TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/14 94/02/0145

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Veröffentlicht am 14.10.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
StVO 1960 §29b Abs1 litb;
StVO 1960 §29b Abs4;
StVO 1960 §29b Abs5 idF 1983/174;
StVONov 10te;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. Februar 1994, Zl. UVS-03/01/00482/93, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 2 StVO schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 3. März 1992 um 21.10 Uhr an einem näher bezeichneten Ort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug außerhalb eines Parkplatzes in zweiter Spur und sohin nicht am Rande der Fahrbahn aufgestellt habe; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat das Abstellen des von ihm gelenkten Fahrzeuges in zweiter Spur bereits im Verwaltungsverfahren damit begründet, daß er nur angehalten habe, um einer Gehbehinderten das Einsteigen zu ermöglichen, sodaß sein Verhalten gemäß § 29b StVO gerechtfertigt gewesen sei. Auch in der vorliegenden Beschwerde vertritt er weiterhin den Standpunkt, das Abholen der gehbehinderten Person aus einem Lokal sei noch vom Regelungszweck des § 29b Abs. 1 lit. c (gemeint wohl: § 29b Abs. 1 lit. b) StVO erfaßt, weil diese Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem "Einsteigen und durchaus als einheitlich angesehen" werden müsse, dies umso mehr, als die gehbehinderte Person an starken Schmerzen gelitten und eine Unterstützung benötigt habe.

Gemäß § 23 Abs. 2 StVO ist ein Fahrzeug, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rande der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen.

Nach § 29b Abs. 1 lit. b StVO dürfen dauernd stark gehbehinderte Personen entgegen der Vorschrift des § 23 Abs. 2 über das Abstellen eines Fahrzeuges am Rand der Fahrbahn mit dem von ihnen selbst gelenkten Fahrzeug oder mit einem Fahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, zum Aus- oder Einsteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für die gehbehinderte Person nötigen Behelfe (wie etwa ein Rollstuhl u. dgl.) für die Dauer dieser Tätigkeiten halten.

§ 29b Abs. 4 leg. cit. sieht vor, daß die Behörde Personen, die dauernd stark gehbehindert sind, auf deren Ansuchen einen Ausweis über diesen Umstand auszufolgen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu in seinem Erkenntnis vom 30. März 1984, Zl. 84/02/0002, zwar ausgeführt, daß dem Gesetz nicht entnommen werden könne, daß die Ausnahmeregelung des § 29b Abs. 1 lit. b StVO nur für den Inhaber eines derartigen Ausweises gelte. Dieses Erkenntnis ist jedoch seit dem Inkrafttreten der 10. StVO-Novelle insofern überholt, als der genannten Bestimmung ein Abs. 5 angefügt wurde. Demnach gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 auch für INHABER EINES AUSWEISES, der von einer ausländischen Behörde ausgestellt worden ist und der im wesentlichen einem Ausweis nach Abs. 4 entspricht. Schon aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich, daß die Begünstigungen des § 29b Abs. 1 lit. b StVO seither nur jenen dauernd stark gehbehinderten Personen zugutekommen, die im Besitz eines in Abs. 4 oder 5 umschriebenen Ausweises sind (vgl. Soche, Die neue Straßenverkehrsordnung nach der 17. Novelle, ÖAMTC-Fachbuchreihe, S. 126; vgl. auch die EB zur RV für die 10. StVO-Novelle, 1188 BlgNR XV. GP, S. 24, in denen nur von - inländischen wie ausländischen - Inhabern von Ausweisen die Rede ist). Der Verwaltungsgerichtshof erachtet dies nicht zuletzt deshalb für sachgerecht, weil es auch (inländischen) DAUERND stark gehbehinderten Personen zumutbar ist, sich einen derartigen Ausweis zu besorgen.

Da der Beschwerdeführer niemals behauptet hat, daß die von ihm abgeholte gehbehinderte Person im Besitz eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO gewesen sei, war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß darauf eingegangen zu werden brauchte, ob es sich gegenständlich um ein "Einsteigenlassen" im Sinne des § 29b Abs. 1 lit. b StVO gehandelt hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994020145.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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