Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. & Co KG in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 14. September 1993, Zl. MA 64-PB/73/93, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. November 1992 auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen von der im gesamten 1. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der flächendeckenden Kurzparkzone in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 bis 19.00 Uhr geltenden höchstzulässigen Parkdauer von eineinhalb Stunden für neun dem Kennzeichen nach bestimmte Kraftfahrzeuge gemäß § 45 Abs. 2 StVO abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279) ist bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen.
Die Beschwerdeführerin stützte ihren Antrag auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen im Verwaltungsverfahren darauf, daß ihr Unternehmen in erster Linie im Bereich des Lüftungsbaues bzw. der Montage von Lüftungsanlagen tätig sei und durch das geplante Parkverbot an der Arbeit behindert werde. Im Rahmen dieser Tätigkeit seien ständig 30 bis 40 Monteure im Raum Wien - selbstverständlich auch immer wieder auf Baustellen im Bereich des ersten Bezirkes - eingesetzt. Dabei seien mehrmals täglich Lüftungsteile bzw. Zubehör zu den jeweiligen Baustellen zu transportieren und man sei auf eine längere Verweildauer der Fahrzeuge im Baustellenbereich angewiesen, sodaß die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für Montag bis Freitag von 7.00 bis 18.00 Uhr von größter wirtschaftlicher Bedeutung für das Unternehmen sei. Dieses Vorbringen ergänzte die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vom 6. Juli 1993 und führte aus, zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei ihr Unternehmen auf fünf namentlich genannten Großbaustellen und laufend auch auf Tagesbaustellen beschäftigt. Im übrigen seien weitere Großprojekte im ersten Bezirk im Verhandlungsstadium.
Die Beschwerde bekämpft zunächst die Ansicht der belangten Behörde, daß keine "Ausnahme im Einzelfall" vorliege, weil der Antrag der Beschwerdeführerin auf eine unbestimmte Zahl von möglichen Bauvorhaben - hinsichtlich Art und Umfang ebenfalls unbestimmt - abstelle. Die Beschwerdeführerin meint dazu, es seien sowohl die Kraftfahrzeuge mit jeweiligen behördlichen Kennzeichen als auch die Zahl der Bauvorhaben (Groß- und Tagesbaustellen) bekanntgegeben worden, sodaß dem Konkretisierungsgebot hinlänglich Rechnung getragen worden sei. Im übrigen müsse nicht jeder konkrete Einzelfall, der ein erhebliches persönliches und wirtschaftliches Interesse des Antragstellers an einer Ausnahmebewilligung begründen könne, sondern nur jene gravierenden wirtschaftlichen Gründe aufgezeigt werden, welche eine Ausnahme zu rechtfertigen vermögen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die Behauptungslast hinsichtlich des Tatbestandselementes "erhebliches wirtschaftliches Interesse" der Beschwerdeführerin oblag; dies bedeutet, daß es ungeachtet dessen, daß die Behörde gemäß § 39 AVG verpflichtet ist, von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, Sache der Beschwerdeführerin war, darzulegen, ob und in welchem Umfang ihr ohne die beantragte Ausnahmebewilligung ein wirtschaftlicher Schaden entstehe (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0202 mit weiteren Judikaturhinweisen). Es hätte somit eines KONKRETEN, einer Überprüfung zugänglichen Vorbringens über die wirtschaftlichen Auswirkungen bedurft, die die Kurzparkzonenregelung auf den Betrieb der Beschwerdeführerin hatte, um das nach dem Gesetz erforderliche "erhebliche wirtschaftliche Interesse" darzutun. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin reichten ihre allgemein gehaltenen Ausführungen (weder im Antrag auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen noch in der Berufungsschrift) hiefür nicht aus. Allein in der Behauptung, "zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei ihr Unternehmen auf fünf namentlich ganannten Großbaustellen und laufend auch auf Tagesbaustellen beschäftigt; im übrigen seien weitere Großprojekte im ersten Bezirk im Verhandlungsstadium" sowie in der Bekanntgabe der polizeilichen Kennzeichen derjenigen Fahrzeuge, für die eine Ausnahmebewilligung beantragt wurde, können Umstände, die die Beschwerdeführerin wirtschaftlich in besonderer Weise betreffen, nicht erblickt werden. Gerade in einem Fall wie dem vorliegenden wäre es erforderlich gewesen, jene Umstände anzuführen, aus denen die wirtschaftliche Notwendigkeit der (gleichzeitigen) Benützung mehrerer Fahrzeuge für die im ersten Bezirk gelegenen Baustellen abgeleitet werden könnte.
Die betrieblichen Erfordernisse (Umfang der zu leistenden Arbeiten, Einsatz der Monteure, Notwendigkeit eines mehr als eineinhalb Stunden dauernden Abstellens des jeweils benötigten Fahrzeuges) hat die Beschwerdeführerin jedoch darzustellen unterlassen, sodaß die belangte Behörde die beantragten Ausnahmebewilligungen zu Recht versagt hat.
Die Beschwerde war daher unter Abstandnahme von der Abhaltung der beantragten mündlichen Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993020261.X00Im RIS seit
12.06.2001