruck kommende Auffassung der belangen Behörde, daß nach dem Fremdenpolizeigesetz ergangene rechtswidrige Bescheide durch § 88 Abs. 2 FrG in dem FrG entsprechende, somit rechtmäßige Bescheide übergeführt worden seien, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt wird. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, mit dieser Übergangsbestimmung jedweden allfälligen Verstoß gegen - formelles wie materielles - Recht saniert zu haben.

Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides gründet sich auf § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994020180.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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